„Donnerwetter!“, entfährt es heute Ms. Columbo, während sie Unterlagen studiert. Ein Ausruf, von dem ich ohne langes Nachdenken behaupten kann, ihn seit der letzten „Fix & Foxi“-Lektüre nicht mehr gehört zu haben. Und das ist gefühlte hundert Jahre her, muss also irgendwann in den 70ern gewesen sein.
Ms. Columbo amüsiert meine Irritation sehr, und sie fühlt sich bemüßigt, sie souverän mit einem „Potzblitz!“ zu verdoppeln, worauf ich nur mit einem recht lahmen „Heidewitzka!“ zu kontern imstande bin.
Wohin verschwinden eigentlich solche altgedienten Wörter? Gibt es irgendwo eine Art Seniorenresidenz für aus der Mode gekommene Vokabeln? Was zum Beispiel macht das Wörtchen „dalli“ heute? Wie geht es dem ergrauten „Gammler“? Hört er noch immer „Schallplatten“? Irgendwo in der hintersten Ecke des Wortseniorenstifts muss auch noch das gute alte „Fräulein“ einsame Tränen in seine Caprisonne weinen.
Anders als echte Rentner, deren genetisches Programm gnadenlos abläuft, könnte man ausgemusterte Worte revitalisieren, man könnte „knorke“ wie zufällig wieder einfließen lassen ins Ensemble der tagtäglich benutzten Superlative, man könnte ab und zu ein „mannigfach“ einstreuen oder zur Überraschung aller ein „behufs“.
Vor allem der Kanon der Beschimpfungen, von denen ich nachgewiesenermaßen ein feuriger Anhänger bin, erführe durch die Einbeziehung aller leichtfertig Ad-acta-Gelegten eine womöglich inspirierende Auffrischung. Nehmen wir die schöne, doch bereits fast komplett vergessene Beleidigung „Hornochse!“. Müsste nicht der mit dem Messer fuchtelnde und „Ich stech dich ab, Alda!“ krakeelende Grundschulabbrecher geradezu verblüfft verstummen angesichts dieses kapitalen Dreisilbers?
Wahrscheinlich gelänge uns das sogar mit Ms. Columbos Altersheiminsassen „Donnerwetter!“, aber drauf ankommen lassen würd’ ich's dann lieber doch nicht.
Ex cathedra: Die Top 3 der altbacken betitelten Songs
1. „Ich bin aus jenem Holze geschnitzt" von Reinhard Mey
2. „Wie schön blüht uns der Maien" von Hannes Wader
3. „Nearer my God to thee" von Pat Boone
Foto: universum.co.at
Fix&Foxi war wirklich eine töfte Illustrierte. Ich habe nie verstanden, dass es davon keinen Lichtspielstreifen gab. Wahrscheinlich fehlte die rechte Kapelle, zur passenden musikalischen Untermalung.
AntwortenLöschen... und zur Filmmusik hätte man bestimmt spitzenmäßig in der Glastanzdiele abhotten können. Ja, wirklich schade.
AntwortenLöschenWie soll Emotionalität eine ganz normale, kreative Sprache bekommen, wenn Emotionalität in diesen Tagen zumindest als unproduktiv angesehen wird? "Nasenbär - verdampft noch mal!" - das würde meine Tochter jetzt sagen. Den Begriff "Hornochse" kennt sie noch nicht. Kommt noch.
AntwortenLöschenIch sehe Deine Beobachtung also nicht ganz so kulturpessimistisch. Die Wild-Werke fahren mit Caprisonne immer noch gute Umsätze - nur als kleines Beispiel ...
btw.: Als nordbadischer "Saftsack" muß ich Dich nach der Bedeutung des Wortes "knorke" fragen. Dieses Wort scheint nicht nur mir aus etymologischer Sicht weit über der Mainlinie gewachsen zu sein.
„Saftsack“ kenn ich auch noch! Sehr schön. „Knorke“ ist berlinerisch für spitze, klasse, hervorragend. Mehr Jargon im Berliner Wörterbuch.
AntwortenLöschenKomisch ich musste heute auch über verlorengegangen Sprachelemente nachdenken und zwar fand sich auf einem alten HE-Man Hörspiel, der Jubelruf "Bravo Bravo..." ewig nicht gehört. Revolution, bringt die "Vergessenen" wieder in den Umlauf ;)
AntwortenLöschenOh, da fällt mir was schönes ein, dürfte ich das mal einstreuen: Lackaffe! Herrlich.
AntwortenLöschenHa, dieser Eintrag entwickelt sich ja binnen kurzem zum Auffanglager für verfolgte, vertriebene und (halb)vergessene Wörter!
AntwortenLöschenJa, naszkatze, ich wünschte, mir wäre beim Verfassen des Textes das unübertreffliche „Lackaffe“ eingefallen. Ich glaube, das war mal der Spitzname von Ilja Richter, der in den 70ern und 80ern die Sendung „Disco“ moderiert hat. Hach …
Ilja, dieser "Schnösel" ;-).
AntwortenLöschenDanke für den Link - köstlich!
In der Tat gibt es ein paar herrliche Worte, die nicht vergessen werden dürfen. Und die zumeist den Nagel ziemlich genau auf den Kopf treffen: Mein Lieblingswort ist da der "Schlawiner". Phonetisch einfach toll!
AntwortenLöschenAber Sprache lebt. Und irgendwie muß ja Platz gemacht werden für Worte wie "Weblog" oder Induktionsherd".
Ich erinnere mich jetzt auch wieder mit warmer Zuneigung an den „Dösbattel“.
AntwortenLöschenich finde töfte nach wie vor am knorkigsten. aber den hat ja mspro schon eingebracht. schnafte hat mein onkel auch gesagt, das fand ich aber damals schon nicht so doll. gilt der begriff "astrein" inzwischen auch als ausgestorben?
AntwortenLöschenZumindest hat er seine besten Zeiten mit Sicherheit hinter sich. Aber nach diesem Kommentar hier könnte seine Renaissance bevorstehen. Bei Google steigt jedenfalls schon mal die Trefferquote.
AntwortenLöschenDie Protokolle des Bundestages in den 70ern mit den Diskursen von Wehner, Schmidt und Strauss sind u.a. eine weitere wunderbare Quelle vergessener Stänkerworte. Nicht umsonst kommt der heutige "Warmduscher" von Wehners Satz bzgl. Brandt: "Der Herr hat wohl zu lau gebadet".
AntwortenLöschen»Das ist die Wucht in Tüten« hätte auch eine Renaissance verdient. Ich glaube, ich habe es als Kind zuletzt von meinen Großeltern gehört.
AntwortenLöschenFühle mich inspiriert zu „Das geht auf keine Kuhhaut!“
AntwortenLöschenHeureka, da brande ich so durch die Welt der weblogs und *schwubbel* finde ich diesen, der auch noch so einen ähnlichen Namen hat wie meiner (jaja, komme ursprünglich aus HH), schaaaaarf!
AntwortenLöschenIch habe eine Freundin von 84, die toll erzählen kann, in bestem Hochdeutsch ohne ein einziges englisches Wort oder 'geil'. Zum schlapp lachen!
Wir sind der Meinung, das war..... spitze!