12 November 2007

Cruise grinst Hitler weg

Gestern sahen wir im Kino den Trailer zum Film „Walküre“ über das Attentat auf Hitler vom Juli 1944. Hollywoodstar Tom Cruise spielt Claus Schenk Graf von Stauffenberg, also die Hauptrolle.

Eine kleine Sequenz aus diesem Trailer pflanzte mir den Stachel der Skepsis ins Hirn, und dort wird er bleiben bis nächsten Sommer, wenn „Walküre“ ins Kino kommt.

Sie geht so: Einer der Mitverschwörer spricht gegenüber Stauffenberg von der Todesgefahr, in der sie alle schweben, und Tom Cruise antwortet so was wie: „Wie werden dem Tod heute noch öfter begegnen.“ Das ginge ja vielleicht noch durch als üblicher Hollywoodsprech für pathetische Situationen, in denen die Furchtlosigkeit des Helden durchscheinen soll. Doch während Cruise das sagt, grinst er auf seine hundertfach erprobte Weise aasig sarkastisch, als wäre er ein Broker, der als nächstes die Chefsekretärin flachlegen will.

Weiter entfernt vom realen Stauffenberg können diese zwei Cruise-Sekunden einfach nicht sein, dafür umso näher am draufgängerischen Sonnyboy, der diesem schrägen Diktator jetzt mal zeigen will, was ’ne richtige Harke ist – let’s roll!

Oh Mann. Der Film wird bestimmt ganz, ganz furchtbar. Und für solche Cruise-Momente durften sie im Bendlerblock drehen.

Wahrscheinlich werden Ms. Columbo und ich uns „Walküre“ trotzdem ansehen. Aber nur, wenn parallel kein EM-Spiel läuft.

PS: Wer generell wissen will, was zurzeit im Kino sehenswert ist und was man tunlichst meiden muss, sollte sich donnerstags auf Gunnars brandneuem Kinoblog Orientierung holen. Selbst wenn er einen Film noch nicht gesehen hat: Eine Meinung dazu hat er immer, garantiert …

25 Kommentare:

  1. Allein für die ungebührliche Frisur wäre er sofort wegen Verrats an die Wand gestellt worden, und über seine nicht vorhandene Größe erspar ich mir so Einiges.
    Beide sind unwürdig, sowohl Cruise als auch Stauffenberg (ein rechter erster Güte).

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  2. Was soll man zu Cruise schon sagen? Einer der langweiligsten, unspektakulärsten, glattesten, sich selbst überschätzendsten Schauspieler, die Hollywood zu bieten hat. Und wahrscheinlich haben du und ich schon viel zu viel Worte über ihn verloren.

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  3. Dieser Film ist nicht für Deutschland gedreht worden. Sondern für die USA. Und wenn ein Film in den USA erfolgreich sein soll, dann benötigt man eben bekannte Schauspieler. Wer von den momentan bekannten sollte denn statt Tom Cruise den Stauffenberg spielen? Ben Affleck?

    Tom Cruise wird schon durch seine Bekanntheit dafür sorgen,daß der Film in den USA ein Erfolg wird. Und wenn dadurch das Thema in den USA auf einmal Interesse weckt, dann hat der Film sein Ziel erreicht, finde ich.

    Außerdem halte ich Tom Cruise für einen sehr guten Schauspieler. Spätestens, seit er den Auftragsmörder in Colleteral gespielt hat.

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  4. In weiten Teilen muss ich mich Stefans Meinung anschließen.

    Beim Zappen am Wochenende habe ich ihn nochmals kurz in "Mission Impossible" gesehen und musste mich über Toms Rolle als Action-Helden amüsieren. Ich finde die passt nicht zu ihm. Viele andere Hollywood-Schauspieler wären für diese Figur weitaus geeigneter gewesen.
    Als Staufenberg finde ich ihn ebenso unpassend. Aber eine Alternative die den notwendigen Ernst mitbringt, fällt mir auch nicht ein.

    Seine Rolle im Film „Krieg der Welten“, bevor die Aliens aufblitzten, passte besser zu ihm.

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  5. In "Geboren am 4. Juli" hat er mich überzeugt.

    Was Stauffenberg betrifft, hat corax zweifellos recht. Mir hat von Beginn an nicht behagt, dass er der jungen Bundeswehr als Vorbild hingestellt wurde, unter anderem von Herrn Heusinger, unserem damaligen Generalinspekteur, der neben Hitler stand, als die Bombe hochging. Seinen Tagesbefehl zum 20. Juli empfand ich als Heuchelei.

    So sah es wohl auch unser Kommandeur, Kapitän zur See Guggenberger, ein ehemaliger UBootskommandant, der den Befehl verlesen musste. Eine peinliche Veranstaltung.

    Nur zur Klarstellung: die Absicht Stauffenbergs, den bereits verlorenen Krieg zu beenden und weitere sinnlose Opfer zu vermeiden, halte ich für gerechtfertigt. Für eine Vorbildfunktion ist mir das aber zu wenig. Die Einsicht kam viel zu spät.

    Meine Widerstandskämpfer heißen Sophie Scholl, Georg Elsner und die Edelweißpiraten.

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  6. Das möchte ich doch mal unterschreiben.

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  7. Stauffenberg hat einen langen Weg hinter sich gehabt, bevor er das Attentat beging. Und wenn man seinen Hintergrund, seine Ausbildung und all das in Betracht zieht, dann hat er meines Erachtens großen Respekt verdient. Vom preußisch-gedrillten Offizier, der niemals seine Befehlshaber in Frage stellen durfte zu einem Attentäter – das ist doch ein ziemlich heftiger Wandel. Ob man nun seine Weltanschauung billigt oder nicht – und sicherlich tut das heute niemand mehr –, er bleibt ein Mensch, der alles, woran er aufgrund von Erziehung und Werdegang glaubte, über den Haufen warf und etwas tat, das ungeheuerlich erschien.

    Das mindert in keiner Weise den Heldenmut der Scholls oder Elsners oder all der anderen, die für ihre Überzeugung sterben mußten.

    Und daher finde ich ihn für eine Armee durchaus als Vorbild angemessen.

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  8. Alles richtig. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass er als Mitglied der militärischen Führung sehr lange einen grausamen Angriffskrieg und so die Nazidiktatur mitgetragen hat. Die wichtigste Motivation der Offiziere lag – anders als bei den Geschwistern Scholl – darin, dass sich das alles unter Führung des Dilettanten Hitler miliärisch zur Katastrophe entwickelte. Hätte Hitler weiter gesiegt und sich die rassistische Diktatur widerstandslos über die ganze Welt ausgebreitet, sie hätten wohl niemals losgeschlagen.

    Und das unterscheidet die Attentäter des 20. Juli deutlich vom antifaschistischen Widerstand, der unabhängig vom Kriegserfolg die Unmenschlichkeit des Regimes bekämpfte.

    Dennoch war der versuchte Tyrannenmord natürlich ein heroischer Akt, unbenommen.

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  9. @GP 9:31: Die beiden ersten Absätze sind merkantil gesehen ein Volltreffer. Absatz 3: Da muss ich husten. Cruise würde im nächsten Film auch eine jüdisches Opfer spielen oder eher später vielleicht als Alterswerk Ron L. Hubbard himself. Das macht er irgendwann, wenn die Zeit reif ist, wetten?

    @Opa: Born on the 4th of July - ja. Drei Jahre zuvor hat Cruise den vom Pentagon mitfinanzierten "Top Gun"-Helden gespielt. Den tatsächlichen Begriff "Widerstand" interpretiere ich auch so.

    @Matt: Zustimmung. Es ging darum, die militärische Führung abzulösen. "Mobbing"?

    btw, imvho: Kubrick hat in "Eyes wide shut" verstanden, wie man so einen Typen mitspielen lässt. Als echter Charakterdarsteller wird er wohl auch im neuen Film kaum taugen.

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  10. JT, ich möchte zwischen dem Menschen Tom Cruise und ihm als Schauspieler gerne trennen. Den Menschen TC halte ich für einen Idioten. Aber das tut nichts zur Sache, wenn es um den Job geht. Und den macht er meines Erachtens gut. Sicherlich seit Kubrick besser als zu Top–Gun–Zeiten ;-)

    Matt/JT: Aber genau wegen seiner Laufbahn ist es ja so eine große Charakterstärke, alles über den Haufen zu werfen! Wenn ich es böswillig formulieren möchte: Die Geschwister Scholl waren Studenten und somit sowieso in der rebellischen Phase. Stauffenberg hingegen mußte alles, was er bisher als richtig angesehen hatte, über Bord kippen.

    Ob es nun aufgrund des militärischen Unvermögens war, oder weil er, wie einige andere Mitverschwörer, ebenfalls die Greuel der Nazis erkannt hat, sei dahingestellt. Man kann ihn nicht mehr fragen.

    Ganz guter Text dazu übrigens:
    http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/749/heiliger_unterm_hakenkreuz.html

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  11. Die Argumentation mit der rebellischen Phase ist unlogisch. Wieso waren es dann nicht mehr?

    Fragen Sie mal Frau Hamm-Brücher.

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  12. Nur, wenn Sie sie auf den Rest der Studenten beziehen, was ich ja gar nicht getan habe. Mir ging es ja nur um Stauffenberg. Und der, um das nochmal zu betonen, hat eben eine ganze Menge an Programmierung (wenn ich Umgebung, Erziehung, Zeitgeist und das alles mal so zusammenfassen darf) wegschmeissen müssen. Anders gesagt: Seine Kindheit, seine Jugend, seine Jahre als Offizier prägten ihn.

    Rebellion sei ein Vorrecht der Jugend, schreiben viele ältere Menschen in Hinblick auf ihre Zeit als Jugendlicher. Und in gewisser Weise stimmt das: Als Jugendlicher ist man eher bereit, die bisherigen Grundsätze über Bord zu werfen.

    Daß Herr Stauffenberg – im Gegensatz zu den vielen anderen Offizieren – das überhaupt konnte, sollte uns ausreichen, um ihm höchsten Respekt zu zollen.

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  13. Einigen wir uns auf „hohen“ Respekt?

    Der höchste sollte wirklich für jene reserviert bleiben, die sich unter tödlicher Gefahr von vorneherein immunisieren konnten gegen das Gift des Nazitums – wie Elser und die Scholls.

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  14. Eben nicht. Denn auch wenn ich gerne einen Konsens mit Ihnen herstellen möchte, so sehe ich doch die Leistung des Herrn von Stauffenbergs anders als Sie. Denn erst mit ihm wurde der Widerstand richtig organisiert, mit ihm wurde ein Plan ersonnen, der hätte funktionieren können – und er persönlich hat eine Wandlung hinter sich, die ich einfach anerkenne.

    Es war eben schwerer für ihn als Menschen, die Nazis zu erkennen. Und umso mehr bewundere ich ihn, gegen all die einprogrammierten Gefühle und Gedanken anzukämpfen und das Richtige zu tun.

    Ein echtes Vorbild also, nämlich jemand, der seine eigene Überzeugungn kritisch hinterfragt und ggf. seine Handlungen anpaßt.

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  15. Das ist nicht logisch. Oder wollen Sie wirklich sagen, es sei grundsätzlich besser, zunächst zum überzeugten Nazi zu werden, damit das Abschwören umso glorioser ist …?

    Mir jedenfalls ist weiterhin ein konsequenter, unbeugsamger Antifaschist lieber als ein langjähriger Nazi, der sich dann doch noch wandelt – einfach deshalb, weil der konsequente Antifaschist niemals an Naziverbrechen mitwirken wird. Im Gegenteil.

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  16. Aus all diesen Gründen taugt der Graf sehr wohl zum menschlichen Vorbild, aber eben nicht zum EINZIGEN Vorbild für die damals noch sehr junge Bundeswehr. Darin sah ich immer das Problem.

    Gegen Stammtischvorwürfe wie persönliche Feigheit oder selbst Tyrannenmord bleibt Hochverrat habe ich ihn immer verteidigt und werde das weiterhin tun. („Ein Unrechtsstaat wie das ,Dritte Reich’ ist überhaupt nicht hochverratsfähig.“)

    Fest steht aber doch: die Aktion kam viel zu spät und war erfolglos.

    Und nun zitiere ich doch die Halbjüdin Frau Hamm-Brücher zur Weißen Rose:

    "... Aber doch sprachen wir Ende 1941, Anfang 1942 darüber, wo wir politisch eigentlich standen. Verstärkt wurde das, als die Ersten aus dem Kreis der Medizinstudenten nach Russland geschickt wurden - das war im Sommer 1942 ... Nach ihrer Rückkehr schrieben sie zum ersten Mal über die Judenvernichtung. Das letzte (Flugblatt) tauchte erst im Februar 1943 auf (!) Es war ein Aufruf zum Widerstand, zum Kampf."

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  17. Als Schlußwort schlage ich ebenfalls Frau Hamm-Brücher vor:

    Was muss Ihrer Meinung nach von der Weißen Rose bleiben?

    Es muss klar sein, dass Menschenrechtsverletzungen nicht passieren dürfen, nicht einmal in kleinsten, ja fast harmlos erscheinenden Ansätzen. Unser Gewissen und die eigene Überzeugung dürfen das nicht zulassen. Das ist die Lehre, die wir aus diesem Widerstandskreis ziehen müssen: Man darf einfach nicht mit den Wölfen heulen.

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  18. Matt, GvS hat ja nicht erst 1944 angefangen, Widerstand zu leisten. Seine Ablehnung begann bereits viel früher. Den Widerstand organisieren konnte er aber erst, nachdem er aus Tunesien (verwundet) zurückkam. Und dann hat er organisiert, verhandelt, die verschiedenen Gruppen zu einen versucht, Linke und Rechte zusammengebracht, einen Plan ersonnen – und ihn auch noch selbst durchgeführt.

    Ja, ich halte es für eine stärkere Vorbildfunktion, wenn man geläutert zurück zum rechten Glauben gelangt. So, wie wir alle das Bild von Saulus/Paulus kennen. Ohne dabei in die religiöse Diskussion abschweifen zu wollen, aber dieses Bild des Geläuterten zieht sich doch durch alle Zeiten.

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  19. Tolles Beispiel, muss ich schon sagen. Vielleicht wäre eines Tages sogar noch einmal ein richtiger Demokrat aus ihm geworden.

    Diese Herren waren zu erheblichem Anteil mitverantwortlich am Scheitern der Weimarer Republik.

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  20. Ob Stauffenberg mal ein richtiger Demokrat geworden wäre, weiß ich nicht. Ich halte mich da an das, was ich lese. Und ich lese, daß er auch mit der KPD – genauso wie mit den Demokraten und den Konservativen verhandelt hat, weil das große Ziel, Hitler zu töten, wichtiger war als alle widerstandsinternen Zweifel.

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  21. Ich muss es noch mal klarstellen: Wenn man Ihrer Argumentation folgt, muss man zunächst zu einem Horst Mahler werden, ehe man sich qua Wandlung Ihre höchste Wertschätzung erwerben kann.

    Das ist – tut mir Leid – Irrsinn.

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  22. Matt, ich sehe die Wandlung bei Stauffenberg als eine Leistung an, das stimmt. Für mich sind die anderen Widerständler aber ebenfalls bewundernswert.

    Einen Stauffenberg, auch einen frühen, aber auf die Stufe eines Horst Mahlers zu stellen, nun ja, das mag ich nicht tun. HM weiß, was im Krieg passierte. Das konnte ein Stauffenberg vor dem Krieg natürlich nicht.

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  23. Also bitte! Stauffenberg wusste genau, für wen er im militärischen Dienst stand: für einen fanatischen Antisemiten, Antidemokraten, Rassisten und Kriegstreiber, der andere Länder überfiel und KZs baute – und der all das bereits in „Mein Kampf“ angekündigt hatte.

    Jahrelang hat Stauffenberg das mitgetragen, und zwar in alle Welt hinaus, bis nach Afrika.

    Dass er sich dann wandelte: großartig. Doch dass er das vorher alles mittrug: grauenhaft.

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  24. Stauffenberg ein geläuterter Basisdemokrat? Er war ein Militär, der sich um unser Gequatsche seinen Ast ablachen würde. Ziel: Macht. Im Interesse des Militärs mit seinen vielen Opfern. Die er mit den Verlusten im Zweifrontenkrieg nicht mehr ertragen konnte. Dieser Druck brachte ihm Mut. Respekt dafür, aber eben in einer Nische.

    Wahren Respekt verdienen die genannten anderen.

    @Opa: Selma Meerbaum-Eisinger wird auch von van Veen bei jedem Konzert besungen. Spielst Du ein Instrument?

    @Matt: Nein, den Vergleich mit Horst Mahler hat Stauffenberg auch nicht verdient. Wahnsinnig sind sie alle, aber der Irrsinn des Herrn Mahler scheint mir ganz individuell zu sein.

    btw: Schade, dass keiner beim Thema "Eyes wide shut" mitging ;-)

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  25. @ JT:

    Leider nicht. Derzeit blase ich ohnehin aus dem letzten Loch. ;-)

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