Tagein, tagaus steht eine Frau am Tresen der Sixt-Filiale an der Reeperbahn. Ganz links, halb hinter dem Palmwedel: Dort ist sie zu sehen.
Unablässig getunkt und getaucht in orangerotes Kunstlicht fristet sie dort ein tristes Dasein, welches die wärmende Farbe kaum lindern dürfte. Sie sieht nie die Sonne und ich nie einen Kunden am Tresen.
Die eingefärbte Einsamkeit der Frau in ihrer sixtinischen Hölle scheint umfassend, ihre Isolation komplett – eine Art Guantanamo Bay mitten auf dem Kiez, nur ohne Verhöre. (Aber nicht ohne Folter.)
Und während sie gefesselt ist an den verfluchten Tresen und sich nicht bewegen darf, weil doch mal ein Kunde kommen könnte oder wenigstens eine versprengte Saufnase, steht hinten rechts der Slogan: „the spirit of mobility“.
Wer immer sich diese Kombination aus Internierung einer Frau und einem die Bewegungsfreiheit preisenden Spruch ausgedacht hat: Sein zweiter Vorname ist Hohn und sein dritter Spott.
Der Kurs der Sixt-Aktie ist übrigens auf dem höchsten Stand seit siebeneinhalb Jahren.
Jaques Brel ginge hinein, gäbe ihr still diesen Eintrag mit einer Rose versehen.
AntwortenLöschenTragisch. Aber sind nicht alle Jobs am Ende so?
AntwortenLöschenRadioarchiv gibt's aus rechtlichen Gründen keins, die Lizenz erlaubt kein herunterladen. Live dabeisein ist alles...
Lieber Matt, übertreibst du da nicht ein wenig? Bewegen wird sie sich doch wohl dürfen, oder..?
AntwortenLöschenIch kenne die Sixt-Filiale nur vom Flughafen, wusste also nicht, dass es mehrere von dieser Art gibt. Designtechnisch finde ich sie sehr gelungen und am Flughafen haben die Damen (Mehrzahl) auch eine Menge zu tun. Wobei ich natürlich nicht beurteilen kann, wie es sich täglich 8 Stunden in diesem Ambiente und Licht arbeiten lässt. Ich hoffe und zähle natürlich auch darauf, dass auch ergonomische Gesichtspunkte berücksichtigt wurden.
Ansonsten gilt, ich habe schon viel trostlosere Autovermietungen gesehen, wo ein Angestellter im Neonlicht und weißen Wände ausharren musste.
Loganoc, deine Einstellung ist zu pessimistisch. Die meisten Jobs sind weder so orange noch derart einsam.
AntwortenLöschenStefan, nennen wir es perspektivische Zuspitzung. Vielleicht komme ich immer zu den falschen Tageszeiten dort vorbei.
Dieses Licht ist mir auch schon unangenehm aufgefallen. Das scheint bei Autovermietern gängig zu sein - die Europcardamen dürfen im gedimmten Grün sitzen.
AntwortenLöschenNa ja, wahrscheinlich gibt es eine Korrelation zwischen Licht und Aktienkurs: Kein Mensch kann jeden Tag acht Stunden in diesem Licht arbeiten, deshalb werden auch nur billige Aushilfskräfte beschäftigt. Diese wieder führen den Aktienkurs in neue Höhen.
Da die Aktie momentan den Höchststand seit sieben Jahren hat und der Posten auf dem Kiez offenbar nie gut frequentiert ist, wird dieser wohl in Kürze weg-rationalisiert. So mache es große Konzerne doch oft - Gewinnmaximierung nennt man diesen Vorgang - hab ich mal im Radio gehört...
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