24 Januar 2020

Wo das Büchsenbier regiert

Juhu, endlich mal ein Getränkekiosk auf St. Pauli! Mann, der hat am Nobistor eingangs der Reeperbahn echt gefehlt. Und so was wie die bisher dort ansässige St.-Pauli-Textilreinigung braucht schließlich kein Mensch. 

Dass Letztere all meine Charles-Tyrwhitt-Hemden und Schurwollanzüge besser kannte (und vor allem liebevoller behandelte) als ich selbst: geschenkt. Der Vorteil, dort demnächst billiges Vorglühbüchsenbier abgreifen zu können, das später am Abend in Form von Kotze und Pisse an unseren Haustüren und -wänden landen wird, macht diesen „Verlust“ mehr als wett.

Mir fielen auf dem Kiez übrigens spontan noch weitere Standorte für neue Getränkekioske ein. Zum Beispiel Pepis Friseurgeschäft in der Seilerstraße oder Albertos winzige Änderungsschneiderei schräg gegenüber. Und wozu taugt eigentlich noch das kleine Restaurant Thai-Town in der Taubenstraße, das eh seit Jahr und Tag mehr schlecht als recht vor sich hinkrebst – wäre das nicht ein wunderbarer Standort für einen Getränkekiosk? Dito die „Fahrrad-Börse“ in der Talstraße, die der stets melancholisch lächelnde türkische Inhaber eh gerade aufgegeben hat. Ich meine, Gebrauchträder bekommt man auch jederzeit samstags auf dem Schlachthofflohmarkt – und zwar billiger, weil geklaut.

Seit Jahren stehen außerdem hier unten an der Straßenecke gegenüber vom Tippel II die Räumlichkeiten der ehemaligen Postfiliale leer – Vorschlag: ein Getränkekiosk! Und wieso gibt es überhaupt noch diesen anachronistischen Winzplattenladen im Souterrain der Simon-von-Utrecht-Straße namens MinigrooveDa fiele mir spontan eine perfekte Anschlussverwendung ein.

In der Nähe des Großneumarktes habe ich gestern einen Ersatz für die St.-Pauli-Textilreinigung gefunden. Mit Übernachtservice haben sie es dort aber leider nicht so. Mein Hemd kann ich erst in einer Woche wieder abholen. 

Und das vergleichen Sie jetzt bitte mal mit dem Sofortservice eines Getränkekiosks!



20 Januar 2020

Der Midas von St. Pauli


Der Maler 4000 ist oft zu Gast im Haus und wurde nicht nur deshalb bereits mehrfach in diesem Blog verewigt. Jetzt ist er reif für eine weitere Erwähnung. Denn er ist wesentlicher Protagonist einer noch bis zum 1. Februar laufenden und äußerst unterhaltsamen Gruppenausstellung in der Galerie Feinkunst Krüger nahe dem Großneumarkt. Wir können die Unterhaltsamkeit beurteilen, wir waren auf der Vernissage – und einige seiner neuen Bilder habe ich auf dem Nachbarbalkon trocknen sehen

4000 findet seine Motive, wie man sieht, immer wieder auch auf St. Pauli, darunter die Fassade der Kiezkneipe Tippel II, die unverhohlen ein bestimmtes Zielpublikum anspricht und von unseren Balkonen aus zu sehen ist. 

Nachdem ich bei Feinkunst Kröger das Gemälde zur Erinnerung und Dokumentation abgelichtet hatte, beschloss ich, mit der realen Vorlage ebenso zu verfahren und mir beide Motive einmal näher anzuschauen. Und der Vergleich zwischen Kunstwerk und Foto enthüllte Verblüffendes. Denn zwei Elemente der Wirklichkeit hat 4000 – der sich ansonsten um jedes Detail bis hin zum Sky-Schild kümmerte – weggelassen während seiner Malsitzung: Laternenpfahl und Baum. 


Dass auf einem Motiv aus dem Rotlichtviertel ausgerechnet die beiden phallischsten Bestandteile der Vorlage fehlen – das lasse ich jetzt einfach mal so stehen. Und komme zu einem weiteren 4000-Werk, das bei der Ausstellung zu sehen, aber nicht mehr zu erwerben ist; eines, das diesmal nicht der Sphäre der Mal-, sondern der Konzeptkunst zugeordnet werden muss: ein nach ordnungsgemäßem Gebrauch plattgedrückter und danach achtlos entsorgter Plastiktrinkbecher mit Halm, vom Künstler locker schwingend aufgehängt in einem schwarzlackierten Holzrahmen.

4000 gluckst vor Vergnügen, wenn er erzählt, wo er den Becher fand (im unten an der Straße geparkten Autoanhänger eines Nachbarn), woher er den Rahmen hat (aus dem Sperrmüll) und was ihm schließlich ein Ausstellungsbesucher klaglos für all das bezahlte (250 Euro).

Der Mann macht buchstäblich aus Müll Geld. Wobei der Müll erst mal zu einer Idee werden musste, die sich in einem Objekt materialisierte und somit einen bezifferbaren Wert gewann, der sich wiederum erst dadurch verifizieren ließ, dass jemand den entsprechenden Kaufpreis entrichtete.

Aber warum fehlen Baum und Pfahl vorm Tippel II? Das wird noch zu klären sein – demnächst auf dem kurzen Dienstweg von Balkon zu Balkon.





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15 Januar 2020

Buchen Sie mich!


Aufregende Zeiten: erstmals im Berufsleben nicht mehr abhängig beschäftigt, yeah! Morgens nach ausgiebigem Frühstück erst mal zum Sport und in die Sauna, dann ein Siebträgerespresso im Homeoffice … 

Was ich eigentlich damit sagen will: 
Sie können mich buchen. 

Nicht als Industriemechaniker, Barkeeper oder DHL-Boten, aber als Lektor, Korrektor und Autor – Hauptsache, es hat irgendwas mit Texten zu tun. Also mit richtigen Texten – und nichts mit SEO-optimiertem Wörtergerümpel. Aber Korrektur lesen würde ich natürlich auch das (seufz)

Mehr zu meinem Profil und dem, was ich zu bieten habe, gibt es hier.

Anfragen – natürlich auch völlig unverbindliche – gerne per Mail, die Sie oben rechts auf dieser Seite unzulänglich verschlüsselt vorfinden. 

Wir lesen uns!


02 Januar 2020

Fundstücke (241)


Was man nicht so alles entdeckt, wenn man mit Google Maps über St. Pauli fliegt … 

Ich scheine der Erste zu sein, dem das aufgefallen ist, denn es gibt webweit keine weiteren Bildtreffer mit diesem Motiv. 

Was wohl der Vermieter dazu sagt – gehört so was nicht zu den genehmigungspflichtigen baulichen Eingriffen …? ;)

01 Januar 2020

Die gemütlichsten Ecken von St. Pauli (155)

Neujahrsnebel verschleiert Sonne und Hafen. 

Gesehen heute Morgen in der Bernhard-Nocht-Straße, St. Pauli.


31 Dezember 2019

Ein etwas anderer Silvesterappell (Vol. 15)

Liebe Vertreter der – wie kolportiert wird – intelligentesten Spezies auf diesem Planeten, die Sie momentan noch vollumfänglich bestückt sind,

Ihren Vorgängern habe ich in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten mit einem jährlich wiederholten Silvesterappell nahezubringen versucht, wie sie all ihre Gliedmaßen einigermaßen heil durch die Nacht hätten bringen könnten, wenn sie es denn gewollt hätten.

Doch allein: Es fruchtete nie. Keiner der 14 Appelle wirkte. Im Gegenteil: Am Neujahrstag waren die Gazetten voller Meldungen über tragische Verluste an Augen, Fingern, Händen und gar Leben. Ihre Vorgänger hörten also nicht auf mich; dieser traurigen Wahrheit muss ich mich schonungslos stellen.

Deshalb versuche ich es heute einmal anders herum. Ich möchte Sie, die Nachfolger Ihrer Vorgänger, hiermit eindringlich ermuntern, die Lunten Ihrer Böller rücksichtslos zu kupieren – und zwar knapp genug, dass ein Wegrennen nach dem Entzünden unmöglich ist.

Lassen Sie bitte Ihre Raketen im Wohnzimmer steigen, verwenden Sie unbedingt Chinakracher als Zigarren und Feuerräder in unmittelbarer Gardinennähe. Stopfen Sie z. B. den Pyroland-3Klang-Bombenrohr-Glitterflitter der nächstbesten herumstehenden Person ins Dekolletee, und wenn Sie planen, das neue Jahr mit einer scharfen Waffe zu begrüßen – warum nicht in Form eines russischen Roulette mit fünf bestückten Patronenkammern?

Tun Sie das, meine Damen und Herren und Taucher, dann werden Sie überleben, versprochen. Zumindest wenn es stimmt, was ich aus statistischen Gründen als gegeben annehme: dass nämlich dieser traditionelle Silvesterappell der Kontraindikator schlechthin ist. Alles spricht dafür – lesen Sie einfach die entsprechenden Einträge aus den Jahren 2005 bis 2018!

Und jetzt auf in den Kampf, Kameraden! Wir, die Vertreter der – wie kolportiert wird – intelligentesten Spezies auf diesem Planeten, sehen uns im neuen Jahr. Diesmal aber wirklich.

Foto: Gruppe anschlaege.de


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25 Dezember 2019

Weihnachten auf dem Kiez


Weihnachten: die einzigen Tage im Jahr, an denen auf St. Pauli die freien Parkplätze (Foto) im gleichen Maße zunehmen wie die Zahl hackedichter Rumkrakeeler sinkt. Und die auf einmal touristenfreie Reeperbahn wird zur alleinigen Domäne der Heimat- und Obdachlosen. 

Weihnachten auf dem Kiez: Ja, das hat was. Alle Jahre wieder.


23 Dezember 2019

Sie nagen einfach nicht

Wir haben Mäuse. Im Plural. Das sagt zumindest unser Schädlingsbekämpfer Herr B. Dabei sehe ich immer nur eine. Aber ist es auch ein und dieselbe? Herr B. bestreitet das energisch. „Hier im Haus“, sagt Herr B., „gibt es zwei- bis dreihundert.“ Er hat das hochgerechnet.

Mindestens eine davon hat sich unsere Altbauwohnung auf St. Pauli als Heimstatt erwählt. Deshalb stellt Herr B. Fallen auf. Und Köder. „Riechen Sie mal“, sagt Herr B. und hält mir ein kleines Töpfchen mit einer grünlichen Masse unter die Nase. „Riecht wie Nutella, nicht? Schmeckt auch so.“ Ersteres stimmt, Letzteres möchte ich momentan lieber nicht ausprobieren. „Können Sie ruhig essen“, lächelt Herr B. ermunternd, „macht gor nüscht.“ 

Selbst Kinder steckten laut Herrn B. die untergemischte Giftdosis ohne Regung weg. Nur halt Mäuse nicht. Mäuse sind winzige Fellknäuel, ihre Mägen weisen einen lachhaften Hubraum auf. Ein bisschen grünliches Nutella, und der Zwerg haucht alsbald hinter irgendeinem Möbel sein fragiles Leben aus. Zumindest, wenn er davon nascht. Und das tun unsere Mäuse nun mal nicht. Auch die Fallen stehen bloß herum. In gespannter Erwartung zwar, doch zur Untätigkeit verdammt. Denn unsere Mäuse umtrippeln jede Gefahr weiträumig, warum auch immer. 

Neulich sah ich fern, als sich auf dem Teppich vorm Sofa eine Maus entspannt das Schnäuzlein putzte. Als ich mich mit schreckgeweiteten Augen aufrichtete, huschte sie auf mich zu und verschwand unterm Sofa. Auch dort stehen natürlich Köder und Fallen, aber statt eines zuschnappenden Metallbügels hörte ich – nichts. Wieder mal.

Nicht nur die dort lauernden, auch alle anderen strategisch raffiniert in unserer Wohnung verteilten Nutelladöschen bleiben konsequent unberührt. Sind unsere Mäuse etwa keine Süßschnäbel? Oder nur superintelligent, wie es sich geziemt, wenn man bei uns daheim ist? Der Kollege von Herrn B., der nach drei Wochen zwecks Kontrolle vorbeischaut, ist jedenfalls irritiert. „Im Stock über Ihnen geht eine nach der andern in die Falle“, behauptet er. Seine Stirn wirkt gerunzelt. Wohnt in diesen Runzeln bereits leichte Besorgnis? „Wahrscheinlich“, sinniert er, „fressen Ihre woanders.“ Unsere Altbauwohnung also nur ein Rückzugsraum, ein Erholung bietendes Refugium nach den anderswo ausgefochtenen Kämpfen um Nahrung und Ressourcen? 

Ich habe da so meine Zweifel, aber auch keine andere Erklärung. Wenn ich eine Maus wäre, leckte ich jedenfalls auch im gesättigten Zustand – gemäß dem Naturgesetz, dass ein Dessert immer noch reinrutscht – an jedem lockend herumstehenden süßen Leckerli, selbst an grünlichen. Wenn ich eine Maus wäre, hätte mich die Evolution also längst aussortiert.

Dass Herr B. und seine Kollegen als Schädlingsbekämpfer firmieren, behagt mir übrigens nicht richtig. Kammerjäger: Das war noch eine Berufsbezeichnung! Das roch nach Gefahr und Abenteuer, nach archaischen Gefühlen, nach Paläoentertainment. Doch zeit seines Berufslebens terminologisch einen Schädling mit sich herumschleppen zu müssen, ist unschön. Zumal es mir unfair vorkommt, jede Maus a priori als Schädling abzuqualifizieren. Schließlich macht sie auch nur ihren Job: fressen, poppen, schlafen und wieder von vorn. Wobei: Unsere frisst ja nicht. Sie huscht nur manchmal übern Teppich und verschwindet elegant in Spalten, die ihr eigentlich viel zu eng sein müssten. 

Neulich traf ich den Nachbarn aus einem Stockwerk über uns. Auch dort blieben die Maßnahmen von Herrn B. und Co. bisher erschütternd fruchtlos. Keine Falle schnappte, alle Köderoberflächen sind unbenagt. „Sie jagen sich schon gegenseitig“, erzählte mir der Nachbar mit der Resignation eines Mannes, der begriffen hat, dass der Homo sapiens doch nicht die Speerspitze der Evolution darstellt. „Und sie pfeifen sogar dabei.“ 

Seitdem fühle ich mich ein bisschen besser. So weit sind unsere nämlich noch nicht. Ich sehe ja eh immer nur eine. Und wenn sie pfiffe, dann sicherlich aus Lebenslust. Zumal sie schon bald wieder Mäusenachwuchs erwartet, mindestens zum zweiten Mal, seit all diese Köder und Fallen bei uns aufgestellt und seither links liegen gelassen wurden.

Sekunde: Habe ich gerade ein leises Pfeifen gehört? 
Oder war es sogar ein hochfrequentes Kichern?


PS: Die Fortsetzung gibt es hier.




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25 November 2019

Fundstücke (240)


Mich beschleichen schon leichte Zweifel, ob wir Umweltzerstörung und Klimawandel in den Griff bekommen, wenn wir auf dem Weg dorthin Menschen mitschleppen müssen, die E-Roller nach Gebrauch im Fleet entsorgen.

Aber vielleicht bin ich auch einfach zu kleinlich.


17 November 2019

Essen, was aufn Tisch kommt

Nach langer Zeit ist es mal wieder passiert: Ich habe vorm Franken meinen Teller leer. Wer hier seit rund anderthalb Jahrzehnten mitliest, weiß sehr wohl, wie erwähnenswert diese Tatsache ist.

Wir sind im Palazzozelt an den Deichtorhallen, wo man uns mit Artistik, Kulinarik und Showeinlagen verwöhnt. Das hier ist der erste Gang, Vitello tonnato, Scheiben vom Holsteiner Kalb mit Tunfisch und Kapernäpfeln, und der Franke staunt: „Du vor mir fertig? War ja noch nie da.“ Doch, war es wohl, aber jeder meiner raren Erfolge wird natürlich vom Grundrauschen der Vielzahl seiner zerschmetternden Siege überdröhnt. „Aber der Abend“, droht er, „ist ja noch lang.“

Das stimmt – lang, aber dank der Künstler- und Artistenschar kurzweilig. Vor allem die Conferencière, die US-Amerikanerin Ariana Savalas, sorgt für gehobenes Niveau und verleiht dem Showmotto „Glanz & Gloria“ Glam und Glitzer, nicht nur wegen ihres in allen Spektren einer Discokugel funkelnden Abendkleides.

Wir sind derweil beim Zwischengang, confiertem Eismeerlachs mit Zitronenknusper, übergossen (von mir als Dienstleister für alle am Achtertisch) mit einem Blumenkohlsüppchen. Hier ist der Sieger nicht hundertprozentig feststellbar, da wir alle Nachschlag nehmen. Wertung zur Güte: Remis.

Zwischen den Nummern der Artisten – darunter ein Spanier namens Ramiro Vergaz, der mit bis zu sechs kapitalen Kegeln jongliert, was eindeutig von den Naturgesetzen so nicht vorgesehen ist – neckt Frau Savalas am Nachbartisch einen Gast mit Spötteleien über sein Outfit (Sweatshirt und Jeans). Zwar trage ich zum Glück einen mitternachtsblauen Schurwollanzug von Gieves & Hawkes, doch mir wird unschön bewusst, dass angesichts meines Sitzplatzes der Franke die letzte Brandmauer zwischen Savalas und mir ist. Im Notfall wäre zwar er zum Glück als Opfer leichter erlegbar, doch verspricht er für diesen Fall der Fälle, jeden auf Interaktivität erpichten Künstler eindringlich an mich zu verweisen.

Nun zum Hauptgang: Rücken und Bäckchen vom spanischen Eichelschwein mit knackigem Wokgemüse und Gewürzjus. Dazu spielt die Band Boomraiders Schweinerock. Darf sie herzlich gern, doch täte sie das etwas leiser, könnte man sich bei Bedarf auch mal mit seinem Tischgegenüber unterhalten. So bleibt mir als Gesprächspartner im Wesentlichen meine Brandmauer, der Franke, gegen den ich beim Hauptgang sehr, sehr knapp verliere.

Das vermaledeite Problem bei diesem von der Hamburger Spitzenköchin Cornelia Poletto konzipierten Menü ist aber auch, dass es viel zu gut mundet, um sich ernsthaft eines gebremsten Esstempos befleißigen zu können. Nach jedem Bissen denkt man: Hmm, jetzt gerne schon den nächsten. Und schwups, ist schon wieder ein Gang weg. Hier im Palazzozelt jedenfalls wird besonders gern und rasch gegessen, was auf den Tisch kommt.

Dieser Mechanismus setzt übrigens nur bei den Aufstrichen nicht ein, die als Amuse-Gueule in Porzellanschiffchen auf dem Tisch stehen. Merkwürdig durchschnittlich, geradezu gewöhnlich, wundert man sich – bis man im Programmheft auf die Sponsorenliste stößt. Darunter: Exquisa. So was schafft natürlich Sachzwänge, gegen die sich wohl auch eine Cornelia Poletto nicht wehren kann. Dann eben wenigstens hübsche Porzellanschiffchen als Trägermedium.

Nach atemberaubenden Trapez-, Bänder- und Stangennummern steht das Dessert an: Kokosbaiser mit Mascarponecreme, exotischen Früchten und Ananassorbet. Ein buntschillernder Strauß sich nur scheinbar widersprechender, doch letztlich miteinander verschmelzender Aromen; von allen am Tisch – Carnivoren wie Vegetariern – erhält das Dessert die Bestnote.

Der Franke und ich trennen uns hierbei schiedlich, friedlich unentschieden. Mehr von diesem seit rund anderthalb Jahrzehnten andauernden Wettstreit zwischen Goliath und mir dann nächstes Jahr. Oder spontan noch mal in den kommenden Wochen: Das Palazzozelt steht hier noch bis März.

Savalas verschonte uns übrigens beide. Tragen Sie also bloß nicht Sweatshirt und Jeans!


PS: Es gab natürlich von allen Gängen eine vegetarische Variante. Wie mir Ms. Columbo bestätigte, waren auch diese von erheblicher Qualität; ihre leise monierte Würzdezenz bei der Vorspeise (Auberginen-Caponata) sei, wie sie sagt, eine Klage auf hohem Niveau.

PPS: Zu dieser Veranstaltung waren wir eingeladen.

Foto: Palazzo Produktionen GmbH




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