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06 Oktober 2017

Die normative Kraft des Dicklichen

Auf Rügen sind sie alle wohlgenährt: die Spinnen, die Möwen und die Menschen. Schmal hingegen ist die Internetbandbreite. In unserem Göhrener Hotel namens Berliner Bär müssen sich alle Gäste eine einzige kümmerliche 6000er-Leitung teilen. Danke, Merkel! 

Zurück zur Fülligkeit allen Lebens auf Rügen: Im Selliner Kaufhaus Stolz, in das wir uns wegen eines verheißungsvollen 70-prozentigen Umbaurabatts hineinverirrten, fanden wir quasi nichts in unserer Größe, sondern fast durchweg nur Zeugs in X- und XXL (ganz abgesehen davon, dass Stolz seinen Riesenladen mit einem indiskutabel KiK-artigen Polyesterbilligsortiment vollgekotzt hat, für dessen Herstellung wahrscheinlich halb Pakistan seine Kinder opfern musste). 

Tags drauf die nächste Bestätigung unserer Beobachtung. Wir schaukelten in einem maximal 30 km/h dahinrumpelnden Dampfzug namens Rasender Roland nach Binz und stolperten dort über einen Modeladen, der vor der normativen Kraft des Dicklichen längst sämtliche Waffen gestreckt hat – und sein kugelförmiges Zielpublikum mit verheißungsvollen „Größen bis 5XL“ in den Laden locken will.

Vielleicht gibt es im Osten ja nicht überall Kohls blühende Landschaften, doch das Durchschnittsgewicht des Bevölkerungsbesatzes hat sich – zumindest auf Rügen – seit Honeckers Zeiten erheblich hochgearbeitet. Wenn Bertolt Brecht also Recht hätte mit seinem verständnisvollen „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“, dann müsste es sich bei den gut gesättigten Rügenern um eine ethisch gefestigte Ethnie von hochentwickelter Menschlichkeit handeln. 

Ehe wir zur Überprüfung dieser These kommen, möchte ich noch vorwegschicken, dass die gewonnenen empirischen Erkenntnisse allein auf der Beobachtung offenkundig deutscher Probanden beruhen. Irgendwie exotisch aussehende Menschen waren schlichtweg nicht zu sehen. Niemand mit Kopftuch. Keine Afrikaner, Türken, Syrer, Chinesen, Koreaner (wobei wir wegen unserer Halbpension im Berliner Bären in die durchaus international aufgestellten Restaurants nicht hineingeschaut haben. Dort mag also möglicherweise importiertes Personal vorzufinden sein).

Es gibt ja das statistische Paradoxon, dass gerade dort, wo es die wenigsten Nichtdeutschen gibt, diese am skeptischsten oder gar ablehnend betrachtet werden. Und genauso ist es auch auf Rügen, wenn man die letzte Wahl als Grundlage nimmt. Jene schlechtgemachte Simulation einer demokratischen Partei namens AfD (bekannte einschlägige Zitate, die ihren nicht nur latenten Rassismus belegen, erspare ich Ihnen an dieser Stelle) räumte nämlich im Wahlkreis Vorpommern-Rügen/Vorpommern-Greifswald kräftig ab. Sie ging bei der Bundestagswahl im September mit 19,6 Prozent als zweitstärkste Kraft durchs Ziel.

Ich fasse zusammen: Die hiesigen, von keiner Irritation durch anders Aussehende geplagten Blässlinge verfügen augenscheinlich über Kalorien im Überfluss und verwenden sie zum Teil dafür, in zeltartigen 5XL-Pullis Kreuzchen gegen Fremde zu machen, die auf Rügen nicht vorkommen.

Aber die Küste, die Klippen und die Seebrücken: toll, toll, toll.



02 Oktober 2017

Vom Aussterben bedroht

Wir müssen Rügen rügen – wegen Regen. Ansonsten ist es ganz amüsant hier oben auf der größten deutschen Insel. Die abgebildete Angebotstafel gibt eine Ahnung, warum.

Aber wie lange wird das noch so sein? Denn wenn die Rügener Bauern ihre Eier auf den Inselmärkten verhökern, statt sie wie seit Jahrtausenden reproduktiv einzusetzen, dürfte es um ihre Zukunft bereits mittelfristig schlecht bestellt sein.


Daran ändert auch das dickste Eigenlob („XL“!) nur wenig. 




28 Januar 2011

Rügen haben kurze Beine



In einer Vorverkaufsstelle im Mercado möchte ich auf den letzten Drücker – nämlich nur wenige Stunden vor der Veranstaltung – noch eine Karte für eine Lesung im Literaturhaus erwerben.

Die Frau am Vorverkaufscomputer klackert ein wenig herum und sagt dann: „Ja, das geht noch. Möchten Sie eine Versicherung abschließen für den Fall, dass Sie krank werden bis heute Abend?“

Die Frage erwischt mich kalt. Sehe ich etwa derart moribund aus, dass mein Besuch der Lesung offensichtlich gefährdet scheint? Die Frau verneint das; es handele sich lediglich um eine Routinefrage. Das erleichtert mich, und ich verzichte.

Ich fühle mich sowieso leicht überversichert – Rente, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Rechtsschutz, Riester, Leben, Haftpflicht, Hausrat, Fahrraddiebstahl, Krankenhauseinzelbettzimmer, Chefarztbehandlung: Da brauche ich nun wirklich nicht noch eine Lesungsbesuchsverhinderungsversicherung für heute Abend, zumal ich mich komplett beschwerdefrei fühle bis auf ein bisschen Rücken. Und wäre das auf bedenkliche Weise anders, dann erwürbe ich keinesfalls eine Eintrittskarte für eine Lesung, sondern kuschelte mich prophylaktisch in die Laken.

Für die Versicherung hätte ich übrigens, wie mir die Vorverkäuferin auf Nachfrage bereitwillig erläuterte, einen Euro und 80 Cent berappen müssen. Das sind 18 Prozent des Kartenpreises – eine Rendite, mit der sich auch Josef Ackermann zufrieden gäbe. Vielleicht sogar Carsten Maschmeyer.

Egal, alles ging gut, ich erreichte unfallfrei die Lesung, und die war ganz großartig – vor allem, weil der unvergleichliche Titanic-Autor Pit Knorr Stargast war. Er las unter anderem die Kalauereske „Der Inselpfarrer“, in der unzählige Inselnamen aufs Furioseste zu einer Geschichte verbogen, verzahnt, verknotet und verhackstückt werden. Auszug:

„Da ist doch nichts Hawaii. Ich bin Künstler und Malediven.“ „Du malst Diven? Bahamas doch! Rügen haben kurze Beine. Gestehe: Du willst dich mit ihr auf der Sumatratze wälzen, denn dich erregt der Anblick ihrer entblößten Spitzbergen und ihrer rasierten Formosa. Was regt sich denn da in deiner Helgoländen Gegend?“ „Ach", sagte er, „das ist doch nur mein kleiner Bornholm.“ „Das sieht mir aber mehr aus wie eine ausgefahrene Lanzarote!“ Und er wurde ganz Rhodos.
Viele glauben, dieser Irrwitz sei original von Otto Waalkes, weil der die Nummer im Programm hatte, und das leichtgläubige Internet denkt das mehrheitlich auch, doch nein: Es war Pit Knorr, der sich das Stück für Otto aus den Hirnwindungen wrang, und dafür sollte man ihm auf Knien danken.

Ich täte es jedenfalls sofort, wenn ich nicht auch ein bisschen Knie hätte – aber nicht so stark, dass ich heute Abend nicht die Lesung hätte besucht haben können.

Das Foto zeigt übrigens Rügen, zumindest einen Teil davon.


25 Oktober 2010

Fundstücke (110): Lose Zusammengekehrtes



1.
Das Blog mit dem selbstkritischen Namen „Quatsch mit Soße“ hat den noch selbstkritischeren Untertitel „Geistige Ergüsse, die die Welt nicht braucht“. Kein Wunder also, dass der verantwortliche Betreiber ausgerechnet mich mit vielen warmen Worten für den Wettbewerb „Faved Blogger des Jahres 2010“ nominiert. Danke, Lucky Jack! Man kann sogar abstimmen.

2. Am verwaisten Bahnhof von Sagard ist es kein Spaß, eine Stunde lang auf den Zug warten zu müssen, vor allem, wenn es still und stoisch regnet. Irgendeiner unserer Vorgänger kratzte die logische emotionale Folge dieser Situation in den Sagarder Beton (Foto). Zeit genug hatte er ja.


3. Im Hafen von Sassnitz liegen mehrere Fischkutter, die zugleich Imbisse sind. Zehn Stunden lang stehen die Verkäuferinnen auf schwankendem Grund und reichen Aal, Lachs und Butterfisch rüber ans Ufer. Und wäre einer dieser kleinen Kutter futschneu, so könnte man sagen: Wir kauften Fischbrötchen vom Frischbötchen. Wenigstens Ms. Columbo findet es lustig, wenn ich so was daherbrabble.

4. Das Komet auf St. Pauli wirbt für seine traditionelle Vinylauktion mit folgendem schönen Satz: „Wer 20 Platten ersteigert, bekommt ein Bier. Wer 20 Bier trinkt, bekommt eine Platte.“

24 Oktober 2010

Fundstücke (109): Rügener Resterampe

Ich habe auf Rügen einige neue Wörter gelernt, „anlandig“ zum Beispiel oder „Tarifwabe“. Ich begegnete dem „Fischkombinat 24“ und seinen Killerclaim, mit dem es uns zu sich locken wollte: „Fisch fetzt!“.



Überhaupt, Werbung: eine schwierige Sache im Osten. In Stagard hat sich ein Friseurladen als Reklame ein Frauenporträt an die Fassade pinseln lassen, in dessen Antlitz sich die Spuren der Behandlung tief eingegraben haben. Die Frau sieht aus wie eine scream queen aus einem Horrorfilm der 60er.



Da zuckt man schon mal heftig zusammen. Aber noch heftiger während der Busfahrt, als oben an der Anzeigetafel als nächste Station „Auschwitz“ aufleuchtet. Aber es ist bei näherem Hinsehen doch nur „Ruschvitz“.

Nun geht es wieder zurück nach St. Pauli. Zumindest, wenn wir unfallfrei hier wegkommen – denn ein Taxi, eröffnet man uns bedauernd, hätten wir zwei Tage vorher anmelden müssen.



23 Oktober 2010

Gar nicht prüde



Dieses heute auf Rügen entdeckte Schild erlaubt mehrere Deutungen. Zum Beispiel die, dass das komplette Team des Aquamaris-Hotels aus Hunden besteht.

Gut, diese Säugetiere sind intelligent, aber m. E. nicht geeignet, den ordnungsgemäßen Betrieb eines Hotels sicherzustellen. Schon aus kommunikativen Gründen.

Sofern es sich beim Aquamaris-Team hingegen nicht um Hunde handelt, sondern um Ossis, also Menschen, wird die ganze Sache noch befremdlicher. Denn all seine Mitglieder möchten offensichtlich angeleint werden – und sagen das sogar öffentlich.

Zwar war der hiesige Menschenschlag, wie wir alle aus alten Super-8-Filmen wissen, schon zu DDR-Zeiten gar nicht prüde. Dennoch finde ich dieses stolze Bekenntnis zum Masochismus richtig mutig.

Warum das Schild dann allerdings mit Hundebildern dekoriert wurde, weiß wohl nur der Grafikgott.



22 Oktober 2010

Gepriesen sei Grube!



Taxifahren ist für mich die reinste Folter.

Wie großartig die Landschaft auch sein mag, an der wir vorüberfahren (und sei es – wie heute – der Greifswalder Bodden), ich muss die ganze Zeit wie paralysiert aufs Taxameter starren und dabei ununterbrochen denken: ogottogottogott …

Und womit? Mit Recht, denn die Fahrt vom Bahnhof zum 16 Kilometer entfernten Hotel auf der pittoresk abgelegenen Halbinsel kostete 29 Euro – drei mehr als die gesamte viereinhalbstündige Tour von Hamburg durch Mecklenburg-Vorpommern bis nach Rügen.

Ja, ich mag Grubes Bahn. Und ich würde mich auf den Südflügel des Stuttgarter Bahnhofs stellen und das wiederholen.


Sogar mit MEGAFON!

05 Juni 2006

Ein ganz mieses Nie-Wo

Ich habe schon immer zum Kalauern geneigt, nicht nur über Pfingsten auf Rügen. Ein guter Kalauer ist so doof, dass er schon wieder gut ist. Natürlich muss er einen Sinn ergeben, l’art pour l’art macht ihn fad. Doppeldeutigkeit, vertrackter Hintersinn und ein inhaltlich intakter Bezug beim Verdrehen und Veräppeln eines Spruchs: All das muss ein Vertreter dieses zu Unrecht verpönten Genres schon leisten, wenn er als perfekt geadelt werden möchte. Das ist natürlich bockelschwer, und das meiste, was einem so aus dem Finger rutscht, ist höchstens schön doof, aber keinesfalls weltmeisterlich.

So ahnt man kurioserweise in der Stadt Calau, die angeblich doch seine Namensgeberin gewesen sein soll, nicht einmal, was ein Kalauer überhaupt ist. Das beweist die Rubrik „Kalauer des Monats“ auf ihrer Website, wo es viele miese Witze gibt, aber definitiv keine Kalauer. Hallo, Calau, das hier zum Beispiel ist ein echter: Was heißt Sonnenuntergang auf Finnisch? Hell-Sinki.

Zugegeben, der ist äußerst übel. Selbst ich wage mir dabei allenfalls ins Fäustchen zu lachen, obwohl ich glaube, ihn vor vielen Jahren selbst verbrochen zu haben. Oder nehmen wir den hier: Was sagte die betuchte Adlige, als sie noch einmal über ihre sündhaft teure Geschlechtsumwandlung nachsann? „Once I was rich – now I am Richard …“ Deutliche Steigerung, behaupte ich. Dennoch überlasse ich ihn gern der Beurteilung der Nachwelt. Oder: Wie könnte man die Suche nach jamaikanischen Gangstern nennen? Natürlich Rasta-Fahndung. Und so weiter.

Kalauer jedenfalls passieren mir ständig. Als wir am Freitag vor Pfingsten in Binz auf Rügen eintrafen, fiel mir als erstes ein kalauernder Werbeslogan ein, mit dem das Strandstädtchen junge Individualurlauber anlocken könnte: „Ich binz, wer sonz?“ Gut, der ist grauenhaft. Aber auch ein bisschen lustig. Für mich wenigstens. Selbst Ms. Columbo grinst meist höflich schief, wenn ich mal wieder ein Exemplar zum Besten gebe, was ungefähr täglich vorkommt. Manchmal lacht sie aber auch glöckchenhell auf, und dann weiß ich: Es war ein guter.

Die Kalaueritis wirkt sogar ansteckend. Wenn ich mich recht entsinne, ist der hier auf Ms. Columbos Dung gediehen: Wie nennt man vegetarische Rentner? Korn-Greise … Chapeau! Davon inspiriert kreierte ich – als intern Zuständiger für Schmuddeligkeiten – diesen Bruder im Geiste: Wenn alte Herrschaften Sex haben, nennt man das doch wohl … Greisverkehr. Harhar.

Der Fahrradverleih in Binz heißt übrigens „RADzfatz“. Finde ich zu bemüht, offen gestanden. Ich fühlte mich kalauertechnisch dank meines „Ich binz“ also sicher und überlegen auf der Insel. Doch kurz vor der Abreise musste ich mich düpieren lassen. Da parkte am Straßenrand ein Kleinwagen, der über und über mit Werbung vollgepflastert war, und mittendrin prunkte die Internetadresse www.ich-binz.info.

Jemand war also vor mir da gewesen. Es tröstete mich gar nicht – im Gegenteil –, als ich auf besagter Homepage auch noch diverse Volldeppenapostrophe entdeckte („Info's“, „FeWo’s“). Doch irgendwie passt das zum bisweilen abgrundtiefen „Nie-Wo“ (Arno Schmidt) dieses Beitrags. Gleichwohl möchte ich darum bitten, mir schweinische Elektropost zu ersparen. Also keine Iiiih-Mails, okay …?

(Foto: das schimpansenartige Gesicht des Fernrohrs auf der Binzer Seebrücke)
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Inseln
1. „Island in the sun“ von Harry Belafonte
2. „Tiny island“ von Leo Kottke
3. „Bermuda“ von Jonathan Richman



05 März 2006

Auf Rügen zwischen Baum und Borke

Zwar leben wir auf dem Kiez, und das ist auch schön und gut, doch manchmal müssen selbst wir der heimeligen Gesellschaft der Bordelle und Bordsteinschwalben, der Luden, Freaks und bayerischen Kegelvereine entsagen. Vom Urlaub auf Sardinien berichete ich ja bereits mehrfach, nämlich hier und da; doch nicht immer zieht es uns weit in die Ferne. Denn das Gute liegt so nah.

Als Beispiel für diese These möchte ich das auf immer und ewig „neue“ Bundesland Mecklenburg-Vorpommern anführen. Dort gibt es viel flaches Land sowie die kaum weniger flache Ostsee, und weil die schöne Insel Rügen zurzeit aus wenig schönen Gründen im Gespräch ist, möchte ich mit einem kleinen Reiserückblick an jene selige Zeit erinnern, als dort weder Menschen vor den Vögeln zittern mussten noch umgekehrt.

In jener Zeit waren keine toten Schwäne, sondern Schlaglöcher das große Ding. Wenn ich mal Millionär werden will, denke ich von Zeit zu Zeit immer noch versonnnen, dann verkaufe ich Stoßdämpfer auf Rügen. Ein todsicheres Geschäft, sofern es gelänge, eine Stammkundschaft zu gewinnen. Doch genau das ist die Schwierigkeit. Der gemeine Meckpommer hat nämlich die kürzeste Lebenswerwartung in der ganzen vereinigten Republik. Warum? Aus mehreren Gründen.

Zum einen säuft er wie ein Rügener Schlagloch; mit der guten alten Leberzirrhose steht der Meckpommer zeitlebens auf du und du. Darüberhinaus hat er weitere Techniken entwickelt, um seine Zeit hienieden zielgerichtet zu begrenzen. Dabei spielen Automobile als Hilfsmittel eine wichtige Rolle. Gerne misst der Insulaner zum Beispiel die Kräfte seines BMW mit jenen der wunderschönen Alleebäume, wobei ihm die sichtbaren Ergebnisse bisheriger Wettkämpfe dieser Art (nämlich je ein Kreuz mit Blumengebinde vor einem Baum mit Borkenschaden) nicht im mindesten vom Glauben abbringen, er werde der erste sein in der ruhmarmen Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns, der diesen Tort gewänne.

Während seiner knapp bemessenen Zeit auf der Rügener Krume kümmert sich der Bewohner derselben also vor allem um dreierlei: das Verhindern von Straßenbauarbeiten, das Zusammennageln eines Kreuzes für Kumpel Perry (das Gebinde steckt die Verlobte) sowie das Erfinden allerwunderlichster Wörter. So begegneten uns auf Schritt und Tritt so skurrile Gesellen wie „Herrenhalbarmhemden“, „Fusselrasierer“, „Pachttoilette“ und „Superstimmungstag“. Wer nach all diesen inseltypischen Tätigkeiten noch Kapazitäten übrig hat, stellt sich an die Ostsee und wirft Angeln aus, ohne je etwas zu fangen, zumindest in meinem Beisein nicht.

Der Rügener ist also enorm ausgelastet, so dass er es natürlich nicht schaffen kann, auch noch tote Schwäne vom Strand zu klauben. Wobei damals, als wir dort waren, überhaupt keine Schwäne zu sehen waren, nicht mal lebendige.

Wer nun aber denkt, den Meckpommer bekümmerte sein statistisch kurzes Leben und all die anderen Umstände, die ihm das Inselleben vermiesen, der täuscht sich. Solange er seine Pulle knuddeln und mit dem Nachfolger von Kumpel Perry anstoßen kann, solange geht’s ihm prächtig. Außerdem bleibt ihm ja noch die Vorfreude auf anständige Schlaglöcher nachher auf der Heimfahrt, die er unbeschwert von Fischmorden und kräftig bedüdelt antritt. Oftmals entwickelt der Rügener, während er so durch die Alleen bollert, spontan die Idee, mal anzutesten, wer stärker ist, BMW oder Baum. Ergebnis: ein Kreuz mit Blumengebinde plus Borkenschaden – und ein Kunde weniger, der mich als Stoßdämpfermagnaten zum Millionär machen könnte.

Erstaunlicherweise schaffen es übrigens einige Inselbewohner dennoch bis zur wohlverdienten Zirrhose. Aber das soll ja auch auf dem Kiez vorkommen, wohin wir damals erleichtert, aber um viele Erfahrungen reicher zurückkehrten. Das Foto zeigt übrigens keine strandbummelnden Rügener, sondern Usedomer, weil ich auf Rügen keine Kamera dabeihatte, aber auf Usedom.

Wie man sieht, steht Mecklenburg-Vorpommern immer wieder auf unserem Reiseprogramm. Obwohl es uns beim Millionärwerden wahrscheinlich doch nicht entscheidend helfen kann.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs für den Strand
1. „On the beach“ von Neil Young
2. „Surfin’ USA“ von The Beach Boys
3. „Rockaway beach“ von The Ramones