Gerade weil ich so ein zufriedener Kunde dieses holländischen Onlinekäseshops war und bin, musste ich unbedingt etwas gegen die Blamage unternehmen, die er sich vierzehntäglich mit seinem Newsletter leistete. Endgültiger Auslöser war dieser Passus aus der Ausgabe vom 25. September:
Zwar war die selbstreferentielle Pointe dieser Argumentation nicht ohne philosophischen Reiz, doch ob sie auch dem Zweck des Newsletters dienlich war, schien mir zweifelhaft. Also schrieb ich eine Mail an den Käseshop:
Guten Tag, als Stammkunde finde ich es sehr bedauerlich, wie viele Fehler sich auf Ihrer deutschsprachigen Website und in Ihrem Newsletter finden. Das könnte durchaus Ihren Geschäftserfolg beeinträchtigen. Da ich freiberuflich als Lektor arbeite, möchte ich Ihnen hiermit vorschlagen, Ihre Texte Korrektur zu lesen, sie also stilistisch und orthografisch zu perfektionieren. Denn ich finde, die Genussfreude, die Ihr Shop ausstrahlt, sollte auch sprachlich bestmöglich vermittelt werden. Viele Grüße von einem deutschen Bröckelkaas-Liebhaber.
Lange passierte nichts. Stattdessen kam der nächste Newsletter, darin Sachen wie diese:
Das bewog mich, mein Angebot zu wiederholen – und prompt bekam ich nun doch noch Post, sogar vom Geschäftsführer persönlich, Herrn P. Er wisse, gab er zu, dass die Webseite „nicht zu 100% gut gramaticaal Deutsch“ sei, womit er völlig richtig lag. Eine Korrektur hingegen, führte er weiter aus, koste Geld, das man im Moment nicht habe.
Daran freilich sollte es nicht scheitern, Käseshop! Ich antwortete also folgendermaßen:
Lieber Herr P., wir könnten uns auch auf eine Zahlung in Naturalien einigen. Wie wäre es z. B. mit monatlich 2,5 Kilo Bröckelkäse inkl. Versand gegen die Korrektur Ihres Newsletters? Auch das Checken Ihrer kompletten Website würde ich mir in Käse honorieren lassen; über die Menge müssten wir reden. Sie sehen: Ich bin WIRKLICH ein Fan Ihrer Produkte!
Aus Sicht des Käseshops musste dieses Angebot, wie ich fand, wirken wie ein Pferdekopf im Bett, nur ohne die mittransportierte Gewaltmetaphorik. Denn ein muttersprachlicher Profi würde sich ihrer Publikationen annehmen, hinterher wäre alles picobello, und sie müssten nicht mal einen Kredit aufnehmen, sondern könnten in Käse blechen, der eh räderweise bei ihnen herumlag.
Zweifellos war dieser Vorschlag ein Coup. Unser Haushalt sah paradiesischen Zeiten entgegen, mit stapelweise Old Amsterdam und kristallinisiertem vierjährigem Gouda in allen Speisekammerregalen. Noch vor Herrn P.s erneuter Antwort kam aber erst mal der nächste Newsletter, ein echter Tiefschlag. Er illustrierte auf düpierende Weise die Fruchtlosigkeit all meiner bisherigen Bemühungen:
Wenig später folgte eine Mail von Herrn P. Er bedankte sich für das freundliche Angebot, indes: „Wir haben im Moment andere Prioritäten. Vielleicht kommen wir zu Ihrem Angebot zurück. Es ist auf den Weg der Wahl.“
Wenn ich das richtig verstand, disputierte man also in intensiven Gremiensitzungen über das Lektorierungsangebot aus Hamburg, wog das Für und Wider ab, rechnete Kosten-Nutzen-Analysen durch. Derweil verfertigte die Newsletterredaktion unverdrossen das nächste Schreiben an die Kundschaft. Darin informierte man nicht nur über all das, was aus vergorener Milch Köstliches werden kann, sondern auch über die Vorzüge des Versands:
Dies weckte in mir den unschönen Eindruck, als habe sich seit Beginn meines Dialogs mit dem Käseshop die Gesamtlage eher verschlechtert. Die Diskussion, die ich angestoßen hatte, schien mir mehr Fluch als Segen zu sein. Ich weiß nicht, ob ich allmählich paranoid wurde, aber der Schluss des Newsletters schien sogar mir persönlich zu gelten, und nach einer fruchtbaren Geschäftsbeziehung roch das nicht gerade:
Seither Funkstille. Irgendwie habe ich das Gefühl, der Käseshop will mich nicht. Wenn er allerdings glaubt, ich würde darob beleidigt alle Verbindungen kappen, dann hat er sich geschnitten.
Denn allmählich geht unser Bröckelkäsevorrat zur Neige.
Update v. 23.12.2016: Heute dann der nächste Tiefschlag per Webseite …