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25 August 2024

Cat ohne Power

Vorab: Sich im großen Saal der Elbphilharmonie aufhalten zu dürfen, ist immer ein Genuss für sich. Die augenschmeichelnde Architektur, das wohlig warme Dämmerlicht: All das tut dem Gemüt gut, ganz unabhängig davon, wer oder was tief dort unten – wir saßen unterm Dach auf Ebene sechzehn – die Rundbühne bevölkert. Selbst wenn es die amerikanische Sängerin Cat Power ist.

Von ihrer grundsätzlich bezirzenden Idee, Bob Dylans berühmtes 1966er-„Royal Albert Hall“-Konzert (das in Wahrheit in der Free Trade Hall in Manchester stattfand) eins zu eins nachzuspielen, hatte ich mir als passionierter Dylanologe natürlich einiges versprochen – es allerdings vorab verabsäumt, Frau Power davon auch in Kenntnis zu setzen.

Das Problem der an diesem Abend geradezu Liza-Minnelli-haft zu- und hergerichteten Amerikanerin: Sie verfügt zwar über ein ansprechendes Timbre, kann aber – so hart muss man es sagen – nicht singen, zumindest nicht live. Und so leid es mir tut: Einen Ton nicht zu treffen, bedeutet noch lange keine gelungene Neuinterpretation.

Der Lagerfeuerklampfer, der sie in der ersten – akustischen – Konzerthälfte aufs banalste begleitete, verstärkte den Eindruck einer künstlerisch höchst dürftigen Darbietung, deren herausragendes Feature die Langeweile war. In der zweiten Hälfte wurde das Ganze, analog zur Vorlage, dann zum Rockkonzert. An Cat Powers größtem Talent, nicht singen zu können, änderte das freilich wenig, wodurch wir uns ermuntert sahen, in aller Ruhe das Weite zu suchen, also St. Pauli. 

Doch was soll’s: Wir hatten uns im großen Saal der Elbphilharmonie aufhalten dürfen, und selbst wenn dort unten auf der Rundbühne eine frisch bemalte Leinwand gestanden hätte, der wir beim Trocknen zugesehen hätten: Es wäre ein Genuss für sich gewesen.

Aber schade um die schönen Songs war’s schon.




05 Oktober 2022

Die gemütlichsten Ecken St. Paulis (179)


Bei der morgendlichen Flanage über den Panoramaweg in St. Pauli geriet mir gestern unversehens ein äußerst imposantes Gebäude in den Blick, das ich sogleich fotografisch dokumentieren musste. 

Jemand vielleicht eine Idee, um was es sich dabei handelt?


22 September 2019

Ich hatte ein Wristband!

Das Reeperbahnfestival sorgt seit 14 Jahren jeden September für Feiertage auf dem Kiez – genauer gesagt taten das die diesmal 50.000 Indiefans, die von Mittwoch bis Samstag durch die auf der Karte zu sehenden Clubs zogen. Darunter ich. 

Dank meiner Akkreditierung war ich dieses Jahr ein „Wristbandholder“ und hoffte, dass mein Wristband vier Tage Höchstbelastung (darunter Duschen) aushalten würde, ohne abzufallen. Dann wäre ich nämlich aufgeschmissen gewesen.

Diesmal hatte ich mir nur ein loses Programm zusammengestellt. Ich wollte mich einfach quer durch St. Pauli treibenlassen – von Gig zu Gig, von einem (mir unbekannten) Act zum andern. Doch so einfach war das nicht. Im Pooca am Hamburger Berg machte ich gleich wieder kehrt, als ich drinnen auf Menschen mit glühenden Zigaretten stieß. Für so was bin ich einfach zu alt (obgleich ich es als Kind noch erleben durfte, wie die Erwachsenen sogar im Auto rauchten, bei geschlossenen Fenstern und mir auf dem Rücksitz).

Vor einigen Clubs stieß ich auf grimmige Türsteher, die „Einlassstopp!“ grummelten, was auch schon längst per Pushnachricht auf meinem Smartphonebildschirm aufgeploppt war, aber dank des gegenüber normalen Kiezabenden noch mal deutlich dezibelreicheren Grundbrummens rundherum war mir das entgangen. Zwar hätte ich mir als offizieller Wristband- und Akkreditierungskärtchenholder trotzdem Zutritt verschaffen können, doch mich in einen brechend vollen Laden zu quetschen, wo ohne Bazooka weder Theke noch Klo in absehbarer Zeit erreichbar gewesen wären, dafür bin ich – Sie ahnen es – zu alt.

Problemlos gelang indes das Entern des Sankt-Pauli-Museums, vor dessen Eingang ich vergangenes Jahr Günter Zint bei seiner Attacke auf ein Verkehrsschild ablichten konnte. Dort sang der isländische Singer/Songwriter Teitur Magnússon, ein rotbärtiger Nordmann mit Pelzmütze, aber verblüffend elfenähnlicher Bübchenstimme. Wenn wirklich Gott die Menschen – und somit auch Herrn Magnússon – erschaffen hat, dann muss man sagen: ER hat Sinn für Humor.

Im Moondoo an der Reeperbahn stieß ich auf die junge, dünne argentinische Elektrokünstlerin Catnapp. Ihre Schläfen waren rasiert, dafür wippte ein einzelner langer Rastazopf im Rhythmus kalter blauer zuckender Strahler und dem reeperbahnerschütternden Beben ihrer Breakbeats und -bässe. Es war faszinierend. Im Berliner Berghain soll sie eine große Nummer sein. Hoffentlich trägt sie regelmäßig Ohrstöpsel, sonst geht es ihr irgendwann wie Sven Väth.

Freitag dann Elbphilharmonie. Zwar passt der Kulturtempel nur suboptimal zu einem Festival, das vor allem auf kleine Clubs und Indiekünstler setzt, doch wie könnte ich das bemäkeln, wenn dort die schwedische Songwriterin Anna Ternheim auftritt, die ich seit ihrem ersten Album verehre (Näheres dazu in diesem Buch)? 

Der schwarze Herrenanzug, den sie trägt, umschlottert sie derart, dass ich die Journalistin, die neben mir sitzt und Ternheim erst neulich interviewt hat, frage, ob diese damit ein eventuelles Untergewicht zu kaschieren trachte. Das sei sicher nicht so, heißt es, Ternheim sei sehr normalgewichtig.

Mit Sicherheit ist sie auch sehr duldsam mit dem unbotmäßigen Verhalten ihres blonden Schopfs. Hätte ich eine Frisur, die mich dazu zwänge, mir alle acht Sekunden die Strähnen aus dem Gesicht zu wischen, ich legte mir augenblicks eine gänzlich andere zu. Andererseits verfügte ich als jemand, der sich seine spärlichen Reststoppel zweimal die Woche auf einen halben Millimeter Länge runterkürzt, gern über ein solches Luxusproblem.

Ternheim jedenfalls wischt sich während ihres Auftritts hochgerechnet circa 600-mal die Haare aus dem Gesicht, derweil das sie begleitende Kaiser Quartett ihre schönsten (und leider auch einige mittelprächtige neue) Songs in apartesten Kammerpop kleidet. Hätte Ternheim statt des herumrumpelnden Drummers einen Perkussionisten dabeigehabt, das Ganze wäre als Zauberabend in die Reeperbahnfestivalgeschichte eingegangen. Das Publikum war trotzdem euphorisiert bis zum Aufspringen und mehrfach Zugabefordern.

Genau so wie das des kanadisch-ukrainischen Pianoschrats Lubomyr Melnyk am Samstag in der St.Pauli-Kirche. Der 71-Jährige, ein leicht berberhaft wirkender Grauzausel in ausgebeulter Cordhose, ist sozusagen das missing link zwischen Rachmaninov und Steve Reich, nur dass er schneller spielt als Lucky Lukes Schatten. 

Damit schafft Melnyk wellenartig dröhnende Klangmuster, von denen er behauptet, die (für ihn eh verdammenswerte) Digitaltechnik sei zu träge, um sie adäquat aufzunehmen. Warum der Mann an seinem Verkaufsstand trotzdem neben Vinyl auch CDs anbietet, gehört zur Dialektik dieses Festivals – des weltweit besten von ganz St. Pauli, wenn nicht des ganzen Planeten.

Mein Wristband hat übrigens vier Tage lang durchgehalten. Gegen die Schere Samstagnacht war es aber hilf- und machtlos.



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05 Februar 2019

04 November 2018

04 Juli 2017

G20: Haut Trump die Elphi kurz und klein?


Für zwei hochkarätige Teilnehmer des G20-Gipfels verspricht das Konzert in der Elbphilharmonie am Freitagabend besonders aufregend zu werden. 

Recep Tayyip Erdoğan etwa wird bass erstaunt darüber den Kopf schütteln, dass dieser einst als Trainer in der Türkei erfolglose Teufelskerl Jogi Löw neuerdings sogar in der Lage ist, ein Sinfonieorchester zu dirigieren (Bild). 

Donald Trump hingegen wird sich mächtig aufregen über die dargebotene „Fake music!“, weil das Fraud-Media-Programmheft böswillig verschweigt, wer das von Jogi Löw dirigierte Stück namens „Beethoven“ in Wahrheit schuf – nämlich der große amerikanische Komponist Chuck Berry.

Viel Konfliktpotenzial also am Wochenende. Bleiben Sie lieber zu Hause oder in Travemünde.

Quelle: Hamburger Abendblatt, 28.06.2017


07 Februar 2017

Fundstücke (218)


Die Elbphilharmonie hat sich anscheinend von einem Schweizer korrekturlesen lassen.

Entdeckt an der Plaza.