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19 Juni 2023

Kalauer (19–20)


In Freiburg stolperte ich innerhalb kurzer Zeit über gleich zwei kalauernde Fahrradläden, denen anscheinend die jahrelange Führungsfunktion der Friseurläden auf diesem Gebiet keine Ruhe ließ.

Zeichnet sich hier der Megatrend der Zukunft ab? Wann wird der erste Laden namens „Kommt Zeit, kommt Rad“ – also dem abgedroschensten Drahteselkalauer ever – aufploppen?

Sie werden es als Erste erfahren.


27 Dezember 2021

Kalauer (16–18)



Still und heimlich mausert sich das nur scheinbar provinzielle hessische Herborn zur Kalauerhauptstadt Deutschlands. Hier drei Beweise, die mir heute unterkamen, ohne dass ich danach gesucht hätte.

Diese Zufallsfunde sprechen für weitere Vorkommen, die es alsbald zu entdecken gilt. Wir bleiben dran.

17 Juni 2021

Kalauer (7–15)

Vier Jahre lang machte diese Rubrik Pause, was aber nicht an mangelndem Basismaterial lag, sondern an den weltmeisterlichen Prokrastinationsskills des Blogbetreibers.

Hier nun ein paar weitere Preziosen, gewachsen auf dem Mist engagierter Unternehmer unter Leadership (natürlich) von Friseuren. Den visuellen Konsum dieser Dokumente möchte ich allerdings nur geistig und mental gefestigten Personen empfehlen.










Entdeckt zumeist in Hamburg, aber durchaus auch in Erfurt.

13 Januar 2021

Puffs haben zu, aber es gibt ja Penny

2007 lief auf Spiegel TV eine Reportage über die Penny-Filiale auf der Reeperbahn, die zum medialen Dauerbrenner geworden ist, nicht nur im Fernsehen, wo sie immer und immer wieder läuft, sondern auch im Internet. Auf YouTube etwa haben die mundgerecht portionierten 25-Minuten-Häppchen des abendfüllenden Films kumuliert zig Millionen Zugriffe.


Die Faszination dieser Reportage liegt natürlich an den Figuren, die sie vorstellt. Es sind vor allem Arme und Armselige, Gestrandete und Obdachlose, Verhaltensauf- und -ausfällige aus den lichtlosen Ecken des Biotops St. Pauli – und typischen Mittelschichtlern (wie uns) liefert der Film die kostenlose Gelegenheit, sich diesen Menschen mit einer Mischung aus Grusel, Mitleid und Empathie zu widmen. Wir dürfen uns kopfschüttelnd fragen, wie man so leben und überleben kann, mitten in Deutschland, mitten in der Ersten Welt. Und wir dürfen uns gut fühlen, weil wir bei manchen dieser Drop-outs das wärmende Bedürfnis verspüren, sie zu knuddeln (sofern sie nicht allzu streng riechen).

Man kann nur hoffen, dass die Macher dieser Reportage damals, vor vierzehn Jahren, von allen Porträtierten und Vorgeführten ordnungsgemäß Einwilligungen zur Ausstrahlung eingeholt haben – und dass alle Porträtierten und Vorgeführten sich wenigstens halbwegs darüber im Klaren waren, was diese Einwilligung für sie und ihr künftiges Leben bedeuten würde. Nämlich wenig Gutes.

Einige von ihnen wird man wohl nicht mehr danach fragen können. Für die schon damals (auch von uns) gut frequentierte Penny-Filiale auf der Reeperbahn aber war diese – wie nennt man das heutzutage? – „Kultreportage“ ein Segen ohnegleichen. Sie wurde zum Touristenmagneten, wie der Michel oder die Elbphilharmonie: Komm, lass uns vorm Musical noch mal rüber zu Penny, Kiezfreaks gucken!

Das ist natürlich auch der Marketingabteilung des Discounters irgendwann aufgefallen. Und sie beschloss, diesem unverhofften Nimbus auch endlich konzeptuell gerecht zu werden. Statt die Billigwaren weiter lieblos in Kisten und Kästen zu kübeln, weil es dem armen und armseligen Stammpublikum natürlich null auf die Optik, sondern nur auf den Tiefstpreis ankommt, hat man den Laden jetzt großzügig aufgehübscht – und weil die Touristen (wenn sie denn wieder kommen dürfen) nun mal wegen des Rotlichtflairs über die Reeperbahn pilgern, besorgt es ihnen Penny jetzt aber mal so richtig.

Denn die Filiale ist zur blitzsauberen Hölle aus schlüpfrigen Kalauern geworden, mit Olivia Jones als Testimonial, klar. Ich weiß nicht, welche Hafencityagentur sich hier austoben durfte, aber ich sehe sie vor mir, die coolen Kreativen in ihren Rollkragenpullis (Klischee, ich weiß), wie sie sich juchzend auf die Schenkel klopfen, als ihnen als Name für die Metzgertheke „Frischfleisch“ einfiel oder „Heiße Teile“ für Brot und Brötchen. So geht das Gang für Gang, Regal für Regal – siehe unten. Die Puffs haben zu, aber Penny nicht.

Und wem haben wir diesen neonbunten Overkill aus den abgedroschensten Kiezkalauern seit Erfindung des Koberns zu verdanken? Den Armen und Armseligen, Gestrandeten und Obdachlosen, Verhaltensauf- und -ausfälligen von 2007, damals von Spiegel TV hervorgezerrt aus den lichtlosen Ecken des Biotops St. Pauli und seither ausgestellt im Fernsehen und im Netz.

Zig Millionen YouTube-Klicks! Ich meine: Wer so was nicht irgendwann monetarisieren will, der hat auf dem Kiez nun mal nichts verloren. Nur der Kiez selbst hat fast alles verloren, nicht nur dank Corona. Alles hier auf St. Pauli scheint inzwischen nur noch die folkloristische Widerspiegelung dessen zu sein, was einst mal ein echtes Rotlichtviertel war.

Und nichts verkörpert das brutaler, schonungsloser als die neu gestaltete Penny-Filiale auf der Reeperbahn.

Update 04.12.2021: Spiegel TV hat Penny schon wieder thematisiert.















16 September 2018

Aller guten (Blog-)Dinge sind 13


Dass dieses Blog im Lauf der vergangenen zwölf Monate den viermillionsten Besucher begrüßen durfte, ist angesichts der erneut dramatisch eingebrochenen Veröffentlichungsfrequenz schon verwunderlich. Und ein wenig beschämend für den inhaltlich Verantwortlichen. 

Denn was finden Neuankömmlinge hier vor? Vor allem einen Riesenberg Vergangenheit. Das muss anders werden (sage ich mir jedes Jahr). Schließlich passieren hier auf St. Pauli immer noch Dinge. Erwähnenswerte Dinge. Wie neulich beim Kiezbäcker, als ich in der Schlange hinter einem gutgelaunten jungen Mann afrikanischer Provenienz darauf wartete, die im Dauerabonnement vorbestellten Karottenbrötchen abzuholen.

Als der junge Mann mich erblickte, drehte er sich um, hob überraschenderweise die Hand zum High Five und sagte mit einem Strahlen, dessen man wahrscheinlich nur dann fähig ist, wenn man neulich in einem lecken Schlauchboot die Mittelmeerpassage überlebt hat: „Germany is the greatest country in the world – because I’m here!“ Eine Logik, die holperte, aber nur auf den ersten Blick. Ich wusste jedenfalls sofort, was er meinte, und schlug grinsend ein. 

Das war noch vor Chemnitz, und vielleicht ist Germany in puncto Greatness für ihn inzwischen auf Platz zwei  oder drei abgerutscht, aber er freut sich mit Sicherheit noch immer, hier zu sein – und ich freue mich noch immer, mit Typen wie ihm beim Kiezbäcker eine Warteschlange zu bilden. 

Wahrscheinlich wird es allerdings eine Weile dauern, bis der neue Mitbürger ausreichend Deutsch gelernt hat, um die denglischen Kalauer zu dechiffrieren, die zurzeit vor allem Foodtrucks befallen wie Wespen heute meinen Tartufobecher in einer Eisdiele in der Stader Altstadt. Zur Beweisführung mögen die hier präsentierten Fotos von Beispielen gelten, die ich allesamt auf dem Spielbudenplatz auf frischer Tat ertappte.

Und jetzt feiere ich den 13. Bloggeburtstag, möglicherweise mit einem mitternächtlichen Ratsherrenpils. High Five!





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01 September 2017

Kalauer (4–6)


Seit dem fulminanten Start der Serie ist diesbezüglich nichts mehr passiert auf der Rückseite der Reeperbahn, doch das ändert sich genau JETZT.

Hier also einige weitere kalauernde Geschäfts- und Firmennamen, mit denen das Hamburger Unternehmertum seinen Umsatz steigern möchte.



28 Januar 2017

Kalauer (1–3)


 
Kalauer erleben seit einiger Zeit einen Boom. Parallel zur bestürzenden Analphabetisierung der Schreibsprache in den sozialen Medien entwickelt sich auf der anderen Seite des Spektrums die Lust am Sprachspiel, an der hintersinnigen Albernheit, am lustvollen Flachsinn mit doppelter, gelegentlich auch dreifacher Bedeutung.

Unter denen, die beruflich mit dem Schreiben zu tun haben, haben sich Kalauer flächendeckend durchgesetzt, ob im RTL-Edeltrashformat „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ (ein hustender Kandidat wird als „Bronchichi“ veräppelt) oder in den Überschriften der Onlinemedien („Gestickt eingefädelt“). Auch Mittelstand und Einzelhandel frönen längst dem Trend zum Wortwitz, und sei er noch so flach. 

Den Anfang machten vor einigen Jahren die Friseure (die Abbildung oben rechts zeigt ein klassisches Beispiel), inzwischen sind Bäckereien genauso am Start wie Foodtrucks und natürlich Hinz und Kunzt.  
 
Als jemand, der sich bekanntermaßen eine chronische Kalauerdiarrhö eingefangen hat (übrigens praktisch der einzige Durchfall, der mit Lustgewinn verbunden ist), kann ich diese Entwicklung natürlich nur von Herzen gutheißen – und plane sie künftig auch hier im Blog nach Kräften zu fördern und zu unterstützen.

Daher werde ich ab sofort an dieser Stelle regelmäßig Kalauersichtungen in freier Wildbahn fotografisch dokumentieren, um die Nachwelt nach Kräften beim Kopfschütteln zu unterstützen. Denn das ist gesund für die Nackenmuskeln.

Außerdem plane ich gemeinsam mit einem Gesinnungsgenossen ein mit hoher Wahrscheinlichkeit erschütterndes Druckwerk, welches die größte Konglomeration von Kalauern enthalten soll, seit Markgraf Gero das Gebiet der Lusitzi unterwarf. Und das war zirka 963.

Machen Sie sich also auf Unfassbares gefasst.

PS: Alle Fotomotive habe ich in Hamburg entdeckt.

12 August 2012

Albern an der Trave



Am Strand von Travemünde sah es heute wirklich prachtvoll aus. Den für diese Jahreszeit erheblich zu kühlen Wind in ostseeunüblicher Stärke, der uns ungemein zusetzte, sieht man auf diesem Foto freilich nicht.

Wir versuchten ihm mit Fußballspielen im Sand, Frisbee im Wasser und erheblichem Rotweinkonsum auf den nur mühsam zu bändigenden Sitzdecken zu trotzen, doch er war letztlich stärker. Morgen werden wir wahrscheinlich alle in jenem niesintensiven Zustand sein, in dem der arme Einheitskanzler bereits anreiste.

Dem Franken flog ein Insekt mit Tigerstreifen in den 2009er Saint Chinian, was eine gute Gelegenheit bot, den bereits getwitterten Kalauer von der „schusssicheren Wespe“ auch verbal noch einmal anzubrigen. Vorher hatte ich Ms. Columbo bereits erheitert mit diesem hier: „Kräuterdiplom bestanden – mit Basili cum laude“.

Wie man sieht, schafft es auch der schärfste Travemündener Wind nicht, uns die Albernheit aus den Hirnen zu blasen.


15 Juni 2012

Alle Wege führen nach …



„Nicht streiten, nicht streiten“, murmelt Kramer (l.) ohne hochzuschauen mantraesk vor sich hin, als der Franke (r.) und ich (m.) heftig diskutierend sein Büro betreten. „Nicht streiten.“

Wir gucken erst uns, dann ihn an, als habe der Papst öffentlich gestanden, er träume von einer Karriere als Strapsmodell bei Victoria’s Secret. Was ist bloß los mit dem Großcholeriker Kramer, der normalerweise hochgeht wie ein Chinaböller, selbst wenn gar niemand seine Zündschnur unter Feuer gesetzt hat? Ist er vielleicht nach dem Besuch eines Splatterfilms zum Pazifisten geworden?

Der Franke hat eine bessere Theorie. „Ich glaube, seine Freundin hat ihm was in den Kaffee getan“, sagt er. „Ja“, sekundiere ich nickend, „vielleicht Brom.“ Der Franke giggelt.

Kramer aber schaut mild hoch, als sei er jener Enkel, den Ghandi sich immer gewünscht hat. „Alle Wege“, sagt er leise, „führen nach Brom.“

Keine Pointe.


10 Mai 2012

Zurück aus der Zukunft



Erstaunlich, welche Subkulturen so alles im Verborgenen vor sich hin existieren. Unlängst war ich zu einem Konzert ins Grünspan (Große Freiheit) eingeladen und fand überraschenderweise vor:


Mädchen in Petticoats, die lustig ihre Lederhandtaschen schwangen und die Köpfchen schieflegten; Jungs mit pomadisierten Ententollen und ausrasierten Schläfen, die Sonnenbrillen trugen und kaugummikauend versuchten, coole Blicke zu simulieren.

Ich fühlte mich wie Marty McFly in „Zurück in die Zukunft“, nur dass die verkleideten Menschen im Grünspan bereits wussten, wer das Gitarrenriff von „Johnny B. Goode“ geschrieben hatte. Zum Glück war das Völkchen so höflich, diesen komischen Cargohosentyp mit seiner fleecegefütterten Wetterjacke (wasser- und winddicht sowie kälteresistent bis minus 25 Grad) zu ignorieren.

Was ich sagen will: Es gibt harmlos aussehende Menschen in unserer Mitte, die zu bestimmten Zeiten so tun, als hätten wir 1958. Gleichwohl erfreute mich ein kleiner Veranstaltungsflyer auf der Theke mehr als die ganze gefakte Halbstarkenästhetik um mich herum.

Dort warb nämlich ein „Horst with no Name“ für seinen Auftritt – und verdammt, das nenne ich mal einen Künstlernamen! Wo dieser so grobschlächtig wie verblüffend daherkommende Kalauer seinen Ursprung hat, hätte ich den Petticoathupfdohlen natürlich bei Bedarf erklären können, aber sie haben mich nicht gefragt, diese Hühner.

Mit Horst with no Name, der „international one man band“, kann man übrigens am 17. Mai durch den Hafen tuckern. Klingt nach einem Plan.


01 Januar 2012

Nein, alles macht Sinn …



… natürlich auch nicht richtig. Aber beim gemütlich in der Landschaft Herumliegen zwischen Wetzlar und Herborn macht diesem Dorf weltweit niemand etwas vor. Für manche der sechseinhalbtausend Einwohner ist es sogar das Sinn des Lebens.

Wie Sie bereits an diesen wenigen Sätzen merken, nimmt hier auch 2012 die Kalauerdichte nicht ab. Höchstens ab und zu, dann aber über kurz oder lang nicht mehr, nur hie und da mal mehr oder weniger schlecht als recht.

Das alles macht natürlich Sinn. Und zwar mit mir.

24 Dezember 2011

Im Grunde eine Filmkritik



Hier sehen wir ein erschütterndes Dokument der Verwüstung, zerstört und brandgeschatzt in einer mehrwöchigen Orgie allmorgendlicher Gewalt: mein Smarties-Adventskalender.

Ein Exemplar ist noch drin, es ist gelb und wird – das drohe ich schon mal an – Heiligabend nicht überleben. Übrigens ebensowenig wie der Kalauer „Kaviar: Nahrung, die über Laichen geht“, der mir vorhin beim Anschauen des Zweiteilers „Das Jesus-Video“ einfiel.

Allein das zeigt schon, wie grottig dieser Film war.


04 August 2011

Der totale Grieg

Kindischkeit kennt keine Grenzen – zumindest nicht, wenn man das Vergnügen hat, schwüle Sommerabende mit German Psycho zu verbringen.

Vor Rosi’s Bar (Foto: das Hinterzimmer) am Hamburger Berg saßen wir heute in illustrer Runde im Freien, als mal wieder das Gespräch auf unsere überhaupt nicht heimliche Vorliebe für Kalauer und von da aus eins zum andern kam.

„Sagen Sie mal einen Satz mit Ätna und Vesuv“, forderte der stets zu Scherzen aufgelegte Twitterkönig mich bereits nach drei Flaschen Jever rhetorisch auf – und lieferte den Satz sogleich selber ab, wie es sich für bloß rhetorische Aufforderungen ja auch gehört: „Ich komm in ätna ner halben Stunde zu Vesuv“, sagte er.

Mit solchem Hirnriss kann man mein Herz jederzeit zum Juchzen und Jubilieren bringen – und nicht nur deshalb, weil Ms. Columbo und ich noch in diesem Jahr beiden Vulkanen unsere Aufwartung zu machen gedenken.

Ich hatte natürlich keinerlei Hoffnung, mit dem einzigen Satz dieser Couleur, den ich auswendig und unfallfrei hersagen kann, erfolgreich kontern zu können, nämlich jenem berühmt-berüchtigten mit Bochum und Köln.

Trotzdem wagte ich es; schließlich hielten wir uns in St. Pauli auf, einem Viertel, wo Schamlosigkeit gleichsam als Zugangsvoraussetzung gilt. „Er boch um die Ecke“, sagte ich vollkommen erwartungslos zu ihm, „um zu pinköln.“

Ein Ding mit Osamabart, das wahrscheinlich bereits in den 80er Jahren so abgedroschen war wie momentan jede beliebige rhetorische Frage von Heiner Geißler, doch siehe da: German Psycho, dieser Eigentlichalleswisser, wieherte unversehens auf eine Weise los, wie man nur beim Erstkontakt mit solchem Blödsinn loszuwiehern in der Lage ist.

Ich war erfreut. Vielleicht bedeutet das einen echten Wendepunkt in meiner Karriere als Tischunterhalter. Vielleicht steht sie unmittelbar bevor, die Renaissance meines kümmerlichen Repertoires an Witzen, von deren genereller Ranzigkeit ich bis heute Abend ebenso felsenfest überzeugt war wie davon, dass „der totale Grieg“ nichts weiter bezeichnet als das Gesamtwerk eines norwegischen Komponisten.

Wie man sich täuschen kann.

12 November 2010

Von Pfeilgift, Bier und Fasswhiskey



Die ganz hohe Kunst des Kalauerns ist natürlich erst auf Lateinisch möglich. Das gilt unbedingt, vor allem und zuallervörderst auch für mich, der seine diesbezüglichen Sprachkenntnisse ausschließlich auf Basis von Asterix-Heften erworben hat.

Deshalb ziehe ich auch hochachtungsvoll meine Baseballmütze vor German Psychos genialischem „Curare humanum est“, das er nonchalant mitten im Geplauder raushaute und auf mein Geheiß sofort vertwittern musste. Mit großem Erfolg übrigens, wie die augenblicklich folgende Retweet- und Favingquote bewies.

Dieser Geniestreich passierte ihm und uns, kurz bevor die irische Retroband The Riptide Movement ihr Set im Rock’n’Roll Warehouse anpfiff. Ich kenne ja eine (mindestens) dreistellige Anzahl von Liveclubs in Hamburg, aber das Rock’n’Roll Warehouse war mir bis heute Abend völlig unbekannt. Und das mit Recht, denn es liegt an der höchstens für ihr sagenhaftes Verkehrsaufkommen und eine Lärmbelästigung auf Flughafenniveau berüchtigten Stresemannstraße, die nach Westen hinausführt aus Hamburg, um irgendwann in Straßen überzugehen, die direkt ins Nirgendwo Niedersachsens münden. Oder ist es Schleswig-Holstein?

Egal: Die Stresemannstraße ist ganz und gar kein liveclubkompatibler Ort, und doch fand dort heute Abend das Konzert der Iren von The Riptide Movement statt. Eine gemeinsame Bekannte und derzeitige Mitbewohnerin von German Psycho fungierte als Veranstalterin, und deshalb hatte er mich unversehens über unsere gemeinsame Präsenz auf der Gästeliste informiert.

„Hm, eigentlich wollte ich doch zahlen oder wie man das damals nannte, als ich es noch musste“, beschwerte ich mich. „Du weißt doch: Kaum hat man’s nicht mehr nötig, bekommt man’s geschenkt“, brachte er mich zum Schweigen.


Ersatzweise sorgten wir für kräftigen Astra-Umsatz im Rock’n’Roll Warehouse, und spätestens als The Riptide Movement den alten Folksong „Whiskey in the Jar“ exakt im Thin-Lizzy-Arrangement von 1972 nachspielten (höre und siehe Clip), war der Abend voll im Lot.

Rock erat demonstrandum.