09 Dezember 2008

Wie wir Mutzke mal den Sitzplatz stahlen

An der Abendkasse im Tivoli, wo schöne Kronleuchter die Wände beschummern, stehen wir zwar auf der Gästeliste, doch entscheidend ist etwas anderes: dass nämlich auch noch ein Umschlag mit unseren Karten parat liegt. Und das scheint nicht so.

Die Tivolidamen blättern das offenbar liederlich sortierte Konvolut der Briefe durch, doch keiner mit der magischen Aufschrift „Wagner“ lässt sich dergestalt zutage fördern.

„Es sind viel zu viele gekommen“, murmelt die bebrillte Ältere missmutig und nur scheinbar zu sich selbst. Doch ich verweigere die Annahme des mir so mit sanfter Gewalt zugeschobenen Schuldgefühls, denn schließlich sind wir eingeladen.

Wir hatten uns nämlich keineswegs gerissen um diese Veranstaltung, nein, sie wurde uns eindringlich nahegelegt. Und jetzt, wo wir schon mal da sind, möchten wir auch gern rein ins Tivoli, so sind wir nun mal.

Die Jüngere der beiden blättert noch einmal sämtliche Umschläge durch, während die Tivoliglocke schon das zweite Mal läutet. In der Schlange hinter uns keimt Unruhe.

„Hier!“, ruft sie plötzlich und wedelt mit einem Umschlag, „das sind die von Max Mutzke!“

Was dieser Umstand mit der Lösung der momentanen Konfliktlage zu tun haben soll, vermögen Ms. Columbo und ich auch mit vereinten Kräften nicht einzusehen, doch dank dieser neuen Entwicklung hellt sich auch die Miene der Älteren spontan auf.

Ihre Kollegin trennt mit freudigem Elan Max Mutzkes Umschlag auf. Sie entnimmt ihm vier Karten; zwei davon reißt sie ab und gibt sie uns.

So kommmt es, dass wir heute Abend auf Max Mutzkes Plätzen sitzen – und er, weil wir seine Karten haben, den Großteil des Abends auf der Bühne verbringen muss, wo ihn alle sehen können.

Umgekehrt wäre schlimmer gewesen. Für alle Beteiligten.


9 Kommentare:

  1. hätten sie mal was gesagt... ich hatte ne recht lange zeit bei mir vorn noch zwei sitzplätze frei - ihre gesellschaft hätte den abend deutlich mehr bereichert als die des einen kollegen... und ich hätte jemanden gehabt, der mein gekicher angesichts des gejaules von herrn mutzke zu würdigen gewusst hätte.

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  2. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich diesen Wink des Schicksals verstanden und wäre wieder nach Hause gegangen oder zu meinem Lieblingsgriechen auf dem Kiez.

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  3. welches ist denn Ihr Lieblingsgrieche, Frau Momo?

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  4. Marco, Sie hätten ja auch mal winken können! Wir haben übrigens mehr über den unterhaltsam ahnungslosen Moderator geschmunzelt als über Herrn Mutzke.

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  5. Frau Momo, für Ihren Vorschlag bin ich zu pflichtbewusst. Ich weiß, das ist eine unverzeihliche Schwäche, aber was soll ich machen?

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  6. Ein zu stark ausgeprägtes Pflichtbewusstsein würde ich eher als typischen Fall einer verzeihlichen Schwäche sehen.

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  7. Nicht in der Blogosphäre, mein Lieber … ;-)

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  8. *Korinthenkacker-Modus an* Es heißt "Wie wir..." in der Überschrift. *Korinthenkacker-Modus aus*

    Der gemeine Korinthenkacker heißt übrigens in der Schweiz Tüpflischisser. Das nur mal so ganz informativ und themenfremd nebenher. Klingt gut, oder?

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  9. Danke, vierundachtzig, ich mag Seelenverwandte … ;-)

    Korrektur erfolgt. Und das beeindruckende Tüpflischisser werde ich in meinen aktiven Wortschatz zu überführen versuchen.

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