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26 Januar 2024

Aida, diesmal nicht in Mülltüten

Vor knapp acht Jahren ging unser erster Versuch, Verdis Oper „Aida“ zu genießen, schrecklich schief: Wir flohen zur Halbzeit – „gekleidet“ in mülltütenartige Plastikregencapes – vorm Weltuntergang, der die Open-Air-Aufführung in Schwerin mit Donner, Sturm und Wassermassen zu behelligen geruhte. Wenigstens hatten wir den (echten!) Elefanten noch gesehen. Weitere Details zu diesem in mehrerlei Hinsicht unvergesslichen Ausflug nach Schwerin finden Sie hier

Nun aber gibt es unverhofft doch noch die Chance zu erfahren, wie es weitergeht, nachdem der Elefant von der Bühne gestapft ist. Denn „AIDA – Das Arena Opern Spektakel 2024“ (sic!) feiert am 2. Februar in Hamburg Premiere, und wir sind eingeladen.

Man avisiert uns Multimediales, ja, Immersives; ausstaffiert sei das Ganze mit Omnisurroundlautsprechern, Projektoren, LED-Wänden, Kameras und Scheinwerfern sonder Zahl, wahrscheinlich alles originalgetreu nach Verdis Regieanweisungen angefertigt. Der Elefant soll allerdings statt aus Elefant aus neun Frauen bestehen. Tierschutz!

Doch egal wie’s weitergeht, nachdem die neun Damen von der Bühne gestapft sind: Diesmal werden wir keine Mülltüten tragen müssen, denn das alles findet in der Barclay’s Arena in Stellingen statt. Und es gibt noch Karten, soweit ich weiß.

Foto: Christoph Eisenmenger


22 Juli 2023

Einmal Nordsee und zurück (Teil 2)

Eine just zu Ende gegangene Schiffsreise von 3917 Kilometern Länge nach England, Schottland und Norwegen brachte uns einige Orte und Städte näher, die hier in Kurzrezensionen gewürdigt werden sollen. Ultrakurz, um genau zu sein, und bestürzend lückenhaft. Aber damit müssen Sie leben. Den ersten Teil gibt es hier.


6. Skjolden, Norwegen



An der Gegend um Skjolden – gelegen am Ende des Lustrafjords, eines Seitenarms des gewaltigen Sognefjords – ist alles, wirklich alles zauberhaft: die sattrote flatterhafte Skulptur vorm allumfassenden Grün der Umgebung, die 900 Jahre alte und weiterhin im sakralen Einsatz befindliche Holzkirche in Urnes, deren Originalbalken die gelungene Photosynthese fleißiger Bäume ab dem Jahr 1000 repräsentieren – und die Tatsache, dass man sich bei der Aussprache des Wortes Skjolden nicht die Zunge brechen muss, sondern einfach „Scholden“ sagen darf. Wermutstropfen, der einen Umzug dorthin weniger attraktiv macht: Der Notarzt muss per Helikopter einfliegen. 


7. Bergen, Norwegen

Kommt man in die regenreichste Stadt Norwegens, wenn nicht ganz Europas, so ist man vor jedweder Enttäuschung gefeit. Denn folgt die Stadt buchstäblich dem Gießkannenprinzip, dann macht sie halt einfach ihren Job. Und ist es sonnig, dann ist man hocherfreut. Als wir dort waren, machte Bergen halt einfach seinen Job. Im Viertelstundenrhythmus platschten geradezu aggressive Regentropfenverbände hernieder, sodass wir ein ums andere Mal von Hoteleingang zu Fischmarktbude sprangen, denn Menschen sind – wenn man es bis zum Ende fortdenkt – wasserlöslich. Also ging’s irgendwann entmutigt zurück aufs Schiff, von wo aus sich die Bergen-typische Schleusenöffnungstaktung weitaus kommoder verfolgen ließ.


8. Stavanger, Norwegen

Bunter als Stavanger ist höchstens die lgbtqia2s+-Bewegung. Dort – also in Stavanger, nicht bei der lgbtqia2s+-Bewegung – gibt es zudem den bestsortierten Nuss- und Trockenfruchtladen aller Zeiten sowie denen, die noch kommen, nämlich Nøtteblanderen in der Kirkegata 21. Sollte ich jemals einen Hausarrest mit Fußfessel antreten müssen, dann bitte ebenda, danke vorab. In Stavanger parkt unser Schiff übrigens in der Altstadt, aber das darf der Nabu nie erfahren, weshalb das strikt unter uns bleiben muss. 












9. Kristiansand, Norwegen


Die Stadt in Südnorwegen ist das Gegenteil von Bergen, nämlich die sonnenreichste Stadt des Landes. Sie brüstet sich gar mit dem Titel „Riviera des Nordens“, was ein wenig an die Beschönigungsskills von Aberdeen erinnert. Doch in der Tat: Ja, es schien die Sonne. Nur dies bewahrte uns angesichts der in Kristiansand aufgerufenen Preise vorm Stimmungstief. Beispiel: In einem Café wollte man für einen winzigen Brownie umgerechnet acht Euro fünfzig. Da sagt der Hamburger von Herzen nein danke. Aber von Herzen ja bitte zu den Wohnungspreisen. Hier bekommt man für rund 200.000 Euro ein solides Haus, während man sich dafür an der Elbe mit anderthalb Zimmern bescheiden müsste. Ohne Balkon.

Ansonsten war viel, viel Nordsee. Hier ein paar Belege.









 

21 Juli 2023

Einmal Nordsee und zurück (Teil 1)

Eine just zu Ende gegangene Schiffsreise von 3917 Kilometern Länge nach England, Schottland und Norwegen brachte uns einige Orte und Städte näher, die hier in Kurzrezensionen gewürdigt werden sollen. Ultrakurz, um genau zu sein, und bestürzend lückenhaft. Aber damit müssen Sie leben. Den zweiten Teil gibt es hier.


1. Newcastle upon Tyne, England




Die Stadt im Osten Englands überrascht nicht nur mit kühner Architektur zwischen schwungvoll und raupenähnlich, sondern in der katholischen St.-Mary’s-Kirche 
auch mit einem rein säkularen Fensterbild. Arbeitendes Volk bei profanen Verrichtungen statt Lobpreis des Einzigen: Deutlicher kann man seine vollumfängliche Niederlage gegen die Anglikaner wohl nicht eingestehen. Deswegen: Auf nach Schottland!











2. Inverness, Schottland


Als ich Ms. Columbo vor einem schönen lila Portal fotografierte und unversehens drei Damen ins Motiv liefen, fühlte ich mich erstaunlicherweise noch nicht an ein berühmtes Beatles-Bild erinnert, beim Betrachten am Rechner indes schon. Sonst blieb von Inverness nicht allzu viel hängen.


3. Aberdeen, Schottland

Die Stadt besteht aus Granit. Heißt: Sie ist grauer als grau. Der Himmel darüber will dem nicht nachstehen, woraufhin das Meer sagt: Das kann ich auch. Die Delfine, die in der Bucht herumtollen, sind ebenfalls nicht rosa. Allerdings betätigen sich die Aberdeener als weltweit größte Beschöniger von ganz Schottland und euphemisieren ihr tristes Häuserkonglomerat nonchalant zur „Silver City“. Angeblich soll im Sonnenschein beim richtigen Strahleneinfallswinkel und wenn man ausreichend Single Malt Scotch getankt hat, Aberdeen silbrig schimmern. Nun: Das können wir nicht bestätigen; ich erspare Ihnen den Fotobeweis. Die grauen Delfine in der Bucht haben uns dennoch verzaubert.


4. Shetlandinseln, Schottland


Vor der Küste der Shetlands soll es Orcas geben. Das ist Hörensagen; für den phasenweise von mäandernden Steinmauern gesäumten und von majestätischer Stille überwölbten Rundweg um das Städtchen Lerwick herum können wir uns allerdings herzlichst verbürgen. Dass die Wohnlage mit der besten Aussicht überhaupt der Friedhof ist, zeugt möglicherweise vom gesunden Antikapitalismus der hiesigen Insulaner; anderswo stünden hier längst lukrative Bettenburgen. Die berühmten Shetlandponys (Foto) hatten wir uns übrigens größer vorgestellt. 




5. Balmoral, Schottland



Hier im Schloss hauchte Queen Elizabeth II. ihr langes Leben aus, ganz wie von ihr gewünscht. Jahrzehntelang wandelte sie allsommerlich sinnierend am River Dee entlang, der das Schloss schier kronenartig umfließt. Wahrscheinlich besuchte Frau Windsor im Park auch regelmäßig den „Pet Cemetery“, und das wollten auch wir – vor allem um zu sehen, welche postmortale Würdigung all den königlichen Corgies zuteil wird, die dort dem Jüngsten Tag entgegenverwesen. Doch wir irrten herum, verpassten den Friedhof und landeten urplötzlich an einem Kiosk mit Eisverkauf, was alles andere augenblicklich bedeutungslos machte. Das offerierte Speiseeis indes war trotz räumlicher Nähe zum Royalen eher niederer Herkunft.

(Fortsetzung folgt mit den norwegischen Stationen Skjolden, Bergen, Stavanger und Kristiansand)


 

02 Juli 2019

Fast, als wäre nichts geschehen

Dank eines wertvollen Tipps des Bloglesers Lars, der sich damit um eine weitere Entlastung unseres Gewissens verdient gemacht hat, haben wir die im letzten Blogeintrag thematisierte Kreuzfahrt bei der Klimaschutzorganisation atmosfair kompensiert. 

Unsere persönlichen CO2-Emissionen der Reise kann man dort ausrechnen lassen; um unsere Umweltsauerei klimaneutral aus der Welt zu schaffen, waren schließlich 66 Euro nötig.

Die Spende fließt nun nach Indien, wo Kleinbauern dabei unterstützt werden, erneuerbare Energien aus Ernteresten zu gewinnen. Das spart fossile Kraftstoffe, gibt den Senfbauern eine zusätzliche Einnahmequelle und schafft Arbeitsplätze.

Nicht, dass damit wieder alles gut wäre. 
Aber es ist besser.

Foto: atmosfair





29 Juni 2019

Auf Schiffsreise


Das ganze Jahr über bemühen wir uns, unseren ökologischen Fußabdruck klein zu halten. Wir verzichten auf Convenience-Essen und werfen nichts weg, was noch verwertbar ist. Wir besitzen kein Auto und legen stattdessen jede notwendige Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrrad oder zu Fuß zurück. Und wir fliegen nicht. 

Unser ökologischer Fußabdruck dürfte im Vergleich zu vielen anderen Mitbewohnern dieses Landes also erfreulich klein sein – und erlaubt es uns deshalb, einmal im Jahr halbschlechten Gewissens 300 Meter lange Schiffsriesen zu besteigen, um eine Woche lang das Schlaraffenland einer Kreuzfahrt zu genießen. Denn schließlich fliegen wir nicht, und wie sollte unsereins sonst je im Leben nach Jerusalem, Casablanca, Rejkjavik oder St. Petersburg kommen? Sie sehen das Problem. 

Natürlich wissen wir, welche Sauerei die Dickschiffe anrichten. Unser Wohlverhalten das ganze Jahr über ist also eine Art Ablasshandel. Es ist der Preis, den wir bezahlen für unser ganz persönliches CO2-Zertifikat. Ob die Rechnung aufgeht und sich hinterher Soll und Haben ausgleichen: keine Ahnung. Ich befürchte eher nein, aber ich rechne lieber nicht nach. Ein bisschen Selbstbetrug gehört zu einem dialektischen Leben nun mal dazu. 

Jedenfalls pustet das Schiff der Aidaflotte, auf dem wir uns zurzeit befinden, gewaltige Mengen Schadstoffe in die Luft. Diese Tatsache macht den Zettel, der in unserer Kabine an der Badezimmerwand klebt, besonders interessant. Sein Text ist von bewundernswert putziger Chuzpe: 

„Möchten sie auch, dass noch viele Menschen die Wunder der Erde und der Ozeane bestaunen können? Dann helfen Sie uns bitte dabei, die Umwelt zu schützen. Setzen Sie ein Zeichen – mit Ihrem Handtuch!“ 

Wir sollen das Handtuch, wie es weiter heißt, am Halter hängen lassen („Das spart Waschmittel und Energie“) und so „die Wunder der Erde und der Ozeane“ retten, während das, was ein paar Decks über uns tonnenweise durch den Schornstein geblasen wird, genau diese Wunder tausendfach mehr gefährdet als es das tägliche Waschen der hier an Bord im Umlauf befindlichen zehntausend Handtücher je könnte. Selten war der Tropfen auf dem heißen Stein so ein Mickerling wie der, der von diesem Zettel tröpfelt. 

Wie wäre es stattdessen, Aida, du verfeuertest kein Schweröl mehr und schlügest die Mehrkosten auf den Reisepreis drauf, während wir nächstes Jahr umso freudiger wiederkämen und tagtäglich die kaum kontaminierten Handtücher frohgemut auf den Badezimmerboden schleuderten – Deal?

Wenn man mal von solch grundlegenden Fragen absieht, ist so eine Schiffsreise recht lehrreich. Vor allem für jene, die aus unverständlichen Gründen noch Defizite in Misanthropie aufweisen. Diese Lücken lassen sich hier an Bord mühelos schließen. Vor allem am Büffet. 

Gestern wurde ich von einem schirmbemützten Herrn hochmittleren Alters in Shorts, Polohemd und Sandalen gleich zweimal binnen einer Minute aus einer günstigen Position gerempelt, einmal natürlich an der Speiseeisstation. Überhaupt lässt der stählerne Ingrimm, mit dem vor allem die Rentnerhamas ihre hellebardisch gereckten Teller durch die das Büffet belagernde Menschenmenge furcht, düster ahnen, wie brachial es nach dem Ende der Zivilisation zuginge unter den Überlebenden. Die Serie „The walking dead“ hat die Situation, da lege ich mich fest, eher beschönigt.

Auch auffällig: Auf dem Fitnessdeck begnet man nur Schlanken, während die Wohlbeleibten andernorts ausschließlich ihre Kaumuskulatur trainieren. Dabei sollte es in einer perfekten Welt, liebe Menschheit, doch genau umgekehrt sein, nicht? Aber in einer perfekten Welt würden wir, die wir kein Auto haben und nicht fliegen, darüber hinaus auch nicht auf Kreuzfahrt gehen. 

Unsere Handtücher hängen übrigens seit Tagen ungewechselt am Halter.