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19 Mai 2007
Kubus, nicht Kaaba
Wer zu spät (nach Hause) kommt, den bestraft die Trägheit.
Wie gut, dass ich noch ein Foto von gestern in petto habe: wie die Sonne hinterm schwarzen Kubus an der Kunsthalle hervorlugt.
Hoffentlich stecken die Islamisten diese Provokation wortlos weg.
18 Mai 2007
Fette Karre
Beim Anblick der viel zu oft und zahlreich auf unserem Balkon herumlungernden Reeperbahntauben denke ich oft und völlig zu Recht: Dumm pickt gut …
Diese flatterhaften Geschöpfe muss man übrigens deutlich abgrenzen von den Reeperbahnbordsteinschwalben. Bei Ersteren nämlich ist die Rede von Vögeln, bei Letzeren vom … halt, STOP!
Ja, Sprache kann sehr derb und sehr fein zugleich sein, gerade im Detail – was man besonders in jener Branche weiß, die fürs richtig Derbe zuständig ist. Der, ähem, Erotikstreifen „Pornocchio“ beispielsweise soll dereinst mit folgendem Slogan beworben worden sein: „It's not his nose that grows …“
Warum mir ausgerechnet der heutige (Himmelfahrts)Text derart übel abrutscht ins Schlüpfrige, kann ich mir grad auch nicht erklären. Wir verbrachten doch den halben Tag in zwei tollen Ausstellungen (Daniel Richter, Erwin Wurm), die in nur geringem Maße sexuell aufgeladen waren.
Es sei denn, man findet Wurms adipösen Porsche geil. Wir jedenfalls schon, aber auf andere Art.
Diese flatterhaften Geschöpfe muss man übrigens deutlich abgrenzen von den Reeperbahnbordsteinschwalben. Bei Ersteren nämlich ist die Rede von Vögeln, bei Letzeren vom … halt, STOP!
Ja, Sprache kann sehr derb und sehr fein zugleich sein, gerade im Detail – was man besonders in jener Branche weiß, die fürs richtig Derbe zuständig ist. Der, ähem, Erotikstreifen „Pornocchio“ beispielsweise soll dereinst mit folgendem Slogan beworben worden sein: „It's not his nose that grows …“
Warum mir ausgerechnet der heutige (Himmelfahrts)Text derart übel abrutscht ins Schlüpfrige, kann ich mir grad auch nicht erklären. Wir verbrachten doch den halben Tag in zwei tollen Ausstellungen (Daniel Richter, Erwin Wurm), die in nur geringem Maße sexuell aufgeladen waren.
Es sei denn, man findet Wurms adipösen Porsche geil. Wir jedenfalls schon, aber auf andere Art.
17 Mai 2007
Nichts als Blutgrätschen
Der Franke hat auf prominente Sportler die gleiche Wirkung wie eine professionell geworfene Bowlingkugel auf die Kegel am Ende der Bahn. Womit fing es an? Ich glaube, mit Mehmet Scholl.
Diesen von ihm verehrten Fußballer plante der Franke zu interviewen, und kaum lag der Antrag beim Management, verdrehte sich Scholl das Knie und musste eine lange Zeit damit überbrücken, Rocksampler zusammenzustellen. Außerdem verstärkte sich sein Haarausfall.
Wenig später traf der Franke den belgischen Powerbrocken Daniel van Buyten, damals noch beim HSV; nach dem Interview allerdings musste der sonst so robuste Riese sich monatelang der unnachgiebigen Strenge orthopädischer Fachleute unterwerfen.
Als Benny Lauth auf dem Höhepunkt seiner Fußballkunst nach Hamburg wechselte, bat ihn der Franke um ein Gespräch, was das sofortige Ende von Lauths Nationalmannschaftskarriere bedeutete; selbst beim HSV drückte er die Ersatzbank hinfort öfter als seine Freundin. Noch heute rätselt Lauth-Fan Kramer, warum dieser hochtalentierte Spieler sein Potential nie ausschöpfte. Ich sage dazu nur zwei Worte: DER FRANKE.
Viel furchtbarer noch traf es aber bald darauf den damaligen Shootingstar Patrick Owomoyela, der nach einem Date mit dem Würzburger Unglücksraben aus dem WM-Kader flog.
Inzwischen hat sich der voodoohafte Einfluss des Franken sogar zu einer fatalen Fernwirkung erweitert. Als ich ihn neulich fragte, wo ich Pressefotos von Bastian Schweinsteiger herbekäme, reichte das bereits aus, um den Jagdtrieb einer bayerischen Zecke zu wecken, die wie ferngesteuert Schweini biss und ihn so mit einer hartnäckigen Knieentzündung versorgte – Folge: Der FC Bayern vermasselte die Meisterschaft.
Es gibt mittlerweile sogar ernste Anzeichen für eine pandemische Ausweitung des Frankenfluchs auf nichtsportliche Bereiche: Den seit Januar spurlos verschwundenen Schriftsteller Michael Rudolf hat er nämlich auch interviewt. In diesem Fall gäbe es sogar ein Motiv: Im November 2006 verfasste Rudolf eine scharfe Polemik gegen die Franken (wie zuvor allerdings auch gegen alle anderen deutschen Volksstämme).
Bald kommt übrigens Dirk Nowitzki nach Hamburg. Ich Naivling wies den Franken heute – trotz der geschilderten Ereignisse – auf die riesengroße Chance hin, den Weltstar zu interviewen. Doch er hat nur komisch geguckt.
Der Franke könnte mit Sicherheit reich damit werden, sich von bisher verschont gebliebenen Sportlern fürs Nichtinterviewen bezahlen zu lassen. Mal sehen, wann er selbst auf diese Idee kommt.
Diesen von ihm verehrten Fußballer plante der Franke zu interviewen, und kaum lag der Antrag beim Management, verdrehte sich Scholl das Knie und musste eine lange Zeit damit überbrücken, Rocksampler zusammenzustellen. Außerdem verstärkte sich sein Haarausfall.
Wenig später traf der Franke den belgischen Powerbrocken Daniel van Buyten, damals noch beim HSV; nach dem Interview allerdings musste der sonst so robuste Riese sich monatelang der unnachgiebigen Strenge orthopädischer Fachleute unterwerfen.
Als Benny Lauth auf dem Höhepunkt seiner Fußballkunst nach Hamburg wechselte, bat ihn der Franke um ein Gespräch, was das sofortige Ende von Lauths Nationalmannschaftskarriere bedeutete; selbst beim HSV drückte er die Ersatzbank hinfort öfter als seine Freundin. Noch heute rätselt Lauth-Fan Kramer, warum dieser hochtalentierte Spieler sein Potential nie ausschöpfte. Ich sage dazu nur zwei Worte: DER FRANKE.
Viel furchtbarer noch traf es aber bald darauf den damaligen Shootingstar Patrick Owomoyela, der nach einem Date mit dem Würzburger Unglücksraben aus dem WM-Kader flog.
Inzwischen hat sich der voodoohafte Einfluss des Franken sogar zu einer fatalen Fernwirkung erweitert. Als ich ihn neulich fragte, wo ich Pressefotos von Bastian Schweinsteiger herbekäme, reichte das bereits aus, um den Jagdtrieb einer bayerischen Zecke zu wecken, die wie ferngesteuert Schweini biss und ihn so mit einer hartnäckigen Knieentzündung versorgte – Folge: Der FC Bayern vermasselte die Meisterschaft.
Es gibt mittlerweile sogar ernste Anzeichen für eine pandemische Ausweitung des Frankenfluchs auf nichtsportliche Bereiche: Den seit Januar spurlos verschwundenen Schriftsteller Michael Rudolf hat er nämlich auch interviewt. In diesem Fall gäbe es sogar ein Motiv: Im November 2006 verfasste Rudolf eine scharfe Polemik gegen die Franken (wie zuvor allerdings auch gegen alle anderen deutschen Volksstämme).
Bald kommt übrigens Dirk Nowitzki nach Hamburg. Ich Naivling wies den Franken heute – trotz der geschilderten Ereignisse – auf die riesengroße Chance hin, den Weltstar zu interviewen. Doch er hat nur komisch geguckt.
Der Franke könnte mit Sicherheit reich damit werden, sich von bisher verschont gebliebenen Sportlern fürs Nichtinterviewen bezahlen zu lassen. Mal sehen, wann er selbst auf diese Idee kommt.
15 Mai 2007
Frau Berg möchte meine Hilfe nicht, das ist auch gut so
Ich weiß nicht, wie es dem Rest von euch geht, aber ich kann mich noch immer kindlich freuen am Wunder des Webs, an der Tatsache, online immer gleich weit weg zu sein von jedem Ort der Welt (nämlich atemnah); immer dort zu sein, wo die Mails ankommen, sei es auf der Rückseite der Reeperbahn oder auf Tuvalu.
Oder in der Schweiz, wo sich fast jede Woche die wunderbare Schriftstellerin Sibylle Berg hinsetzt und einen Brief schreibt an ihre Fans und dann auf den „Senden“-Knopf drückt. Und schwups habe ich ihr Schreiben im Posteingang, wo ich dann zum Beispiel Folgendes zu lesen bekomme:
„ … Fast den menschen fürs leben gefunden, fats den traumjob, die traumwohnung bekommen, udn nun doch wieder nichts udn dass einzige , was passiert , ist der donnerstag. wo es endlich di eneue BUNTE gibt. so schlinger das leben knapp an uns vorbei, und am ende: KREBS.“
Ja, so ist die Frau Berg: sensibel und schonungslos. Und so was von schlurig in der Rechtschreibung. Man weiß gleich mal wieder die Arbeit brillanter Lektorinnen zu schätzen und gewinnt gleichzeitig eine Ahnung davon, welch ein Schicksal es sein muss, Lektorin von Frau Berg zu sein. Kein leichtes, gewiss nicht.
Wie auch immer: Anlässlich ihres letzten Briefes erbot ich mich spontan, regelmäßig kurz über ihre wöchentliche Mitteilung zu schauen und die gröbsten Schnitzer zu entfernen, bevor sie den „Senden“-Knopf drückt. Doch Frau Berg lehnte maßvoll gerührt ab, und zwar mit folgenden Worten:
„nein-- wenn ich begönne die kleinen briefe zu ordnen zu überdenken, in eine form zu bringen, dann würde ich sie nicht mehr spontan an die menschen schicken, sondern verkaufen, udn das wäre doch auch blöd-“
Ja, Frau Berg hat recht, natürlich. Mir wären grausige Korrekturen unterlaufen, zum Beispiel hätte ich der Welt ihren reizend imaginären Konjunktiv „begönne“ vorenthalten, was höchst schade gewesen wäre. Nein, alles ist gut so, wie es ist.
Hauptsache, ich bin dort, wo ihre Mails ankommen.
Foto: Katharina Lütscher, Allegra
Oder in der Schweiz, wo sich fast jede Woche die wunderbare Schriftstellerin Sibylle Berg hinsetzt und einen Brief schreibt an ihre Fans und dann auf den „Senden“-Knopf drückt. Und schwups habe ich ihr Schreiben im Posteingang, wo ich dann zum Beispiel Folgendes zu lesen bekomme:
„ … Fast den menschen fürs leben gefunden, fats den traumjob, die traumwohnung bekommen, udn nun doch wieder nichts udn dass einzige , was passiert , ist der donnerstag. wo es endlich di eneue BUNTE gibt. so schlinger das leben knapp an uns vorbei, und am ende: KREBS.“
Ja, so ist die Frau Berg: sensibel und schonungslos. Und so was von schlurig in der Rechtschreibung. Man weiß gleich mal wieder die Arbeit brillanter Lektorinnen zu schätzen und gewinnt gleichzeitig eine Ahnung davon, welch ein Schicksal es sein muss, Lektorin von Frau Berg zu sein. Kein leichtes, gewiss nicht.
Wie auch immer: Anlässlich ihres letzten Briefes erbot ich mich spontan, regelmäßig kurz über ihre wöchentliche Mitteilung zu schauen und die gröbsten Schnitzer zu entfernen, bevor sie den „Senden“-Knopf drückt. Doch Frau Berg lehnte maßvoll gerührt ab, und zwar mit folgenden Worten:
„nein-- wenn ich begönne die kleinen briefe zu ordnen zu überdenken, in eine form zu bringen, dann würde ich sie nicht mehr spontan an die menschen schicken, sondern verkaufen, udn das wäre doch auch blöd-“
Ja, Frau Berg hat recht, natürlich. Mir wären grausige Korrekturen unterlaufen, zum Beispiel hätte ich der Welt ihren reizend imaginären Konjunktiv „begönne“ vorenthalten, was höchst schade gewesen wäre. Nein, alles ist gut so, wie es ist.
Hauptsache, ich bin dort, wo ihre Mails ankommen.
Foto: Katharina Lütscher, Allegra
Du Denkschnecke! (2)
Im Juli vergangenen Jahres versuchte ich an dieser Stelle, dem unübersehbar artikulationsschwachen Fußballer Zinedine Zidane ein Ensemble kreativer Beleidigungen an die Hand zu geben, die ihm ein für alle Mal die Peinlichkeit einer stets unfein wirkenden rein körperlichen Aktion ersparen sollten.
Bisher tat sich der feine Herr Zidane allerdings nicht als gelehriger Schüler hervor. Zizou schweigt. Offenbar gebraucht er seinen Kopf überhaupt nicht mehr, nicht mal zum Zustoßen.
Die wahrscheinlichste Erklärung: Er wartet immer noch auf bessere Vorschläge von mir und Kramer. Zum Glück wurde seither in der Tat wieder einiges zwischen uns ausgetauscht, was derart viel zur beiderseitigen Stressabfuhr beitrug, dass keiner von uns dem anderen an die Gurgel gehen musste.
Eigenartigerweise löscht Kramer aus seinen Beleidigungsmail übrigens nie seine Standardsignatur. Deshalb erhalte ich beispielsweise Schreiben folgenden Inhalts:
Du geistiges Scharmützel!
Viele Grüße
Kramer
Doch das nur nebenbei. Hier kommt nun ein komprimiertes Kompilat von Beleidigungen, für Zinedine Zidane zur gefälligen Verwendung – und natürlich auch to whom it may concern:
Kramer: Kettenölpascha!
Matt: Prallsack! Du Nanodenker!
Kramer: Sofalümmel!
Matt: Du Mopped!
Kramer: Klosteingourmet!
Matt: Wampenwölber!
Kramer: Bitchtitsblondine!
Matt: Tröpfelsitzer!
Kramer: BVB-Bumsbirne!
Matt: Sonnenbrillentussi!
Kramer: Milbenmobber!
Matt: Siffasyl!
Kramer: Du Röber!!! Du Metzelder! Du … du … du ……… Kehl!!!
Matt: Molluske!
Kramer: Freak!
Matt: Hirnsedierter Rumpeldenker!
Kramer: Fummeltriene!
Matt: Neandertalerkarikatur!
Kramer: Lachslutscher!
Matt: Intelligenzabzugshaube!
Kramer: Du Tankwart!
Matt: Bartstoppelsimulant! Du Glücksfalldenker!
Kramer: Bleistiftlutscher!
Matt: Klopapiereinsparer!
Kramer: Pinkelpause!
Matt: Sind dir jetzt alle Restsynapsen durchgebrannt, du Hirnzellenmissbraucher?
Kramer: Sprachaufrechterhalter!
Matt: Großstadthinterwäldler! Wirrling!
Kramer: Arschmondgesicht!
Matt: Du SloMo sapiens!
Wie einst im Juli lässt sich das alles hier praktisch nicht bebildern, weshalb ich mir erneut die Freiheit irgendeines Fotos nehme. Es zeigt Blumenbuchstabenreihen im Park an der Helgoländer Allee, aus denen ich aus irgendeiner dunklen Motivation heraus meine Initialen collagiert habe. Dr. Freud, übernehmen Sie (noch mal)!
Bisher tat sich der feine Herr Zidane allerdings nicht als gelehriger Schüler hervor. Zizou schweigt. Offenbar gebraucht er seinen Kopf überhaupt nicht mehr, nicht mal zum Zustoßen.
Die wahrscheinlichste Erklärung: Er wartet immer noch auf bessere Vorschläge von mir und Kramer. Zum Glück wurde seither in der Tat wieder einiges zwischen uns ausgetauscht, was derart viel zur beiderseitigen Stressabfuhr beitrug, dass keiner von uns dem anderen an die Gurgel gehen musste.
Eigenartigerweise löscht Kramer aus seinen Beleidigungsmail übrigens nie seine Standardsignatur. Deshalb erhalte ich beispielsweise Schreiben folgenden Inhalts:
Du geistiges Scharmützel!
Viele Grüße
Kramer
Doch das nur nebenbei. Hier kommt nun ein komprimiertes Kompilat von Beleidigungen, für Zinedine Zidane zur gefälligen Verwendung – und natürlich auch to whom it may concern:
Kramer: Kettenölpascha!
Matt: Prallsack! Du Nanodenker!
Kramer: Sofalümmel!
Matt: Du Mopped!
Kramer: Klosteingourmet!
Matt: Wampenwölber!
Kramer: Bitchtitsblondine!
Matt: Tröpfelsitzer!
Kramer: BVB-Bumsbirne!
Matt: Sonnenbrillentussi!
Kramer: Milbenmobber!
Matt: Siffasyl!
Kramer: Du Röber!!! Du Metzelder! Du … du … du ……… Kehl!!!
Matt: Molluske!
Kramer: Freak!
Matt: Hirnsedierter Rumpeldenker!
Kramer: Fummeltriene!
Matt: Neandertalerkarikatur!
Kramer: Lachslutscher!
Matt: Intelligenzabzugshaube!
Kramer: Du Tankwart!
Matt: Bartstoppelsimulant! Du Glücksfalldenker!
Kramer: Bleistiftlutscher!
Matt: Klopapiereinsparer!
Kramer: Pinkelpause!
Matt: Sind dir jetzt alle Restsynapsen durchgebrannt, du Hirnzellenmissbraucher?
Kramer: Sprachaufrechterhalter!
Matt: Großstadthinterwäldler! Wirrling!
Kramer: Arschmondgesicht!
Matt: Du SloMo sapiens!
Wie einst im Juli lässt sich das alles hier praktisch nicht bebildern, weshalb ich mir erneut die Freiheit irgendeines Fotos nehme. Es zeigt Blumenbuchstabenreihen im Park an der Helgoländer Allee, aus denen ich aus irgendeiner dunklen Motivation heraus meine Initialen collagiert habe. Dr. Freud, übernehmen Sie (noch mal)!
14 Mai 2007
Die Rückkehr der Matrosen
Einst waren sie es, die – wie in jedem Hafen der Welt – für die Entstehung des Rotlichtviertels sorgten. Dann verschwanden sie spurlos, doch die Huren blieben.
Einmal im Jahr aber, am Hafengeburtstag, kehren sie zurück nach St. Pauli, wie ein folkloristischer Anklang an eine lang versunkene Zeit: Matrosen.
Drei Tage lang sahen wir sie in Dreier-, Vierergruppen die Reeperbahn abschreiten, die meisten schienen russisch zu sprechen. Sie trugen blaue Ausgehuniformen – und weiße Mützen, die so groß waren, als kokettierten sie mit der Möglichkeit eines Daseins als richtige Hüte.
Gestern sah Ms. Columbo gar eine Gruppe in besonders festlichen Uniformen, deren vergoldete Knöpfe allerdings nicht recht harmonieren wollten mit den Plastiktüten der Drogeriekette Schlecker, die an den Händen der Matrosen baumelten.
Im Hafen, der nun schon seit 818 Jahren das Schicksal Hamburgs bestimmt, lagen drei Tage lang ihre Kreuzer und Großsegler, ein Gewirr turmhoher Takelagen dominierte die Aussicht von den Landungsbrücken. Doch ein kleines hässliches Entlein von Ausflugsbarkasse, das immer hier vor Anker liegt, ließ sich von den stolzen Schwänen der Meere die Laune nicht verderben.
Es heißt „Christa Glitscher“, und ich kann mir nicht helfen: Der Name klingt frivol, ja geradezu obszön. Vielleicht liegt das aber auch an mir; vielleicht bin ich verdorben durchs Leben auf St. Pauli, das so, wie es ist, nur dank längst vergangener Generationen von Matrosen werden konnte.
Und immer, wenn Hamburg Hafengeburtstag feiert, kehren sie zurück aus dem Nebel der Vergangenheit, ganz so wie ihre Kollegen in John Carpenters Film „The Fog“. Doch diese hier in ihren blauen Ausgehuniformen wollen uns nicht ans Leder, sondern einfach nur bei Schlecker einkaufen.
Oder eine Hafenrundfahrt buchen auf der „Christa Glitscher“.
Einmal im Jahr aber, am Hafengeburtstag, kehren sie zurück nach St. Pauli, wie ein folkloristischer Anklang an eine lang versunkene Zeit: Matrosen.
Drei Tage lang sahen wir sie in Dreier-, Vierergruppen die Reeperbahn abschreiten, die meisten schienen russisch zu sprechen. Sie trugen blaue Ausgehuniformen – und weiße Mützen, die so groß waren, als kokettierten sie mit der Möglichkeit eines Daseins als richtige Hüte.
Gestern sah Ms. Columbo gar eine Gruppe in besonders festlichen Uniformen, deren vergoldete Knöpfe allerdings nicht recht harmonieren wollten mit den Plastiktüten der Drogeriekette Schlecker, die an den Händen der Matrosen baumelten.
Im Hafen, der nun schon seit 818 Jahren das Schicksal Hamburgs bestimmt, lagen drei Tage lang ihre Kreuzer und Großsegler, ein Gewirr turmhoher Takelagen dominierte die Aussicht von den Landungsbrücken. Doch ein kleines hässliches Entlein von Ausflugsbarkasse, das immer hier vor Anker liegt, ließ sich von den stolzen Schwänen der Meere die Laune nicht verderben.
Es heißt „Christa Glitscher“, und ich kann mir nicht helfen: Der Name klingt frivol, ja geradezu obszön. Vielleicht liegt das aber auch an mir; vielleicht bin ich verdorben durchs Leben auf St. Pauli, das so, wie es ist, nur dank längst vergangener Generationen von Matrosen werden konnte.
Und immer, wenn Hamburg Hafengeburtstag feiert, kehren sie zurück aus dem Nebel der Vergangenheit, ganz so wie ihre Kollegen in John Carpenters Film „The Fog“. Doch diese hier in ihren blauen Ausgehuniformen wollen uns nicht ans Leder, sondern einfach nur bei Schlecker einkaufen.
Oder eine Hafenrundfahrt buchen auf der „Christa Glitscher“.
12 Mai 2007
Wer darf zu St. Pauli gegen Dresden? Ich nicht.
Seit Tagen schon kreisen die Gedanken des Franken nicht mehr um die üblichen Frankenthemen (Essen, Schmerzen in der Schulter, FC Bayern), sondern um etwas viel Allgemeingültigeres.
Er hat nämlich etwas, das 50 000 andere Hamburger auch gern hätten, inklusive mir: Karten für das letzte Heimspiel des FC St. Pauli am 25. Mai gegen Dresden.
Der Franke besitzt sogar volle fünf Stück davon. Seine ganze Frankenfamilie lässt er einfliegen zu diesem entscheidenden Spiel um den Zweitligaaufstieg. Und statt sich bis dahin breit grinsend in Vor- und Schadenfreude zu suhlen, macht er seit Tagen was ganz anderes: Er verfolgt die Schwarzmartkkurse seiner Tickets.
„Die stehen teils schon bei 211 Euro pro Stück!“, teilt er unruhig mit. Ein tiefer Zweifel scheint sich in der Brust des Franken eingenistet zu haben, seine Familie ahnt derweil nichts Böses. „Ja“, gieße ich pflichtgemäß Öl ins Feuer seiner Gier, „das sind über tausend Euro Gesamterlös bei fünf Karten. Und nächste Woche gehen die noch höher. Wirst schon sehen.“
„Vielleicht sollte ich sie wirklich verkaufen“, sinniert er mehr für sich, „und mit den anderen zum Public Viewing gehen.“ Mein Stichwort. „Weißt du eigentlich“, versuche ich ihn besserwisserisch zu nerven, „dass Public Viewing übersetzt ,öffentliche Leichenschau' heißt? Die doofe Fifa wollte zur WM wohl weltläufig wirken und hat das nicht gerafft. Und seither gibt es öffentliche Leichenschauen auf Großbildleinwänden, und keiner merkt’s.“
Der Franke, zwar emotional gefangen im Wägen all seiner merkantilen Möglichkeiten, steigt komischerweise auf diesen Themenwechsel ein. „Passt ja wenigstens zur Brisanz des Spiels“, sagt er, „es geht schließlich gegen Dresden, und auf dem Heiliggeistfeld kann die Polizei die Fangruppen nicht ordentlich trennen.“
„Man müsste zum Public Viewing eigentlich auch Body Bags mitnehmen, also Leichensäcke“, ergänze ich. „Wäre ja nur konsequent.“
„Habe ich dir schon erzählt, für wieviel die Karten inzwischen auf Ebay gehandelt werden?“, sagt der Franke und stiert wieder auf den Bildschirm. Ja, hat er, vor zwei Minuten. Und gestern.
Ende März war übrigens mal kurz davon die Rede, mir eins der Tickets zum Selbstkostenpreis zu verkaufen, sofern Schwager oder Schwester doch nicht kommen könnten. Ganz allmählich aber beschleicht mich das Gefühl, ich sollte mir das lieber abschminken.
„211 Euro“, sagt der Franken mehr zu sich, aber da bin ich schon halb aus dem Zimmer. Mir bleibt wohl nur die öffentliche Leichenschau.
Doofe Fifa.
Er hat nämlich etwas, das 50 000 andere Hamburger auch gern hätten, inklusive mir: Karten für das letzte Heimspiel des FC St. Pauli am 25. Mai gegen Dresden.
Der Franke besitzt sogar volle fünf Stück davon. Seine ganze Frankenfamilie lässt er einfliegen zu diesem entscheidenden Spiel um den Zweitligaaufstieg. Und statt sich bis dahin breit grinsend in Vor- und Schadenfreude zu suhlen, macht er seit Tagen was ganz anderes: Er verfolgt die Schwarzmartkkurse seiner Tickets.
„Die stehen teils schon bei 211 Euro pro Stück!“, teilt er unruhig mit. Ein tiefer Zweifel scheint sich in der Brust des Franken eingenistet zu haben, seine Familie ahnt derweil nichts Böses. „Ja“, gieße ich pflichtgemäß Öl ins Feuer seiner Gier, „das sind über tausend Euro Gesamterlös bei fünf Karten. Und nächste Woche gehen die noch höher. Wirst schon sehen.“
„Vielleicht sollte ich sie wirklich verkaufen“, sinniert er mehr für sich, „und mit den anderen zum Public Viewing gehen.“ Mein Stichwort. „Weißt du eigentlich“, versuche ich ihn besserwisserisch zu nerven, „dass Public Viewing übersetzt ,öffentliche Leichenschau' heißt? Die doofe Fifa wollte zur WM wohl weltläufig wirken und hat das nicht gerafft. Und seither gibt es öffentliche Leichenschauen auf Großbildleinwänden, und keiner merkt’s.“
Der Franke, zwar emotional gefangen im Wägen all seiner merkantilen Möglichkeiten, steigt komischerweise auf diesen Themenwechsel ein. „Passt ja wenigstens zur Brisanz des Spiels“, sagt er, „es geht schließlich gegen Dresden, und auf dem Heiliggeistfeld kann die Polizei die Fangruppen nicht ordentlich trennen.“
„Man müsste zum Public Viewing eigentlich auch Body Bags mitnehmen, also Leichensäcke“, ergänze ich. „Wäre ja nur konsequent.“
„Habe ich dir schon erzählt, für wieviel die Karten inzwischen auf Ebay gehandelt werden?“, sagt der Franke und stiert wieder auf den Bildschirm. Ja, hat er, vor zwei Minuten. Und gestern.
Ende März war übrigens mal kurz davon die Rede, mir eins der Tickets zum Selbstkostenpreis zu verkaufen, sofern Schwager oder Schwester doch nicht kommen könnten. Ganz allmählich aber beschleicht mich das Gefühl, ich sollte mir das lieber abschminken.
„211 Euro“, sagt der Franken mehr zu sich, aber da bin ich schon halb aus dem Zimmer. Mir bleibt wohl nur die öffentliche Leichenschau.
Doofe Fifa.
11 Mai 2007
Warum uns die Mopo allmählich langweilt:
Was dagegen an jenem einen horrorfreien Tag mit der Mopo-Redaktion los war, weiß wohl nicht mal John Carpenter:
Children of the revolution
Gestern nahm die Hamburger Polizei überall in der Stadt vorsorglich G8-Gegner hoch. Betroffen war auch der Freund eines Freundes von Kramer, was den vor Empörung sofort lodernd entflammten Kollegen solidarisch ins hart umkämpfte Schanzenviertel trieb.
Dort setzte sich Kramer umstandslos in ein Café und beobachtete die Lage bei einem Galão.
Beim Franken kann er mit dieser Vorgehensweise freilich nicht punkten. „Er hat eine Bahnsteigkarte für die Revolution gelöst!“, blökt der Würzburger heute resümierend. „Du Flaneur des Widerstands!“, falle ich ergänzend ein.
Bevor Kramer im Café seinen für jede Revolution zweifellos nütz- und dienlichen Beobachtungsposten eingenommen hatte, war er allerdings sogar kurz in eine vergleichsweise heikle Lage geraten, das darf hier nicht verschwiegen werden.
„Ein Polizist hat mich barsch angepflaumt: Gehen Sie weiter!“, erzählt Kramer schaudernd und stolz, zumal er augenblicklich protestierend geschwiegen und sich dann betont langsam getrollt hatte; ins Café, wie gesagt. Dort begoss der tapfere Kramer seine Provokation der Staatsmacht dann mit besagtem Galão.
Derweil zogen die rund 2000 G8-Gegner mit im Schnitt 0,5 Polizisten Begleitschutz pro Mann weiter nach St. Pauli; Ms. Columbo und mich riss die Revolution aus der Gemütlichkeit des gemeinsamen Abendessens. Vom Balkon aus sahen wir der inzwischen nur noch verbalen Schlacht zu.
Dort gab es leider keinen, bei dem wir einen Galão hätten ordern können.
Dort setzte sich Kramer umstandslos in ein Café und beobachtete die Lage bei einem Galão.
Beim Franken kann er mit dieser Vorgehensweise freilich nicht punkten. „Er hat eine Bahnsteigkarte für die Revolution gelöst!“, blökt der Würzburger heute resümierend. „Du Flaneur des Widerstands!“, falle ich ergänzend ein.
Bevor Kramer im Café seinen für jede Revolution zweifellos nütz- und dienlichen Beobachtungsposten eingenommen hatte, war er allerdings sogar kurz in eine vergleichsweise heikle Lage geraten, das darf hier nicht verschwiegen werden.
„Ein Polizist hat mich barsch angepflaumt: Gehen Sie weiter!“, erzählt Kramer schaudernd und stolz, zumal er augenblicklich protestierend geschwiegen und sich dann betont langsam getrollt hatte; ins Café, wie gesagt. Dort begoss der tapfere Kramer seine Provokation der Staatsmacht dann mit besagtem Galão.
Derweil zogen die rund 2000 G8-Gegner mit im Schnitt 0,5 Polizisten Begleitschutz pro Mann weiter nach St. Pauli; Ms. Columbo und mich riss die Revolution aus der Gemütlichkeit des gemeinsamen Abendessens. Vom Balkon aus sahen wir der inzwischen nur noch verbalen Schlacht zu.
Dort gab es leider keinen, bei dem wir einen Galão hätten ordern können.
09 Mai 2007
An den Stapeln sollt ihr sie erkennen
Das verlässlichste Indiz für die bevorstehende Pleite eines Magazins liefert der Fitnessclubindikator. Sobald sich auf den Ablageflächen meines Clubs eine Zeitschrift anfängt zu stapeln, weiß ich, was los ist.
Es ist das letzte Aufbäumen. Verzweifelt versucht der Verlag, die unverkäuflichen Hefte loszuwerden, um den Werbekunden weiter eine stabile Auflage zu suggerieren. Doch vergebens: Wenn die Stapel erst mal meinen Fitnessclub vermüllen, ist nix mehr zu machen.
Monatelang türmte sich hier zuletzt die Zeitschrift Woman, „Nimm mich!“, lockte sie, und ich gab sogar nach und las einen Artikel über die Ursachen des Drehschwindels.
Doch die Stapel wurden immer mehr und jeder immer höher. Man hörte quasi live den Countdown ticken, und vorletzte Woche war es soweit: Gruner & Jahr meldete das Aus für Woman. Ich freilich wusste das schon länger, dank Fitnessclubindikator.
Seit einiger Zeit stapelt sich hier übrigens immer mal wieder die Zeitschrift Healthy Living. Der nächste Countdown läuft.
Übrigens sind auch dramatische Anzeigenpreisnachlässe ein ernstes Alarmzeichen. Insofern ist die aktuelle Schaltung der BILD-Zeitung im kress-express („Statt 331.331 Euro zahen Sie nur 200.000 Euro für 1/1 Seite“) ein echter Hoffnungsschimmer.
Es ist das letzte Aufbäumen. Verzweifelt versucht der Verlag, die unverkäuflichen Hefte loszuwerden, um den Werbekunden weiter eine stabile Auflage zu suggerieren. Doch vergebens: Wenn die Stapel erst mal meinen Fitnessclub vermüllen, ist nix mehr zu machen.
Monatelang türmte sich hier zuletzt die Zeitschrift Woman, „Nimm mich!“, lockte sie, und ich gab sogar nach und las einen Artikel über die Ursachen des Drehschwindels.
Doch die Stapel wurden immer mehr und jeder immer höher. Man hörte quasi live den Countdown ticken, und vorletzte Woche war es soweit: Gruner & Jahr meldete das Aus für Woman. Ich freilich wusste das schon länger, dank Fitnessclubindikator.
Seit einiger Zeit stapelt sich hier übrigens immer mal wieder die Zeitschrift Healthy Living. Der nächste Countdown läuft.
Übrigens sind auch dramatische Anzeigenpreisnachlässe ein ernstes Alarmzeichen. Insofern ist die aktuelle Schaltung der BILD-Zeitung im kress-express („Statt 331.331 Euro zahen Sie nur 200.000 Euro für 1/1 Seite“) ein echter Hoffnungsschimmer.
Menschen- statt Frauenversteher
Nachdem ich heute auf Spiegel online Reinhard Mohrs vertrackte, aber pfiffig um die Ecke argumentierte Ehrenrettung des Oldschool-Feminismus gelesen habe (die derart pfiffig um die Ecke argumentiert ist, dass ich sie erst noch mal nachlesen müsste, um sie verständlich referieren zu können), kam ich zu folgender Erkenntnis:
Ich will gar kein Frauenversteher sein; Menschenversteher würde mir schon reichen.
(Das heutige Foto hat übrigens keinen Bezug zum Text.)
Ich will gar kein Frauenversteher sein; Menschenversteher würde mir schon reichen.
(Das heutige Foto hat übrigens keinen Bezug zum Text.)
07 Mai 2007
Der Allererste
Die Verkäuferin an der MiniMal-Kasse strahlt mich an, als sei sie eng mit der Sonne verwandt. „Es kann ein bisschen länger dauern“, strahlt sie entzückend großäugig, „heute ist mein erster Tag!“
„Oh, bin ich sogar ihr allererster Kunde?“, frage ich in unzulässiger, doch der Situation angemessener Tautologie. „Ja!“, juchzt sie.
Ich finde es fast ein bisschen schade, diesen bedeutsamen Kaufakt mit lediglich drei Tafeln Schokolade bestreiten zu müssen. Doch sie hätte ja auch Pech haben können, und jemand wäre mit einer Rolle Klopapier und zwei Dosen Schwartenmagen angekommen.
„Dann wünsche ich Ihnen eine fantastische Karriere!“, übertreibe ich herzlich, während sie sich von einer Kollegin zeigen lässt, wie die Kasse aufgeht und wie man drei Cent Wechselgeld herausnimmt.
Mein Begleiter, der Franke, wird nur wenig später meinen Karrierewunsch als zynisch brandmarken. Doch hey: Kennt etwa nicht jeder von uns einen Tellerwäscher, der zum Millionär aufstieg? Und eine Supermarktverkäuferin, die irgendwann handstreichartig die Filiale übernahm?
Na gut, wahrscheinlich nicht. Alles nur Hollywoodlegenden. Draußen bin ich dann auch schon wieder runter. „Ihr wird das Strahlen bald vergehen“, jammere ich Kassandro dem Franken einen vor, und er zeiht mich zurecht der Wankelmut.
Trotzdem bleibt es ein sehr schönes Gefühl, ihr erster Kunde gewesen zu sein. Ein fast noch schöneres als damals, als mir Annett Louisan im Nachhinein verriet, dies sei gerade ihr allererstes Interview gewesen.
So etwas kann einem einfach keiner mehr nehmen.
„Oh, bin ich sogar ihr allererster Kunde?“, frage ich in unzulässiger, doch der Situation angemessener Tautologie. „Ja!“, juchzt sie.
Ich finde es fast ein bisschen schade, diesen bedeutsamen Kaufakt mit lediglich drei Tafeln Schokolade bestreiten zu müssen. Doch sie hätte ja auch Pech haben können, und jemand wäre mit einer Rolle Klopapier und zwei Dosen Schwartenmagen angekommen.
„Dann wünsche ich Ihnen eine fantastische Karriere!“, übertreibe ich herzlich, während sie sich von einer Kollegin zeigen lässt, wie die Kasse aufgeht und wie man drei Cent Wechselgeld herausnimmt.
Mein Begleiter, der Franke, wird nur wenig später meinen Karrierewunsch als zynisch brandmarken. Doch hey: Kennt etwa nicht jeder von uns einen Tellerwäscher, der zum Millionär aufstieg? Und eine Supermarktverkäuferin, die irgendwann handstreichartig die Filiale übernahm?
Na gut, wahrscheinlich nicht. Alles nur Hollywoodlegenden. Draußen bin ich dann auch schon wieder runter. „Ihr wird das Strahlen bald vergehen“, jammere ich Kassandro dem Franken einen vor, und er zeiht mich zurecht der Wankelmut.
Trotzdem bleibt es ein sehr schönes Gefühl, ihr erster Kunde gewesen zu sein. Ein fast noch schöneres als damals, als mir Annett Louisan im Nachhinein verriet, dies sei gerade ihr allererstes Interview gewesen.
So etwas kann einem einfach keiner mehr nehmen.
06 Mai 2007
Man kann sich seine Verwandten nicht aussuchen
Edit 6.12.2007: Hier konnte man bis heute das kleine Foto eines Nudelgerichts sehen. Dafür habe ich eine Abmahnung des Anwaltsbüros Rotermund (Marions Kochbuch) erhalten, die mich 747,50 Euro kosten soll.
Da hat man erstmals Gäste aus dem Rheinland und will ihnen zeigen, welch buntes, derbes, aber lebenswertes Viertel St. Pauli ist. Also geht man mit ihnen erst mal zum Italiener (Link entfernt) um die Ecke, bestellt Pizza, Pasta, Wein und Salat, und plötzlich taucht eine kleine Dicke im Lokal auf und beschimpft umstandslos die Frau hinterm Tresen.
Randale! Alle gucken gespannt, natürlich auch die Gäste aus dem Rheinland – und komischerweise auch das Personal. Erst als die Furie anfängt, über die Theke nach ihrer Feindin zu spucken, bequemt sich ein erstaunlich wortkarger Kellner, sie aus der Tür zu schieben.
Draußen setzt sie sich an einen Tisch, steht auf, kommt wieder rein, schimpft und spuckt; diesmal sogar auf den Tisch mit den Antipastitöpfchen.
Die Chefin hat inzwischen die Polizei gerufen, doch die war auch schon mal schneller da. Wieder wird die Dicke rausgeschoben, wieder kommt sie rein, diesmal nimmt sie eins der Töpfchen und wirft es wütend nach der Barfrau, es zerschellt auf dem Boden.
„Hey, jetzt reicht’s aber!“, rufe ich der Frau zu, deren wulstiger, gleichwohl dank eines zu kurzen Hemdes frei zugänglicher Bauch sich schlaff über den Hosenbund beugt, als wolle ihr Nabel Fußbodenstudien betreiben.
Der Kellner bequemt sich erneut her und schiebt die sich Wehrende stumm raus, wieder wundern wir uns über seine relative Duldsamkeit. Keine Minute später wackelt das kleine Monster wieder ins Lokal – genau einmal zu viel nach meinem Geschmack. Ich gehe hin und schiebe sie raus.
„Was geht dich das dan?“, schreit sie. Ich versuche ihr zu verklickern, dass es gemeingefährlich sei, Gegenstände durch bevölkerte Gaststätten zu pfeffern, und mich daher ihr Ignorieren dieser allgemein bekannten Tatsache sehr wohl etwas anginge – zumal Ms. Columbo und die Gäste aus dem Rheinland sich im Wurfradius befinden. So richtig überzeugt aber wirkt sie nicht.
Eingangs ihres linken Nasenlochs hängt ein Rotzklumpen, und ich bleibe einen Meter von ihr weg, um die Gefahr des Angespucktwerdens etwas zu mindern. Jetzt, wo ich mit ihr streitend im Eingang stehe, bequemt sich auch der Kellner wieder her, doch ich bin angesichts des bisher stetig eskalierenden Verlaufs der Gesamtlage skeptisch, ob er die Wildgewordene dauerhaft fernhalten kann. Ich indes bin inzwischen sehr entschlossen, das rabiate Weib von Ms. Columbo und den Gästen aus dem Rheinland fernzuhalten, o ja.
Doch zum Glück kommt die Polizei, endlich. Die zeternde Dicke wird in Handschellen gelegt und abtransportiert. Als wir und die Gäste aus dem Rheinland später – nach Pizza, Pasta, Wein und Salat – aufbrechen wollen, kommt der passive Kellner noch mal zu uns und entschuldigt sich für die Umstände. Und dann sagt er einen Satz, der erklären könnte, warum die Frau nicht auf die kiezüblich rustikale Weise aus dem Lokal befördert wurde.
„Sie ist“, sagt er leise, „die Schwester vom Chef.“
Da hat man erstmals Gäste aus dem Rheinland und will ihnen zeigen, welch buntes, derbes, aber lebenswertes Viertel St. Pauli ist. Also geht man mit ihnen erst mal zum Italiener (Link entfernt) um die Ecke, bestellt Pizza, Pasta, Wein und Salat, und plötzlich taucht eine kleine Dicke im Lokal auf und beschimpft umstandslos die Frau hinterm Tresen.
Randale! Alle gucken gespannt, natürlich auch die Gäste aus dem Rheinland – und komischerweise auch das Personal. Erst als die Furie anfängt, über die Theke nach ihrer Feindin zu spucken, bequemt sich ein erstaunlich wortkarger Kellner, sie aus der Tür zu schieben.
Draußen setzt sie sich an einen Tisch, steht auf, kommt wieder rein, schimpft und spuckt; diesmal sogar auf den Tisch mit den Antipastitöpfchen.
Die Chefin hat inzwischen die Polizei gerufen, doch die war auch schon mal schneller da. Wieder wird die Dicke rausgeschoben, wieder kommt sie rein, diesmal nimmt sie eins der Töpfchen und wirft es wütend nach der Barfrau, es zerschellt auf dem Boden.
„Hey, jetzt reicht’s aber!“, rufe ich der Frau zu, deren wulstiger, gleichwohl dank eines zu kurzen Hemdes frei zugänglicher Bauch sich schlaff über den Hosenbund beugt, als wolle ihr Nabel Fußbodenstudien betreiben.
Der Kellner bequemt sich erneut her und schiebt die sich Wehrende stumm raus, wieder wundern wir uns über seine relative Duldsamkeit. Keine Minute später wackelt das kleine Monster wieder ins Lokal – genau einmal zu viel nach meinem Geschmack. Ich gehe hin und schiebe sie raus.
„Was geht dich das dan?“, schreit sie. Ich versuche ihr zu verklickern, dass es gemeingefährlich sei, Gegenstände durch bevölkerte Gaststätten zu pfeffern, und mich daher ihr Ignorieren dieser allgemein bekannten Tatsache sehr wohl etwas anginge – zumal Ms. Columbo und die Gäste aus dem Rheinland sich im Wurfradius befinden. So richtig überzeugt aber wirkt sie nicht.
Eingangs ihres linken Nasenlochs hängt ein Rotzklumpen, und ich bleibe einen Meter von ihr weg, um die Gefahr des Angespucktwerdens etwas zu mindern. Jetzt, wo ich mit ihr streitend im Eingang stehe, bequemt sich auch der Kellner wieder her, doch ich bin angesichts des bisher stetig eskalierenden Verlaufs der Gesamtlage skeptisch, ob er die Wildgewordene dauerhaft fernhalten kann. Ich indes bin inzwischen sehr entschlossen, das rabiate Weib von Ms. Columbo und den Gästen aus dem Rheinland fernzuhalten, o ja.
Doch zum Glück kommt die Polizei, endlich. Die zeternde Dicke wird in Handschellen gelegt und abtransportiert. Als wir und die Gäste aus dem Rheinland später – nach Pizza, Pasta, Wein und Salat – aufbrechen wollen, kommt der passive Kellner noch mal zu uns und entschuldigt sich für die Umstände. Und dann sagt er einen Satz, der erklären könnte, warum die Frau nicht auf die kiezüblich rustikale Weise aus dem Lokal befördert wurde.
„Sie ist“, sagt er leise, „die Schwester vom Chef.“
05 Mai 2007
Poppmusik von der Heilsarmee
Bei der Heilsarmee in der Talstraße soll heute Flohmarkt sein. So steht es auf dem quietschgelben Aushang, der heute überall in St. Pauli an Bäumen und Laternenpfählen hängt. Teils flattert er schon etwas lose im Frühlingswind.
Der Erlös, heißt es, sei bestimmt für Mütter und Kinder auf Haiti, und noch ehe ich mich intensiver gefragt habe, warum ausgerechnet die auf Haiti und nicht vielleicht besser jene auf Ost- oder Westsamoa, stehe ich auch schon vorm ersten Heilsarmeetisch und erblicke CD-Hüllen.
Generell üben diese Plastikquadrate enormen Reiz auf mich aus, unabhängig vom Anbieter. Beim Durchwühlen stoße ich überraschend auf – Barry White. Die Lieder des stets etwas bräsig wirkenden Grummelbären galten (und gelten!) als wirkungsvollste Beischlafverursacher und -begleiter der gesamten Popp- (sic!) und Schlafzimmersoulgeschichte, und sein 1979er Album „The message is love“ hier und heute auf die unschuldigste Weise von der Heilsarmee dargeboten zu bekommen: Das hat ein Geschmäckle, und zwar ein süßes.
Einen Euro will der Soldat des Herrn für Songs wie „Any fool could see (you were meant for me)“ und „Love ain’t easy“ von mir; die kapitalen Kratzer auf der CD-Rückseite sprechen gleichwohl gegen einen Kauf. „Die CD und überhaupt alles wurde gespendet“, umgarnt mich der Gotteskrieger, „der Erlös geht an Mütter und Kinder auf Haiti.“
Verdammt, denke ich, sage aber: „Ach ja, stimmt, na gut“, und gebe ihm den Euro, vergesse aber zu fragen, was eigentlich mit den Müttern und Kindern auf Ost- oder Westsamoa sei – zumal ich auf dem Tisch gegenüber zwei entzückende handgefertigte griechische Mokkatassen mit Untersetzern entdecke.
Noch mal drei Euro für Haiti. Zu Hause stelle ich fest: Die Barry-White-CD läuft trotz der kapitalen Kratzer durch wie eine Eins. Selbst Song 6, „I’m on fire“, ein Manifest unverblümter Geilheit auf eine Frau, die unser Grummelbär zum damaligen Zeitpunkt mit tausendprozentiger Sicherheit noch nicht geehelicht hatte (wenn überhaupt jemals!), zieht beim Abspielen verblüffenderweise keinen Blitzschlag auf sich.
Na ja, vielleicht hat die Heilsarmee generell an Einfluss verloren.
Der Erlös, heißt es, sei bestimmt für Mütter und Kinder auf Haiti, und noch ehe ich mich intensiver gefragt habe, warum ausgerechnet die auf Haiti und nicht vielleicht besser jene auf Ost- oder Westsamoa, stehe ich auch schon vorm ersten Heilsarmeetisch und erblicke CD-Hüllen.
Generell üben diese Plastikquadrate enormen Reiz auf mich aus, unabhängig vom Anbieter. Beim Durchwühlen stoße ich überraschend auf – Barry White. Die Lieder des stets etwas bräsig wirkenden Grummelbären galten (und gelten!) als wirkungsvollste Beischlafverursacher und -begleiter der gesamten Popp- (sic!) und Schlafzimmersoulgeschichte, und sein 1979er Album „The message is love“ hier und heute auf die unschuldigste Weise von der Heilsarmee dargeboten zu bekommen: Das hat ein Geschmäckle, und zwar ein süßes.
Einen Euro will der Soldat des Herrn für Songs wie „Any fool could see (you were meant for me)“ und „Love ain’t easy“ von mir; die kapitalen Kratzer auf der CD-Rückseite sprechen gleichwohl gegen einen Kauf. „Die CD und überhaupt alles wurde gespendet“, umgarnt mich der Gotteskrieger, „der Erlös geht an Mütter und Kinder auf Haiti.“
Verdammt, denke ich, sage aber: „Ach ja, stimmt, na gut“, und gebe ihm den Euro, vergesse aber zu fragen, was eigentlich mit den Müttern und Kindern auf Ost- oder Westsamoa sei – zumal ich auf dem Tisch gegenüber zwei entzückende handgefertigte griechische Mokkatassen mit Untersetzern entdecke.
Noch mal drei Euro für Haiti. Zu Hause stelle ich fest: Die Barry-White-CD läuft trotz der kapitalen Kratzer durch wie eine Eins. Selbst Song 6, „I’m on fire“, ein Manifest unverblümter Geilheit auf eine Frau, die unser Grummelbär zum damaligen Zeitpunkt mit tausendprozentiger Sicherheit noch nicht geehelicht hatte (wenn überhaupt jemals!), zieht beim Abspielen verblüffenderweise keinen Blitzschlag auf sich.
Na ja, vielleicht hat die Heilsarmee generell an Einfluss verloren.
04 Mai 2007
Die Verrückte
Heute sah ich sie wieder, die Verrückte. Sie irrt oft durch St. Pauli, manchmal trifft man sie auch in der U-Bahn.
Es handelt sich um ein hageres, sozial enthemmtes, oft sturzbesoffenes Wesen mit Kurzhaarschnitt und Männerklamotten, das äußerlich an Martin Semmelrogge erinnert. Unablässig spricht es Leute an und bestreitet diese ausnahmslos einseitige Kommunikation mit den wirrsten Inhalten.
Meist handelt es sich dabei um Beleidigungen, oft aber auch um räsonierende Weltbetrachtungen, wobei die dazugehörige Welt erst noch erfunden werden muss. Das Erstaunlichste dabei ist die Mimik dieser Frau: Sie würde reichen für eine Schauspielkarriere.
Die Verrückte vermag nämlich jeden einzelnen Gesichtsmuskel beliebig zu bewegen. Zwischen den Verzerrungen der Wut und aasigem Grinsen vergeht keine Nanosekunde, und schon in der nächsten ist ihre in jede denkbare Richtung verbiegbare Gesichtstopografie bei Abscheu und Verachtung angelangt.
Welch ein Talent! Und welch eine tragische Verschwendung davon. Denn ihr Gehirn, das all diese Möglichkeiten steuert, schießt seine Befehle wahllos ab auf die Nervenenden und Muskelfasern, und deshalb läuft die Frau durch St. Pauli und gilt als verrückt.
Ihr Geschlecht übrigens war mir nie völlig klar, bis heute morgen. Sie stand hüftabwärts nackt und breitbeinig vor World of Sex auf der Reeperbahn neben einem Müllcontainer, ihre Männerhose hatte sie ausgezogen, und sie ließ sich die Pisse zwischen die Füße pladdern, während sie einem verstörten Passanten, der einen Bogen um sie schlug, auf Hamburgisch über einen unverständlichen Sachverhalt informierte: „Das war ein Fransosee!“, schnarrte sie.
Seit heute also kann ich das Geschlecht der Verrückten genauer bestimmen. Ich verzichtete auf ein Foto ihrer Rückseite (stattdessen die Satellitenperspektive), das problemlos möglich gewesen wäre, und schlug einen großen Bogen um sie. Als ich an der Bushaltestelle stand, sah ich sie die Davidwache betreten. Arme Bullen.
Dann kam ein Cockerspaniel vorbei und pinkelte neben mir an einen Stromkasten.
Es handelt sich um ein hageres, sozial enthemmtes, oft sturzbesoffenes Wesen mit Kurzhaarschnitt und Männerklamotten, das äußerlich an Martin Semmelrogge erinnert. Unablässig spricht es Leute an und bestreitet diese ausnahmslos einseitige Kommunikation mit den wirrsten Inhalten.
Meist handelt es sich dabei um Beleidigungen, oft aber auch um räsonierende Weltbetrachtungen, wobei die dazugehörige Welt erst noch erfunden werden muss. Das Erstaunlichste dabei ist die Mimik dieser Frau: Sie würde reichen für eine Schauspielkarriere.
Die Verrückte vermag nämlich jeden einzelnen Gesichtsmuskel beliebig zu bewegen. Zwischen den Verzerrungen der Wut und aasigem Grinsen vergeht keine Nanosekunde, und schon in der nächsten ist ihre in jede denkbare Richtung verbiegbare Gesichtstopografie bei Abscheu und Verachtung angelangt.
Welch ein Talent! Und welch eine tragische Verschwendung davon. Denn ihr Gehirn, das all diese Möglichkeiten steuert, schießt seine Befehle wahllos ab auf die Nervenenden und Muskelfasern, und deshalb läuft die Frau durch St. Pauli und gilt als verrückt.
Ihr Geschlecht übrigens war mir nie völlig klar, bis heute morgen. Sie stand hüftabwärts nackt und breitbeinig vor World of Sex auf der Reeperbahn neben einem Müllcontainer, ihre Männerhose hatte sie ausgezogen, und sie ließ sich die Pisse zwischen die Füße pladdern, während sie einem verstörten Passanten, der einen Bogen um sie schlug, auf Hamburgisch über einen unverständlichen Sachverhalt informierte: „Das war ein Fransosee!“, schnarrte sie.
Seit heute also kann ich das Geschlecht der Verrückten genauer bestimmen. Ich verzichtete auf ein Foto ihrer Rückseite (stattdessen die Satellitenperspektive), das problemlos möglich gewesen wäre, und schlug einen großen Bogen um sie. Als ich an der Bushaltestelle stand, sah ich sie die Davidwache betreten. Arme Bullen.
Dann kam ein Cockerspaniel vorbei und pinkelte neben mir an einen Stromkasten.
Kurzmeldungen inkl. Blogger helfen BILD (2)
*** Jaaa, ich bin die Nummer eins! Und zwar bei einem drolligen Suchbegriff, über den ein offenbar noch drolligerer Mensch heute auf meine Seite kam: „Nacktbilder mit Socken an“. Der Droll (sic!) fand aber nicht via Google hierher, sondern über eine Suchmaschine, von der ich noch nie gehört hatte: www.lemmefind.de. Egal – Nummer eins ist Nummer eins.
*** Beim gestern angesprochenen Tokio-Hotel-Konzert hielt ein Mädchen ein Plakat hoch, worauf stand: „Bill, signier mich von innen!“ Der Spruch ist wirklich nicht unoriginell, Respekt.
*** Überreichte Opa Edi (Foto) heute im Nuttenturm das Hölzerne Kalauerkreuz am Bande für eine gerade wegen ihrer Beiläufigkeit besonders großartige Definition: „Den Geschlechtsakt zwischen mehreren Problem-Koalas nennt man Große Koalition.“ Das Kalauerkreuz hatte ich allerdings auf ein Hemd drucken lassen, um seinen bevorstehenden Umzug ins Allgäu nicht durch ein hölzernes Objekt zusätzlich zu erschweren. Darauf musste er erst mal an der Flasche Genever nuckeln.
*** Apropos Umzug: Erwäge ernsthaft, der BILD-Zeitung unentgeltlich beim Packen für Berlin zu helfen. Damit es schneller geht. Vielleicht könnte daraus sogar eine zweite „Blogger helfen BILD“-Aktion werden.
*** Beim gestern angesprochenen Tokio-Hotel-Konzert hielt ein Mädchen ein Plakat hoch, worauf stand: „Bill, signier mich von innen!“ Der Spruch ist wirklich nicht unoriginell, Respekt.
*** Überreichte Opa Edi (Foto) heute im Nuttenturm das Hölzerne Kalauerkreuz am Bande für eine gerade wegen ihrer Beiläufigkeit besonders großartige Definition: „Den Geschlechtsakt zwischen mehreren Problem-Koalas nennt man Große Koalition.“ Das Kalauerkreuz hatte ich allerdings auf ein Hemd drucken lassen, um seinen bevorstehenden Umzug ins Allgäu nicht durch ein hölzernes Objekt zusätzlich zu erschweren. Darauf musste er erst mal an der Flasche Genever nuckeln.
*** Apropos Umzug: Erwäge ernsthaft, der BILD-Zeitung unentgeltlich beim Packen für Berlin zu helfen. Damit es schneller geht. Vielleicht könnte daraus sogar eine zweite „Blogger helfen BILD“-Aktion werden.
02 Mai 2007
Ein Schrei für die Ewigkeit
Color Line Arena, gestern. In wenigen Augenblicken werden Tokio Hotel auftreten. Die Lichter gehen aus, und da ist sie, die Essenz des Pop: ein Schrei aus zehntausend Teeniekehlen. Unisono, hochfrequent, ein Tsunami aus Schall (den der Clip oben nur lachhaft dünn wiederzugeben in der Lage ist).
Mir stellen sich die Haare auf, und ich sehe mich selbst, wie ich den Kopf schüttle und fassungslos lache, wie ich mir die Hände auf die Ohren presse. Ja, das ist sie, die Essenz des Pop: das reine, hemmungslose, pure Gefühl der Erwartung und der bevorstehenden Erlösung. Die zum Schrei geronnene Emotion. Das Hier und Jetzt, die nie mehr endende Gegenwart, die Diktatur der Körperchemie.
Zehntausend Stimmen schreien einen einzigen Schrei, und mir wird klar, was für ein Handicap die Ratio sein kann. Und ich ertappe mich dabei, wie ich die schreigewordenen Teenies beneide um die Reinheit und Totalität ihres Gefühls.
Etwas in dieser Intensität hatte ich nie. Für die Beatles war ich viel zu jung, und gefangen auf dem Dorf hätte mir die Gnade einer früheren Geburt eh nichts genützt. Erst mit 16 schaffte ich es auf die ersten großen Konzerte, aber das ist viel zu spät für den essenziellen Schrei, in dem das ganze Leben steckt und tief versteckt und unbewusst auch das Gegenteil davon.
Das alles wird mir klar beim Konzert von Tokio Hotel in der Color Line Arena, und dafür werde ich der Band ziemlich lange dankbar sein.
Auch wenn sie den Abend in eine Melancholie tünchten, die lange nachhallen wird.
01 Mai 2007
Ein Visum für Kleinbloggersdorf
Es gibt rund 50 Millionen Blogs auf der Welt, und es müsste mit dem Teufel zugehen, wären keine brillanten darunter. Deutschland steuert zur Gesamtstatistik circa 200 000 Blogger bei, und die Qualitätsvermutung gilt natürlich auch hier.
Buchverlage haben dieses kreative Potenzial bisher weitgehend ignoriert – ein Fehler, wie die in 13 thematische Blöcke aufgeteilte Bloganthologie „Berlin oder so“ beweist, für die Selberblogger André einfach mal so einen Verlag gründete. Und warum auch nicht: Auch viele Blogtexte werden ja von jetzt auf gleich aus der Hüfte geschossen.
Neun Webschreiber sind vertreten in dieser Sammlung, und natürlich enthält sie nur Texte, die überhaupt verpflanzbar sind in die Welt der Druckerschwärze, also solche ohne unverzichtbare Hyperlinks oder selbstreferenzielle Spielereien. (Nur manch durchgestrichene Passage blieb übrig, in Blogs eine grinsende Selbstenttarnung des Wirklichgedachten.)
Diese Kurzgeschichten und Alltagsbetrachtungen, die sich keineswegs nur mit Berlin beschäftigen, funktionieren in beiden Sphären; was sie auszeichnet, ist vor allem ihre zwanglose Entstehung, die keinen Verwertbarkeitserwägungen folgte. Diese Texte genügen sich selbst, die Blogger hofften auf nichts als vielleicht ein paar Klicks mehr. Und weil diese Prosa keinen Vorbedingungen unterworfen war, trägt sie auch keine Fesseln.
Ihre Sujets und Formen sind so willkürlich wie ihre Umsetzung individuell, und die sich als gemeinsames Element durchziehende Selbstironie, ihr amüsierter Blick auf die Welt von heute, ist nur der editorischen Auswahl des Herausgebers geschuldet, nicht aber einer wie immer gearteten Normiertheit der (letztlich fiktiven) Gattung Blogprosa.
Doch auch innerhalb der Auswahl ist das Spektrum groß. Wir stoßen auf die persiflierte Hypochondrie von Parka Lewis, den Sarkasmus von Pe („Mit der Routine wächst meine Freude an den Besuchen der Unfallpraxis.“) oder die (etwas überrepräsentierten) Dialoge in Berliner Schnauze von Erasmus von Meppen.
In diesen Blogtexten wird der Zeitgeist durch den Fleischwolf gedreht, mit subversivem Unernst werden Bürokratie und Institutionen unterminiert. Das den Absurditäten des Alltags ausgelieferte Blogger-Ich rettet sich auf die einsame Insel der Sprachspielerei – oftmals getreu dem Motto: veräppeln kann ich mich auch selber. So holt es sich live und unter den Augen der Blogosphäre die Souveränität über sein Leben zurück.
Etwas Essenzielles aber fehlt diesem Sammelband zwangsläufig, denn es ist nicht extrahierbar aus dem Virtuellen: die Reaktionen der Leser. Im Web ergeben erst die Kommentare das große Ganze, der Blogtext selbst ist nur Brennstoff einer Diskussion, die bisweilen wochenlang weiterglost und deren Niveau ein Spiegelbild ist für das Niveau des Bloggers – Musterbeispiel: der Stuttgarter poodlepop, den in der Blogroll zu beherbergen ich schon seit vielen Monden die Ehre habe.
Seine witzigen und geschliffen formulierten Misanthropien liefern die Höhepunkte des Bandes. Poodlepops Kunst ist eine durchaus literarische, seine Abstürze von ironisch gezierter Hochsprache in Mode- und Alltagssprech (und zurück) zeugen von ausgereifter und vollkontrollierter Virtuosität.
Dass indes auch Blogtexte altern, sofern sie erst einmal gedruckt sind, sieht man an den Berliner Zoogeschichten des Erasmus von Meppen. Während er sich im Buch auf ewig mit dem „sagenumwobenen Zwergplumplori“ beschäftigen muss, ist die Welt praktisch schon wieder über Knut hinaus. In seinem Blog aber hat Erasmus natürlich mühelos Schritt gehalten, darauf wette ich meinen kompletten Hyperlinkvorrat (und surfe jetzt sofort mal verifizierend bei ihm vorbei).
Fast alle Texte aus „Berlin oder so“ liegen natürlich längst und weiterhin offen herum in den Weiten des Webs. Man muss sie nur suchen wollen, und dieses Buch ermuntert dazu – vor allem jene, die bisher noch kein Visum für Kleinbloggersdorf hatten.
Buchverlage haben dieses kreative Potenzial bisher weitgehend ignoriert – ein Fehler, wie die in 13 thematische Blöcke aufgeteilte Bloganthologie „Berlin oder so“ beweist, für die Selberblogger André einfach mal so einen Verlag gründete. Und warum auch nicht: Auch viele Blogtexte werden ja von jetzt auf gleich aus der Hüfte geschossen.
Neun Webschreiber sind vertreten in dieser Sammlung, und natürlich enthält sie nur Texte, die überhaupt verpflanzbar sind in die Welt der Druckerschwärze, also solche ohne unverzichtbare Hyperlinks oder selbstreferenzielle Spielereien. (Nur manch durchgestrichene Passage blieb übrig, in Blogs eine grinsende Selbstenttarnung des Wirklichgedachten.)
Diese Kurzgeschichten und Alltagsbetrachtungen, die sich keineswegs nur mit Berlin beschäftigen, funktionieren in beiden Sphären; was sie auszeichnet, ist vor allem ihre zwanglose Entstehung, die keinen Verwertbarkeitserwägungen folgte. Diese Texte genügen sich selbst, die Blogger hofften auf nichts als vielleicht ein paar Klicks mehr. Und weil diese Prosa keinen Vorbedingungen unterworfen war, trägt sie auch keine Fesseln.
Ihre Sujets und Formen sind so willkürlich wie ihre Umsetzung individuell, und die sich als gemeinsames Element durchziehende Selbstironie, ihr amüsierter Blick auf die Welt von heute, ist nur der editorischen Auswahl des Herausgebers geschuldet, nicht aber einer wie immer gearteten Normiertheit der (letztlich fiktiven) Gattung Blogprosa.
Doch auch innerhalb der Auswahl ist das Spektrum groß. Wir stoßen auf die persiflierte Hypochondrie von Parka Lewis, den Sarkasmus von Pe („Mit der Routine wächst meine Freude an den Besuchen der Unfallpraxis.“) oder die (etwas überrepräsentierten) Dialoge in Berliner Schnauze von Erasmus von Meppen.
In diesen Blogtexten wird der Zeitgeist durch den Fleischwolf gedreht, mit subversivem Unernst werden Bürokratie und Institutionen unterminiert. Das den Absurditäten des Alltags ausgelieferte Blogger-Ich rettet sich auf die einsame Insel der Sprachspielerei – oftmals getreu dem Motto: veräppeln kann ich mich auch selber. So holt es sich live und unter den Augen der Blogosphäre die Souveränität über sein Leben zurück.
Etwas Essenzielles aber fehlt diesem Sammelband zwangsläufig, denn es ist nicht extrahierbar aus dem Virtuellen: die Reaktionen der Leser. Im Web ergeben erst die Kommentare das große Ganze, der Blogtext selbst ist nur Brennstoff einer Diskussion, die bisweilen wochenlang weiterglost und deren Niveau ein Spiegelbild ist für das Niveau des Bloggers – Musterbeispiel: der Stuttgarter poodlepop, den in der Blogroll zu beherbergen ich schon seit vielen Monden die Ehre habe.
Seine witzigen und geschliffen formulierten Misanthropien liefern die Höhepunkte des Bandes. Poodlepops Kunst ist eine durchaus literarische, seine Abstürze von ironisch gezierter Hochsprache in Mode- und Alltagssprech (und zurück) zeugen von ausgereifter und vollkontrollierter Virtuosität.
Dass indes auch Blogtexte altern, sofern sie erst einmal gedruckt sind, sieht man an den Berliner Zoogeschichten des Erasmus von Meppen. Während er sich im Buch auf ewig mit dem „sagenumwobenen Zwergplumplori“ beschäftigen muss, ist die Welt praktisch schon wieder über Knut hinaus. In seinem Blog aber hat Erasmus natürlich mühelos Schritt gehalten, darauf wette ich meinen kompletten Hyperlinkvorrat (und surfe jetzt sofort mal verifizierend bei ihm vorbei).
Fast alle Texte aus „Berlin oder so“ liegen natürlich längst und weiterhin offen herum in den Weiten des Webs. Man muss sie nur suchen wollen, und dieses Buch ermuntert dazu – vor allem jene, die bisher noch kein Visum für Kleinbloggersdorf hatten.
30 April 2007
Dresden (3. Tag)
Erst heute mittag hatte ich mir notiert, was Dresden alles nicht hat. Ganz vorn auf der Liste: schwarze Menschen, Moslems, Frühstückscafés, Zeitungskioske, Kaffeebars und montags geöffnet.
Heute Abend gingen wir auf die Suche nach einem würdigen Restaurant für Ms. Columbos Geburtstagsdinner, und nacheinander begegneten uns: ein Frühstückscafé, ein schwarzer Mensch, ein Kiosk und eine orientalisch anmutende Frau mit Kopftuch.
Wir nehmen all das als regelbestätigende Ausnahmen. Zumal die Kaffeebar bis zum Schluss nicht auftauchte. Was Dresden ebenfalls nicht hat, ist ein Holzindianer vor einem Behindertenparkplatz. Den hat nur Radebeul.
Er steht vorm Karl-May-Museum, welches aber ebenfalls montags nicht geöffnet hat.
29 April 2007
Dresden (2. Tag)
In Dresden wurden drei weltbewegende Dinge erfunden: die Kondensmilch, der Büstenhalter und der Kaffeefilter. Zwei davon sind meiner Meinung nach völlig unnötig. Aber meine Meinung zählt ja nicht, auch nicht die zur Frauenkirche, wo wir heute einmal hineinlinsten.
Nichts gegen geniale Architektur, doch die penible Rekonstruktion eines komplett zerstörten Bauwerks scheint mir doch widersinnig. Diese Frauenkirche hier wirkt wie das Ikea-Modell der Frauenkirche: alles zu hell, zu pastellfarben, zu perfekt, zu 1:1. Klar kann man alles nachbauen, aber muss man das auch?
Ein Barockbauwerk wirkt nur durch seine Patina, also genau das, was dem Nachbau eines Barockbauwerks notwendigerweise fehlt. Ein Riesenposter des Originals hätte es deswegen auch getan.
Nichts gegen geniale Architektur, doch die penible Rekonstruktion eines komplett zerstörten Bauwerks scheint mir doch widersinnig. Diese Frauenkirche hier wirkt wie das Ikea-Modell der Frauenkirche: alles zu hell, zu pastellfarben, zu perfekt, zu 1:1. Klar kann man alles nachbauen, aber muss man das auch?
Ein Barockbauwerk wirkt nur durch seine Patina, also genau das, was dem Nachbau eines Barockbauwerks notwendigerweise fehlt. Ein Riesenposter des Originals hätte es deswegen auch getan.
Egal, interessanter ist eh, was ich abends zufällig auf zwei Fotos entdeckte, die ich vom Ausflugslokal Luisenhof aus geschossen hatte: ein rundes Objekt mit Kometenschweif (oben rechts undeutlich zu erkennen). Eigentlich hatte ich Kondensstreifen im Visier (mich faszinieren Linien und ihre Relationen zueinander), doch dieses Etwas hatte sich mit auf die Bilder geschmuggelt.
Weiß irgendjemand etwas von einem brachialen Einschlag in Sachsen? Bei Spiegel online stand jedenfalls nichts.
Dresden (1. Tag)
„Lass uns am Montag zur PornNight in die DanceFactory gehen!“, rufe ich beim Anblick des abgebildeten Schildes in der Nähe der Semperoper erregt aus. Doch Ms. Columbos Begeisterung für diesen Vorschlag hält sich in engen Grenzen.
Sie verweist darauf, zufällig an diesem Tag Geburtstag zu haben, und an ihrem Ehrentag, vermutet sie schon jetzt, schwebe ihr hochwahrscheinlich ein anderer Ausgehwunsch vor, dessen meinerseitige Respektierung sie sich inständig erhoffe.
Dann eben keine PornNight.
Im Reiseführer hatte ich übrigens gelesen, Dresdner reagierten generell unwirsch, wenn man sich über ihren Dialekt belustige. Zunächst ergibt sich zur Verifizierung dieses Gerüchtes gar keine Gelegenheit. In der Innenstadt nämlich sind alle möglichen Dialekte zu hören, darunter Englisch und Bayerisch, aber kein Sächsisch.
Erst vorm Zwinger plötzlich das Erfolgserlebnis: Eine junge Mutter spricht mit ihren zwei Rackern, und zwar in einen überdeutlich von den hiesigen Umständen beeinträchtigten Zungenschlag. „Sogar diese Frau“, raune ich Ms. Columbo erstaunt zu, „hat einen Sexualpartner gefunden. Obwohl sie so spricht.“
„Du bist fies!“, schimpft Ms. Columbo und schlägt mir auf den Oberarm. So schaffte es Dresden gleich am ersten Tag, Zwietracht zu säen.
Sie verweist darauf, zufällig an diesem Tag Geburtstag zu haben, und an ihrem Ehrentag, vermutet sie schon jetzt, schwebe ihr hochwahrscheinlich ein anderer Ausgehwunsch vor, dessen meinerseitige Respektierung sie sich inständig erhoffe.
Dann eben keine PornNight.
Im Reiseführer hatte ich übrigens gelesen, Dresdner reagierten generell unwirsch, wenn man sich über ihren Dialekt belustige. Zunächst ergibt sich zur Verifizierung dieses Gerüchtes gar keine Gelegenheit. In der Innenstadt nämlich sind alle möglichen Dialekte zu hören, darunter Englisch und Bayerisch, aber kein Sächsisch.
Erst vorm Zwinger plötzlich das Erfolgserlebnis: Eine junge Mutter spricht mit ihren zwei Rackern, und zwar in einen überdeutlich von den hiesigen Umständen beeinträchtigten Zungenschlag. „Sogar diese Frau“, raune ich Ms. Columbo erstaunt zu, „hat einen Sexualpartner gefunden. Obwohl sie so spricht.“
„Du bist fies!“, schimpft Ms. Columbo und schlägt mir auf den Oberarm. So schaffte es Dresden gleich am ersten Tag, Zwietracht zu säen.
28 April 2007
Wie Ahlen gegen St. Pauli mal fiktiv führte
Auf dem Liveticker von kicker.de tauchte heute Abend das dokumentierte Zwischenergebnis auf: Ahlen führte 1:0 am Millerntor. In der 9. Minute sei das Tor gefallen, hieß es erläuternd, sogar der Schütze war namentlich aufgeführt.
Allerdings hatte kicker.de diese merkwürdige (Fehl)Information weltweit exklusiv. Aber beunruhigt war ich schon.
Allerdings hatte kicker.de diese merkwürdige (Fehl)Information weltweit exklusiv. Aber beunruhigt war ich schon.
Auf nach Sachsen
Morgen geht es auf Kurzurlaub nach Dresden, und ich schwöre Ms. Columbo auf die Reise ein. „Wir müssen versuchen“, führe ich aus, „nicht über diese Menschen und ihre Sprache zu lachen. Wir müssen versuchen, uns auf den semantischen Kern ihrer Aussagen zu konzentrieren.“
Ms. Columbo ist grundsätzlich einverstanden, bringt aber eine Korrektur an. „Wir müssen vor allem versuchen“, sagt sie, „den semantischen Kern ihrer Aussagen zu verstehen.“ Ich nicke. Es ist ein Experiment. Neuland, Terra incognita. Sachsen eben.
Als Rüstzeug hole ich mir noch eine Kiezvolldusche in der Domschänke, wo die Zementierung des ersten Tabellenplatzes von St. Pauli (3:0 gegen Ahlen!) zünftig begangen wird. Während den Fans dank der Kombination aus Euphorie und Astra zunehmend die Gesichtszüge entgleisen, sind jene der zwei Domschänkenxanthippen wie in Beton gegossen.
Anders können die beiden solche Abende auch nicht überstehen. Und um die fragwürdige Statik des abgebildeten Bierturms mental zu ertragen, hilft nur genau jene Stoik, über die sie im Übermaß verfügen.
Der Astraturm brach übrigens den ganzen Abend über nicht zusammen, was man von einigen St.Pauli-Fans nicht unbedingt behaupten kann.
So, jetzt auf nach Sachsen. Haben die da überhaupt schon WLAN? Oder Strom?
Ms. Columbo ist grundsätzlich einverstanden, bringt aber eine Korrektur an. „Wir müssen vor allem versuchen“, sagt sie, „den semantischen Kern ihrer Aussagen zu verstehen.“ Ich nicke. Es ist ein Experiment. Neuland, Terra incognita. Sachsen eben.
Als Rüstzeug hole ich mir noch eine Kiezvolldusche in der Domschänke, wo die Zementierung des ersten Tabellenplatzes von St. Pauli (3:0 gegen Ahlen!) zünftig begangen wird. Während den Fans dank der Kombination aus Euphorie und Astra zunehmend die Gesichtszüge entgleisen, sind jene der zwei Domschänkenxanthippen wie in Beton gegossen.
Anders können die beiden solche Abende auch nicht überstehen. Und um die fragwürdige Statik des abgebildeten Bierturms mental zu ertragen, hilft nur genau jene Stoik, über die sie im Übermaß verfügen.
Der Astraturm brach übrigens den ganzen Abend über nicht zusammen, was man von einigen St.Pauli-Fans nicht unbedingt behaupten kann.
So, jetzt auf nach Sachsen. Haben die da überhaupt schon WLAN? Oder Strom?
26 April 2007
Der unhaltbare Tabasco
Speisekammern sind wie unerforschte Gebiete, vergleichbar mit dem Kongo 1612. Nur mit dem Unterschied, dass man für alles, was man in der Speisekammer vorfindet, evidenterweise selbst verantwortlich ist, auch wenn man sich nicht mehr daran erinnern kann.
Wann zum Beispiel bestückten wir sie bloß mit der abgebildeten Flasche Tabascosauce? Wahrscheinlich noch vor der Euroumstellung. Bisher sah ich darin kein Problem, zumal ich ihre Existenz längst vergessen hatte. Doch heute stieß ich auf das Fläschchen mit dem Teufelsgebräu. Ich schaute es mir rundherum an und stieß aufs Verfallsdatum. Es war bestürzend: Mai 2003.
Ich wollte es schon beschämt wegwerfen, als ich stutzte. Wie um alle Chilis in der Welt kann Tabasco überhaupt ein Verfallsdatum haben? Von diesem Teufelszeug wird doch selbst das todesmutigste Bakterium die Beißerchen lassen!
Ja, in meiner Welt könnte man Tabasco locker als Alternative zu Formaldehyd benutzen. Doch all das scheint eine jener Lebenslügen gewesen zu sein, denen man sich irgendwann gequält stellen muss. So wie der letzten: Bambi war gar kein Reh, sondern ein Weißwedelhirsch. Und ich weiß nicht mal, was ein Weißwedelhirsch ist.
Das Fläschchen Tabasco habe ich dann doch weggeworfen.
Wann zum Beispiel bestückten wir sie bloß mit der abgebildeten Flasche Tabascosauce? Wahrscheinlich noch vor der Euroumstellung. Bisher sah ich darin kein Problem, zumal ich ihre Existenz längst vergessen hatte. Doch heute stieß ich auf das Fläschchen mit dem Teufelsgebräu. Ich schaute es mir rundherum an und stieß aufs Verfallsdatum. Es war bestürzend: Mai 2003.
Ich wollte es schon beschämt wegwerfen, als ich stutzte. Wie um alle Chilis in der Welt kann Tabasco überhaupt ein Verfallsdatum haben? Von diesem Teufelszeug wird doch selbst das todesmutigste Bakterium die Beißerchen lassen!
Ja, in meiner Welt könnte man Tabasco locker als Alternative zu Formaldehyd benutzen. Doch all das scheint eine jener Lebenslügen gewesen zu sein, denen man sich irgendwann gequält stellen muss. So wie der letzten: Bambi war gar kein Reh, sondern ein Weißwedelhirsch. Und ich weiß nicht mal, was ein Weißwedelhirsch ist.
Das Fläschchen Tabasco habe ich dann doch weggeworfen.
25 April 2007
Alles wegen Hartz IV
St. Pauli ist der ärmste Stadtteil Hamburgs, und manch ein Kiezianer muss sich entscheiden: Hund oder Leine. Während eins davon keinerlei Sinn ergibt, ist das andere offenbar nicht immer finanzierbar.
Doch meine Mitbewohner sind findig, wie ich jüngst vorm Aldiladen in der Paul-Roosen-Straße dokumentieren konnte. Die beiden zusammengebundenen Plastiktüten in geschmackvoller Farbkombination scheinen mir sogar dauerhaft als Leinenersatz vorgesehen zu sein.
Warum dieser dumme Kläffer aber lauthals gegens Fotografiertwerden protestierte, obwohl ich damit doch im Begriff stand, ihm jene 15 Minuten (Blog)Ruhm zu verschaffen, die sonst nur Menschen zustehen, blieb unklar.
Zieh Leine!, flüsterte ich ihm grinsend zu, doch die sophistische Wortspielerei entging ihm. Zumindest musste ich sein ausdauernd anhaltendes Kläffen so deuten. Vielleicht hat ihn aber auch einfach nur die unzumutbare Nahrungsversorgung tierisch genervt.
Ich meine: Milch! Und dann noch fettarm!
Doch meine Mitbewohner sind findig, wie ich jüngst vorm Aldiladen in der Paul-Roosen-Straße dokumentieren konnte. Die beiden zusammengebundenen Plastiktüten in geschmackvoller Farbkombination scheinen mir sogar dauerhaft als Leinenersatz vorgesehen zu sein.
Warum dieser dumme Kläffer aber lauthals gegens Fotografiertwerden protestierte, obwohl ich damit doch im Begriff stand, ihm jene 15 Minuten (Blog)Ruhm zu verschaffen, die sonst nur Menschen zustehen, blieb unklar.
Zieh Leine!, flüsterte ich ihm grinsend zu, doch die sophistische Wortspielerei entging ihm. Zumindest musste ich sein ausdauernd anhaltendes Kläffen so deuten. Vielleicht hat ihn aber auch einfach nur die unzumutbare Nahrungsversorgung tierisch genervt.
Ich meine: Milch! Und dann noch fettarm!
24 April 2007
Ich hasse rote Krawatten
„Haben Sie eine Kamera dabei?“, fragt mich der Sicherheitsmann am Eingang der Color Line Arena, und ich, überrumpelt, begehe den fatalen Fehler, ihm die Wahrheit zu sagen. Wahrscheinlich sind das die vermaledeiten Reste meiner protestantischen Erziehung, ich weiß es nicht.
Jedenfalls schickt mich der Mann zu einem Kameraeinsammler ein paar Meter weiter, und ich erwäge, diesen Gang einfach nicht anzutreten, doch beim Abtasten der Leute, die hinter mir in der Schlange standen, dreht der Sicherheitsmann sich immer wieder um zu mir. Kein Entkommen; er kennt seine Pappenheimer.
Der Kameraeinsammler trägt einen lächerlich kurzen roten Schlips, der etwa in der Mitte zwischen Kehlkopf und (imaginierten) Nabel endet, aber das Ästhetische spielt gerade keine Rolle, denn er will meine Kamera. Gerade beginne ich mich an den unschönen Gedanken kameraloser Stunden zu gewöhnen, als es heißt: „Ein Euro bitte.“
„Warten Sie mal“, sage ich, „Sie zwingen mich, meine Kamera abzugeben, die ich lieber behalten würde, und verlangen auch noch Geld dafür?“ Der Mann schaut mich gelangweilt an. „Dafür“, sagt er, während ich auf seinen lachhaft kurzen roten Schlips starre, „passen wir auch darauf auf.“
„Darum habe ich Sie aber gar nicht gebeten!“, wende ich mit unamüsiertem Lächeln ein. „Normalerweise zahle ich nur für Dienstleistungen, die ich aktiv in Auftrag gebe.“
„Tja“, sagt der Mann und verstaut meine Kamera in einer hermetisch verschließbaren und – wie sich Stunden später herausstellen soll – ohne Hilfsmittel wie Scheren, Teppichmesser oder Kreissägen nicht mehr zu öffnenden hochreißfesten Plastiksicherheitstüte der Marke Debasafe. Sie hat die Codenummer 5854767.
Der Mann händigt mir einen Plastikstreifen aus, auf dem die gleiche Nummer steht. „Nicht verlieren“, sagt er, „sonst kriegen Sie die Kamera nicht wieder.“ „Das wäre ja noch schöner!“, errege ich mich, während ich ihm widerwillig einen Euro in die Hand drücke. „Tja“, sagt er und legt die Münze in die Tasche. Aus irgendeinem Grund muss ich an Schäuble denken.
Ich hasse rote Krawatten. Vor allem, wenn sie zu kurz sind.
Jedenfalls schickt mich der Mann zu einem Kameraeinsammler ein paar Meter weiter, und ich erwäge, diesen Gang einfach nicht anzutreten, doch beim Abtasten der Leute, die hinter mir in der Schlange standen, dreht der Sicherheitsmann sich immer wieder um zu mir. Kein Entkommen; er kennt seine Pappenheimer.
Der Kameraeinsammler trägt einen lächerlich kurzen roten Schlips, der etwa in der Mitte zwischen Kehlkopf und (imaginierten) Nabel endet, aber das Ästhetische spielt gerade keine Rolle, denn er will meine Kamera. Gerade beginne ich mich an den unschönen Gedanken kameraloser Stunden zu gewöhnen, als es heißt: „Ein Euro bitte.“
„Warten Sie mal“, sage ich, „Sie zwingen mich, meine Kamera abzugeben, die ich lieber behalten würde, und verlangen auch noch Geld dafür?“ Der Mann schaut mich gelangweilt an. „Dafür“, sagt er, während ich auf seinen lachhaft kurzen roten Schlips starre, „passen wir auch darauf auf.“
„Darum habe ich Sie aber gar nicht gebeten!“, wende ich mit unamüsiertem Lächeln ein. „Normalerweise zahle ich nur für Dienstleistungen, die ich aktiv in Auftrag gebe.“
„Tja“, sagt der Mann und verstaut meine Kamera in einer hermetisch verschließbaren und – wie sich Stunden später herausstellen soll – ohne Hilfsmittel wie Scheren, Teppichmesser oder Kreissägen nicht mehr zu öffnenden hochreißfesten Plastiksicherheitstüte der Marke Debasafe. Sie hat die Codenummer 5854767.
Der Mann händigt mir einen Plastikstreifen aus, auf dem die gleiche Nummer steht. „Nicht verlieren“, sagt er, „sonst kriegen Sie die Kamera nicht wieder.“ „Das wäre ja noch schöner!“, errege ich mich, während ich ihm widerwillig einen Euro in die Hand drücke. „Tja“, sagt er und legt die Münze in die Tasche. Aus irgendeinem Grund muss ich an Schäuble denken.
Ich hasse rote Krawatten. Vor allem, wenn sie zu kurz sind.
23 April 2007
Macken (1): Worte entbeinen
Die charmanteste von Ms. Columbos Macken ist die: Zu glauben, sie hätte keine. Aber sooo viel sind es ja auch wirklich nicht. Zumindest im Vergleich zu mir.
Wenn in diesem Blog erst jetzt, nach mehr als anderthalb Jahren, eine Rubrik namens „Macken“ startet, so liegt es nämlich keineswegs an der völligen Abwesenheit derselben – im Gegenteil: Es versteckten sich derart zahlreiche in den bisherigen Blogeinträgen, dass ich zu dem Schluss kam, sie verdienten eine eigene Rubrik.
Beginnen wir also diesen hoffentlich langen und fruchtbaren Strang, und zwar mit einer relativ harmlosen: Wenn ich S- oder U-Bahn fahre und nichts zu lesen dabei habe, beginne ich mich nach einer gefühlten Nanosekunde entsetzlich zu langweilen – was ich sofort gierig damit überbrücke, Wörter von den Werbeschildern im Wagon in alle nur denkbaren deutschen Teilwörter zu zerlegen. Innerlich natürlich, nicht öffentlich.
Nehmen wir als Beispiel das nur scheinbar spröde, unergiebige Wort „Postbank“. Zurzeit deliriert es noch unschuldig auf einem dieser Schilder vor sich hin, doch schon in wenigen Sekunden wird es sachgerecht entbeint. Postbank, da stecken drin: natürlich „Post“ und „Bank“ (letztere gleich zweimal, einmal zum Sitzen, einmal zum Überfallen), „an“, „ost“, „Po“ und „post!“ (als – ähem – Befehlsform an Poser); auch die „Ostbank“ lässt sich bilden, und zusammen mit dem Ausgangswort, was natürlich mitgezählt wird (ich spiele nach meinen Regeln!), kommen wir auf recht formidable neun Wörter.
Nicht schlecht für einen Begriff, der aus lediglich acht Buchstaben besteht, wovon nur zwei sich des Vorzugs erfreuen dürfen, ein klangvolles Leben als Vokale führen zu dürfen.
Ja, und schon fahre ich in St. Pauli ein und habe mich nur mäßig gelangweilt. Dafür nehme ich es auch gern in Kauf, als Beherberger von Macken zu gelten. Im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten, deren charmanteste es ist zu glauben, sie hätten keine. Pah.
Wenn in diesem Blog erst jetzt, nach mehr als anderthalb Jahren, eine Rubrik namens „Macken“ startet, so liegt es nämlich keineswegs an der völligen Abwesenheit derselben – im Gegenteil: Es versteckten sich derart zahlreiche in den bisherigen Blogeinträgen, dass ich zu dem Schluss kam, sie verdienten eine eigene Rubrik.
Beginnen wir also diesen hoffentlich langen und fruchtbaren Strang, und zwar mit einer relativ harmlosen: Wenn ich S- oder U-Bahn fahre und nichts zu lesen dabei habe, beginne ich mich nach einer gefühlten Nanosekunde entsetzlich zu langweilen – was ich sofort gierig damit überbrücke, Wörter von den Werbeschildern im Wagon in alle nur denkbaren deutschen Teilwörter zu zerlegen. Innerlich natürlich, nicht öffentlich.
Nehmen wir als Beispiel das nur scheinbar spröde, unergiebige Wort „Postbank“. Zurzeit deliriert es noch unschuldig auf einem dieser Schilder vor sich hin, doch schon in wenigen Sekunden wird es sachgerecht entbeint. Postbank, da stecken drin: natürlich „Post“ und „Bank“ (letztere gleich zweimal, einmal zum Sitzen, einmal zum Überfallen), „an“, „ost“, „Po“ und „post!“ (als – ähem – Befehlsform an Poser); auch die „Ostbank“ lässt sich bilden, und zusammen mit dem Ausgangswort, was natürlich mitgezählt wird (ich spiele nach meinen Regeln!), kommen wir auf recht formidable neun Wörter.
Nicht schlecht für einen Begriff, der aus lediglich acht Buchstaben besteht, wovon nur zwei sich des Vorzugs erfreuen dürfen, ein klangvolles Leben als Vokale führen zu dürfen.
Ja, und schon fahre ich in St. Pauli ein und habe mich nur mäßig gelangweilt. Dafür nehme ich es auch gern in Kauf, als Beherberger von Macken zu gelten. Im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten, deren charmanteste es ist zu glauben, sie hätten keine. Pah.
22 April 2007
In eigener Sache
Auch meine Bloggersoftware bietet nun endlich die Möglichkeit, Einträge mit Schlagworten zu versehen. Natürlich eine ganz feine Sache, denn wer hat nicht schon immer mal davon geträumt, etwa die komplette Frankensaga in einem Rutsch runterlesen zu können? Ich auf jeden Fall …
Deshalb werde ich von nun an nach und nach alle rund 550 Einträge entsprechend „taggen“. Jene, die dieses Blog als RSS-Feed abonniert haben, muss ich also vorsorglich warnen: Sie erhalten die alten Einträge noch mal, ergänzt um die entsprechenden Schlagworte.
Ich hoffe, dass wir trotz dieser temporären Unbill weiterhin so traulich kuscheln wie die zwei auf dem Werbeplakat am Spielbudenplatz. Im übertragenen Sinne.
Deshalb werde ich von nun an nach und nach alle rund 550 Einträge entsprechend „taggen“. Jene, die dieses Blog als RSS-Feed abonniert haben, muss ich also vorsorglich warnen: Sie erhalten die alten Einträge noch mal, ergänzt um die entsprechenden Schlagworte.
Ich hoffe, dass wir trotz dieser temporären Unbill weiterhin so traulich kuscheln wie die zwei auf dem Werbeplakat am Spielbudenplatz. Im übertragenen Sinne.
21 April 2007
David Gilmour oder Zu früh ist auch zu spät
Gestern mit Andreas in der sanktpaulianischen Kneipenlandschaft versackt. Auf die genaueren Umstände kann ich erst später näher eingehen, doch hier schon mal zwei Geschichten über den Pink-Floyd-Gitarristen David Gilmour, die sich im gestrigen Kneipendialog als verblüffende ungleiche Zwillinge entpuppten.
Meine Story geht so: Vergangenes Jahr schwelgte ich in zitternder Vorfreude aufs Konzert von Gilmour im CCH. Es sollte meine erste leibhaftige Begegnung mit einem Mitglied von Pink Floyd werden und war aus biografischen Gründen von ganz immenser Bedeutung. Denn als Teenager schlief ich jahrelang ein zu „Dark side of the moon“, nachdem ich mir das Album auf Cassette gezogen und vorher das elendige Weckerklingeln von „Time“ rausgeschnipselt hatte.
Jedenfalls traf ich in der Stadt damals zufällig einen Kollegen und fragte ihn, ob ich denn morgen Abend die Freude hätte, auch ihn beim Gilmour-Konzert anzutreffen. „Morgen?“, fragte er und runzelte auf unheilverkündende Weise die Stirn, „das Konzert war doch gestern …“
Nun, er hatte Recht. Und ich einen mächtigen Hals.
Viele Jahre vorher, nämlich 1989, traf Andreas in der Bar Centrale in St. Pauli mal auf David Gilmour, der anlässlich eines Pink-Floyd-Konzertes in Hamburg weilte und damals offenbar nichts dabei fand, sich ins Kieznachtleben zu stürzen wie jeder normale Mensch auch, zum Beispiel Andreas.
Letzterer, zwar kein ausgewiesener Floyd-Fan, doch zeitlebens dem Kontakt mit musikalischer Prominenz zugeneigt, trat tapfer an Gilmour heran und fragte wenig originell (wie er selbst zugibt):
„Mr. Gilmour, how was the concert tonight?“
Gilmour, der begnadete Schöpfer solch elegischer Gitarrensoli wie in „Shine on you crazy diamond“ oder „Comfortably numb“, blickte auf. Dann erwiderte er:
„The concert tomorrow was brilliant.“
So haben sich unsere beiden Geschichten gleichsam ausgeglichen. In der einen kam Andreas zu früh, in der anderen ich zu spät. Ergibt quasi ein 1:1 – was aber nichts an der Tatsache ändert, dass weder Andreas noch ich je ein Konzert von David Gilmour gesehen haben.
Soviel zur Aussagekraft von Statistiken.
Im Aidadivawahn
Es ist ein Witz. Hunderttausende strömen an die Landungsbrücken, drängen sich an den Weinstöcken am Stintfang, treten sich am Fuß des Hafenhotels auf die Füße, und alle haben nur ein Ziel: 68 500 Bruttoregistertonnen namens Aidadiva beim trägen Elbabwärtsfahren zuzusehen.
Was wollen diese Menschen hier? Interessiert sie die Lasershow? Das Feuerwerk? Oder wirklich nur das monströs dicke Schiff, das ihrer wildesten Träume verkörpert von Müßiggang und Fernweh?
Es ist ein Witz. Und ich bin mittendrin.
Was wollen diese Menschen hier? Interessiert sie die Lasershow? Das Feuerwerk? Oder wirklich nur das monströs dicke Schiff, das ihrer wildesten Träume verkörpert von Müßiggang und Fernweh?
Es ist ein Witz. Und ich bin mittendrin.
20 April 2007
Wer brüllt, hat Unrecht
Zunächst muss ich GP im Aurel auslösen. Er hat – da als Erster eingetroffen – bereits für uns beide Bier bestellt, welches direkt am Tresen zu bezahlen ist; allerdings verfügt er zurzeit über keinen Cent Bargeld. Jetzt sitzt er da, wohlbeschirmt vom Argwohn der Barfrau. Schöner Anblick.
Eine sardonische Sekunde lang überlege ich, jede Bekanntschaft mit ihm entrüstet abzustreiten, doch die Zeit drängt: Wir müssen hoch in die Color Line Arena, wo Roger Waters uns auf einen monströsen Trip in die Vergangenheit schicken will. Und siehe da: Der alte Haudegen ist fast genauso gut wie die Pink-Floyd-Coverband, die ich vor einigen Jahren in der Großen Freiheit sah.
GP sitzt die ganze Zeit ruhig im psychedelischen Pathosdonner, während ich ihm zwischen den Stücken unnützes Fachwissen zubrülle. „Der Song war auf der ersten Floyd-Platte!“, schreie ich, „noch von Syd Barrett geschrieben!“
Er stiert mich an, als spräche ich hyperboräisch, und ich verfluche innerlich diesen ewigen Drang, der mich immer dann überkommt, wenn ich mich auf einem bestimmten Gebiet sachkundiger wähne. Auch Ms. Columbo sieht sich oftmals solchen Attacken ausgesetzt, erträgt sie allerdings mit einer Engelsgeduld, die ich als Liebesbeweis werten muss.
„Achtung, gleich kommt ein toller Solopart der Sängerin!“, brülle ich GP während „The great gig in the sky“ ins oropaxlose Ohr, und schon kommt ein toller Solopart der Sängerin. Nach der letzten Zugabe spricht GP von „einem der großartigsten Konzerte überhaupt“, was mich erfreut, aber auch wundert, denn zuvor hatte er keinerlei Anhaltspunkte für diese Einschätzung geliefert.
Er klärt mich auf: Allein die Tatsache, dass er nicht vorzeitig gegangen sei, müsse ich bereits als überschäumende Begeisterung werten. Ich entschuldige mich dafür, ihn während „Comfortably numb“ mit der gebrüllten Info erschreckt zu haben, dies sei schon immer mein Lieblingssong vom Album „The wall“ gewesen.
Insgesamt also ein toller Abend – wozu auch ein grauhaariges Waters-Groupie vor der Bühne beiträgt, das vor unseren Augen eine Ton-Bild-Schere aufführt. Die sehr rüstige Dame hüpft auf und ab und singt dabei lauthals: „We don’t need no education – teachers: leave us kids alone!“ Und das Merkwürdigste: Ihr scheint das alles überhaupt nicht merkwürdig vorzukommen.
Übrigens war der oben erwähnte Song gar nicht auf der ersten, sondern der zweiten Floyd-Platte, wie ich zu Hause feststelle, und Syd Barrett war auch nicht der Autor.
GP darf das nie erfahren.
Eine sardonische Sekunde lang überlege ich, jede Bekanntschaft mit ihm entrüstet abzustreiten, doch die Zeit drängt: Wir müssen hoch in die Color Line Arena, wo Roger Waters uns auf einen monströsen Trip in die Vergangenheit schicken will. Und siehe da: Der alte Haudegen ist fast genauso gut wie die Pink-Floyd-Coverband, die ich vor einigen Jahren in der Großen Freiheit sah.
GP sitzt die ganze Zeit ruhig im psychedelischen Pathosdonner, während ich ihm zwischen den Stücken unnützes Fachwissen zubrülle. „Der Song war auf der ersten Floyd-Platte!“, schreie ich, „noch von Syd Barrett geschrieben!“
Er stiert mich an, als spräche ich hyperboräisch, und ich verfluche innerlich diesen ewigen Drang, der mich immer dann überkommt, wenn ich mich auf einem bestimmten Gebiet sachkundiger wähne. Auch Ms. Columbo sieht sich oftmals solchen Attacken ausgesetzt, erträgt sie allerdings mit einer Engelsgeduld, die ich als Liebesbeweis werten muss.
„Achtung, gleich kommt ein toller Solopart der Sängerin!“, brülle ich GP während „The great gig in the sky“ ins oropaxlose Ohr, und schon kommt ein toller Solopart der Sängerin. Nach der letzten Zugabe spricht GP von „einem der großartigsten Konzerte überhaupt“, was mich erfreut, aber auch wundert, denn zuvor hatte er keinerlei Anhaltspunkte für diese Einschätzung geliefert.
Er klärt mich auf: Allein die Tatsache, dass er nicht vorzeitig gegangen sei, müsse ich bereits als überschäumende Begeisterung werten. Ich entschuldige mich dafür, ihn während „Comfortably numb“ mit der gebrüllten Info erschreckt zu haben, dies sei schon immer mein Lieblingssong vom Album „The wall“ gewesen.
Insgesamt also ein toller Abend – wozu auch ein grauhaariges Waters-Groupie vor der Bühne beiträgt, das vor unseren Augen eine Ton-Bild-Schere aufführt. Die sehr rüstige Dame hüpft auf und ab und singt dabei lauthals: „We don’t need no education – teachers: leave us kids alone!“ Und das Merkwürdigste: Ihr scheint das alles überhaupt nicht merkwürdig vorzukommen.
Übrigens war der oben erwähnte Song gar nicht auf der ersten, sondern der zweiten Floyd-Platte, wie ich zu Hause feststelle, und Syd Barrett war auch nicht der Autor.
GP darf das nie erfahren.
18 April 2007
Der Himmel über St. Pauli
Manchmal laufe ich durch die Stadt wie ein Aborigine, dann ist alles voller kartierter Erinnerungen.
Das Bankhochhaus am Bahnhof Altona mit dem einst zerbrochenen Fenster unterm Dach, durch das der Einbrecher in den Tod sprang. Das Zeisekino, auf ewig verbunden mit dem ersten Sehen von „Fargo" (mit Frances McDormand, die den North-Dakota-Ausruf „Jesus!“ immer verkürzt herauszischt, als spräche sie von Käse: „Cheese!“).
Die Sonne, die sich im Winter durch die schwarzen Wolken wühlt, um einen Blick auf die Hafenkräne zu werfen. Oder jener nicht fixierbare, doch ideale Ort mitten auf der Elbe, wo unser Ausflugsschiff lag, als das Feuerwerk überm Hafen losging.
Ja, wie ein Aborigine, der uralten Songlines folgt, laufe ich manchmal durch die Stadt, und sie erzählt mir hundert Geschichten im konspirativen Timbre persönlicher Erinnerungen. Und wenn ich Glück habe, kommt jede Woche eine neue Geschichte, ein neues Bild hinzu.
Eins davon sehen wir fast jeden Abend: wie die Illumination St. Paulis die über uns hinwegziehenden Abendwolken einfärbt. Das Rotlichtviertel, das sich im Himmel spiegelt: ein schönes, melancholisches Bild für den Trost, den auch eine entmystifizierte Welt zu spenden vermag.
Islamisten werden das nie verstehen.
Das Bankhochhaus am Bahnhof Altona mit dem einst zerbrochenen Fenster unterm Dach, durch das der Einbrecher in den Tod sprang. Das Zeisekino, auf ewig verbunden mit dem ersten Sehen von „Fargo" (mit Frances McDormand, die den North-Dakota-Ausruf „Jesus!“ immer verkürzt herauszischt, als spräche sie von Käse: „Cheese!“).
Die Sonne, die sich im Winter durch die schwarzen Wolken wühlt, um einen Blick auf die Hafenkräne zu werfen. Oder jener nicht fixierbare, doch ideale Ort mitten auf der Elbe, wo unser Ausflugsschiff lag, als das Feuerwerk überm Hafen losging.
Ja, wie ein Aborigine, der uralten Songlines folgt, laufe ich manchmal durch die Stadt, und sie erzählt mir hundert Geschichten im konspirativen Timbre persönlicher Erinnerungen. Und wenn ich Glück habe, kommt jede Woche eine neue Geschichte, ein neues Bild hinzu.
Eins davon sehen wir fast jeden Abend: wie die Illumination St. Paulis die über uns hinwegziehenden Abendwolken einfärbt. Das Rotlichtviertel, das sich im Himmel spiegelt: ein schönes, melancholisches Bild für den Trost, den auch eine entmystifizierte Welt zu spenden vermag.
Islamisten werden das nie verstehen.
17 April 2007
And the winner is …
Ich nahm zwei Würfel und warf sie. Pasch 4. Die Quersumme ist 8.
Als nächstes ermittelte ich die Quersummen aller Uhrzeiten, zu denen der Beitrag von gestern kommentiert wurde. Denn der erste Kommentar mit der Quersumme 8 sollte den Gewinner der ausgelobten CD von Laura Veirs identifizieren.
Ganz einfach und völlig fair. Dachte ich. Doch herauskam – ich selbst … Künstlerpech.
Also neu würfeln: Pasch 1, Quersumme 2. Und diesmal klappte es – es gewann rainerhi, der Mann also, der sonst nie kommentiert! Ich bitte um deine Adresse per Mail, und die CD geht auf den Weg – natürlich versandkostenfrei.
Kommentiert werden darf übrigens trotzdem weiter. Ja, schlimmer noch: Wer ab jetzt nichts mehr sagt, gerät in Verdacht, nur aus merkantilen Erwägungen den Mund aufgemacht zu haben.
Und das will ja wohl keiner.
Als nächstes ermittelte ich die Quersummen aller Uhrzeiten, zu denen der Beitrag von gestern kommentiert wurde. Denn der erste Kommentar mit der Quersumme 8 sollte den Gewinner der ausgelobten CD von Laura Veirs identifizieren.
Ganz einfach und völlig fair. Dachte ich. Doch herauskam – ich selbst … Künstlerpech.
Also neu würfeln: Pasch 1, Quersumme 2. Und diesmal klappte es – es gewann rainerhi, der Mann also, der sonst nie kommentiert! Ich bitte um deine Adresse per Mail, und die CD geht auf den Weg – natürlich versandkostenfrei.
Kommentiert werden darf übrigens trotzdem weiter. Ja, schlimmer noch: Wer ab jetzt nichts mehr sagt, gerät in Verdacht, nur aus merkantilen Erwägungen den Mund aufgemacht zu haben.
Und das will ja wohl keiner.
16 April 2007
Laura Veirs zu verschenken
Die vielfältigen Probleme einer umfangreichen Plattensammlung ahnt man nicht im Entferntesten, wenn man sie noch nicht hat, die umfangreiche Plattensammlung.
Neben dem schieren Platzbedarf, der irgendwann zu diversen Reibungen bis hinein in eine ansonsten toll funktionierende Zweierbeziehung führt, stellt eine umfangreiche Plattensammlung auch enorme Anforderungen ans menschliche Gedächtnis. Zumindest an meins.
Manchmal stehe ich auf dem Flohmarkt und frage mich: Habe ich diese Platte schon oder nicht? Immer öfter auch freue ich mich kindlich über ein feines Fundstück, welches ich im besten Fall schon seit Jahren suchte und nun glückstrunken nach Hause trage, wo ich der frustrierenden Wahrheit ins Gesicht blicken muss. Sie lautet: Jetzt habe ich die Platte doppelt.
Heute Abend im Knust, beim Konzert von Laura Veirs, über die ich vor Äonen schon einmal ein bisschen bloggte, stand ich am Verkaufsstand und fragte mich angesichts ihrer CD „The Triumphs & Travails of Orphan Mae“ ratlos, ob ich mich eigentlich schon in der Gewissheit ihres Besitzes wiegen dürfe oder nicht.
Da ich das nicht nur innerlich, sondern auch vernehmlich für den Verkäufer tat, versuchte er sich an einer pragmatischen Lösung. „Buy it to make it sure“, sagte er listig. Ein Killerargument, wie ich bewundernd zugeben musste.
Also kaufte ich sie. Und jetzt habe ich sie doppelt. Die im Archiv ist allerdings eine gebrannte Promoversion, ich darf sie somit nicht einmal auf Ebay versteigern, weil man für so was natürlich sofort wieder gesperrt wird.
Praktisch veranlagte Blogleser drängt es jetzt sicherlich danach, mir ersatzweise den Verkauf der erst heute Abend erstandenen Original-CD nahezulegen, was zwar legal wäre, aber erst recht nicht in Frage kommt. Sie hat nämlich im Gegensatz zu der profan verpackten Kopie ein schönes rotes Pappcover (neudeutsch: Digipack), das ich nie mehr missen mag.
Nein, dann verschenke ich lieber die Gebrannte – im Rahmen einer Verlosung unter allen Kommentatoren dieses Beitrags. Es entscheidet allein der blinde Würfel und nicht die Qualität des Kommentars. Wobei ich natürlich niemand davon abhalten will, etwas Intelligentes zu sagen – was eine völlig unnötige Bemerkung ist, denn das Niveau der hiesigen Kommentare übersteigt eh meist die Qualität der Beiträge, und deshalb …
… verdammt, ich verzettle mich. Eine umfangreiche Plattensammlung verschlechtert offenbar nicht nur die Performance des Erinnerungsvermögens, sondern meine Geistesleistungen ganz allgemein.
Kurz: Wer die Platte haben will, soll was sagen.
Pasta.
Neben dem schieren Platzbedarf, der irgendwann zu diversen Reibungen bis hinein in eine ansonsten toll funktionierende Zweierbeziehung führt, stellt eine umfangreiche Plattensammlung auch enorme Anforderungen ans menschliche Gedächtnis. Zumindest an meins.
Manchmal stehe ich auf dem Flohmarkt und frage mich: Habe ich diese Platte schon oder nicht? Immer öfter auch freue ich mich kindlich über ein feines Fundstück, welches ich im besten Fall schon seit Jahren suchte und nun glückstrunken nach Hause trage, wo ich der frustrierenden Wahrheit ins Gesicht blicken muss. Sie lautet: Jetzt habe ich die Platte doppelt.
Heute Abend im Knust, beim Konzert von Laura Veirs, über die ich vor Äonen schon einmal ein bisschen bloggte, stand ich am Verkaufsstand und fragte mich angesichts ihrer CD „The Triumphs & Travails of Orphan Mae“ ratlos, ob ich mich eigentlich schon in der Gewissheit ihres Besitzes wiegen dürfe oder nicht.
Da ich das nicht nur innerlich, sondern auch vernehmlich für den Verkäufer tat, versuchte er sich an einer pragmatischen Lösung. „Buy it to make it sure“, sagte er listig. Ein Killerargument, wie ich bewundernd zugeben musste.
Also kaufte ich sie. Und jetzt habe ich sie doppelt. Die im Archiv ist allerdings eine gebrannte Promoversion, ich darf sie somit nicht einmal auf Ebay versteigern, weil man für so was natürlich sofort wieder gesperrt wird.
Praktisch veranlagte Blogleser drängt es jetzt sicherlich danach, mir ersatzweise den Verkauf der erst heute Abend erstandenen Original-CD nahezulegen, was zwar legal wäre, aber erst recht nicht in Frage kommt. Sie hat nämlich im Gegensatz zu der profan verpackten Kopie ein schönes rotes Pappcover (neudeutsch: Digipack), das ich nie mehr missen mag.
Nein, dann verschenke ich lieber die Gebrannte – im Rahmen einer Verlosung unter allen Kommentatoren dieses Beitrags. Es entscheidet allein der blinde Würfel und nicht die Qualität des Kommentars. Wobei ich natürlich niemand davon abhalten will, etwas Intelligentes zu sagen – was eine völlig unnötige Bemerkung ist, denn das Niveau der hiesigen Kommentare übersteigt eh meist die Qualität der Beiträge, und deshalb …
… verdammt, ich verzettle mich. Eine umfangreiche Plattensammlung verschlechtert offenbar nicht nur die Performance des Erinnerungsvermögens, sondern meine Geistesleistungen ganz allgemein.
Kurz: Wer die Platte haben will, soll was sagen.
Pasta.
Gut geklaut ist schlecht gebloggt
Niemand muss bloggen. Es gibt kein Gesetz, das uns dazu verpflichtet. Wer bloggt, tut das vollkommen freiwillig. Er möchte sich ausdrücken. Das dachte ich zumindest immer. Es gibt aber auch Menschen, die tun nur so, als würden sie bloggen. Heute habe ich dank des aufmerksamen bosch so jemanden kennengelernt.
Es ist eine junge Frau aus Hamburg. Ihr Blog sieht ganz normal aus. Alles ist da: Einträge in verblüffender Frequenz und von erstaunlichem Variantenreichtum, dazu eine Blogroll und mutigerweise sogar ein Porträtfoto. Zudem ein Impressum, in dem es heißt:
Insgesamt sechs Blogs – darunter „boschblog“ und „Die Rückseite der Reeperbahn“ – hat sie regelmäßig geplündert, die Einträge von verräterischen Spuren gesäubert und als eigene Schöpfungen in ihrem Blog veröffentlicht. Allerdings mit den gleichen Überschriften wie die Originale, was eher von beklemmender Naivität als von krimineller Intelligenz zeugt.
Bosch kam ihr auf die Spur und wies sie zurecht; jetzt ist ihr Fakeblog offline. Mich interessierte vor allem, warum sie das überhaupt getan hat, wie sie tickt – Motivationsforschung in den Schmuddelecken der Blogosphäre. Es kam die erbetene ehrliche Antwort: „Ich fand deine Beiträge sehr gut geschrieben“, mailte sie mir, „und wollte mich damit schmücken, um anderen zu gefallen.“
Eine Offenheit, die den Augenbalken auf dem heutigen Foto erst ermöglichte. Wir sechs Beklauten standen übrigens nicht auf ihrer Blogroll, das ist sehr verständlich. Aber sie hat aus meinen Beiträgen Ms. Columbo gestrichen. Und das verzeihe ich ihr erst nach einer mehrwöchigen Karenzzeit.
Es ist eine junge Frau aus Hamburg. Ihr Blog sieht ganz normal aus. Alles ist da: Einträge in verblüffender Frequenz und von erstaunlichem Variantenreichtum, dazu eine Blogroll und mutigerweise sogar ein Porträtfoto. Zudem ein Impressum, in dem es heißt:
„Die Betreiber der Seiten sind bemüht, stets die Urheberrechte anderer zu beachten bzw. auf selbst erstellte sowie lizenzfreie Werke zurückzugreifen. Die durch die Seitenbetreiber erstellten Inhalte und Werke auf diesen Seiten unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Beiträge Dritter sind als solche gekennzeichnet.“Alles scheint also harmlos und normal, doch es gibt einen gewaltigen Schönheitsfehler: Der Auszug aus dem Impressum ist der blanke Hohn. Denn die Einträge der jungen Frau sind geklaut.
Insgesamt sechs Blogs – darunter „boschblog“ und „Die Rückseite der Reeperbahn“ – hat sie regelmäßig geplündert, die Einträge von verräterischen Spuren gesäubert und als eigene Schöpfungen in ihrem Blog veröffentlicht. Allerdings mit den gleichen Überschriften wie die Originale, was eher von beklemmender Naivität als von krimineller Intelligenz zeugt.
Bosch kam ihr auf die Spur und wies sie zurecht; jetzt ist ihr Fakeblog offline. Mich interessierte vor allem, warum sie das überhaupt getan hat, wie sie tickt – Motivationsforschung in den Schmuddelecken der Blogosphäre. Es kam die erbetene ehrliche Antwort: „Ich fand deine Beiträge sehr gut geschrieben“, mailte sie mir, „und wollte mich damit schmücken, um anderen zu gefallen.“
Eine Offenheit, die den Augenbalken auf dem heutigen Foto erst ermöglichte. Wir sechs Beklauten standen übrigens nicht auf ihrer Blogroll, das ist sehr verständlich. Aber sie hat aus meinen Beiträgen Ms. Columbo gestrichen. Und das verzeihe ich ihr erst nach einer mehrwöchigen Karenzzeit.
15 April 2007
Alle Vöglein sind schon weg
Touristen schieben sich schwarmartig über die Landungsbrücken, die eklen Dieselschwaden der Schiffe hängen träg im traumhaften Tag, und wir suchen einfach nur Enten. Gerne auch Möwen.
Denn wir haben Brotkanten dabei, und Vögel sollen sie fressen, solange es keine Tauben sind, diese elenden Ratten der Lüfte.
Hierher aber, ans hochsommerliche Glitzerfunken sprühende Wasser, trauen sich die Tauben nicht. Sie fürchten sich vor der Aggessivität und den Hakenschnäbeln der Möwen. Aber wo sind die Möwen bloß? Und wo die Enten?
Wir sehen keine. Eine Brücke nach der anderen laufen wir zunehmend verwundert ab, doch die Elbe scheint jetzt, wo endlich die Lachse wieder da sind, vom gefiederten Volk völlig verlassen.
Wir sind schon wieder auf dem Rückweg, als ich auf dem kleinen Ponton unter Brücke 10 endlich ein faules Entenpaar entdecke. Es sitzt träg im Schatten des traumhaften Tages und verdöst die Mittagszeit, statt seiner evolutionären Pflicht zu folgen und Nahrung zu suchen.
Doch heute erweist sich Tatenlosigkeit als genau richtige Taktik im Sinne Darwins, und als das erste Stückchen Brot neben ihnen ins Wasser platscht, sind die beiden sofort hellwach – genauso wie die gefühlten dreißig Möwen, die urplötzlich aus dem Nichts materialisieren, als hätte Scotty sie hierher gebeamt, an die Landungsbrücke 10.
Wo, verdammt, waren diese Vögel die ganze Zeit? Und wie, in Phoenix’ Namen, kriegten sie die Mannalieferung derart schnell spitz?
Jedenfalls herrscht binnen Sekunden ein Hauen und Stechen. Wir versuchen die Enten zu bevorzugen, weil sie keine Chance hätten im Kampf mit den Möwen, doch wir haben eh genug für alle dabei.
Schon bald sind Enten und Möwen satt und prall und zunehmend desinteressiert. Ich kann Ms. Columbo zu Hause abliefern und sofort rübergehen zum Stadion, wo ich auf den letzten Drücker noch eine Schwarzmarktkarte fürs Spiel meines kleinen Stadtteilvereins gegen Holstein Kiel ergattere.
St. Pauli siegt 2:0, ich stehe in der Nordkurve träg im traumhaften Tag und hole mir – Mitte April – einen leichten Sonnenbrand auf beiden Lippen.
Ich liebe den Klimawandel.
13 April 2007
Rückenkerle
Heute um 16:18 Uhr MESZ erhielt ich eine Mail von „Arianna“. Sie trug den Betreff „Re: Interesting“. Dabei kann ich mich nicht erinnern, ihr eine Mail mit dem Betreff „Interesting“ geschickt zu haben, auf die sie hätte antworten können. Ja, ich kenne Arianna nicht einmal, aber sie offenbar mich.
Arianna hat die Mailadresse Arianna@brosonhos.com, und die Website, die sie mich in dürren Worten aufzusuchen bat, preist sie mit den Worten an: „Big back guys on little white girls“.
Das klingt nicht sehr fair, doch abgesehen davon scheint mir auch der Begriff „Rückenkerle“ erklärungsbedürftig. Deshalb bat ich Arianna, mir die Sachlage zu erklären:
Betreff: Re: Re: Interesting
Hi, Arianna,
don't you rather mean big „black“ guys?
Otherwise it's NOT interesting.
Leider blieb sie mir bisher eine Antwort schuldig. Vielleicht ist sie sauer, weil ich mich nicht für Rückenkerle interessiere.
Arianna hat die Mailadresse Arianna@brosonhos.com, und die Website, die sie mich in dürren Worten aufzusuchen bat, preist sie mit den Worten an: „Big back guys on little white girls“.
Das klingt nicht sehr fair, doch abgesehen davon scheint mir auch der Begriff „Rückenkerle“ erklärungsbedürftig. Deshalb bat ich Arianna, mir die Sachlage zu erklären:
Betreff: Re: Re: Interesting
Hi, Arianna,
don't you rather mean big „black“ guys?
Otherwise it's NOT interesting.
Leider blieb sie mir bisher eine Antwort schuldig. Vielleicht ist sie sauer, weil ich mich nicht für Rückenkerle interessiere.
12 April 2007
Huhn oder Chicken?
In den Filialen von Balzac Coffee gibt es Kaffeesorten wie Hazelnut, Breakfast Blend, Arabien Moca Java oder Vanilla Almond. Außer aufgebrühten Bohnengetränken haben sie dort auch „tägliche frische Produkte aus unserer eigenen Bakery“, zum Beispiel Baguettes. Die tragen ähnlich orginär deutsche Namen.
Obwohl Ms. Columbo keineswegs zu jener dumpfen Masse Mensch gehört, die das grassierende Deppendenglisch schafsgleich nachplappert, neigt sie in fremder Umgebung doch zu einer gewissen adaptiven Milde; deshalb nahm sie ihre Bestellung vorgestern im Balzac-typischen Duktus vor.
„Ein Baguette mit Chicken“, sagte sie.
„Das ist nicht mit Schinken“, korrigierte sie Frau Balzac, „das ist mit Huhn.“
So kann’s gehen, wenn man sich in fremde Sphären vorwagt. Heute war sie gleichwohl wieder bei Balzac. Kuriert von ihrem misslungenen Ausflug in die schwankende Welt des Denglisch ließ sie die Erfahrung von vorgestern einfließen.
„Ein Baguette mit Huhn“, sagte sie.
Die Antwort war keine Antwort, sondern eine Frage: „Grilled chicken?“
Was mich vor allem wundert: warum ein nach Honoré de Balzac benannter Laden, dessen Logo ein nackter Engel auf einem Motorroller ziert, seine Produktnamen nicht französisiert.
Egal: Ms. Columbo ist an beiden Tagen satt geworden. Und nur das zählt.
Obwohl Ms. Columbo keineswegs zu jener dumpfen Masse Mensch gehört, die das grassierende Deppendenglisch schafsgleich nachplappert, neigt sie in fremder Umgebung doch zu einer gewissen adaptiven Milde; deshalb nahm sie ihre Bestellung vorgestern im Balzac-typischen Duktus vor.
„Ein Baguette mit Chicken“, sagte sie.
„Das ist nicht mit Schinken“, korrigierte sie Frau Balzac, „das ist mit Huhn.“
So kann’s gehen, wenn man sich in fremde Sphären vorwagt. Heute war sie gleichwohl wieder bei Balzac. Kuriert von ihrem misslungenen Ausflug in die schwankende Welt des Denglisch ließ sie die Erfahrung von vorgestern einfließen.
„Ein Baguette mit Huhn“, sagte sie.
Die Antwort war keine Antwort, sondern eine Frage: „Grilled chicken?“
Was mich vor allem wundert: warum ein nach Honoré de Balzac benannter Laden, dessen Logo ein nackter Engel auf einem Motorroller ziert, seine Produktnamen nicht französisiert.
Egal: Ms. Columbo ist an beiden Tagen satt geworden. Und nur das zählt.
11 April 2007
Unschöne Begleiterscheinungen
Vorher hatte ich gar nicht über den Satz nachgedacht, doch in dem Augenblick, als ich ihn der jungen Frau an der Kinokasse sagte, bemerkte ich seine unschönen Begleiterscheinungen: „Zweimal den ,Wixxer’ bitte“, hörte ich mich sagen.
Allerdings blieb die Cinemaxx-Frau ungerührt – oder besser: abgebrüht, denn der Film ist ein Erfolg, und sie hat diesen Satz bestimmt schon hundertmal gehört.
Unschöne Begleiterscheinungen weist auch stets das Verzehren eines Döners im Stehen auf, und das heutige Foto dokumentiert, welche das sind – und warum Ms. Columbo und ich höchst selten beim Verzehren eines Döners angetroffen werden.
Aber einmal alle zehn Jahre eben doch, und unglücklicherweise habe ich genau dann einen Fotoapparat dabei. Na ja, wie eigentlich immer.
Allerdings blieb die Cinemaxx-Frau ungerührt – oder besser: abgebrüht, denn der Film ist ein Erfolg, und sie hat diesen Satz bestimmt schon hundertmal gehört.
Unschöne Begleiterscheinungen weist auch stets das Verzehren eines Döners im Stehen auf, und das heutige Foto dokumentiert, welche das sind – und warum Ms. Columbo und ich höchst selten beim Verzehren eines Döners angetroffen werden.
Aber einmal alle zehn Jahre eben doch, und unglücklicherweise habe ich genau dann einen Fotoapparat dabei. Na ja, wie eigentlich immer.
10 April 2007
Ein Stofftier, aber nicht Knut
Ja, irgendein Wahnsinniger ist hinabgestiegen ins Gleisbett am S-Bahnhof Reeperbahn. Er hat die Gleise überquert, den Hammer ausgepackt und einen Nagel in die Fahrplanwand geschlagen. Um ein kleines schwarzes Stofftier mit gelben Füßchen daran aufzuhängen.
Dann ist er wieder über die Gleise zurückgestiegen. Er ist hochgeklettert auf den Bahnsteig, hat auf den nächsten Zug gewartet und ist davongefahren.
Wer immer das war, er muss die ganze Aktion lebend überstanden haben. Auf dem Hinweg hatte er die Starkstromleitung ja evidenterweise nicht berührt, sonst hinge jetzt kein Stofftier da. Und wäre ihm der Rückweg letal misslungen und hätte die Polizei seine verkohlten Überreste von den Gleisen schaben müssen, dann wäre einem der Beamten sicher das kleine schwarze Stofftier mit den gelben Füßchen am Fahrplanplakat aufgefallen, und er hätte es abgenommen.
Nein, der Wahnsinnige muss das alles wirklich lebend überstanden haben. Um welches Stofftier es sich handelt, konnte ich nicht genau erkennen, und zur Beweissicherung hinabsteigen wollte ich nicht.
Eins jedenfalls ist sicher: Es ist nicht Knut.
Dann ist er wieder über die Gleise zurückgestiegen. Er ist hochgeklettert auf den Bahnsteig, hat auf den nächsten Zug gewartet und ist davongefahren.
Wer immer das war, er muss die ganze Aktion lebend überstanden haben. Auf dem Hinweg hatte er die Starkstromleitung ja evidenterweise nicht berührt, sonst hinge jetzt kein Stofftier da. Und wäre ihm der Rückweg letal misslungen und hätte die Polizei seine verkohlten Überreste von den Gleisen schaben müssen, dann wäre einem der Beamten sicher das kleine schwarze Stofftier mit den gelben Füßchen am Fahrplanplakat aufgefallen, und er hätte es abgenommen.
Nein, der Wahnsinnige muss das alles wirklich lebend überstanden haben. Um welches Stofftier es sich handelt, konnte ich nicht genau erkennen, und zur Beweissicherung hinabsteigen wollte ich nicht.
Eins jedenfalls ist sicher: Es ist nicht Knut.
09 April 2007
Der Ebay-Idiotentest
Wenn man als Verkehrssünder in Flensburg fleißig punktet, muss man irgendwann zu einer Untersuchung, die der Volksmund nicht ganz zu Unrecht „Idiotentest“ getauft hat. So etwas gibt es auch bei Ebay, wie ich gerade schmerzlich am eigenen Leib erfahren muss.
Wir erinnern uns: Das Online-Auktionshaus hatte mich auf Betreiben des Fußballclubs HSV gesperrt. Bevor ich wieder etwas versteigern darf, soll ich also den Online-Idiotentest bestehen.
Ebay nennt das natürlich nicht Idiotentest, sondern „Info-Tour zum Thema Schutz gewerblicher Schutzrechte und geistigem Eigentums“ (sic!). Nun muss ich im Multiple-Choice-Verfahren neun Fragen beantworten – und die vorgeschlagenen Antworten legen nahe, dass Ebay mich wirklich für einen Idioten hält.
Eine Aufgabe lautet: „Sie haben einen Film mit einem DVD-Brenner kopiert und möchten diese DVD nun bei eBay verkaufen. eBay löscht daraufhin Ihr Angebot. Warum?“ Und als Option zum Kreuzchenmachen wird mir u. a. das hier offeriert: „b. Sie haben vergessen, den Abspann des Films auf die DVD zu kopieren.“
So geht das weiter: Ein toller Vorschlag für die Qualitätssteigerung von Auktionen jagt den nächsten. Gleichwohl möchte Ebay mich ganz offensichtlich dazu bewegen, immer den langweiligsten Vorschlag anzukreuzen, was ich natürlich tue – ich will schließlich wieder in die Gemeinschaft der Onlineversteigerer aufgenommen werden; man fühlt sich sonst wie ein halber Mensch.
Wer den amüsanten Idiotenparcours einmal selbst durchstolpern möchte, kann das völlig gefahrlos tun, denn einloggen muss man sich erst am Ende, aber halt nur Leute wie ich: Gesperrte, Parias, Aussätzige.
Ach ja: Ich habe bestanden und darf wieder versteigern. Und natürlich werde ich künftig keinesfalls vergessen, auch den Nachspann meiner eingestellten DVDs mitzukopieren.
Denn ich bin doch nicht blöd – sondern ganz und gar im Besitz meines geistigem Eigentums.
Wir erinnern uns: Das Online-Auktionshaus hatte mich auf Betreiben des Fußballclubs HSV gesperrt. Bevor ich wieder etwas versteigern darf, soll ich also den Online-Idiotentest bestehen.
Ebay nennt das natürlich nicht Idiotentest, sondern „Info-Tour zum Thema Schutz gewerblicher Schutzrechte und geistigem Eigentums“ (sic!). Nun muss ich im Multiple-Choice-Verfahren neun Fragen beantworten – und die vorgeschlagenen Antworten legen nahe, dass Ebay mich wirklich für einen Idioten hält.
Eine Aufgabe lautet: „Sie haben einen Film mit einem DVD-Brenner kopiert und möchten diese DVD nun bei eBay verkaufen. eBay löscht daraufhin Ihr Angebot. Warum?“ Und als Option zum Kreuzchenmachen wird mir u. a. das hier offeriert: „b. Sie haben vergessen, den Abspann des Films auf die DVD zu kopieren.“
So geht das weiter: Ein toller Vorschlag für die Qualitätssteigerung von Auktionen jagt den nächsten. Gleichwohl möchte Ebay mich ganz offensichtlich dazu bewegen, immer den langweiligsten Vorschlag anzukreuzen, was ich natürlich tue – ich will schließlich wieder in die Gemeinschaft der Onlineversteigerer aufgenommen werden; man fühlt sich sonst wie ein halber Mensch.
Wer den amüsanten Idiotenparcours einmal selbst durchstolpern möchte, kann das völlig gefahrlos tun, denn einloggen muss man sich erst am Ende, aber halt nur Leute wie ich: Gesperrte, Parias, Aussätzige.
Ach ja: Ich habe bestanden und darf wieder versteigern. Und natürlich werde ich künftig keinesfalls vergessen, auch den Nachspann meiner eingestellten DVDs mitzukopieren.
Denn ich bin doch nicht blöd – sondern ganz und gar im Besitz meines geistigem Eigentums.
Im Totenpark
„Komm, wir probieren’s einfach!“, schlägt Ms. Columbo fröhlich Schwarzfahren vor, nachdem wir planen, den größten Parkfriedhof der Welt in Ohlsdorf zu besuchen und ich auf die mangelnde Reichweite unserer Monatskarte verwiesen habe.
„Früher“, tadle ich sie streng, „warst du eine anständige junge Frau, und jetzt planst du Gesetzesbrüche! Was ist bloß aus dir geworden?“ Sie bestreitet meine Analyse keineswegs, führt aber vor allem meinen schlechten Einfluss ins Feld. Mist, sie hat Recht.
Daher schlage ich verschärfend vor, wir könnten heute nachmittag ja Blumen von den Ohlsdorfer Gräbern klauen, das sei bestimmt noch verwegener als schwarzfahren. „Nein“, erwidert Ms. Columbo entschieden, „meine Gegner müssen sich wehren können.“
Also bleibt es beim abschnittsweisen Schwarzfahren, was durchaus zur aufregenden Episode gerät, denn am Jungfernstieg steigt ein Uniformierter der Hochbahn zu, platziert sich nur wenige Sitze entfernt gegenüber und bleibt bis Ohlsdorf (zum Glück tatenlos) sitzen, das sind gefühlte 34 Stationen.
Vorm Haupteingang des Friedhofs stoßen wir auf ein Bestattungsinstitut, welches die populäre Philosophie des „Geiz ist geil“ behutsam in seinen Tätigkeitsbereich überführt hat. Dennoch scheinen mir die beiden Wörter „Sarg“ und „Discount“ noch ein wenig zu fremdeln, aber das war ja bis vor kurzem auch noch mit „Billig“ und „Flug“ so.
Man sollte niemals Avantgardisten in ihrem Tun behindern.
„Früher“, tadle ich sie streng, „warst du eine anständige junge Frau, und jetzt planst du Gesetzesbrüche! Was ist bloß aus dir geworden?“ Sie bestreitet meine Analyse keineswegs, führt aber vor allem meinen schlechten Einfluss ins Feld. Mist, sie hat Recht.
Daher schlage ich verschärfend vor, wir könnten heute nachmittag ja Blumen von den Ohlsdorfer Gräbern klauen, das sei bestimmt noch verwegener als schwarzfahren. „Nein“, erwidert Ms. Columbo entschieden, „meine Gegner müssen sich wehren können.“
Also bleibt es beim abschnittsweisen Schwarzfahren, was durchaus zur aufregenden Episode gerät, denn am Jungfernstieg steigt ein Uniformierter der Hochbahn zu, platziert sich nur wenige Sitze entfernt gegenüber und bleibt bis Ohlsdorf (zum Glück tatenlos) sitzen, das sind gefühlte 34 Stationen.
Vorm Haupteingang des Friedhofs stoßen wir auf ein Bestattungsinstitut, welches die populäre Philosophie des „Geiz ist geil“ behutsam in seinen Tätigkeitsbereich überführt hat. Dennoch scheinen mir die beiden Wörter „Sarg“ und „Discount“ noch ein wenig zu fremdeln, aber das war ja bis vor kurzem auch noch mit „Billig“ und „Flug“ so.
Man sollte niemals Avantgardisten in ihrem Tun behindern.
08 April 2007
Bei den Osterfeuern
Was ist bloß so interessant daran, der zerstückelten Leiche eines Baumes dabei zuzusehen, wie sie ihre zeitlebens mühsam akkumulierte Energie in Form von Licht und Hitze vergleichsweise schlagartig wieder abgibt?
Keine Ahnung, doch auch wir entern an der Reeperbahn bei einbrechender Dunkelheit den überfüllten 36er-Bus, um unten an der Elbe die Osterfeuer brennen zu sehen.
Der Wind bläst von Westen her, wo jenes Meer liegt, das uns eines Tages alle überfluten wird, und deshalb riechen wir die Feuer, lange bevor wir sie sehen. Ironischerweise fördern die sinnlosen Osterfeuer genau jenen Effekt, der einst das Meer dazu bewegen wird, uns alle zu überfluten, doch heute Abend ist es noch nicht so weit.
Und als wir vor den Feuern stehen, lodert sogleich die archaische Faszination des Flammenstarrens wieder auf; sie muss uns ganz tief in den Genen liegen, und wahrscheinlich würden wir aus den gleichen Gründen auch problemlos den Geschmack eines Mammuts wiedererkennen.
Es ist heiß an den Feuern, doch der Wind, der von Westen her weht, ist kalt und böse, und statt uns in irgendeiner der Strandkneipen von innen her mit flüssiger Wärme auszukleiden, steigen wir wieder in den Bus, fahren nach Hause und legen einen Horrorfilm auf, den wir aus mehreren Gründen nach der Hälfte abbrechen.
Keine Ahnung, doch auch wir entern an der Reeperbahn bei einbrechender Dunkelheit den überfüllten 36er-Bus, um unten an der Elbe die Osterfeuer brennen zu sehen.
Der Wind bläst von Westen her, wo jenes Meer liegt, das uns eines Tages alle überfluten wird, und deshalb riechen wir die Feuer, lange bevor wir sie sehen. Ironischerweise fördern die sinnlosen Osterfeuer genau jenen Effekt, der einst das Meer dazu bewegen wird, uns alle zu überfluten, doch heute Abend ist es noch nicht so weit.
Und als wir vor den Feuern stehen, lodert sogleich die archaische Faszination des Flammenstarrens wieder auf; sie muss uns ganz tief in den Genen liegen, und wahrscheinlich würden wir aus den gleichen Gründen auch problemlos den Geschmack eines Mammuts wiedererkennen.
Es ist heiß an den Feuern, doch der Wind, der von Westen her weht, ist kalt und böse, und statt uns in irgendeiner der Strandkneipen von innen her mit flüssiger Wärme auszukleiden, steigen wir wieder in den Bus, fahren nach Hause und legen einen Horrorfilm auf, den wir aus mehreren Gründen nach der Hälfte abbrechen.
06 April 2007
Definiere dialektisch
Jener abgebildete Philippino, der sich heute aus Karfreitagsgründen geißeln zu müssen glaubte, hat während seines blutigen Tuns offenbar sorgfältig darauf geachtet, das oben auf seinem Rücken eintätowierte affengeile Busenwunder unbeeinträchtigt zu lassen.
Hätte ich mich nicht einst mit Hegel und Marx beschäftigt, stünde ich ratlos und frappiert vor diesem Bild; so aber kann ich es einfach dialektisch nennen und zur Tagesordnung übergehen.
Frohe Ostern.
Hätte ich mich nicht einst mit Hegel und Marx beschäftigt, stünde ich ratlos und frappiert vor diesem Bild; so aber kann ich es einfach dialektisch nennen und zur Tagesordnung übergehen.
Frohe Ostern.
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