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02 Mai 2007
Ein Schrei für die Ewigkeit
Color Line Arena, gestern. In wenigen Augenblicken werden Tokio Hotel auftreten. Die Lichter gehen aus, und da ist sie, die Essenz des Pop: ein Schrei aus zehntausend Teeniekehlen. Unisono, hochfrequent, ein Tsunami aus Schall (den der Clip oben nur lachhaft dünn wiederzugeben in der Lage ist).
Mir stellen sich die Haare auf, und ich sehe mich selbst, wie ich den Kopf schüttle und fassungslos lache, wie ich mir die Hände auf die Ohren presse. Ja, das ist sie, die Essenz des Pop: das reine, hemmungslose, pure Gefühl der Erwartung und der bevorstehenden Erlösung. Die zum Schrei geronnene Emotion. Das Hier und Jetzt, die nie mehr endende Gegenwart, die Diktatur der Körperchemie.
Zehntausend Stimmen schreien einen einzigen Schrei, und mir wird klar, was für ein Handicap die Ratio sein kann. Und ich ertappe mich dabei, wie ich die schreigewordenen Teenies beneide um die Reinheit und Totalität ihres Gefühls.
Etwas in dieser Intensität hatte ich nie. Für die Beatles war ich viel zu jung, und gefangen auf dem Dorf hätte mir die Gnade einer früheren Geburt eh nichts genützt. Erst mit 16 schaffte ich es auf die ersten großen Konzerte, aber das ist viel zu spät für den essenziellen Schrei, in dem das ganze Leben steckt und tief versteckt und unbewusst auch das Gegenteil davon.
Das alles wird mir klar beim Konzert von Tokio Hotel in der Color Line Arena, und dafür werde ich der Band ziemlich lange dankbar sein.
Auch wenn sie den Abend in eine Melancholie tünchten, die lange nachhallen wird.
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So, liebe Tokio Hotel Fans, die ihr in kürze scharenweise per Google über diesen Blogpost herfallen werdet:
AntwortenLöschenMatt ist der Onkel von Bill!
Er wird Euch sicher ein Autogramm besorgen ;-)
Ich kenne diesen Schrei, ich durfte in im letzen Jahr schon in München vernehmen. Gefühle sind im wahrsten Sinn des Wortes wunderbar, nicht?
AntwortenLöschenMatt, bist du mir sehr böse, wenn ich diesen Clip nicht öffne? Mir wird so leicht speiübel bei solchen Dingen.
AntwortenLöschenUnd dann ist es so, du hättest 12, 13, 14, 15, 16 oder auch 17 sein können, du hättest sicher nie so geschrieen. Dafür muss man erstens Mädchen sein und zweitens irgendwie gefühlsmäßig total durchgeknallt. Meine Tochter fuhr und fährt auf Eminem ab. Die war auch schon bei Eminem im Konzert und ich war dabei. Im sicheren Abstand, weil ich ihr die Peinlichkeit Vater ersparen wollte. Sie hatte also vollste Entfaltungsmöglichkeiten. Sie ist zwar ziemlich abgegangen, was davon zeugt, dass sie sich von ihrem Vater unbeobachtet gefühlt hatte, aber hysterisch gekreischt hat sie nicht. Sie hat mit ihren Freundinnen einfach nur getanzt. Wild zwar, aber ohne Gekreische. Und bei Eminem hat kein einziges Girly gekreischt, die haben einfach nur wild getanzt. Und somit stehe ich auf dem Standpunkt, kreischende Teenies auf einem Konzert haben einfach einen an der Waffel. Das hat nichts mit Reinheit der Gefühle zu tun. Und es bedarf einer durchgeknallten Teenieband um kreischende Teenager um sich zu versammeln. Und insofern sind mir Hip-Hopper vom Schlage Eminem um ein vielfaches lieber. Da bleiben die Mädels irgendwie auf dem Teppich.
Eine der besten Konzert-Rezensionen, die ich kenne, ist Ihnen da gelungen.
AntwortenLöschenFuck Eminem.
AntwortenLöschenStefan, gib es zu: Du hast den Clip DOCH angeklickt.
AntwortenLöschenGeht mal auf ein Udo Jürgens Konzert - da sehr ihr kreischende Omas :)
AntwortenLöschenDieses Durchknall-Dingens hat man miktunter aber auch später noch. Ich weiß bis heute nicht, wie ich Depeche Mode, Prag 2001, Innenraum, überleben konnte. In der ersten Sekunde des Konzerts sind die Massen in der Halle explodiert. Und das war nur das Warmwerden. Allerdings war der Geräuschpegel dann doch von der Oktavenhöhe um einiges, nun ja, angenehmer.
AntwortenLöschenMatt, mittlerweile bedaure ich ja fast, daß ich nicht dabei war. Aber das, was Sie da beschreiben, durfte ich noch nie miterleben. Eigentlich würde es Zeit.
AntwortenLöschenStefan, Du hast einmal recht und einmal unrecht. Richtig ist, dass das mit dem Kreischen wirklich nur Mädchen machen. Matt hätte also zu jeder beliebigen Zeit geboren sein können, sein persönliches Kreisch-Comingout hätte er nie erlebt. Aber: Was ist denn gegen temporär emotional durchgeknallte Mädchen zu sagen? Gegen das zeitweilige Ausschalten aller Vernunft? Gegen Mal-nicht-auf dem Teppich-bleiben-sondern irgendwo-über-den-Wolken-schweben? Vernünfti, kontrolliert und bodenständig können sie dann später noch den ganzen Rest ihres Lebens sein.Ich glaube, das genau ist es, was Matt meint. Andererseits kann ich mir gut vorstellen, dass man als Erziehungsberechtigter eines jungen Mädchens für solche schwärmerischen Überlegungen eher wenig Sinn hat.
AntwortenLöschenAußerdem machen wir als Männer das ja auch. Oder warum besaufen wir uns, koksen uns die Nasen weg, kiffen uns lethargisch? Doch auch nur, um mal dem Bodenständigen zu entfliehen, um mal den eigenen Gedanken völlig freien Lauf zu lassen, einmal nicht in den normalen Konventionen denken.
AntwortenLöschenDa erscheint so ein Konzert irgendwie harmloser und daher eher geeignet für Teenager.
ich finde das ein sehr hübsches und liebenswertes Phänomen.
AntwortenLöschenBei uns im Familien- und Freundeskreis hat sich daraus ein eigenes Spiel entwickelt: Egal wann, egal wo, egal von wem das Wort "Tokio Hotel" fällt, schreien alle eingeweihten kurz aber extatisch auf. Köstlich. Das ganze funktioniert sogar, wenn man allein oder nur zu zweit unterwegs ist. Der Schrei kommt, und dann gibt es an alle anderen eine Sammel-SMS.
Übrigens - so ein kurzer Schrei entspannt ungemein.
Ein gemeinschaftlicher Urschrei sozusagen - Primärtherapie nach Janov.
AntwortenLöschender beschriebene tatbestand kommt doch durchaus einem phänomen gleich, das gemeinhin als >klassische konditionierung< bekannt ist.
AntwortenLöschen"tokio hotel". "aah". "bill". "aah".
"wer hat den hund von der leine gelassen?" - "der gehört pawlow."
bei mir konnte sich ebenfalls bis heute keine kreisch-phase einstellen. diese ist wohl tatsächlich teenager-mädchen vorbehalten.
@Matt
AntwortenLöschennein, ich bin standhaft geblieben. Das muss aber nicht für die Ewigkeit gelten...
@Opa
so eine Aussage lässt mich und auch meine Tochter kalt. Im Gegensatz zu Tokio-Hotel Fans. Die würden dich bei so einer Aussage taubkreischen.
Was machen eigentlich "The Teens" heute? :-)
AntwortenLöschenPlanen mit Sicherheit ihre Reunion – und verhandeln gerade über einen Vertrag als Vorband der Bay City Rollers.
AntwortenLöschenkommen die BCR tatsächlich zurück? die bandgründung liegt doch fast 4 jahrzehnte zuück...
AntwortenLöschenwer hat eigentlich diesen grassierenden reunion-wahn asugelöst? the who gibts wieder, genesis sind wieder zusammen und jetzt noch die BCR? da bewegt sich was.
ich hoffe dringlichst, die libertines mögen sich anschließen.
Nein, nein, die Rollers fielen mir einfach nur gerade ein. Ich will hier nicht den Teufel an die Wand malen.
AntwortenLöschenThe Who gab es übrigens immer irgendwie noch, auch wenn die Band durch das Ableben zweier Mitglieder stetig schrumpfte.
Ich klickte und wähnte mich im Norden von Bird Island /Seychellen.
AntwortenLöschenGenau dieses Geschrei machen Millionen von Seevögel abends bei der
Rückkehr zu ihren Brutplätzen.
Evolution? Back to the eggs?
www.baycityrollers.de
AntwortenLöschenWobei der rechts auf dem Foto so ein bißchen wie ein gealteter Stefan Raab aussieht.
beruhigend, matt. ich hätte es im grunde auch als ironie einzustufen gewusst, aber irgendwie war mir, als hätte ich diesbezüglich schon einmal ein gerücht gehört. aber da irre ich wohl.
AntwortenLöschenbetreffend "the who": richtig, ja. reunion trifft es nicht perfekt im herkömmlichen wortsinn. neounion vielleicht? oder das allseits beliebte "comeback".