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30 November 2008
Auf den Straßen von St. Pauli
Wahrscheinlich ist das woanders ganz ähnlich geregelt; jedenfalls fällt hier auf St. Pauli alles immer von oben nach unten.
Wer allerdings das Arrangement aus gelbroten Blütenblättern und blauem Konfetti am Rand der Paul-Roosen-Straße abwärts befördert hat und um was es sich dabei überhaupt handelt, wenn nicht um Voodoo, das kann ich auch nicht sagen.
Wenige Meter weiter wurde das generell schwer gebeutelte Pflaster von goldgelbem Apfelmus veredelt, und das muss man als großen Vorzug werten, denn gemeinhin handelt es sich bei gelblichem Brei, der auf den Kiezstraßen und -gehwegen gerne mal herumliegt, nie um Apfelmus, sondern um … etwas ganz anderes.
Übrigens fallen hier im Stadtteil öfters auch die Kurven persönlicher Biografien von oben nach unten. Doch das nur nebenbei.
27 November 2008
Action, aber ohne mich
Vergangene Nacht sollen holländische Hooligans die Reeperbahn zerlegt haben. Doch es war wie immer: Was auch auf dem Kiez ab- und schiefgeht, wer hier ein Messer zückt und wie viel Blut auch fließt, wir lesen immer nur davon.
Vielleicht findet das alles ja in Wirklichkeit gar nicht statt, vielleicht wird es nur inszeniert für uns – wie die Existenz Bielefelds oder der interkontinentale Luftverkehr, der natürlich nichts als ein riesiger Fake ist, mit vor den Fenstern vorbeiziehenden Wolkenanimationen und Horden von fremdsprachigen Schauspielern nach der „Landung“.
Dieses Szenario jedenfalls entwickelte ich heute aus der Lameng im Aurel, ich glaube, nach dem dritten Bier. Wichtigstes Indiz für diese für viele Urlauber unerhörte Theorie: Wäre der interkontinentale Flugverkehr kein Fake, hörte man viel öfter von Abstürzen.
„Klar“, pflichtete GP mir sofort bei, „weil nämlich nichts fliegen kann, das schwerer ist als Luft.“
Wie gesagt: Das alles geschah nach dem dritten (oder vierten) Bier, und als ich nach Hause kam, las ich im Web vom holländischen Mob auf der Reeperbahn und hatte wieder mal die komplette Action verpasst.
Andererseits: Es gibt schlimmere Schicksale.
PS: Das Foto von der Folge eines Scheibenattentats auf der Reeperbahn stammt nicht von heute, steuert aber eine sachverwandte und somit adäquate Illustrationsleistung bei.
26 November 2008
Aug’ in Aug’ mit Muskeltürken
Auf der Balustrade der Zeisehallen (Foto) krame ich den iPod hervor. Er soll mir den Weg zum Fitnessclub mit Lieblingsmusik versüßen.
Noch während ich an den Ohrhörerkabeln nestele, sehe ich am Ende der Balustrade, wo ich vorbeimuss, eine Gruppe stiernackiger Jugendlicher herumsitzen und -stehen.
Es handelt sich um jene Art Heranwachsender um die 18, die Kramer gewöhnlich respektvoll als „Muskeltürken“ einzustufen pflegt. Sofort habe ich das Gefühl, das schneeweiße Leuchten meines iPods sei kontraproduktiv für ein schadloses Passieren des Trios, was ich natürlich innerlich sofort als paranoid missbillige.
Die Muskeltürken wiegen durchweg rund 90 Kilo bei jeweils gedrungener Statur, und ihre Gespräche ersterben, als ich mich nähere. Sie schauen mich stumm an. Einer sitzt rundrückig auf dem Boden wie eine missgelaunte Kröte und stiert zu mir hoch.
Mit einem forsch-jovialen „Hi“ versuche ich die Situation zu entkrampfen. Seine Reaktion ist vergleichbar mit der einer Wanderdüne im Winter: Er stiert mir weiter regungslos mitten ins Gesicht.
Nicht das kleinste Zucken umspielt seine Lippen. Und mein iPod liegt mir bleischwer in der Hand. Er leuchtet wie ein Halogenstrahler.
Das anhaltend stumme Stieren des Krötenähnlichen beschließe ich als Zusage für freies Geleit zu interpretieren. Betont gelassen und in mittlerem Tempo gehe ich vorbei, ohne aufgehalten zu werden. Auf der Treppe beschleunige ich den Schritt.
Gedeckte Farben würden einem iPod bestimmt auch sehr gut stehen. Ich bin mir sogar sehr sicher.
25 November 2008
Fundstücke (42): Von BILD, Fischgeruch und Vollbeschäftigung
1. Im Innenfutter einer Jacke bei C&A glotzt mir plötzlich das BILD-Logo entgegen. Ist man denn nirgends mehr sicher? Ich gehe nicht mehr zu C&A. Gewisse Leute werden jetzt sagen: Da darf man eh nicht hingehen, selbst wenn einen dort kein BILD-Logo anglotzte. Und wahrscheinlich stimmt das sogar.
2. „Es gibt keinen einzigen Grund, auf einen Schuhputzautomaten zu verzichten!“, behauptete heute eine Spammail. Dabei fällt mir mindestens einer ein, ohne dass ich lange nachdenken muss. Spammer lügen also – und sollten öfter mit 675 Millionen Euro Strafe in die Schranken gewiesen werden.
3. Warum riecht eigentlich ein Nachtspeicherofen, der seit zehn Monaten im Tiefschlaf lag, nach der Reanimation erst einmal nach Fisch?
4. Im Grunde kostet jede Lohnzahlung Arbeitsplätze. Wir hätten Vollbeschäftigung, wenn sich jeder Nichtselbstständige als Sklave verdingen müsste. Darüber sollten die Politiker mal nachdenken!
5. „Ich bin schwül“ ist ein Satz, den man nur im Hochsommer sagen darf. Und selbst dann nicht.
6. Mindestens die letzten beiden Punkte waren twitterreif. Vielleicht fange ich doch damit an. Verdammt.
PS: Das Wort des Tages lautet „Meisenknödelwurfverletzungstitanplatte“ und findet sich bei der verehrten Frau Wildgans.
2. „Es gibt keinen einzigen Grund, auf einen Schuhputzautomaten zu verzichten!“, behauptete heute eine Spammail. Dabei fällt mir mindestens einer ein, ohne dass ich lange nachdenken muss. Spammer lügen also – und sollten öfter mit 675 Millionen Euro Strafe in die Schranken gewiesen werden.
3. Warum riecht eigentlich ein Nachtspeicherofen, der seit zehn Monaten im Tiefschlaf lag, nach der Reanimation erst einmal nach Fisch?
4. Im Grunde kostet jede Lohnzahlung Arbeitsplätze. Wir hätten Vollbeschäftigung, wenn sich jeder Nichtselbstständige als Sklave verdingen müsste. Darüber sollten die Politiker mal nachdenken!
5. „Ich bin schwül“ ist ein Satz, den man nur im Hochsommer sagen darf. Und selbst dann nicht.
6. Mindestens die letzten beiden Punkte waren twitterreif. Vielleicht fange ich doch damit an. Verdammt.
PS: Das Wort des Tages lautet „Meisenknödelwurfverletzungstitanplatte“ und findet sich bei der verehrten Frau Wildgans.
24 November 2008
Die gemütlichsten Ecken von St. Pauli (7)
Die Hauswand an der glamourösen Großen Freiheit war mal in einem erbärmlichen Zustand. Der Grund: Legionen von Männern hatten sich dort stillschweigend auf ein gemeinsames Motto geeinigt: Don’t worry, pee happy.
Irgendwann, als der Sockel von Urinsäure zerfressen war und das Gebäude sich aufzulösen drohte, entschloss sich der Eigentümer widerwillig zur Sanierung – oder wenigstens zu ihrer winzigkleinen Schwester, nämlich einer Vertuschungsaktion mit Deckfarbe.
Die Fassade wurde weiß getüncht, was sofort Grafittisprayer anlockte. Und natürlich wurde auch das oben erwähnte Motto wiederbelebt. Eigentlich war es sogar nie außer Kraft gesetzt.
Der ewige fünfstufige Kiezzyklus – Saufen, Pieseln, Erodieren, Tünchen, Sprayen – hat seither von vorn begonnen, stumm bezeugt von einem stoischen Mülleimer.
Jetzt fehlt hier nur noch ein pointierter Schlusssatz, der auf sarkastische Weise das Glamouröse an St. Pauli (über)betont. Aber mir fällt gerade keiner ein.
PS: Um 17 Uhr gibt es die nächste von mir konzipierte Sendung auf www.byte.fm. Thema: Amerika.
22 November 2008
Höflichkeit hält hungrig
Nach dem Hauskonzert in der Othmarschener Prachtvilla gab es ein adäquates Buffet – und dazu kostenlos die Erkenntnis, wie man einen höflichen Mann komplett lahmlegen kann.
Der Kontrabassist kam mit einem souverän befüllten Teller in der linken und einem Glas Wein in der rechten Hand vom Buffet. Was ihm nur noch fehlte zu seinem Glück, war eine geeignete Abstellfläche.
Die war sowieso schwer zu finden in dieser mit Steinwayflügeln, Celli und Geigen edel drapierten Wohnung, doch sein Schicksal sollten zwei Grazien besiegeln, die unverhofft mit ihm das Gespräch suchten.
Da stand er nun in the middle of nowhere, der arme hungrige Mann, aus Etikettegründen unfähig, die Damen zu fliehen und dank der fehlenden dritten Hand ebenso unfähig, sich wenigstens parallel an den kulinarischen Köstlichkeiten zu delektieren, die ihm unerreichbar nah vorm Munde schwebten wie einem Esel der Heueimer.
Ms. Columbo und ich saßen neben dem Steinway, verzehrten behaglich Linsensalat und Pflaumen im Speckmantel, nippten am rheinhessischen Kabinettriesling und amüsierten uns still über die Szenerie.
Sie war unterhaltsamer als das Hauskonzert zuvor. Und ja, ich weiß: Wir sind fies.
Aber auch satt.
Der Kontrabassist kam mit einem souverän befüllten Teller in der linken und einem Glas Wein in der rechten Hand vom Buffet. Was ihm nur noch fehlte zu seinem Glück, war eine geeignete Abstellfläche.
Die war sowieso schwer zu finden in dieser mit Steinwayflügeln, Celli und Geigen edel drapierten Wohnung, doch sein Schicksal sollten zwei Grazien besiegeln, die unverhofft mit ihm das Gespräch suchten.
Da stand er nun in the middle of nowhere, der arme hungrige Mann, aus Etikettegründen unfähig, die Damen zu fliehen und dank der fehlenden dritten Hand ebenso unfähig, sich wenigstens parallel an den kulinarischen Köstlichkeiten zu delektieren, die ihm unerreichbar nah vorm Munde schwebten wie einem Esel der Heueimer.
Ms. Columbo und ich saßen neben dem Steinway, verzehrten behaglich Linsensalat und Pflaumen im Speckmantel, nippten am rheinhessischen Kabinettriesling und amüsierten uns still über die Szenerie.
Sie war unterhaltsamer als das Hauskonzert zuvor. Und ja, ich weiß: Wir sind fies.
Aber auch satt.
20 November 2008
Fundstücke (41): Mit Flick zum Glück
1. Tipp24 gelingt mit der abgebildeten Werbemail sowohl eine verblüffende Ein- wie genialische Überleitung. Allerdings: Geld macht nur satt und glücklich, doch ich will mehr vom Leben.
2. „We are in charge of making him large.“ (Killerslogan einer Spammail, die mich dieser Tage erreichte. Ich mag Binnenreime.)
3. „Die Nacht der leitenden Reichen“ (Hübscher Versprecher meines Freundes A., der eigentlich über einen Filmklassiker reden wollte. Sein Fauxpas passt jedenfalls perfekt zur Finanzkrise.)
4. She played the harmonica/and her moniker was Monika. (Wie gesagt: Ich mag Binnenreime. Vor allem selbstkreierte.)
19 November 2008
Henrys halbe Erdnussschale
Seinen Kampfnamen erhielt Inkasso-Henry nicht während seiner Zeit als Lude auf dem Kiez. Nein, das geschah erst später, nachdem er umgesattelt hatte und nun für andere Luden Schulden eintrieb.
Seit 40 Jahren jobbt Henry hier. Inzwischen steht er als Koberer entschieden monumental vor einem Table-Dance-Schuppen auf der Reeperbahn. Fast jeden Abend komme ich an ihm vorbei, doch meist spricht er mich nicht an – ich wirke wohl gut versorgt.
Gestern Abend war Inkasso-Henry im Fernsehen. Die neue fünfteilige Dokusoap „Echt Reeperbahn“ (dienstags um 21 Uhr) schildert unter anderem seinen schillernden Alltag, und es ist schon merkwürdig, ihm am Tag danach im Fitnessstudio zu begegnen, wo er ächzend die Brustpresse beackert wie sonst nur säumige Ludenschuldner.
Der Mann ist eine Art bebrillter Grizzlybär mit Glatze, der jedoch nach meiner bescheidenen Meinung eher etwas gegen seine Wampe als für seine Brust tun sollte. Doch ich werde den Teufel tun und ihm diesen Ratschlag flüstern.
Ich fand es eh interessanter herauszufinden, wie viele Kilo einer wie Inkasso-Henry eigentlich auflegt an der Brustpresse. Also schlich ich unauffällig durch den Zirkeltrainingtrakt und versuchte einen Blick aufs Gerät zu erhaschen, wo er derweil weiter unverdrossen pumpte.
Bei jedem Zug beschallte der Mann den kompletten Bereich mit einem gewaltigen Gurgeln und Grunzen, das noch am Tresen zu hören gewesen sein muss. Ich nippte gleichwohl ungerührt und wie zufällig an meinem Aroniatrunk und linste verstohlen hinüber zur Brustpresse.
Aha: 37,5 Kilo. Mäßig. Weniger – hüstel – als ich. Immerhin riss er ersatzweise diverse Brustpressensätze runter, so dass er insgesamt auf eine passable Tonne Gesamtgewicht gekommen sein dürfte.
Eine halbe Stunde später schloss ich im Umkleideraum meinen Spind auf und schlüpfte in den rechten Schuh. Doch etwas lag darin und störte. Ich zog ihn wieder aus und fand etwas sehr Merkwüdiges: eine halbe Erdnussschale. Im Schuh, der die ganze Zeit im Spind eingeschlossen war, und vorhin, beim Ausziehen, noch keinerlei Fremdinhalte aufwies, erst recht keine halbe Erdnussschale.
Wahrscheinlich lag es an der Begegnung mit Inkasso-Henry von vorhin; jedenfalls interpretierte ich diese Erdnussschale augenblicklich als Pferdekopfmetapher. Und beschloss, Henrys Auflage an der Brustpresse beim Bloggen lieber etwas nach oben zu korrigieren.
Sonst spricht er mich auf der Reeperbahn vielleicht doch noch an, mit ungewissen Folgen.
Foto: YouTube
Seit 40 Jahren jobbt Henry hier. Inzwischen steht er als Koberer entschieden monumental vor einem Table-Dance-Schuppen auf der Reeperbahn. Fast jeden Abend komme ich an ihm vorbei, doch meist spricht er mich nicht an – ich wirke wohl gut versorgt.
Gestern Abend war Inkasso-Henry im Fernsehen. Die neue fünfteilige Dokusoap „Echt Reeperbahn“ (dienstags um 21 Uhr) schildert unter anderem seinen schillernden Alltag, und es ist schon merkwürdig, ihm am Tag danach im Fitnessstudio zu begegnen, wo er ächzend die Brustpresse beackert wie sonst nur säumige Ludenschuldner.
Der Mann ist eine Art bebrillter Grizzlybär mit Glatze, der jedoch nach meiner bescheidenen Meinung eher etwas gegen seine Wampe als für seine Brust tun sollte. Doch ich werde den Teufel tun und ihm diesen Ratschlag flüstern.
Ich fand es eh interessanter herauszufinden, wie viele Kilo einer wie Inkasso-Henry eigentlich auflegt an der Brustpresse. Also schlich ich unauffällig durch den Zirkeltrainingtrakt und versuchte einen Blick aufs Gerät zu erhaschen, wo er derweil weiter unverdrossen pumpte.
Bei jedem Zug beschallte der Mann den kompletten Bereich mit einem gewaltigen Gurgeln und Grunzen, das noch am Tresen zu hören gewesen sein muss. Ich nippte gleichwohl ungerührt und wie zufällig an meinem Aroniatrunk und linste verstohlen hinüber zur Brustpresse.
Aha: 37,5 Kilo. Mäßig. Weniger – hüstel – als ich. Immerhin riss er ersatzweise diverse Brustpressensätze runter, so dass er insgesamt auf eine passable Tonne Gesamtgewicht gekommen sein dürfte.
Eine halbe Stunde später schloss ich im Umkleideraum meinen Spind auf und schlüpfte in den rechten Schuh. Doch etwas lag darin und störte. Ich zog ihn wieder aus und fand etwas sehr Merkwüdiges: eine halbe Erdnussschale. Im Schuh, der die ganze Zeit im Spind eingeschlossen war, und vorhin, beim Ausziehen, noch keinerlei Fremdinhalte aufwies, erst recht keine halbe Erdnussschale.
Wahrscheinlich lag es an der Begegnung mit Inkasso-Henry von vorhin; jedenfalls interpretierte ich diese Erdnussschale augenblicklich als Pferdekopfmetapher. Und beschloss, Henrys Auflage an der Brustpresse beim Bloggen lieber etwas nach oben zu korrigieren.
Sonst spricht er mich auf der Reeperbahn vielleicht doch noch an, mit ungewissen Folgen.
Foto: YouTube
18 November 2008
Sedo sagt, ich läge falsch
Von: kontaktz@sedo.de
Betreff: Ihre E-Mail bezüglich 88.com
Datum: 18. November 2008 17:51:46 MEZ
An: Matt
Betreff: Ihre E-Mail bezüglich 88.com
Datum: 18. November 2008 17:51:46 MEZ
An: Matt
Hallo Herr Wagner,Es gibt übrigens noch viele andere Bedeutungen von 88, die wir ebenfalls nicht verschweigen wollen.
vielen Dank für Ihre E-Mail und Ihr Feedback zur Ziffern-Auktion.
Dass die Ziffernfolge „88“ unter anderem für Nationalsozialisten eine Bedeutung hat, ist uns bekannt.
Allerdings steht diese Symbolik für uns absolut nicht im Vordergrund. Die Ziffernfolge 88 steht zum Beispiel auch als Abkürzung für Hansestadt Hamburg.
Abgesehen davon ist es tatsächlich so, dass Zahlen überall ihre Bedeutung finden. Wir sind ein internationales Unternehmen, das heißt wir wissen, dass andere Nationen der Zahlenfolge eine völlig andere Bedeutung beimessen. Wussten Sie, dass die Zahl 88 in Asien als Glückszahl gilt? Das ist eine fest verankerte, Jahrtausend Jahre alte Tradition. Je häufiger die Ziffer 8 in Geburtstagen, Kontodaten oder Internetadressen auftaucht, desto besser für den „Besitzer“.
Mehr über die unterschiedliche Bedeutung von 88 erfahren Sie auch hier.
Wenn man die Domain 88.com unter diesen Aspekten betrachtet, rückt die 88 mit ihrer nationalsozialistischen Bedeutung deutlich in den Hintergrund.
Schauen Sie sich einmal Seiteninhalte von 88-Domains in den unterschiedlichen Endungen an: Keine davon hat nationalsozialistischen Inhalt.
Dass wir zu diesem Thema (und auch zu weiteren Themen) klare Stellung beziehen, erfahren Sie auch aus unserer Policy.
Die Meinung unserer Kunden ist uns wichtig und ich hoffe, Sie können unsere Sichtweise nachvollziehen.
Beste Grüße,
S. V., Sedo
An Sedo, Domainhändler
Von: Matt
Betreff: Re: Ziffern-Auktion - Einzigartige Domains sichern!
Datum: 17. November 2008 21:52:48 MEZ
An: kontakt@sedo.de
Hallo Sedo,
als strahlendes und erstes Beispiel für die Nützlichkeit Ihrer Versteigerung von Zifferndomains führen Sie ausgerechnet die „88.com“ an. Das finde ich sehr anrüchig. „Überall finden Zahlen ihre Bedeutung“, schreiben Sie im Begleittext ganz richtig. Und wer, wenn nicht Sie, weiß daher sehr gut, dass die Zahl 88 unter Neonazis die begehrteste ist?
Möglicherweise – sagen Sie mir bitte, wenn ich völlig falsch liege – setzen Sie mit dieser Werbung sogar ganz bewusst darauf, möglichst viele dieser Menschen zur Mitwirkung an der Versteigerung von 88.com bewegen zu können.
Aber das, Sedo, wäre nicht nur anrüchig, sondern stänke geradezu – wie etwas anderes Braunes, was bestimmt auch regelmäßig aus Ihrem Hintern kommt.
Wie erwähnt: Sagen Sie mir bitte, wenn ich völlig falsch liege.
Mit Nasenklammerngrüßen
Matt
16 November 2008
Sieg für Berlin
Berlin, Olympiastadion, Hertha BSC gegen den Hamburger SV.
Mir fällt auf, dass der tausendfach verstärkte Schlachtruf „SIEG!!!“ ein gewisses Geschmäckle bekommt, wenn er ausgerechnet dort skandiert wird, wo sich 1936 ein gewisser Führer über die Goldmedaillen des schwarzen US-Läufers Jesse Owens ärgerte.
Nach dem Spiel, auf dem Weg zur U-Bahn, laufen wir an zwei streitenden Parteien vorbei. Ein Berliner Brocken in Bomberjacke will einer Gruppe um einen rotwangigen Hamburger Bubi an den Kragen, wird aber von seinem Kumpel mit unmittelbarer körperlicher Gewalt daran gehindert.
Da er seinem Kumpel nicht wehtun will, entscheidet sich der Bomberjackenberliner alternativ für die verbale Attacke. „IHR JUDEN!“, brüllt er den Hamburgern hinterher.
Ja, immer wieder schön in der Hauptstadt.
14 November 2008
Andrei, bleib in Petersburg!
Kommt in einem beliebigen Text das Wort „Clown“ vor, steht es nach dem Layout immer am Zeilenende und wird vom Rechtschreibprogramm hinter dem „o“ getrennt.
Ähnliches gilt nicht nur für den Klassiker „Urin-stinkt“, sondern auch für „Works-hop“, „So-ngs“ oder "Sendes-aal".
Insofern kann man nur hoffen, Bayern München möge den russischen Fußballstar Andrei Arsch-
awin nicht verpflichten.
Foto: Wikipedia
Ähnliches gilt nicht nur für den Klassiker „Urin-stinkt“, sondern auch für „Works-hop“, „So-ngs“ oder "Sendes-aal".
Insofern kann man nur hoffen, Bayern München möge den russischen Fußballstar Andrei Arsch-
awin nicht verpflichten.
Foto: Wikipedia
13 November 2008
Das Gute an Gebrechen
Das Abatonkino liegt im Univiertel. Im großen Saal stinkt es, aber nicht eindeutig. Der Gestank ist ein hochkomplexer Mix, ein olfaktorischer Akkord.
Er setzt sich zusammen aus Käsefüßen, in den Ritzen verfaulter Nachoskäsesoße, einer Nuance von Schweiß sowie dem Haarfett adipöser Mittzwanziger.
Diesen Mix dünsten die Sesselfasern nun Molekül für Molekül wieder aus; der Vorrat reicht sicher für Jahrzehnte. Immerhin kann ich am Ekel, der mich im Abaton befällt, die tadellose Funktionsfähigkeit meiner Nase ablesen.
Anders hingegen verhält es sich mit meinen Augen: Sie funktionieren keineswegs mehr tadellos. Für Schwanzvergleiche in der Sauna etwa bin ich inzwischen zu kurzsichtig. Da könnte alles hängen, und ich fühlte mich nicht düpert.
So haben immerhin selbst körperliche Gebrechen ihr Gutes.
PS: Das Foto zeigt übrigens in Wahrheit gar nicht das Innere des Abaton, doch ich dachte, das merkt eh keiner außer ihm.
Er setzt sich zusammen aus Käsefüßen, in den Ritzen verfaulter Nachoskäsesoße, einer Nuance von Schweiß sowie dem Haarfett adipöser Mittzwanziger.
Diesen Mix dünsten die Sesselfasern nun Molekül für Molekül wieder aus; der Vorrat reicht sicher für Jahrzehnte. Immerhin kann ich am Ekel, der mich im Abaton befällt, die tadellose Funktionsfähigkeit meiner Nase ablesen.
Anders hingegen verhält es sich mit meinen Augen: Sie funktionieren keineswegs mehr tadellos. Für Schwanzvergleiche in der Sauna etwa bin ich inzwischen zu kurzsichtig. Da könnte alles hängen, und ich fühlte mich nicht düpert.
So haben immerhin selbst körperliche Gebrechen ihr Gutes.
PS: Das Foto zeigt übrigens in Wahrheit gar nicht das Innere des Abaton, doch ich dachte, das merkt eh keiner außer ihm.
12 November 2008
Wegen des Buches, Mensch!
Verdammt, jetzt bin auch ich infiziert: der furchtloseste aller Anglizismenjäger.
Der Virus hat mich erwischt. Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Verfall einsetzt. Bald werde auch ich Sätze sagen und schreiben wie „Dass dies am Ende des Tages Fakt sein soll, macht nicht wirklich Sinn, aber mein Punkt ist, dass das okay für mich ist, solange du das realisierst.“
Bald quatsche auch ich nur noch Pidgindeutsch, das auf deutschsprachige Menschen mit intaktem Sprachempfinden genauso wirkt wie ein herzhaftes „How goes it you?“ auf einen Engländer. Ein Anfang ist gemacht; das unleugbare Indiz für die Infektion: Ms. Columbo ertappte mich heute bei dem Satz „Er wurde für ein Buch mit dem Tode bedroht.“
Verdammt! Wie konnte das passieren – habe ich meine Medikamente nicht genommen? Mein einziger Trost: Unlängst unterlief sogar dem Papst der Päpste der Anglizismenjäger, nämlich GP, ein redundanter Anglizismus. Echt wahr.
Er sagte nämlich ohne Arg: „Es ist schön zu sehen, dass …“, und erst als ich ihn auf diese fehlimportierte Blähung hinwies und erläuterte, der Satz bedeute ohne „zu sehen“ exakt das Gleiche, fiel es ihm wie Scheuklappen aus dem so verdutzten wie schamesroten Gesicht.
Auch GP ist also infiziert. Könnte bedeuten: Er hat mich angesteckt.
Ich bin fast erleichtert.
PS: Weil der Beitrag eh nicht sinnvoll zu bebildern ist, werde ich endlich mal nonchalant die Hagenbeckgiraffe los.
Der Virus hat mich erwischt. Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Verfall einsetzt. Bald werde auch ich Sätze sagen und schreiben wie „Dass dies am Ende des Tages Fakt sein soll, macht nicht wirklich Sinn, aber mein Punkt ist, dass das okay für mich ist, solange du das realisierst.“
Bald quatsche auch ich nur noch Pidgindeutsch, das auf deutschsprachige Menschen mit intaktem Sprachempfinden genauso wirkt wie ein herzhaftes „How goes it you?“ auf einen Engländer. Ein Anfang ist gemacht; das unleugbare Indiz für die Infektion: Ms. Columbo ertappte mich heute bei dem Satz „Er wurde für ein Buch mit dem Tode bedroht.“
Verdammt! Wie konnte das passieren – habe ich meine Medikamente nicht genommen? Mein einziger Trost: Unlängst unterlief sogar dem Papst der Päpste der Anglizismenjäger, nämlich GP, ein redundanter Anglizismus. Echt wahr.
Er sagte nämlich ohne Arg: „Es ist schön zu sehen, dass …“, und erst als ich ihn auf diese fehlimportierte Blähung hinwies und erläuterte, der Satz bedeute ohne „zu sehen“ exakt das Gleiche, fiel es ihm wie Scheuklappen aus dem so verdutzten wie schamesroten Gesicht.
Auch GP ist also infiziert. Könnte bedeuten: Er hat mich angesteckt.
Ich bin fast erleichtert.
PS: Weil der Beitrag eh nicht sinnvoll zu bebildern ist, werde ich endlich mal nonchalant die Hagenbeckgiraffe los.
10 November 2008
Ein Abend in Rosa
„Ich lasse mich gern befruchten, brauche ständig neuen Input“: Das sagt nicht etwa eine x-beliebige Natascha aus der Herbertstraße, sondern Holger Stanislawski, als Coach des FC St. Pauli immerhin auch ein Kind des Kiez’.
Egal, Fußball und Sex haben hier eh vergleichbare Bedeutung.
Abends waren wir auf der Reeperbahn ins Café Keese geladen, wo in grauer Vorzeit erstmals systematisch Frauen die Männer zum Tanz auffordern durften. Ein unfassbar unerhörter Vorgang, der bis heute den Nimbus des Keese begründet.
Heute Abend ging es aber nicht um bizarre Rollenrituale, sondern um Katy Perry. Der neue US-Popstar spielte ein kleines Konzert vor geladenen Gästen, mit rosa angemalten Lippen.
Im Haar trug Perry eine rosa Haarspange, die aussah wie der Schlipsersatz namens Fliege. Dazu trug sie ein rosa Glitzerkleid ohne Träger, das ständig rutschte, weshalb sie es zunehmend verärgert und ruckartig hochzog bis zum Kehlkopfansatz. Vergeblich natürlich.
Ihr Mikrofon (l.) war ausnahmsweise rosa und erinnerte stark an einen Vibrator. Vielleicht fiel mir deswegen auf dem Heimweg wieder Stanislawskis „ständig neuer Input“ ein.
Kann aber auch andere Gründe gehabt haben.
Egal, Fußball und Sex haben hier eh vergleichbare Bedeutung.
Abends waren wir auf der Reeperbahn ins Café Keese geladen, wo in grauer Vorzeit erstmals systematisch Frauen die Männer zum Tanz auffordern durften. Ein unfassbar unerhörter Vorgang, der bis heute den Nimbus des Keese begründet.
Heute Abend ging es aber nicht um bizarre Rollenrituale, sondern um Katy Perry. Der neue US-Popstar spielte ein kleines Konzert vor geladenen Gästen, mit rosa angemalten Lippen.
Im Haar trug Perry eine rosa Haarspange, die aussah wie der Schlipsersatz namens Fliege. Dazu trug sie ein rosa Glitzerkleid ohne Träger, das ständig rutschte, weshalb sie es zunehmend verärgert und ruckartig hochzog bis zum Kehlkopfansatz. Vergeblich natürlich.
Ihr Mikrofon (l.) war ausnahmsweise rosa und erinnerte stark an einen Vibrator. Vielleicht fiel mir deswegen auf dem Heimweg wieder Stanislawskis „ständig neuer Input“ ein.
Kann aber auch andere Gründe gehabt haben.
09 November 2008
Keine Liebe mehr unter den Menschen
In der Schmuckstraße steht eine noch nie gesehene Transe im erhöhten Hauseingang. Sie versucht, arrogant dreinzuschauen, um ihre Novizennervosität zu übertönen (so reime ich mir das jedenfalls zusammen).
Ihre übertrieben blonde Langhaarperücke leuchtet im Mondlicht, ihr schwarzer, per Gürtel brutalstmöglich taillierter Lackmantel glänzt wie eine Speckschwarte. Sehr beeindruckend.
Radfahrer beachtet sie traditionsgemäß nicht, was mir zupass kommt, denn ich bin auf dem Weg in die Große Freiheit, wo die wortlose schottische Band Mogwai spielt.
Ihr Gitarrensound ist zäh wie Akazienhonig, der über Nacht draußen auf dem Balkon gestanden hat, und wenn man Richtung Bühne geht, mutiert man peu à peu zum Sandsack, auf den gerade Vladimir Klitschko einschlägt, dem irgendwer die Reifen seines Ferrari plattgestochen hat, oder was immer auch der Ukrainer für ein Auto fährt.
Jedenfalls verziehe ich mich schleunigst wieder nach hinten in Thekennähe, wo mir ausreichend dämmende Leiber die Trommelprügel vom Leib halten. Dreimal drücke ich die Kamera an einen Pfeiler, um im Schummerlicht das Foto nicht zu verwackeln, dreimal rempeln mich tumbe Biertransporteure an, ohne sich zu entschuldigen.
Es ist keine Liebe mehr unter den Menschen.
Und Mogwai sind heute Abend langweilig.
Der Slalomkurs nach Hause führt vorbei an Pisspfützen, Scherbenhaufen und taumelnden Biertransporteuren, die mir hirnlos vors Rad stolpern und sich nicht mal entschuldigen.
Vielleicht liegt es daran, dass ich traditionsgemäß auf dem Gehweg fahre.
Ihre übertrieben blonde Langhaarperücke leuchtet im Mondlicht, ihr schwarzer, per Gürtel brutalstmöglich taillierter Lackmantel glänzt wie eine Speckschwarte. Sehr beeindruckend.
Radfahrer beachtet sie traditionsgemäß nicht, was mir zupass kommt, denn ich bin auf dem Weg in die Große Freiheit, wo die wortlose schottische Band Mogwai spielt.
Ihr Gitarrensound ist zäh wie Akazienhonig, der über Nacht draußen auf dem Balkon gestanden hat, und wenn man Richtung Bühne geht, mutiert man peu à peu zum Sandsack, auf den gerade Vladimir Klitschko einschlägt, dem irgendwer die Reifen seines Ferrari plattgestochen hat, oder was immer auch der Ukrainer für ein Auto fährt.
Jedenfalls verziehe ich mich schleunigst wieder nach hinten in Thekennähe, wo mir ausreichend dämmende Leiber die Trommelprügel vom Leib halten. Dreimal drücke ich die Kamera an einen Pfeiler, um im Schummerlicht das Foto nicht zu verwackeln, dreimal rempeln mich tumbe Biertransporteure an, ohne sich zu entschuldigen.
Es ist keine Liebe mehr unter den Menschen.
Und Mogwai sind heute Abend langweilig.
Der Slalomkurs nach Hause führt vorbei an Pisspfützen, Scherbenhaufen und taumelnden Biertransporteuren, die mir hirnlos vors Rad stolpern und sich nicht mal entschuldigen.
Vielleicht liegt es daran, dass ich traditionsgemäß auf dem Gehweg fahre.
08 November 2008
Überlegungen zur zeitgenössischen Technik (1)
Also jetzt mal Klartext, aus gegebenem Anlass: Touchscreengeräte wie das iPhone sind nichts weiter als Körperfettverschmieroberflächen.
Besonders effektiv nutzt sie, wer nach dem Klogang aufs Händewaschen verzichtet. Sich danach seine Körperfettverschmieroberfläche an Lippen, Ohr und Wange zu halten, das hat den diskreten Charme einer Mülltonne mit Krankenhausabfällen. Und der visuelle Effekt, mit dem das iPhone ein Trinkgefäß zu simulieren vermag, wirkt in diesem Kontext geradezu zynisch.
Spätere Generationen werden angewidert den Kopf schütteln, wenn sie in alten Aufzeichnungen vom Irrweg der Touchscreenära lesen. Immerhin, werden sie sagen, überlebten damals nur diejenigen mit dem stärksten Immunsystem.
Evolutionär gesehen verbessert das iPhone also den menschlichen Genpool. Ein Prozess, den ich mir weiterhin gern von außen anschaue.
Foto: Apple
Besonders effektiv nutzt sie, wer nach dem Klogang aufs Händewaschen verzichtet. Sich danach seine Körperfettverschmieroberfläche an Lippen, Ohr und Wange zu halten, das hat den diskreten Charme einer Mülltonne mit Krankenhausabfällen. Und der visuelle Effekt, mit dem das iPhone ein Trinkgefäß zu simulieren vermag, wirkt in diesem Kontext geradezu zynisch.
Spätere Generationen werden angewidert den Kopf schütteln, wenn sie in alten Aufzeichnungen vom Irrweg der Touchscreenära lesen. Immerhin, werden sie sagen, überlebten damals nur diejenigen mit dem stärksten Immunsystem.
Evolutionär gesehen verbessert das iPhone also den menschlichen Genpool. Ein Prozess, den ich mir weiterhin gern von außen anschaue.
Foto: Apple
06 November 2008
O du nölige
Bei Penny. „Nenn mir ein Wort mit vier tz“, fordert der Franke mich unvermittelt auf.
„Weiß nicht“, muffle ich, erschüttert und fasziniert von der scheußlichen Weihnachtsdeko, die uns umgibt wie ein terroristischer Anschlag. Meine geistige Trägheit freut den Franken, denn jetzt kann er glänzen. Das tut er auch.
„Atzventzkrantzkertzen!“, triumphiert er in einer Lautstärke, welche Pennykunden verschüchtert darüber nachdenken lässt, das nächste Mal besser zu Aldi zu gehen. Sie wissen ja nicht, dass der Franke auch dort regelmäßig seine sonischen Duftmarken zu setzen weiß.
Atzventzkrantzkertzen also. Wer ist da eigentlich als erster drauf gekommen, irgendein Komiker? Der Franke jedenfalls nicht von alleine, es gibt 80 Treffer bei Google.
Später erhalte ich eine Spammail mit dem Betreff: „Ihre Anfrage nach Kunsttannen“, und beim Thailänder in der Taubenstraße servieren sie zum Likör einen wohl weihnachtsmäßig gemeinten Langhaarschrat mit Wallebart.
Diese ganze Atzventzzeit ist von höchst zweifelhafter Provenienz, wenn ihr mich fragt.
„Weiß nicht“, muffle ich, erschüttert und fasziniert von der scheußlichen Weihnachtsdeko, die uns umgibt wie ein terroristischer Anschlag. Meine geistige Trägheit freut den Franken, denn jetzt kann er glänzen. Das tut er auch.
„Atzventzkrantzkertzen!“, triumphiert er in einer Lautstärke, welche Pennykunden verschüchtert darüber nachdenken lässt, das nächste Mal besser zu Aldi zu gehen. Sie wissen ja nicht, dass der Franke auch dort regelmäßig seine sonischen Duftmarken zu setzen weiß.
Atzventzkrantzkertzen also. Wer ist da eigentlich als erster drauf gekommen, irgendein Komiker? Der Franke jedenfalls nicht von alleine, es gibt 80 Treffer bei Google.
Später erhalte ich eine Spammail mit dem Betreff: „Ihre Anfrage nach Kunsttannen“, und beim Thailänder in der Taubenstraße servieren sie zum Likör einen wohl weihnachtsmäßig gemeinten Langhaarschrat mit Wallebart.
Diese ganze Atzventzzeit ist von höchst zweifelhafter Provenienz, wenn ihr mich fragt.
W. C. Fields hatte doch Recht
Da, wo ich herkomme, gab es weniger Bohei um einen Laternenumzug.
Man wählte die Bürgersteige unbelebter Seitenstraßen, und die Restwelt blieb unbeeinträchtigt. So einfach war das. Heute ist das anders, zumindest in Hamburg.
Ich stand an der Haltestelle Barner Straße und sah den Bus schon kommen in der Ferne. Dieser Anblick ist stets verbunden mit einem wohligen Gefühl, das ich sehr schätze.
Die quälende Ungewissheit, wann wohl die notorisch launische Linie 37 ihren nächsten Bus vorbeizuschicken geruht, ist schlagartig vorbei; der Anblick des Gefährts, dessen Nahen man hier über einen ganzen Kilometer hinweg verfolgen kann, überzuckert die restlichen Minuten des Wartens mit Behaglichkeit und der schmeichelhaften Illusion, im Übermaß mit Nachsicht und Geduld ausgestattet zu sein.
Ein Getrommel von links stört indes meine Kontemplation: Es ist ein Laternenumzug. Er nähert sich der Kreuzung im rechten Winkel zum Bus, und eins wird schnell klar: Sollte der Umzug sie vorher erreichen, wird der Bus zu seiner eh schon beträchtlichen Verspätung noch erheblich mehr aufgebrummt bekommen – und damit auch ich.
Das von mir nun fieberhaft verfolgte Rennen bleibt offen bis kurz vor Schluss, dann siegen die Laternen. Der Bus verharrt vor der nutzlos grünen Ampel, während sich die trommelnden Kinder samt ihrer verantwortungslosen Erziehungsberechtigten in einem Tempo über die Kreuzung wälzen, gegen das die Grönlandgletscherschmelze wirkt wie ein Zeitrafferfilm.
Nun aber zurück auf Anfang: zum Bohei. Dieser Laternenumzug nämlich hat – im Gegensatz zu dort, wo ich herkomme – etwas eklig Professionelles. Vorneweg marschieren zwei wichtigwichtige Herren mit Kellen und Reflektoren auf den Jacken; sie sind die Hauptschuldigen für das Stoppen meines Busses.
Dahinter folgen mitten auf der Hauptverkehrsstraße die ursächlich Verantwortlichen für den ganzen sinnlosen Unfug, und nach hinten wird die entropiebeschleunigende Veranstaltung abgesichert von einem schillblauen Streifenwagen sowie einem kapitalen Feuerwehrauto in vollem Ornat.
Was glauben die Behörden eigentlich, was von diesen Kindern mit ihren Teelichtern alles stadtteilgefährdend abgefackelt werden kann – der Teer?
Die Blondine neben mir, die ebenfalls schon eine Viertelstunde auf den Bus gewartet hat, bevor die Laternen kamen, trägt einen kurzen Pferdeschwanz und einen harten Zug um die Lippen, der sie intelligent wirken lässt. Sie flucht jetzt leise.
Später, sehr viel später, steht sie im Fitnessclub zufällig neben mir auf dem Crosstrainer, aber das hat bestimmt nichts zu bedeuten, auch wenn unsere Schicksale seit dem Laternenumzug unverhofft eine kleine Schnittmenge aufweisen, für immer.
Man wählte die Bürgersteige unbelebter Seitenstraßen, und die Restwelt blieb unbeeinträchtigt. So einfach war das. Heute ist das anders, zumindest in Hamburg.
Ich stand an der Haltestelle Barner Straße und sah den Bus schon kommen in der Ferne. Dieser Anblick ist stets verbunden mit einem wohligen Gefühl, das ich sehr schätze.
Die quälende Ungewissheit, wann wohl die notorisch launische Linie 37 ihren nächsten Bus vorbeizuschicken geruht, ist schlagartig vorbei; der Anblick des Gefährts, dessen Nahen man hier über einen ganzen Kilometer hinweg verfolgen kann, überzuckert die restlichen Minuten des Wartens mit Behaglichkeit und der schmeichelhaften Illusion, im Übermaß mit Nachsicht und Geduld ausgestattet zu sein.
Ein Getrommel von links stört indes meine Kontemplation: Es ist ein Laternenumzug. Er nähert sich der Kreuzung im rechten Winkel zum Bus, und eins wird schnell klar: Sollte der Umzug sie vorher erreichen, wird der Bus zu seiner eh schon beträchtlichen Verspätung noch erheblich mehr aufgebrummt bekommen – und damit auch ich.
Das von mir nun fieberhaft verfolgte Rennen bleibt offen bis kurz vor Schluss, dann siegen die Laternen. Der Bus verharrt vor der nutzlos grünen Ampel, während sich die trommelnden Kinder samt ihrer verantwortungslosen Erziehungsberechtigten in einem Tempo über die Kreuzung wälzen, gegen das die Grönlandgletscherschmelze wirkt wie ein Zeitrafferfilm.
Nun aber zurück auf Anfang: zum Bohei. Dieser Laternenumzug nämlich hat – im Gegensatz zu dort, wo ich herkomme – etwas eklig Professionelles. Vorneweg marschieren zwei wichtigwichtige Herren mit Kellen und Reflektoren auf den Jacken; sie sind die Hauptschuldigen für das Stoppen meines Busses.
Dahinter folgen mitten auf der Hauptverkehrsstraße die ursächlich Verantwortlichen für den ganzen sinnlosen Unfug, und nach hinten wird die entropiebeschleunigende Veranstaltung abgesichert von einem schillblauen Streifenwagen sowie einem kapitalen Feuerwehrauto in vollem Ornat.
Was glauben die Behörden eigentlich, was von diesen Kindern mit ihren Teelichtern alles stadtteilgefährdend abgefackelt werden kann – der Teer?
Die Blondine neben mir, die ebenfalls schon eine Viertelstunde auf den Bus gewartet hat, bevor die Laternen kamen, trägt einen kurzen Pferdeschwanz und einen harten Zug um die Lippen, der sie intelligent wirken lässt. Sie flucht jetzt leise.
Später, sehr viel später, steht sie im Fitnessclub zufällig neben mir auf dem Crosstrainer, aber das hat bestimmt nichts zu bedeuten, auch wenn unsere Schicksale seit dem Laternenumzug unverhofft eine kleine Schnittmenge aufweisen, für immer.
04 November 2008
Hä?
Wer sich heute gegen Barack Obama entscheidet, ist nicht automatisch ein Rassist.
Das Gegenteil aber stimmt keinesfalls.
Und wenn doch: auch egal.
Foto: Wikipedia
Das Gegenteil aber stimmt keinesfalls.
Und wenn doch: auch egal.
Foto: Wikipedia
Der Abend des Rezensenten
Matt: „Guckst du mit? Ich muss noch einige DVDs rezensieren. Aber alles Sachen ab 18.“
Ms. Columbo: „Also sind Brüste zu sehen und nicht Kopf ab?“
Matt: „Nein, Brüste sind ab 16, Kopf ab ab 18.“
Ms. Columbo: „Ja-ha, das würde einem der gesunde Menschenverstand sagen – aber in Wahrheit ist es doch genau umgekehrt!“
Matt: „Nur in den USA.“
Am Ende sahen wir einen Film von Uwe Boll.
Ohne Brüste.
Foto: Kinostar
Ms. Columbo: „Also sind Brüste zu sehen und nicht Kopf ab?“
Matt: „Nein, Brüste sind ab 16, Kopf ab ab 18.“
Ms. Columbo: „Ja-ha, das würde einem der gesunde Menschenverstand sagen – aber in Wahrheit ist es doch genau umgekehrt!“
Matt: „Nur in den USA.“
Am Ende sahen wir einen Film von Uwe Boll.
Ohne Brüste.
Foto: Kinostar
03 November 2008
Im Ikeawachkoma
Bei Ikea werde ich regelmäßig schon nach kurzer Zeit quasi kataleptisch.
Wie ein Zombie wanke ich durch den Laden, stumpf und handlungsunfähig, doch wenigstens entlang der vorgegebenen Pfade.
Wahrscheinlich blasen sie eine Droge durchs Lüftungssystem, die alle anderen zu willenlosen Powerkonsumenten macht, aber mich einfach nur schläfrig. Dank Ms. Columbo bringen wir es dennoch auf zwei Stofftiere und 18 Trinkgläser.
Zu Hause stelle ich jedoch fest, im Ikeawachkoma ebenfalls etwas erstanden zu haben: ein paar Plüschpuschen für zweifünfzig.
Mann, der Besuch bei Ikea sollte unbedingt unters Betäubungsmittelgesetz fallen.
Wie ein Zombie wanke ich durch den Laden, stumpf und handlungsunfähig, doch wenigstens entlang der vorgegebenen Pfade.
Wahrscheinlich blasen sie eine Droge durchs Lüftungssystem, die alle anderen zu willenlosen Powerkonsumenten macht, aber mich einfach nur schläfrig. Dank Ms. Columbo bringen wir es dennoch auf zwei Stofftiere und 18 Trinkgläser.
Zu Hause stelle ich jedoch fest, im Ikeawachkoma ebenfalls etwas erstanden zu haben: ein paar Plüschpuschen für zweifünfzig.
Mann, der Besuch bei Ikea sollte unbedingt unters Betäubungsmittelgesetz fallen.
02 November 2008
Abgang Jerry Lee
Innerhalb von 24 Stunden besuchten wir Konzerte von zwei Künstlern, die zusammen 147 Jahre alt und beide Mitglieder in der Rock’n’Roll Hall of Fame sind.
Im Vorprogramm von Jerry Lee Lewis spielte Schildkröte. Als er so dasaß am E-Piano, halslos, grau und rund, da konnte ich mich trotz aktivierter Anstandsspamfilter innerlich nicht wehren gegen die stille Frage: Ob Schildkröte wohl noch Sex hat, und zwar unbezahlten?
Ich bin schlecht, ich weiß.
Dann kam Jerry Lee auf die Bühne des CCH (Foto), mit krummem Rücken, dem Hemd in der Hose und selbige hochgezogen bis knapp unter die Achseln. Vor über 50 Jahren inszenierte er mit ein paar Kumpels die wildeste Jugendbewegung, welche die Welt bis dahin gesehen hatte, und es ist auf schmerzliche Weise rührend, ihn ein halbes Jahrhundert später noch immer die Stücke von damals spielen zu hören. Es ist Gnade und Fluch.
Am Ende, bei „Whole lotta shakin’ goin’ on“, stand Lee auf vom Klavier, dreht sich um und setzte sich kurz auf die Tastatur – ein Schlussakkord vom, aber nicht fürn Arsch.
Dann ging er ab, krumm und alt, das Hemd tief vergraben in der Hose, ein Geist aus der Rock’n’Roll Hall of Fame, der nie mehr wiederkehren wird.
Im Vorprogramm von Jerry Lee Lewis spielte Schildkröte. Als er so dasaß am E-Piano, halslos, grau und rund, da konnte ich mich trotz aktivierter Anstandsspamfilter innerlich nicht wehren gegen die stille Frage: Ob Schildkröte wohl noch Sex hat, und zwar unbezahlten?
Ich bin schlecht, ich weiß.
Dann kam Jerry Lee auf die Bühne des CCH (Foto), mit krummem Rücken, dem Hemd in der Hose und selbige hochgezogen bis knapp unter die Achseln. Vor über 50 Jahren inszenierte er mit ein paar Kumpels die wildeste Jugendbewegung, welche die Welt bis dahin gesehen hatte, und es ist auf schmerzliche Weise rührend, ihn ein halbes Jahrhundert später noch immer die Stücke von damals spielen zu hören. Es ist Gnade und Fluch.
Am Ende, bei „Whole lotta shakin’ goin’ on“, stand Lee auf vom Klavier, dreht sich um und setzte sich kurz auf die Tastatur – ein Schlussakkord vom, aber nicht fürn Arsch.
Dann ging er ab, krumm und alt, das Hemd tief vergraben in der Hose, ein Geist aus der Rock’n’Roll Hall of Fame, der nie mehr wiederkehren wird.
01 November 2008
Leonard Cohen, Weltrekordler
Der Grad von Leonard Cohens Grandseigneurhaftigkeit ist Guinness-Buch-der-Rekorde-reif. Außerdem hat er den leisesten Drummer der Welt.
Wie es sonst war beim Cohen-Konzert? So wie es Wildgans anlässlich seines Frankfurter Auftritts beschrieb. Also sehr ergreifend.
Übrigens bin ich erstaunt, wieso nicht alle 80 Millionen Deutsche sofort versuchen, Karten zu bekommen, wenn einer wie er auf Tour kommt. Was um alles in der Welt kann die Alternative sein – etwa Halloweenkürbisse schnitzen …?
Cohen gehört zu jenen Künstlern, von denen ich auratische Devotionalien besitze, obwohl ich sonst nicht zu den Signierbettlern gehöre. Den herrlich wackligen Eintrag in mein uraltes Exemplar seiner gesammelten Werke schrieb er mit der gleichen Hand, die einst „Suzanne“ verfasste oder den dunklen Bildungsroman „The favorite game“.
Außerdem vermachte er mir sein mit der Maus gemaltes Selbstporträt „Happy at last“. Heute Abend sah er sich sehr ähnlich, nur nicht so blau im Gesicht und dank Hut und Maßanzug weitaus grandseigneurhafter.
Und hätte er Maastrix nicht schon im Vorfeld mit einem Knebelvertrag verärgert, ich würde ihn glatt adoptieren. So aber schoss ich aus Protest ein pixeliges Foto von der Videoleinwand und wandere halt jetzt in den Knast.
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