Posts mit dem Label kramer werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label kramer werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

21 März 2014

Immer wieder Nuggi

Kramer, der Franke und ich hatten bereits gestern den frühlingsbeseelten Entschluss gefasst, heute sofort nach der Arbeit runter zu radeln zum Museumshafen in Övelgönne. 

Das Ziel unserer Träume: Nuggi’s Elbkate. 

Bei Nuggi’s Elbkate handelt es sich um einen vergrößerten Kiosk mit verkleinerten Preisen direkt an der Hafenkante, in dem eine dralle schwarze Lebefrau die köstlichsten Matjesbrötchen seit Erfindung der Niederlande rüberreicht, und zwar im Takt eines melancholischen Calypsos oder so ähnlich. 

Sie dreht diese hier so herrlich unpassende Begleitmusik immer runter, wenn jemand was bestellen will, und dann wieder rauf, wenn sie z. B. eine Bockwurst in den Kochtopf wirft.

Wir würden – so der genial ausgetüftelte Plan – die dralle Lebefrau, bei der es sich möglicherweise um Nuggi höchstselbst handelt, um Matjesbrötchen und Astraknollen bitten, uns damit ans Ufer setzen und sinnierend gen Westen schauen, in die untergehende Sonne. Schweigend würden wir essen und trinken. 

Es würde Stille herrschen – bis auf das leise Lecken der Elbwellen am dümpelnden Eisbrecher Stettin. Bis auf das Geräusch, das ein Kronenkorken macht, wenn er sich vom Flaschenrand der Astraknolle löst. Bis auf das Knirschen und Knacken der Zwiebelringe zwischen unseren Zähnen. 

Und genau so kam es dann auch – wenn man vom Sabbeln, Sülzen, Flachsen, Labern, Lachen und Lästern absieht, mit dem Kramer (l.) und der Franke (r.) diesen genial ausgetüftelten Plan genussvoll zunichte machten. 

Der Franke und ich durchliefen dabei, wie ich gestehen muss, drei komplette Zyklen mit Matjes und Astra, während der berufsrenitente Kramer in Richtung Erbsensuppe und Krakauer ausscheren zu müssen glaubte.

Tja, und wegen all dem müssen wir schon bald wieder runterradeln zu Nuggi’s Elbkate. Am besten sobald die Sonne das nächste Mal plant, in der Elbe unterzugehen. Morgen?

15 Dezember 2013

Das Blaue vom Himmel

Des Franken neue Freundin zieht es unverständlicherweise zu ihm in den Norden. Also brauchte er Leute, die beim Umzug helfen. 

Kramer und ich waren leider nicht schnell genug auf den Bäumen, also wurden wir vom Fleck weg dienstverpflichtet. Um die trübe Lage zu beschönigen, versprach uns der Franke das Blaue vom Himmel herunter, nämlich: 

1. selbstgemachte Frikadellen à la Schömel, die in Form und Größe in die Hand passen wie die Brüste einer Frau
2. trockenes Wetter
3. eine pipisimple Einlagerung des Krimskrams per Aufzug

Statt aufs Blaue vom Himmel lief es am Ende aber – wie natürlich a priori abzusehen – volle Lotte aufs Graue vom Toten Meer hinaus: 

1. Chili con Carne 
2. Nieselnässe
3. vielfaches Besteigen eines vierstöckigen Treppenhauses
4. Muskelkater am Tag danach

Immerhin mundete das Chili con Carne vorzüglich, und an sedierendem Abschlussbier ließ es der Franke ethnisch bedingt ebenfalls nicht mangeln. Auch der Zwischengang vorm Umzug (Weißwürste mit Brezen und Händlmaiers süßem Senf) schien zunächst zu seinen Gunsten zu sprechen, doch zu diesem Zeitpunkt wussten wir auch noch nichts von den vier Stockwerken.

Beim nächsten Mal hab ich a priori Rücken, aber so was von.

PS: Das abgebildete Sofa dient nur der beispielhaften Illustration. Jenes, das wir transportieren mussten, war in erheblich desolaterem Zustand – ein Anblick, den ich Ihnen allen nicht zumuten wollte.

15 August 2013

Franke ahoi!

Unglaublich, aber wahr: Der Franke – haha, halten Sie sich bitte gut fest! –, hat den Segelschein gemacht. Den Segelschein! Original aufm Wasser! 

Ich weiß, das ist ungefähr so, als bewürbe sich ein Usbeke ums Jodeldiplom. Doch dem im Schatten des Josefspitals aufgewachsenen Naturburschen kam sein Ansinnen komischerweise überhaupt nicht komisch vor.  

Als Folge desselben nervte er uns monatelang – und zwar mittags mit unvermittelt heruntergemurmelten Knotenknüpftechniken, nachmittags mit sorgenvollen Windstärkenmeldungen und abends mit dauerhafter Unabkömmlichkeit – er musste ja zum Segeltraining.  

Wenn er ausnahmsweise doch mal mitkam zum Grillen an die Elbe, knechtete er uns mit komplett uninteressantem Fachwissen. Düste zum Beispiel ein Motorboot im Abendlicht von rechts nach links elbaufwärts, fragte er mich: „Was fällt dir an diesem Boot auf?“  

„Es fährt im Abendlicht von rechts nach links elbaufwärts“, rollte ich mit den Augen. „Und woran erkennst du, dass es von rechts nach links fährt?“, bohrte der Franke weiter. „Eventuell daran, dass es offenkundig von rechts nach links fährt …?“, versuchte ich ihn mit zusammengekniffenen Augen zur Räson zu bringen.

„Nein!“, rief der Franke daraufhin triumphierend aus, „sondern daran, dass du ein GRÜNES LICHT siehst! Wenn es nämlich von links nach rechts führe, sähst du ein ROTES Licht!“

Vielleicht verhielt es sich auch umgekehrt mit den Farben, so genau weiß ich das nicht mehr. Jedenfalls war alles absolut hoffnungslos, und ich nagte verdrossen weiter an meiner gegrillten Aubergine, während der Franke sich glühenden Blicks auf die rot und grün die Elbe durchpflügenden Boote die dritte Bratwurst reinpfiff.

Wir alle sehnten den Tag seiner Theorieprüfung herbei, die er dank einer appgestützt fehlberechneten Fahrtzeit („Scheiß Google Maps!“, schimpfte er noch Tage später) und einer unerklärlich frankenfeindlichen roten Welle erst mit zehnminütiger Verspätung antrat und gleichwohl bestand.

Vor der einige Tage später folgenden praktischen Prüfung gerierte er sich als fahriges Nervenbündel, das von zu rettenden Bojen faselte, wegen der vorhergesagten Windstärke vier Panik schob und drauf und dran war, Steuer-, Back- und Bücherbord zu verwechseln. Doch auch dieses Examen absolvierte der Mann aus dem weinberggesprenkelten Binnenland erfolgreich.

„Einen Vorteil hat das Ganze ja“, wandte ich mich in des Franken Gegenwart seufzend an Kramer. „Ich sehe uns schon auf dem Sonnendeck Cocktails schlürfen, während Käptn Ahab uns über die Weltmeere schippert.“  

Warum der Franke daraufhin irgendwas von einem Baum salbaderte, der uns beide von der Jolle fegen würde, weiß ich auch nicht. Im Herbst will er übrigens weitere Prüfungen ablegen, die ihn dazu berechtigen, nicht nur über die Alster, sondern auch quer durch Dreimeilenzonen zu marodieren. 

Wo ist eigentlich Windstärke zwölf, wenn man sie mal braucht?


PS: Weiteren Frankenhorror gibt es in meinem E-Book „Die Frankensaga“ für einen stark untertriebenen Preis bei Amazon.


24 April 2013

Wie der FC Bayern den Frikadellenabsatz fördert

Wenn man unvorsichtigerweise den Franken zum Fußballgucken eingeladen hat, müsste man eigentlich vorher bei allen Nachbarn klingeln und sie mental einstimmen auf Schalleruptionen, die sonst nur unter  Gorillas in der Brunft verbreitet sind.

Wenn dann auch noch sein Verein, der FC Bayern, Messi viernull weghaut, sollte zur Sicherheit aller Be- und Anwohner unbedingt ein Statiker anwesend sein.

War aber nicht.

Trotzdem wurden wir heute vom Hauseigentümer nicht spontan entmietet, und das liegt an zweierlei:

1. Des Franken Stimme verabschiedete sich zum Glück im Lauf der zweiten Halbzeit in etwas vergleichsweise angenehm Röchelhaftes, wodurch die sonische Belastung des Viertels erheblich gemindert wurde.

2. Er und Kramer sprachen hochgestimmt und zunehmend herzhaft – vulgo: bis zur Neige – dem Mirabellenwasser zu. Das hatte einen deutlich kalmierenden Effekt. Auf alles.

Heute Morgen sah ich den Franken im Büro wieder. Er saß matt am Schreibtisch und murmelte was von „brauche Frikadellenbrötchen“. Dann schlurfte er tatsächlich los und besorgte sich welche, um halb zehn in der Früh.

Wenig später stand der Verzehr der Frikadellenbrötchen unmittelbar bevor – ein Ereignis, welches mitzuerleben ich tunlichst vermied, nicht nur aus optischen, auch aus olfaktorischen Gründen.

Zum Rückspiel werde ich übrigens beim Franken in Eimsbüttel zu Gast sein. Die Seilerstraße (Beispielfoto) kann aufatmen – und die Ohrstöpsel rausnehmen.


27 Februar 2013

Wo die Dirndl wirklich voll sind

Einige Bedienungen im Hofbräuhaus am Speersort, wo wir das Pokalspiel Bayern-Dortmund verfolgen, interpretieren die berühmte Brüderle-Vermutung nicht nur konjunktivisch. Und zwar ganz und gar nicht.

Vor allem, wenn es ans Bezahlen geht und sie sich tief über den Tisch beugen, um wunderbare Zeichen auf ihre hinreißenden Rechnungen zu malen, wird das ausnehmend evident.

„Das ist doch alles nicht echt, das ist doch gepuscht!“, mokiert sich Kramer aus purem Selbstschutz. Ich muss den armen Wirren allerdings darauf hinweisen, dass vor allem das Echte gern gepuscht wird und gerade das Falsche darauf frohen Herzens verzichten kann.

Kramer hingegen zweifelt weiter und fantasiert von einer manuellen Überprüfung des Sachverhaltes, woraufhin der Franke ihm androht, in circa zwei Jahren einen Artikel darüber zu schreiben, was unweigerlich zu einer Popularisierung der Kramer-Vermutung führen und all seine politischen Ambitionen augenblicklich beenden würde, so er welche hätte.

Der Franke hat zwischendurch ganz andere Probleme, nämlich eine halbe Stunde lang keinen Biernachschub auf dem Tisch. Als er die Bedienung endlich zu „fassen“ kriegt, erlischt seine erstaunlich hoch aufgestaute Wut sofort – wegen der kalmierenden Wirkung ihres Dekolletés, wie ich unwidersprochen schlussfolgere.

Übrigens gehört „Dekolleté“ zu jenen durchaus rar gesäten Wörtern, die ich immer wieder im Duden nachschlagen muss, ohne dass je eine endgültige Verankerung der Schreibweise in meinem Langzeitgedächtnis die Folge wäre.

Und jetzt sind Sie dran, Dr. Freud.

24 November 2012

Der Biss in die Bank

Neulich joggte Kramer abends mit Musik auf den Ohren durch Eppendorf. Dabei übersah er eine perfide verdunkelte Parkbank (Symbolfoto). Er traf sie auf der schmalen Seite.

Über Kramers Schienbein setzte eine naturgesetzlich bedingte Hebelwirkung ein, die seine Einsneundzig in einer parabelartigen Flugbewegung längs auf die Parkbank knallen ließ. Dabei schlug Kramer seinen Oberkiefer kraftvoll ins unschuldige Holz dieser Eppendorfer Sitzgelegenheit.

Wie er uns am Folgetag mit aufgeschlagener Oberlippe und lockerem Vorderzahn berichtete, sei allerdings unmittelbar nach dem Aufprall keineswegs die aufgeschlagene Oberlippe oder der lockere Vorderzahn das größte Ärgernis gewesen, sondern die Tatsache, dass sein iPod weiter ungerührt Musik spielte.

Und zwar einen Song der Schweizer Band Die Aeronauten.

Quälend zähe Sekunden lang befingerte Kramer demnach den vielfach verfluchten Player, ehe er den Soundtrack zu seinem Unglück endlich stoppen konnte.

Besorgte Passanten, die den zitternd und zeternd auf einem kleinen weißen Kasten herumdrückenden Trumm von Mann nach seinem Wohlbefinden fragten, beschied er in verwaschenem Duktus und unangemessen schroff, alles sei „in Ordnung“. Doch das stimmte nicht. Nichts war in Ordnung.

Und dass ausgerechnet eine Band namens Die Aeronauten Kramers Sturzflug auf die Eppendorfer Parkbank untermalte: Das hat schon ein G’schmäckle, liebes Schicksal.

15 Juni 2012

Alle Wege führen nach …



„Nicht streiten, nicht streiten“, murmelt Kramer (l.) ohne hochzuschauen mantraesk vor sich hin, als der Franke (r.) und ich (m.) heftig diskutierend sein Büro betreten. „Nicht streiten.“

Wir gucken erst uns, dann ihn an, als habe der Papst öffentlich gestanden, er träume von einer Karriere als Strapsmodell bei Victoria’s Secret. Was ist bloß los mit dem Großcholeriker Kramer, der normalerweise hochgeht wie ein Chinaböller, selbst wenn gar niemand seine Zündschnur unter Feuer gesetzt hat? Ist er vielleicht nach dem Besuch eines Splatterfilms zum Pazifisten geworden?

Der Franke hat eine bessere Theorie. „Ich glaube, seine Freundin hat ihm was in den Kaffee getan“, sagt er. „Ja“, sekundiere ich nickend, „vielleicht Brom.“ Der Franke giggelt.

Kramer aber schaut mild hoch, als sei er jener Enkel, den Ghandi sich immer gewünscht hat. „Alle Wege“, sagt er leise, „führen nach Brom.“

Keine Pointe.


24 März 2012

Wie der HSV mich erst verhöhnte, dann versöhnte



Wie es genau dazu kam, dass der HSV das Datum meines Geburtstags erfuhr, liegt im Dunkeln. Vielleicht habe ich den Grund einfach verdrängt, weil ich es selbst verbockt habe und bei irgendeiner Kartenbestellung versehentlich nicht den 1. April angab.

Jedenfalls erhalte ich vom HSV jedes Jahr eine Glückwunschmail. Diesmal tat er so, als sei der Mittelfeldmann Marcell Jansen Absender derselben, und dokumentierte das mit einem Foto, welches aus Gründen, für die ich meinen Spamfilter noch bös ausschimpfen werde, unbehelligt in meinem Posteingang landete.

Jansen, seit vielen Monaten so torgefährlich wie Ottfried Fischer bulimisch, hält sich auf diesem Foto ein blaues Präsentpaket vors Gemächt – eine allenfalls viertelgelungene Metapher für einen codebasierten Fünf-Euro-Geschenkgutschein, den ich, ginge es nach Jansen, im HSV-Fanshop einlösen soll.

Als Anhänger des FC St. Pauli freilich fände ich einen Aufenthalt dort etwa so reizvoll wie Kalle Schwensen eine Kur im Kapuzinerkloster; insofern dürfte es mir schwerfallen, dort Interessanteres zu finden als lediglich Utensilien, die sich als Putzlappen eignen.

Deshalb werden Sie bitte glücklich mit SFXKZSJFNA.



Auch das Geschenk, welches der notorische HSV-Fan Kramer mir überreichte, löste bei mir nur auf der Ultraschallebene wahrnehmbare Jubelstürme aus. Es handelte sich um einen außerordentlich plump auf Charlotte Roches Debütroman anspielenden Pornoschinken, dem Kramer – der hier ausnahmsweise mal ganz pragmatisch dachte – als Bonus eine Klorolle beigefügt hatte.

So versuchte der HSV also auf mehreren Ebenen, mir meinen Geburtstag gründlich zu vergällen. Allerdings schien er am Ende doch einzusehen, dass er zu weit gegangen war, und strebte nach Wiedergutmachung.

Was dann auch gelang, in Wolfsburg. Und ich bin ja nicht nachtragend.


Foto: HSV (1)

22 Februar 2012

Mit allen Mitteln gegen Kramer



Kramer ist der schlagfertigste Mensch, den ich kenne. Seine Schlagfertigkeiten sind sogar derart originell, dass mir keine einzige davon in Erinnerung geblieben ist. Somit kann ich meine Behauptung nicht mal beweisen. Sie müssen mir also einfach glauben.

Jedenfalls gibt es angesichts seiner überragenden Schlagfertigkeit nichts Schöneres, als ihm die Sprache zu verschlagen. Da mir das innerhalb der vergangenen sieben Tagen gleich zweimal gelungen ist, rechtfertigt das einen eigenen Blogeintrag.

Das erste Mal geschah im Zuge eines kleinen Streiches. Heimlich hatte ich auf seinem Rechner als Bildschirmhintergrund die abgebildete FBI-Warnung installiert und danach das Tastaturkabel gelockert, damit sein spontanes Erschrecken beim Anblick des Bildes durch die zusätzliche vermeintliche Stilllegung seines Computers in einen veritablen Schweißausbruch münden würde.

Natürlich musste er irgendwann dahinterkommen, das war klar, und natürlich würde er dann empört beim Hauptverdächtigen vorstellig werden, nämlich bei mir. Für diesen Fall hatte ich eine vorwärtsverteidigende Abstreitstrategie ersonnen, die ihn überrumpeln und sprachlos machen sollte.

Wie vermutet klingelte er alsbald durch und bezichtigte mich unverhohlen der Tat. Ich konterte unverzüglich mit dem Satz: „Haben sie dir etwa heute schon ins Gehirn geschissen? Ich dachte, damit fangen sie immer erst Mitte der Woche an!“

Völlige Stille am anderen Ende der Leitung. Keine Reaktion, sekundenlang. Dann ein zaghaftes „Wer spricht da überhaupt?“ – was nichts weiter war als das bedingungslose Eingeständnis einer Niederlage auf ganzer Linie.

Dieses Kramer’sche Eloquenzdesaster markierte den ersten großen Erfolg.
Und heute gelang mir der zweite.

Während einer Nichtraucherpause ging es aus irgendwelchen Gründen um das Verhältnis zwischen Hannah Arendt und Martin Heidegger in Marburg anno dunnemals; der Franke und ich pingpongten uns in Kramers Anwesenheit die Eckdaten dieser Beziehung zu, als ich mich einer plötzlichen Eingebung folgend unvermittelt an ihn wandte.

„Weißt du eigentlich“, sagte ich zu Kramer, „dass das Krughafte des Kruges im Geschenk des Gusses west?“ Es ist das einzige Heidegger-Zitat, das ich auch im Schlaf herbeten kann, und der Erfolg war durchschlagend.

Kramer, der schlagfertigste Typ seit Oscar Wilde, stierte mich an, als habe ich ihm erzählt, der Papst plane nach seiner Vatikanzeit eine Karriere als Drogenbaron in Tijuana. Sekundenlange Verwirrung im Kramerhirn. Danach vermochte er sich zu sammeln und irgendwas komplett Unschlagfertiges zu sagen, was ich aber wieder vergessen habe.

Ein Doppeltriumph binnen sieben Tagen. Eigentlich sollte ich jetzt zurücktreten und mich in der Unvergänglichkeit dieses Ruhmes sonnen. Und vielleicht tu ich das auch.


17 Februar 2012

Der Frühlingsbote



Kramer betritt fremde Büros gewöhnlich mit präzise ausgetüftelten Begrüßungen wie „Hände aus der Hose, es kommt Besuch!“ oder alternativ auch mal mit „Hier stinkt’s nach Hackfleisch – hast du gefurzt?“

Erst danach kommt er zu seinem eigentlichen Anliegen, und das artikuliert er seit einiger Zeit mit einem ökonomisch knappen „Schokolade?“, wobei das Fragezeichen von der Modulation her schon deutlich wahrnehmbar ins Ausrufezeichenhafte lappt. Daraufhin ziehe ich meist stumm die Schokoschublade auf und breche ihm gottergeben eine Rippe ab, die er sich dann erstaunlich geschickt mit der abgebildeten Hand oral zuzuführen weiß.

Heute aber war alles anders. Der Mann, der mir im Lauf der Jahre buchstäblich tonnenweise „Ritter Sport Dunkle Voll-Nuss“ (die ich trotz des Dauerärgernisses ihres Deppenbindestrichs weiterhin bevorzuge) weggemöfelt hat, führte selbst eine Tafel Schokolade bei sich, als er mit den Worten „Hände aus der Hose, es kommt Besuch!“ mein Büro betrat.

Er überreichte sie mir betont nonchalant – wohl weil er intuitiv wusste, dass eine große Sache nicht auch noch eine große Geste braucht. Bei der Tafel handelte es sich um eine Ritter Sport Halbbitter, und ich starrte sie stumpf an wie ein hypnotisierter Karpfen.

„Deine hatten sie nicht“, erläuterte Kramer. Ich fühlte mich, als hätte mir gerade jemand erzählt, der Papst sei in einem Darkroom in der Talstraße erwischt worden. Dann, nach einigen Sekunden des Synapsensortierens, stammelte ich holprige Worte des Dankes.

Gut, es war nicht die richtige Sorte, doch die Tatsache, dass Kramer überhaupt eine Tafel Schokolade vorbeibrachte, statt eine vorgefundene brutal zu dezimieren, rührte mich auf eine Weise, wie es zuletzt E. T. geschafft hatte, als er „Nach Hause telefonieren …“ seufzte.

Zwar ist mir jetzt schon klar, dass ich von dieser Tafel Halbbitter maximal die Hälfte abbekommen werde, weil Kramer schon morgen mit dem nur unzureichend als Frage kaschierten Imperativ „Schokolade?“ mein Büro entern wird. Und doch: Die Welt ist plötzlich eine andere.

Wahrscheinlich wird es jetzt Frühling.


04 Januar 2012

Vermintes Gelände

Als der Franke und ich im Fischrestaurant in der Bahrenfelder Straße die Rechnung bezahlt haben, schenkt uns die Bedienung unversehens noch zwei Promoflaschen Cola Zero. Wir nehmen sie höflich und dankend an, obgleich wir beide zu diesem „Getränk“ stehen wie ein ralliger Ozelot zu Kopfsalat.

Auf dem Weg zurück ins Büro überlegen wir, wem wir damit eine Freude machen könnten. „Ich schenke sie Kramer“, entscheidet der Franke. „Und ich einfach einer sehr schlanken Frau“, sage ich. „Damit bin ich auf der sicheren Seite. Jede Frau, die nicht sehr schlank ist, würde doch automatisch denken, ich hielte sie für fett. Und wenn die schlanke Frau, der ich sie schenke, das aus irrationalen Gründen ebenfalls denkt, dann kann ich ihr genau erklären, warum ich genau ihr die Flasche geschenkt habe und keiner … Vollschlanken.“

Derart argumentativ abgesichert betrete ich selbstgewiss dieses schwer verminte Gelände und schenke meine Cola Zero einer sehr schlanken Kollegin. Sie betrachtet die Flasche. „Meinst du denn“, fragt sie, während sie unsicher lächelt, „ich hätte das nötig?“

„Siehst du!“, rufe ich dem Franken hinterher, der bereits auf dem Weg zu Kramer ist, dem man übrigens jederzeit alles schenken kann, zum Beispiel auch Schwartemagen, Fruchtgummi oder alte Nachos; Hauptsache, man schenkt ihm überhaupt etwas.

Der Franke stürzt feixend herbei, und ich erläutere in seinem Beisein der sehr schlanken Kollegin, wie ich vorhin überlegt hätte, ob sie wohl annähme, ich hielte sie für fett, wenn ich ihr diese Flasche Cola Zero gäbe, und dann erkannt hätte, dass ich dieser Falle nur dadurch entgehen könne, indem ich sie einer sehr schlanken Frau schenkte.

„Danke“, haucht sie.
Es klingt geradezu ergriffen.


PS: Vielleicht sollte man als Mann generell mehrere Flaschen Cola Zero vorrätig haben.
(War das gerade der Flirttipp des Tages? Scheint so.)

09 Dezember 2011

Die Betriebsweihnachtsfeier



Spätestens als Kramer irgendwann anfing, vom „titten Mal“ zu faseln, und der Franke als Alternative zu einem Benefizkick den „Benefizfick“ erfand, der auf dem Sender Blue Movie übertragen werden solle, natürlich für 69 Euro pay per fuck … spätestens da war es für mich allerhöchste Zeit, noch länger dazubleiben.

11 November 2011

Eine Frage der (Un-)Moral



„Hey, warte mal“, pfeife ich den Franken auf dem Weg zum Feierabendbier zurück, „ich habe da mal eine juristische Frage.“

Sie bezieht sich, wie der Franke nur wenige Sekunden später erläutert bekommt, auf die im ganzen Viertel flashmobartig verteilten Sattelmützen, ein Werbegag des Mercado. Mein Fahrrad wurde nicht bedacht, weil es in den Zeisehallen stand und nicht draußen; deshalb verfüge ich jetzt über keinen Überzug.

„Wenn jetzt der Besitzer dieses Fahrrads“, schildere ich dem Franken die Sachlage und zeige auf ein Fremdvelociped, neben dem ich meins gerade ankette, „noch gar nicht mitgekriegt hat, dass jemand seinem Rad eine Sattelmützte überzog, und ich sie jetzt abziehe, um sie meinem überzuziehen: Ist das dann Diebstahl?“

Der Franke ist keineswegs elektrisiert von dieser hochmoralischen Fragestellung, sondern reagiert darauf wie ein sibirischer Tiger, dem man mit einer gedünsteten Karotte vorm Maul herumwedelt. Ihn, den Franken, zieht es mit Macht zum Fassbier und weg von sophistischen Diskussionen über Recht und Moral in der Novemberkälte.

Also schließe ich vorläufig die Akte Sattelmütze, mein Fahrrad an den gleichen Pfosten wie das fremde und mich seufzend dem Franken an, der bereits ins Aurel vorgelaufen ist. Dort geht es hoch her und irgendwann um Monty Python’s.

Kramer erzählt von einem Gagvideo auf YouTube, das die Kritik, die einst nach der Veröffentlichung von „Das Leben des Brian“ aufbrandete, karikiert, in dem es sie umdreht. Im Video regt sich ein Plenum über dieses sogenannte Christentum auf, das ja ganz offenkundig eine Parodie auf „Das Leben des Brian“ sei. Dessen Hauptprophet Jesus Christus sei empörenderweise sogar mit den gleichen Initialen ausgestattet worden wie der heilige John Cleese!

Darauf noch ein Helles. „Ich habe den Sinn des Lebens für 5,99 € gekauft“, informiert uns der Monty-Python’s-kundige Franke. „War trotzdem überteuert – denn den gibt es gar nicht“, proste ich ihm heiter zu, und irgendwann heißt es aufbrechen.

Die beiden Fahrräder sind immer noch einträchtig zusammengebunden, eins davon hat einen rotleuchtenden Sattel.

Und so eins – ups – steht jetzt auch in der Seilerstraße auf St. Pauli.

21 Oktober 2011

Wir zerstören das Großkapital!

Sobald ihm der neuste Saturnprospekt in die Hände fällt, studiert ihn der Franke sorgfältig – um damit anschließend im Mediamarkt um die Ecke vorstellig zu werden.

Den Prospekt nutzt er vor Ort als Waffe. Er hält ihn einem Mediamarktverkäufer vor die Nase, säuselt vorwurfsvoll „Saturn ist aber billiger“ und sackt dann das erwählte Produkt – meist eine Blu-ray von David Lynch oder Lars von Trier – zum Saturnpreis ein. Mediamarkt macht das Spielchen stets klaglos mit; der Franke hat mit dieser Methode schon Dutzende Euro gespart.

Im Grunde braucht man also gar keinen Prospekt von Mediamarkt, wenn man einen von Saturn hat, es sei denn, Mediamarkt ist im Einzelfall billiger, aber das erfährt man ja vor Ort. Kein Risiko also.

Kramer, der sich das Ganze ungewohnt unhibbelig erst mal angehört hat, passt diese pfiffige Frankenmethode allerdings ganz und gar nicht in den Kram (den er als Weltbild missversteht). „Ihr zwei seid schuld an der Krise!“, blafft er und nimmt mich damit völlig zu Recht in Sippenhaft, denn auch ich wandte den Prospekttrick bereits mehrfach erfolgreich an.

„Nein, das ist nur unsere Methode, das Großkapital zu zerstören“, belehre ich daher diesen Immervielzukurzdenker, ohne freilich zu erwägen, dass ich damit ja meiner Nemesis beispringe, dem Franken nämlich, und das geht eigentlich gar nicht. „Und wir profitieren auch noch davon“, ergänzt der Franke in einem ähnlichen Anfall versehentlicher Solidarität und grinst dabei so zufrieden, als dürfte er sich gerade drei Nürnberger Rostbratwürste auf einmal zwischen die kapitalen Kiefer stopfen. „Ja“, sekundiere ich, „eine klassische Win-Win-Situation.“

„Und wenn das Großkapital zerschlagen ist“, führt der Franke im Angesicht des längst fassungslos verstummten Kramer fort, „dann entstehen überall kleine Videoläden, in denen Blu-rays 20 Euro kosten. Wir haben dann allerdings längst alle Filme bei Mediamarkt gekauft und brauchen die kleinen Läden nicht mehr. Zumal wir uns die Preise dort eh nicht leisten könnten.“

Ich hatte vorher schon dumpf geahnt, dass es einen Haken haben würde, wenn wir das Großkapital zerstörten. Andererseits können wir es ja nicht nur deshalb stützen, um prophylaktisch zu verhindern, dass kleine Läden nach ihrem temporären Erblühen von uns aus preislichen Erwägungen wieder zu Tode boykottiert werden.

Na ja, jedenfalls sind die Blu-ray-Angebote im aktuellen Saturnprospekt gar nicht so uninteressant.

Mal schauen, was Mediamarkt dazu sagt.

13 August 2011

Die Höllenhunde der Hipness



Der neulich in einem Laden auf der Reeperbahn spontan und unter ermutigendem Beifall von Ms. Columbo gekaufte Sweater mit Reeperbahnschriftzug macht mir nicht nur Freude.

Im Büro fielen der Franke und Kramer beim Anblick der Jacke sofort gemeinsam über mich her, und zwar mit dem Killerargument, sie sei „nicht cool“. Außerdem, führten sie weiter aus, dürften so was nur Menschen außerhalb Hamburgs und keineswegs Kiezbewohner tragen, weil solch ein Schriftzug nämlich „touristisch“ sei.

Natürlich sind der Franke und Kramer die kings of cool und ihre Stiltipps von niederschmetternder Treffsicherheit. Es gibt praktisch keine einzige Entwicklung seit Ende des 30-jährigen Krieges, welche diese beiden nicht schon im Schnitt 13 Jahre im Voraus herablassend als irgendwann todsicher anstehende Massenmode vorausgesagt hätten.

Nein, diese beiden Trüffelschweine der Trendmühle, Propheten der Fashion, Windhunde des Massenwahns, Hohepriester des heißen Scheiß – kurz: diese unerschrockenen Höllenhunde der Hipness haben unablässig ihre Nasen derart tief im Arsch alles Angesagten, dass sie … Na gut: stopp.

Ihre Anwürfe perlten eh an mir ab wie Chihuahuapipi von einer doppeltimprägnierten Sympatexhose. „Im Gegensatz zu euch, meine Herren“, beschied ich diesen Kläffern, „will ich viel, viel lieber uncool sein als cool.“

Außerdem erlaubte ich mir die abschließende Belehrung, in einer gerechten Welt dürfte eine Reeperbahnjacke ausschließlich derjenige tragen, der auch auf dem Kiez lebte. Touristen und Möchtegerne hingegen müssten sich in jener Welt mit Jacken bescheiden, die mit Schriftzügen wie „Castrop-Rauxel“, „Bietigheim-Bissingen“ oder gar „Berlin“ gnadenlos die ganze Tristesse ihrer Herkunft enttarnten.

Ganz überzeugt schienen sie mir allerdings nicht. Ich hörte sie noch eine ganze Weile lachen hinter meinem Rücken.


04 Januar 2011

Ein frohes neues …



Um am ersten Bürotag nicht unzählige Male Neujahrsgrüße austauschen zu müssen, war ich auf die Idee gekommen, mir einen gelben Klebezettel auf die Stirn zu kleben, auf dem stand: „Das wünsch ich dir auch!“

Als Testpersonen für die Effizienz und Wirksamkeit dieser Maßnahme sollten der Franke und Kramer herhalten. Ich betrat also frühmorgens stirnbeklebt ihr Büro und traf Kramer alleine an.

Stumm stellte ich mich vor ihn hin und starrte ihn an. „Was wünschst du mir auch?“, brummte er, „versteh ich nicht.“ Dabei schaute er mich an wie ein lernschwacher Koboldmaki.

„Ein frohes neues Jahr, du lernschwacher Koboldmaki!“, rief ich, ohne die aufflammende Empörung angesichts seiner Begriffstutzigkeit auch nur im Mindesten zu verhehlen.

Unversehens betrat der Franke den Raum, und ich wandte mich ihm vielsagend zu. „Was steht da?“, fragte er, „ich habe meine Brille nicht auf.“

Mein Versuch, dem Jahr 2011 gleich zu Beginn eine entscheidende Redundanzreduzierung aufzuzwingen, war damit bereits an den ersten beiden Klippen final zerschellt. Kramer scheiterte an intellektuellen, der Franke an körperlichen Defiziten.

Ich brach das Experiment sofort ab und wünschte hinfort allem und jedem ein frohes neues Jahr, und zwar durchweg verbal.

Ihnen allen übrigens auch.

10 Dezember 2010

Der Kontaminator

Es verbessert die durch einen grippalen Infekt eh angespannte Gesamtlage keineswegs, sondern – im Gegenteil – macht sie vollends entwürdigend, wenn man dazu auch noch Rücken hat.

Wie ich.

Ein sogenannter Wärmegürtel linderte heute die schlimmsten Qualen, doch allein schon in den Räumen einer Apotheke die Beratung des einschlägig erfahrenen Franken in Anspruch nehmen zu müssen, vergällt rückblickend die ganze Woche.

„Ich weiß, wie das ist“, feixt der Franke Mitleid. Immerhin springt er nicht beiseite, als ich mich – beim Aufstehen wieder mal von Thors Blitz durchzuckt – entsetzt auf seiner Schulter abstützen muss. Braver Franke.

Neulich aber war er nicht brav. Während einer gemeinsamen mittäglichen Flanage durch den Pennymarkt in Ottensen hatte ich vier Tafeln „Ritter Sport Dunkle Voll-Nuss“ erstanden. Zurück im Büro stand bereits nach wenigen Minuten Kramer in der Tür.

Er habe aus gewöhnlich zuverlässiger Quelle gehört, hub er an, ich hätte fünf Tafeln „Ritter Sport Dunkle Voll-Nuss“ in egoistischer Verwahrung. „Franke, ich verfluche dich und deine Nachkommen bis in die siebte Generation!“, wollte ich gerade brüllen, doch da stand Kramer schon vorm Bisley und nestelte gierig wie ein Zombie an den Schubladen.

„Vier! Es waren nur vier!“, schrie ich, während ich verzweifelt mit ihm rang, doch er glaubte mir kein Wort und wollte, wie jeder stinknormale Mafiaboss, seinen Anteil. Wie es mir freilich im Verlauf unseres Kampfes um die territoriale Unversehrtheit meiner Bisleyschubladen gelang, ihn von der Schokolade abzulenken und seine Aufmerksamkeit stattdessen mit Mentholbonbons von Ricola zu fesseln, vermag ich nicht mehr stichhaltig zu rekonstruieren.

Tatsache jedenfalls ist: Beim ungelenken Herausschütteln aus der Dose fielen mir versehentlich gleich drei Bonbons in seine geöffnete Handfläche. Eine Katastrophe, denn damit waren sie alle schlagartig Kramer-kontaminiert, und wer diesen vierschrötigen Allesbegrabscher je in manueller Aktion erlebt hat, weiß, wovon ich spreche.

Er bestand darauf, die zwei Mentholbonbons zurück in die Dose zu befördern, ich verweigerte das mit brutalstmöglicher Verbissenheit. Aus Rache betatschte er daraufhin minutenlang wahllos alle erreichbaren Gegenstände im Zimmer, er kontaminierte buchstäblich handstreichartig Nachschlagewerke, Monitor, Tastatur, Terminkalender, Teppichboden (!) und die Oberfläche meines Schreibtisches.

Den Griff der Bürotür natürlich auch – wie sollte ich nun je wieder aus meinem Büro hinauskommen!? Und an allem war natürlich nur einer schuld: der Franke.

Ich sollte ihn mit einem Wärmegürtel knebeln.
Einen habe ich ja noch übrig.

05 August 2010

In der potenziellen Hubba-Bubba-Arena

Auf Fremdschämtour beim HSV.

Das Stadion der sogenannten Rothosen, malerisch an der Müllverbrennungsanlage gelegen, hat mal wieder einen neuen Namen. Plötzlich muss man es Imtech-Arena nennen, sonst wird man standrechtlich zu einem AOL-Account verdonnert.

Imtech berappt 25 Millionen Euro dafür. Und die treuen HSV-Fanschäfchen machen das ein ums andere Jahr mit, trotten stillergeben mal in die AOL-, dann in die HSH-Nordbank-, jetzt halt in die Imtech- und irgendwann wahrscheinlich auch in die Hubba-Bubba-Arena. Eine fremde und seltsame Welt, vor allem für St.-Pauli-Fans.

In der Halbzeit des Testspiels gegen den englischen Meister Chelsea (Didier Drogba war der Hauptgrund meiner Anwesenheit) wurde der Chef des neuen Stadionsponsors interviewt. Zwar interessierte das kein Schwein, selbst die stillergebenen HSV-Fans nicht, doch wat mutt, dat mutt, schließlich berappt er 25 Millionen.

Also salbaderte der gute Imtech-Mann etwas von „Wir als Nummer eins in Deutschland und Europa …“, und ruckartig war ich hellwach, denn den HSV konnte er damit ja kaum meinen, doch dann kam der beruhigende Abschluss: „… in Gebäudetechnik“.

In Gebäudetechnik also. Die Fans begannen dann, ihren Fansong zu singen, und auch hier beschlich mich schnell das nicht mal dumpfe, sondern sehr präsente Gefühl, sie sängen von einem ganz anderen Verein.

„Hier weiß jedes Kind/Dass wir Champions sind“ – wer? Der HSV? Und in welcher Sportart? Groß allerdings die Zeile: „Wir sind Hamburg/Wir sind immer da“. Sie erinnerte Kramer zu Recht an den genialisch mit wahlentscheidender Semantik aufgeladenen Slogan der Partei Die Partei zur vorletzten Bundestagswahl.

Er lautete: „Hamburg – Stadt im Norden“.

Ja, das sind ewige Wahrheiten! Genau wie die, dass dieses Stadion immer jenes an der Müllverbrennungsanlage bleiben wird, egal mit wievielen aus Gebäudetechnik generierten Millionen jemand daherkommt.

Drogba blieb übrigens – obzwar Ivorer – blass.


13 Mai 2010

Fundstücke (80): Lose Zusammengekehrtes



1.
Dem von mir 2008 entdeckten Munch-Baum im Park an der Hospitalstraße hat irgendwer das Maul gestopft. Hoffe, ich war nicht schuld.

2. Wenn die Zahl der Sky-Kunden weiter im gleichen Maße wächst wie im letzten Quartal (plus 1000 …), dann braucht der mitleiderregende Sender fürs Erreichen seiner Zielvorgabe (2,8 Millionen!) nicht wie geplant bis zum Frühjahr 2011, sondern exakt bis Juni 2393. Habe ich gerade ausgerechnet.

3. Kramer gelang heute aus der Lameng ein Aphorismus, der zwar auf meine Kosten ging, doch es absolut wert ist, für die Nachwelt bewahrt zu werden: „Wer sich den Stock nicht aus dem Arsch ziehen kann, muss halt immer stehen!“, entfuhr es überraschend dem gemeinhin als Wuselkopf bekannten Kollegen. Und dann dampfte er aus dem Büro und ließ mich allein mit dem Echo. Hmpf.

4. Seit ungefähr zehn Jahren besuche ich Konzerte in der Fabrik, filme und knipse lustig mit – und entdecke nun ein genau dieses Verhalten strikt untersagendes Verbotsschild am Eingang. Jetzt weiß ich, wie sich ein rückwirkendes schlechtes Gewissen anfühlt. Na gut, eigentlich doch nicht.

>> Die beliebtesten Tags: Brief | Bus | Einzelhandel, Franke | Fußball | Obdachlose | Panne | Reeperbahn | Sex | Sprache | St. Pauli


27 Februar 2010

Fundstücke (68): „Sie sparen: EUR 0,01“

1. Sehr merkwürdige Fehlermeldung meines Powerbooks:


2.
„Jeder Mensch sollte zu etwas gut sein. Manche verändern den Lauf der Weltgeschichte oder schreiben Sinfonien. Andere trinken Bier.“ Kramer über den Franken.

3. Aus der schriftlichen Einladung zur Mitgliederversammlung des FC St. Pauli: „Es unterbleibt vor und während der Versammlung der Ausschank alkoholhaltiger Getränke.“ Sag mal, FC St. Pauli, was denkst du eigentlich, wer wird sind – Prolls???

4. „Mich füttert keiner, ich kann in jede Hand beißen.“ Entdeckt bei Don Alphonso.

5. Geile Rabattaktion von Amazon, ein Killer: