„Hey, German Psycho“, sagte ich neulich abends in einer Kiezbar zu German Psycho, „wissen Sie, was er hier …“ – und dabei zeigte ich auf unseren Tischnachbarn, einen bezopften und kurzbehosten Serben aus Frankfurt – „… mir gerade erzählt? Er habe Armani-Anzüge im Schrank, die er seit 25 Jahren nicht mehr rausgeholt hat.“
German Psycho schaute hoch, ohne zu blinzeln. „Sie sind ja auch“, sagte er, „geklebt und nicht vernäht.“
Das bringt alles auf den Punkt. Alles.
Und gibt mir Gelegenheit, diesen Blogeintrag mit dem unlängst auf dem Flohmarkt geschossenen Armani-Sakko zu dekorieren. Wahrscheinlich ist es geklebt und nicht vernäht.
Ich sollte es 25 Jahre lang in den Schrank hängen und nicht mehr rausholen.
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29 Juli 2014
10 Juli 2010
Stilkritik am schlafenden Objekt
Gerade wer schwer betrunken auf dem Spielbudenplatz an der Reeperbahn herumliegt, sollte das natürlich stil- und trendbewusst tun. Und kiezkompatibel.
So hat der abgebildete Suffkopp noch vorm Anvisieren des Deliriums auf ein modisches, mit dem Blau seiner Mütze grandios harmonisierendes Polohemd geachtet, wenngleich dessen Querstreifen den wohl nicht komplett durchdefinierten Torso unschön verdicklichen, optisch.
Beim Fußkleid beweist der Kiezalki von Welt heutzutage natürlich Markenbewusstsein, welches in Zeiten wie diesen unbedingt ebenso geschickt wie dezent auf die Fußballweltmeisterschaft anspielen muss – und es auch tut (Adidas!).
Auch bei der Wahl des Getränkes, mit dem sich der Herr bei knapp 40 Grad im Schatten gepflegt abschoss, spielten ganz offensichtlich ästhetische Kriterien eine erheblich größere Rolle als inhaltliche. So entschied er sich stilsicher zum Erwerb einer farblich sorgsam auf den schwarzrotgelben Zeitgeist abgestimmten Bierdose.
Gut, die seit dem akut tobenden Achtzigerrevival wieder total angesagte Ray-Ban-Sonnenbrille hätte der Rauschausschläfer sich vorm Wegnicken nicht unbedingt auf der Brust drapieren müssen, doch hey: Es ist wenigstens eine Ray-Ban-Brille! (Hätte ich zumindest gern.)
Alles in allem liefert der Mann also eine outfitmäßig ziemlich runde Performance ab, die lediglich durch die im Labberlook gehaltene und ausgerechnet im Schritt unschön beulende Chinohose in Nuancen beeinträchtigt wird.
Kritik verdient allerdings seine sich über zwei Stufen erstreckende Schlafhaltung. Sie hat etwas Vorläufiges, Skizzenhaftes, das führt zu Abzügen in der B-Note.
Angesichts der Art und Weise, wie man sonst so auf dem Spielbudenplatz herumliegt, ist das aber letztlich auch noch ganz okay.
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06 November 2009
Modeirrtümer des 21. Jahrhunderts (2)
Heterogenität ist ein wichtiger Freakfaktor auf dem Kiez, das bestätigt sich tagtäglich.
Heute Abend zum Beispiel traf ich beim Konzert einen glatzköpfigen Mann, der hatte sich auf dem Kopf mit Hilfe eines breiten, komplett umlaufenden Stofftuchs seine hochgestellte Brille festgezurrt, auf der oben ein blinkendes Fahrradrücklicht befestigt war.
Seines Freaktums schien er sich dennoch nicht bewusst zu sein. Und warum auch? Schließlich wurde er keinesfalls geächtet oder geschmäht, wie es zweifellos zum Beispiel in Alsenbrück-Langmeil der Fall gewesen wäre, sondern war trotz Blinklicht bestens in eine vielköpfige Sozialgemeinschaft eingebunden, mit der er frohgemut zechte und schäkerte.
Auf die Frau, die an der S-Bahn Reeperbahn vor mir die Rolltreppe betrat, traf der Freakfaktor der Heterogenität ebenfalls zu. Ihr knielanger Pelz wirkte in den Augen eines Laien (= moi) verteufelt echt. Doch wenn das wirklich der Fall war: Was brachte sie bloß auf die kuriose Idee, diesen wahrscheinlich im vierstelligen Eurobereich angesiedelten Echtpelz mit weißen Michael-Jackson-Gedächtnissocken und Turnschuhen zu kombinieren?
Auch die in Militärtarnoptik gemusterte Tasche links kontrastierte schroff mit dem Mantel, während die goldene rechts sich farblich allenfalls an den Teint der unbedeckten Waden anschmiegte, nicht aber an die Fußbekleidung.
Während ich mit meinem Fahrrad hinter ihr hochtransportiert wurde, friemelte ich die Kamera hervor, um diesen denkwürdigen Anblick zu verewigen, versemmelte aber die Deaktivierung des Blitzes. Mir war das enorm peinlich, doch die Pelzdame merkte zum Glück nichts.
Trotzdem, ich muss vorsichtiger sein.
03 November 2009
Modeirrtümer des 21. Jahrhunderts (1)
Kann man sich eigentlich auch als heterosexueller Mann vom Anblick eines anderen Mannes sexuell belästigt fühlen?
Nicht erst seit heute kann ich diese Frage mit großer Eindeutigkeit beantworten.
Nicht erst seit heute kann ich diese Frage mit großer Eindeutigkeit beantworten.
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