23 September 2018

Reeperbahnfestival 2018: Fotonachlese


Festival Village auf dem Heiligengeistfeld 


Basisausrüstung


Livebühne auf dem Spielbudenplatz; Eingangsbereich Bahnhof Pauli


Botschaft der geplagten Nachbarn des Nochtspeichers, die sich mit dem Club einen Eingang teilen


Die Präsenz der DSGVO auf dem Festival 


Die Schuhe der färöischen Sängerin Frum


Es werde Licht bei Jungle im Docks


Klaus Voormanns Porträt von Paul McCartney in der Arrestzelle auf der Davidwache (Festival Village)


Vorm Sommersalon


Spielbudenplatz


Vorm Panikmuseum


Was nicht rostet – auch nicht bis zum Festival im nächsten Jahr.
Versprochen.


20 September 2018

Alles wackelt – auch dank Günter Zint


Reeperbahnfestival! Jedes Jahr der höchste Höhepunkt in einem an Höhepunkten wahrlich nicht armen Viertel. Reeperbahnfestival heißt: sich über den Kiez treiben lassen, der von unzähligen Indieacts- und -bands zum Wackeln gebracht wird, mal in diesem Club vorbeischauen, mal in jenem (gilt natürlich auch für den Astra-Stand), und irgendwann ist es plötzlich nach Mitternacht und man freut sich auf morgen.

Bei dem Londoner Soulfunker Joel Culpepper in Angie’s Nightclub überzeugt vor allem das Outfit und sein Prince-Falsett, doch als er fragt, ob es cool sei, wenn er das Publikum ein wenig einbeziehe, muss ich mich leider absentieren. Ich gehöre zu jenem misanthropischen Publikumsteil, der auf keinen Fall einbezogen werden möchte, weder zum Mitklatschen noch -singen und erst recht nicht zum Auf-die-Bühne-geholt-Werden. Also tschüs, Joel – und hallo Frum

Die blonde färöische Sängerin führt eine Art Nachthemd aus und dazu etwas klobig Sneakerartiges, worauf man sich vor allem deswegen gut konzentrieren kann, weil ihre Stimme zu leise abgemischt ist. Im Publikum: die legendäre, ebenso winzige wie einen grotesk hoch aufragenden Hut tragende Sängerin, Komponistin und Produzentin Linda Perry.

Ach, ich weiß noch, welch ein Wahnsinns-Wow anno 1992 ihr 4-Non-Blondes-Song „What’s up” beim allerersten Ohrkontakt auslöste – und wie unerträglich das Stück beim tausendsten Mal geworden war. Dieses Schicksal – es tausendmal hören zu müssen – blieb in der ganzen westlichen Hemisphäre damals wohl keinem erspart. Ein Supersuperhit. Und jetzt steht Frau Perry hier im Nochtspeicher, starrt auf das Nachthemd einer Färöerin, deren Stimme zu leise abgemischt ist, und denkt wahrscheinlich: kein Supersuperhit, nirgends.

Auf dem Weg die Davidstraße runter stelle ich fest, dass der an einem Band um meinen Hals baumelnde Presseausweis des Reeperbahnfestivals die Huren so zuverlässig fernhält wie eine Knoblauchknolle Dracula. Bis jemand von links ein „Matthias, kommst du mal her?“ flötet. Da hat eine ziemlich gute Augen und meinen Namen auf dem Ausweis identifiziert. Er ist also doch keine Knoblauchknolle.

Vorm Sankt-Pauli-Museum, wo später zu Elektrobeats und Landschaftsfilmen eine verzaubernde Frauenstimme zu hören sein wird, die überraschenderweise einem muskulösen kahlköpfigen Franzosen namens Temperance gehört, treffe ich das Kiezurgestein schlechthin: Günter Zint.  

Wenn einer sowohl ein Chronist St. Paulis als auch der linken Protestbewegung der alten Bundesrepublik ist, dann der 77-Jährige mit seiner halben Brille, über deren Rand er dich mit gesenktem Kopf mustert. Irgendjemand müsste Günter mal über die immense Nützlichkeit von Gleitsichtbrillen informieren, aber dann wäre auch sein Markenzeichen flöten. Also lieber doch nicht. Der Mann war einst an allen Brennpunkten, Startbahn West, Gorleben, er war mit Wallraff undercover, und ich wundere mich ein bisschen, wieso er augenblicks nicht durch den Hambacher Forst kraxelt.

Weil er sich um sein Museum kümmert, vor dem ein Verkehrsschild steht, an dem er gerade wackelt. „Ich geb dir 200 Euro“, raunt er mir zu, „wenn du dieses Schild hier mit der Flex abschneidest.“ Das Schild informiert darüber, dass die Einfahrt in die Friedrichstraße zwischen 20 Uhr abends und 5 Uhr morgens verboten ist. Aber es steht halt auch direkt vorm Eingang von Zints Museum. „Dieses Schild“, sagt er und rüttelt wieder dran, „ist auf jedem Scheißtouristenfoto des Museums zu sehen!“

Eine junge Frau, die sich als eine Groninger Booking-Assistentin namens Myrte entpuppt, hört amüsiert mit, und Zint sagt: „Ich gebe dir 300 Euro …“ (was hier, in der Davidstraße, ein noch missverständlicheres Angebot sein dürfte als in irgendeiner anderen Straße Europas) „… wenn du das Schild hier mit einer Flex umlegst!“ Für mich 200, für sie 300. Schon verstanden.

Das Schild steht heute morgen übrigens immer noch da, das Reeperbahnfestival geht in seinen zweiten Tag, und plötzlich wird es Mitternacht sein, und man freut sich auf morgen.



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16 September 2018

Aller guten (Blog-)Dinge sind 13


Dass dieses Blog im Lauf der vergangenen zwölf Monate den viermillionsten Besucher begrüßen durfte, ist angesichts der erneut dramatisch eingebrochenen Veröffentlichungsfrequenz schon verwunderlich. Und ein wenig beschämend für den inhaltlich Verantwortlichen. 

Denn was finden Neuankömmlinge hier vor? Vor allem einen Riesenberg Vergangenheit. Das muss anders werden (sage ich mir jedes Jahr). Schließlich passieren hier auf St. Pauli immer noch Dinge. Erwähnenswerte Dinge. Wie neulich beim Kiezbäcker, als ich in der Schlange hinter einem gutgelaunten jungen Mann afrikanischer Provenienz darauf wartete, die im Dauerabonnement vorbestellten Karottenbrötchen abzuholen.

Als der junge Mann mich erblickte, drehte er sich um, hob überraschenderweise die Hand zum High Five und sagte mit einem Strahlen, dessen man wahrscheinlich nur dann fähig ist, wenn man neulich in einem lecken Schlauchboot die Mittelmeerpassage überlebt hat: „Germany is the greatest country in the world – because I’m here!“ Eine Logik, die holperte, aber nur auf den ersten Blick. Ich wusste jedenfalls sofort, was er meinte, und schlug grinsend ein. 

Das war noch vor Chemnitz, und vielleicht ist Germany in puncto Greatness für ihn inzwischen auf Platz zwei  oder drei abgerutscht, aber er freut sich mit Sicherheit noch immer, hier zu sein – und ich freue mich noch immer, mit Typen wie ihm beim Kiezbäcker eine Warteschlange zu bilden. 

Wahrscheinlich wird es allerdings eine Weile dauern, bis der neue Mitbürger ausreichend Deutsch gelernt hat, um die denglischen Kalauer zu dechiffrieren, die zurzeit vor allem Foodtrucks befallen wie Wespen heute meinen Tartufobecher in einer Eisdiele in der Stader Altstadt. Zur Beweisführung mögen die hier präsentierten Fotos von Beispielen gelten, die ich allesamt auf dem Spielbudenplatz auf frischer Tat ertappte.

Und jetzt feiere ich den 13. Bloggeburtstag, möglicherweise mit einem mitternächtlichen Ratsherrenpils. High Five!





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06 September 2018

Die Bilder des Monats


Während die Welt sich mehrheitlich darauf geeinigt hat, dass Männer gefälligst im Sitzen zu pieseln haben, fordert das Café Caravela unsereins schon beim Betreten der Örtlichkeit zum Gegenteil auf. Mit den Reinigungskräften war das gewiss nicht abgestimmt. Entdeckt in den Colonnaden.



Nannte man das früher nicht „Praxis für Schönheitschirurgie“? Schön, dass man hier wieder auf ein putziges einheimisches Wort zurückgreift, wenngleich man es versäumte, den Deppenbindestrich zu vermeiden. Aber man kann nicht alles haben. Entdeckt in Eppendorf.


Wer anhand dieser Takelage das zugehörige Segelschiff korrekt identifizieren kann, kriegt einen Bommerlunder ausgegeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, und nicht mitspielen darf Amerigo Vespucci. Entdeckt an den Landungsbrücken.



Letzte Sommertage an der Außenalster. Bald werden Sie diesbezüglich hier Niesel- und Nebelbilder vorfinden.



Entdeckt auf dem Schlachthofflohmarkt. Apropos passgenau:


Ich stelle mir gerne vor, dass dieser Käfer stundenlang ruhelos über den Kiez karriolte und trotz einer Vielzahl von Parkmöglichkeiten (bitte lachen Sie JETZT) solange weitersuchte, bis er einen ästhetisch perfekt passenden Abstellplatz entdeckt hatte. Und siehe, es war gut. Entdeckt in der Seilerstraße.



Das Schild hat Recht, wahrscheinlich sogar in beiderlei Hinsicht. Entdeckt im Niendorfer Gehege.



Weiß irgendjemand, wozu dieser Automat gut ist? Was er ausspucken würde, würfe man Münzen ein? Wo überhaupt der Einwurfschlitz ist? Wo das Ausgabefach? Und ob das überhaupt ein Automat ist? Jedenfalls steht das Ding mit dem perfekten Unterbau natürlich auf dem Kiez, nämlich vor der Toilette des Sommersalons auf dem Spielbudenplatz, und es gäbe keinen besseren Ort dafür.



Kräne gab es hier schon lang nicht mehr. Grund genug.



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