Hamburg – und damit natürlich auch St. Pauli – ist zurzeit komplett touristenfrei. Der im vergangenen Juni an dieser Stelle dokumentierte feuchte Traum aller Gentrifzierungsgegner wurde also schneller wahr als gedacht. Wenn auch aus ganz anderen Gründen.
Die Stadt liegt leise und leer in der Frühlingssonne. Ein böiger Ostwind fegt um die Ecken. Wenn man lange Spaziergänge macht – zum Beispiel vom Jenischpark im Westen, wohin man in einem leeren Bus der Linie 111 fuhr, zurück nach St. Pauli –, sollte man nicht zu viel getrunken haben und auch unterwegs nichts nachgießen, denn neben der Gastronomie sind auch die öffentlichen Toiletten geschlossen. Wir bewältigten die Herausforderung mit Bravour, aber knapp.
Unter den wenigen, die ihr Geschäft nicht geschlossen haben, sind die üblichen afrikanischen Dealer an der Balduintreppe. Sie stehen dort zu viert im Karree. Zwischen ihnen klafft der behördlich angeordnete Mindestabstand von mehreren Metern, sodass wir als Spaziergänger sogar hindurchlaufen können, ohne gesetzesbrüchig zu werden. Man möchte den Herren danke sagen für ihre Einsicht in die Notwendigkeit. Wie es allerdings aussähe, wenn sie gerade ein Geschäft abwickelten, also Geld entgegennähmen und dafür Ware rüberreichen müssten, das können wir nicht sagen; denn als wir vorüberliefen, herrschte dealtechnisch gerade Ebbe.
In der Bernhard-Nocht-Straße hing ein Plakat mit der Aufschrift: „Wer hamstert ist zu faul zum Plündern“, und wie fast immer ist unabhängig von der getroffenen Aussage schärfstens zu monieren, dass sie kontaminiert wird von einem kapitalen Rechtschreibfehler, hier ein abwesendes Komma. Warum haben jene mit Botschaften so selten die Fähigkeit, sie auch korrekt auszudrücken? Gibt es da vielleicht sogar einen Zusammenhang?
Jedenfalls werden Korrektoren und Lektoren weiterhin gebraucht, auf allen Ebenen. Was mir die Gelegenheit gibt, noch einmal freundlich auf meinen Blogeintrag vom 15. Januar hinzuweisen.
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