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13 Januar 2021

Puffs haben zu, aber es gibt ja Penny

2007 lief auf Spiegel TV eine Reportage über die Penny-Filiale auf der Reeperbahn, die zum medialen Dauerbrenner geworden ist, nicht nur im Fernsehen, wo sie immer und immer wieder läuft, sondern auch im Internet. Auf YouTube etwa haben die mundgerecht portionierten 25-Minuten-Häppchen des abendfüllenden Films kumuliert zig Millionen Zugriffe.


Die Faszination dieser Reportage liegt natürlich an den Figuren, die sie vorstellt. Es sind vor allem Arme und Armselige, Gestrandete und Obdachlose, Verhaltensauf- und -ausfällige aus den lichtlosen Ecken des Biotops St. Pauli – und typischen Mittelschichtlern (wie uns) liefert der Film die kostenlose Gelegenheit, sich diesen Menschen mit einer Mischung aus Grusel, Mitleid und Empathie zu widmen. Wir dürfen uns kopfschüttelnd fragen, wie man so leben und überleben kann, mitten in Deutschland, mitten in der Ersten Welt. Und wir dürfen uns gut fühlen, weil wir bei manchen dieser Drop-outs das wärmende Bedürfnis verspüren, sie zu knuddeln (sofern sie nicht allzu streng riechen).

Man kann nur hoffen, dass die Macher dieser Reportage damals, vor vierzehn Jahren, von allen Porträtierten und Vorgeführten ordnungsgemäß Einwilligungen zur Ausstrahlung eingeholt haben – und dass alle Porträtierten und Vorgeführten sich wenigstens halbwegs darüber im Klaren waren, was diese Einwilligung für sie und ihr künftiges Leben bedeuten würde. Nämlich wenig Gutes.

Einige von ihnen wird man wohl nicht mehr danach fragen können. Für die schon damals (auch von uns) gut frequentierte Penny-Filiale auf der Reeperbahn aber war diese – wie nennt man das heutzutage? – „Kultreportage“ ein Segen ohnegleichen. Sie wurde zum Touristenmagneten, wie der Michel oder die Elbphilharmonie: Komm, lass uns vorm Musical noch mal rüber zu Penny, Kiezfreaks gucken!

Das ist natürlich auch der Marketingabteilung des Discounters irgendwann aufgefallen. Und sie beschloss, diesem unverhofften Nimbus auch endlich konzeptuell gerecht zu werden. Statt die Billigwaren weiter lieblos in Kisten und Kästen zu kübeln, weil es dem armen und armseligen Stammpublikum natürlich null auf die Optik, sondern nur auf den Tiefstpreis ankommt, hat man den Laden jetzt großzügig aufgehübscht – und weil die Touristen (wenn sie denn wieder kommen dürfen) nun mal wegen des Rotlichtflairs über die Reeperbahn pilgern, besorgt es ihnen Penny jetzt aber mal so richtig.

Denn die Filiale ist zur blitzsauberen Hölle aus schlüpfrigen Kalauern geworden, mit Olivia Jones als Testimonial, klar. Ich weiß nicht, welche Hafencityagentur sich hier austoben durfte, aber ich sehe sie vor mir, die coolen Kreativen in ihren Rollkragenpullis (Klischee, ich weiß), wie sie sich juchzend auf die Schenkel klopfen, als ihnen als Name für die Metzgertheke „Frischfleisch“ einfiel oder „Heiße Teile“ für Brot und Brötchen. So geht das Gang für Gang, Regal für Regal – siehe unten. Die Puffs haben zu, aber Penny nicht.

Und wem haben wir diesen neonbunten Overkill aus den abgedroschensten Kiezkalauern seit Erfindung des Koberns zu verdanken? Den Armen und Armseligen, Gestrandeten und Obdachlosen, Verhaltensauf- und -ausfälligen von 2007, damals von Spiegel TV hervorgezerrt aus den lichtlosen Ecken des Biotops St. Pauli und seither ausgestellt im Fernsehen und im Netz.

Zig Millionen YouTube-Klicks! Ich meine: Wer so was nicht irgendwann monetarisieren will, der hat auf dem Kiez nun mal nichts verloren. Nur der Kiez selbst hat fast alles verloren, nicht nur dank Corona. Alles hier auf St. Pauli scheint inzwischen nur noch die folkloristische Widerspiegelung dessen zu sein, was einst mal ein echtes Rotlichtviertel war.

Und nichts verkörpert das brutaler, schonungsloser als die neu gestaltete Penny-Filiale auf der Reeperbahn.

Update 04.12.2021: Spiegel TV hat Penny schon wieder thematisiert.















01 Februar 2019

Nein, ich bin NICHT mehr fein!

Jede Ära hat ihr Dummdeutsch, unsere ganz be­sonders. Eine ganze Armada merkbefreiter Wortvermüller walzt die Sprache platt und rottet Geni- und Dativ aus mit Stumpf und Stiel. IQ-Abzugshauben auf zwei Füßen zerhäckseln Komposita mithilfe von Deppenleerzeichen und verman­schen die deutsche Grammatik derart dummdreist mit der englischen, dass nur noch ein Pidgindingsbums übrig bleibt.

Die Lage ist so hoffnungslos, dass willige Helfer aus dem Lehrkörper das alles schon zum „Globalesisch" verklären. Eine ganze WhatsApp-Generation wächst im Glauben auf, ihr in endlosen Chats erworbenes Kommunikations-Nie-wo be­reitete sie aufs Leben vor – also auf Bewerbungsgespräche, Vertragsverhandlungen oder Diskussionen im Dschungelcamp. Das Schlimmste: Wahrscheinlich haben sie recht.

Wie es sein wird, wenn die heute 13-Jährigen die Deutungshoheit haben? „hi ich gürse alle biker“, schreibt ein Dominik in seinem Chatprofil, „biker bleit biker weil bier senn cool gürse meine klasse SIX CROSS.“ Dieser vielfache Artikulationstrümmerbruch ist keine hin­geschlunzte Mail. Nein: So will der gute Dominik die Welt von seinem Liebreiz überzeugen. Ein Chatprofil dient der Balzvorberei­tung – doch welches Weibchen kann Dominik damit becir­cen? Man muss fürchten: irgendeins schon.

Doch wir wollen nicht nur auf Kindern rumhacken. Sondern auch auf Edeka, das uns auffordert, Zucker zu pudern. Oder der Firma Marena: Sie stellt Tütenessen her, laut Verpackung auch „Brat Kartoffeln". Die dafür verant­wortliche Halbsynapse aus der Marketingabteilung glaubt ernstlich, wir merkten nicht, dass sie uns damit barsch einen Befehl zuraunzt – den jeder mit Resthirn natürlich beherzt ignorieren wird. Doch wie viele sind das noch?

Das alles sind Attacken auf die Verständlichkeit; jedes im Halbkoma aus der englischen Grammatik geklaute Leerzei­chen wie in „Brat Kartoffeln" reißt eine Leerstelle in die Seman­tik unserer Sprache. Eingedeutschte Gebrauchsanweisungen hingegen lassen gleich das komplette Gebäude einstürzen: 

„Für iPod Bildschirm und 2. Erzeugung Nano, schlagen Sie einfach die Taste auf dem MicroMemo, um, für das neuere iPod zu notieren, das klassisch ist und 3-Erzeugung Nano, verwenden errichtet in der Schnittstelle auf dem iPod, um zu notieren, es ist einfaches das!“

Mag sein. Oder auch nicht.

Andererseits ist so was kaum schwerer zu kapieren als das eitle Dusseldenglisch, das Werber, Promoter und chief execuitve officers (früher: Geschäftsführer) täglich verzap­fen und von immer mehr Denkschnecken nachgelallt wird. „Jeder muss im Job“, salbaderte mal der Chef einer deutschen Bank, „permanently seine intangible assets mit high risk neu relaunchen.“ Kein Wunder, dass unsere Kredithäuser global nicht mithalten können: Ihre Chefs reden Blech.

Phonetische Verständigungsprobleme gibt es dank der Sprachmansche aber auch im Alltag. In einem Hamburger Bistro wurde in meinem Beisein mal ein „Baguette mit Chicken“ bestellt, weil es so auf der Karte stand. „Das ist nicht mit Schinken“, sagte die Frau hinterm Tresen, ,,das ist mit Huhn." „Dann halt ein Baguette mit Huhn“, korrigierte die Kundin. Rückfrage: „Grilled Chicken … ?“

Der Journalismus, eigentlich ja auf der guten Gegenseite zu Hause, metzelt längst fröhlich mit. So was wie Fälle etwa kennen viele nur noch vom Hörensagen. Da genehmigt Schleswig-Holstein doch wirklich einen „Abschuss von Wolf“  oder man schenkt uns ein Buch „von Gold-Experte Markus Bußler“. Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod? Nein, längst sind beide lethal bedroht. Und der Akkusativ gleich mit.

Maß- und uferlos sind derweil die Fehlübersetzungen, mit denen inzwischen die arme Präposition „für“ grundlos verprügelt wird. Nur weil „wegen“ auf Englisch „for“ heißt, ersetzen die Denglischdeppen in den Redaktionen fast jedes „wegen“ durch ein falsches „für“. Bei der Hamburger Boulevardpostille Mopo, eh ein Hort blanken Horrors, war mal ein Mann „für seine Freundin“ nach Hamburg gezogen – also offenkundig an ihrer Stelle. Dennoch hatten sie das schwere Schicksal einer Fernbeziehung nicht zu wuppen, wie erfreulicherweise im Kontext deutlich wurde, denn die Mopo meinte „wegen“, als sie „für“ schrieb.

Solche Fälle, die ja nicht nur eine Unkenntnis der deutschen Grammatik, sondern auch unverstandenes Englisch dokumentieren, grassieren inzwischen derart, dass man sich ernsthaft Sorgen um die bisherige Semantik des Wörtchens „für“ machen muss. Besser gesagt: Das Wort ist längst verraten und verloren.

Apropos schlechtes Englisch: Einmal lehnte ein Bekannter ein Bier, das ich ihm anbot, mit den Worten ab: „Danke, ich bin noch fein.“ Hallo??? Wenn eine britische Sängerin „Baby, spend your time on me“ singt, heißt das auf Deutsch doch auch nicht: „Schatz, verbring deine Zeit auf mir“! So wird Idiomatik zur Idiotie.

Wer sagt, das sei doch alles nicht schlimm und eine Wut­rede dagegen sogar irgendwie chauvinistisch, der plädiert letztlich dafür, Quatsch zu quatschen, statt Quatsch abzu­schaffen. Gut, soll er – aber hoffentlich verbrennt er sich den Mund an seinem Coffee to go, den er gerade als Freebee be­kommen hat, weil das ein Must-have für die ln-Crowd ist.

Übrigens: Ja, ich bin noch fein. Aber nur noch bis zum Ende des Tages. Dann gehe ich für einen Amoklauf in die Innenstadt. 

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25 Januar 2019

Fundstücke (234)

Darf ich vorstellen: „Schuh- Reparatur“, die weltweit erste Kombi von Deppenbindestrich und -leerzeichen in einem einzigen gewagten Move. Und das mitten in Hamburg.

Ich weiß nur leider nicht mehr wo. Der Mensch neigt eben dazu, die größten Traumata zu verdrängen.




















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20 November 2017

Rechtsruck in Swinemünde

Speisen in Polen: Das ist ein ganz eigenes Kapitel. Gestern wählte Ms. Columbo aus der Vitrine im sehr empfehlenswerten Swinemünder Lokal La Trompa  einen optisch sehr ansprechenden Kuchen aus, dessen Name nur auf Polnisch angegeben war. Der Lokalchef, ein Deutscher, übersetzte ihn, während er uns über den Rand seiner Lesebrille hinweg neugierig musterte: „Das heißt Zigeunerbrüste.“ 

So etwas hätte es in Deutschland inzwischen schwer. Eine denkbare Variante namens „Sinti-und-Roma-Brüste“ wäre als Vermeidungsstrategie nicht mal die wahrscheinlichste, sondern eher die vorauseilende Flucht in eine garantiert von keiner beleidigungs- und empörungsfähigen Minderheit anmahnbare Umbenennung. Vielleicht „Hügeltorte“ …? 

Unterhaltsam wird es auch, wenn die Swinemünder Gastronomie sich ans deutsche Touristenzielpublikum ranwanzen will. Eine Süßspeise aus der Pommestüte zum Beispiel nennen sie hier „Wuffel“; das ist schon sehr putzig. Allerorten sorgen zudem Karten und Schilder für kleine Entertainmentmomente – einfach nur dadurch, dass beim ungelenken Versuch, sich entgegenkommend des Schriftdeutschen zu bedienen, diese komischen Tüddelchen über den Vokalen fehlen („Brathahnchen“).

Auch in unserem Hotel hakt es überall ein bisschen, aber nirgends so sehr, dass man es deswegen mit Liebesentzug bestrafen müsste. Das hoteleigene Internet etwa schenkt uns seine Gunst nur sporadisch, glänzt dann aber mit Geschwindigkeiten von 217 Mbit/s. Von so was kann ich zu Hause auf dem Kiez nur träumen, o2! 

Im Bad ist derweil die Klobrille locker und kippt – konform zur momentanen polnischen Regierung – stark nach rechts, so dass jede Sitzung zu einem Balanceakt mit ungewissem Ausgang wird. Vom Vorhang vor der Balkontür, der einen knappen Meter überm Boden unversehens endet und Passanten interessante Wadenblicke bietet, berichtete ich ja gestern schon.

Der Swinemünder sieht das eben alles nicht so eng. Wer sich an solchen Petitessen stört, wandert halt ein paar Kilometerchen weit zum Soundtrack der Brandung über den festen Sandstrand nach Norden, wo ihn alsbald das urdeutsche Seebad Ahlbeck willkommen heißt.

Und dort – darauf würde ich eine ganze Wuffelladung verwetten – kippelt keine einzige Klobrille.



29 April 2015

Sie lässt mich einfach nicht ran


Fitnessstudio am Rödingsmarkt. Die Dame am Rückengerät, wo ich gerne meine nächsten Übungen durchführen würde, macht schon seit mehreren Minuten keinerlei Anstalten, ihren Platz zu räumen, obwohl sie ihn nur noch zum Ausruhen nutzt. Und zum Simsen.

Ich überbrücke das Warten mit Dehnen in ihrem Sichtfeld und trage eine düster umwölkte Stirn zur Schau, welche von der Rückengerätblockiererin eigentlich als sanftes Drängeln gedeutet werden müsste. Indes vergebens. Die Dame bleibt sitzen.

Nach weiteren drei bis vier zähen Minuten – inzwischen bin ich gedehnt bis zum Ohrläppchen – reicht es mir. Ich gehe hinüber – und stutze kurz vorm Erreichen des Showdownareals. Mir ist nämlich auf einmal nicht mehr ganz klar, mit welchen wohlgesetzten Worten ich ihr mein Anliegen denn nun eigentlich verklickern soll.

„Können Sie mich kurz ranlassen?“ klingt irgendwie deutlich verfänglicher, als es gemeint ist. „Darf ich mal dazwischen?“ hat einen geradezu obszönen Beiklang. Und ein „Lassen Sie mich mal ans Gerät?“ schließt angesichts ihrer Oberweitenausstattung einen unfreiwilligen Nebensinn zumindest nicht vollends aus.

Das Problem ist verzwickt. Ja, es erscheint mir sogar in dieser durchgegenderten Welt voller Sprech- und Tretminen hier und jetzt nicht ohne weiteres lösbar.

Aber die Brustpresse ist ja auch ein nützliches Gerät, und nach dem Fotografieren des wunderhübsch zerfurchten Balancekissens geht zum Glück auch schon der Bauchkurs los.


21 August 2014

„Wir bitten um Geduldig“


Schon länger verzweifle ich (und zwar nicht immer still und leise) am Rechtschreibniveau junger Menschen, die sich bei uns im Verlag um ein Praktikum bewerben und von einer Karriere im Kulturjournalismus träumen. Allerdings ist dieses Nie-wo keineswegs auf Möchtegernjournalisten beschränkt, sondern frisst sich wie Salzsäure durch die deutsche Sprachlandschaft. 

Ein Beispiel. Neulich beklagte ich mich bei einem Onlineversender, weil er die Versandkosten meiner Bestellung doppelt abgebucht hatte; heute nun erhielt ich eine Antwort. Sie lautet – und ich zitiere wörtlich:

Sehr geehrter Herr Wagner,
Wir bedauern sehr für die unangenehmen Vorgang.
Ihre Nachricht wurden uns zur zuständigen Abteilung weitergeleitet. 
Wir bitten um Geduldig.

Nein, diese Firma sitzt nicht in Hongkong und ist bedingungslos auf den Google-Übersetzer angewiesen, sondern mittenmang im Schwabenland, und die Absenderin trägt den schönen deutschen Namen Pfeiffer. 

Wahrscheinlich wollte Frau Pfeiffer eigentlich Journalistin werden, weil sie einst berauscht war von ihrem Schreibtalent, wurde allerdings von so einem Idioten von Redakteur als Praktikumsbewerberin abgelehnt und muss sich seither im Onlineversandhandel verdingen.

Die Welt, das Leben: ungerecht. 

PS: Die oben abgebildete, in St. Pauli entdeckte Spontiparole ist dagegen ja geradezu Gold. Ich meine: nur ein Kommafehler! Den Autor würde ich sofort als Praktikanten nehmen. Also: Wenn Sie das hier lesen, lieber Betongeborener – einfach mal bewerben.

20 Juli 2014

Man muss nicht mal ein Schelm sein, um …

Zugegeben, ich freue mich  immer, wenn meine berüchtigte Sprach- und Satzzeichenpedanterie mal kein Augenrollen unter allen Anwesenden hervorruft, sondern selbst Skeptiker durch pure Evidenz zu überzeugen vermag. 

Ein solches unmittelbar einleuchtendes Beispiel liefert die Firma Geile aus dem nordhrein-westfälischen Westerkappeln, wovon ich mich heute an Bahnsteig 3 des Bahnhofs Kassel-Wilhelmshöhe überzeugen konnte. 

Bereits ein einfacher Bindestrich hätte ausgereicht, um den Pennäler in mir nicht wachzuküssen. Doch das sorgsam eingebaute Deppenleerzeichen lässt für Interpretationen kaum noch Spielraum.

Deshalb ist es – auch für die Art künftiger Geschäftskontakte – durchaus wichtig zu erwähnen, dass die Firma Geile Schokoriegel- und Instantcappuccinoautomaten herstellt und keineswegs Vibratoren.

Aber nicht, dass dagegen irgendwas zu sagen gewesen wäre; dass das mal klar ist.


09 Juni 2014

„19 …?“


Was gibt es eigentlich Langweiligeres als noch ein Bahnbashing? Das ist doch seit Jahren Volkssport in deutschen Blogs. Dennoch soll auch hier in der gebotenen Kürze nicht unerwähnt bleiben, wie engagiert das ehemalige Staatsunternehmen in Abwicklung sich darum bemühte, unsere Pfingstreise nach Paris zu beeinträchtigen. 

„Die Abfahrt verspätet sich um einige Minuten“, „Wir sind außerplanmäßig in einem Tunnel zum Halten gekommen“, „Oberleitungsstörung“, „Betriebsstörung“ etc. pp.: Diese einst recht vorzeigbare Transportfirma mit längst institutionalisiertem Handicap fuhr während beider Fahrten das ganze guterprobte Arsenal leicht zerknirscht klingender Ansagen auf, um die linear wachsenden Verspätungszeiten wenigstens begrifflich halbwegs einzuhegen. 

Das Unternehmen scheint zu einer vollmaroden Klitsche verkommen zu sein, in der es überall klappert, hakt und zwickt und lediglich die leicht zerknirschten Verspätungsbegründungsansagen noch tadellos funktionieren – auch wenn natürlich eine Floskel wie „… sind außerplanmäßig zum Halten gekommen“ keine Begründung darstellt, denn das hatten wir auch so bereits bemerkt. 

Von der Zeit, die wir in Paris verbringen wollten, forderte die Bahn jedenfalls schon auf der Hinfahrt einen außerplanmäßigen Tribut von zweieinhalb Stunden, und dafür werden wir sie mit einem Erstattungsantrag kräftig bluten lassen, versprochen. 

Doch wir sind angekommen in Paris, und das ist ja die Hauptsache, nicht wahr. Beim Flohmarkt am Samstag am Porte du Vanves biss ich mir die Zähne aus an einer Verkäuferin, der ich zwei mit je zehn Euro ausgepreiste Hemden von Christian Lacroix und Donna Karan zum Mengenrabatt abkaufen wollte. Ich begann also mit 14, woraufhin sie „No, 20“ sagte. „Okay, 15“, machte ich ein Angebot zur Güte, was sie mit „No, 20“ konterte. 

Schon jetzt schien mir der Zeitpunkt gekommen, sie daran zu erinnern, wo wir uns gerade befanden: auf einem Flohmarkt nämlich, einer Veranstaltung also, der Handeln und Feilschen gleichsam wesenseigen sei. Dann bot ich 16. Sie sagte „No, 20“, ich: „Okay: 18!“, sie „No, 20“, ich – fassungslos zu Ms. Columbo – „Mann, die ist ja bockelhart!“ und dann zu ihr, nur noch pro forma und mit bereits erstorbener Verve „19 …?“ 

Sie schüttelte den Kopf und lächelte melancholisch: „20.“ Zur Wahrung meiner Restwürde entschloss ich mich zu einer dual abgestuften Rückzugsstrategie, kaufte ihr das Lacroix-Hemd für den geforderten Zehner ab und hängte das Karan-Hemd zerschmettert wieder zurück. Über das seither nagende Gefühl, es lieber in meinem Besitz zu haben, tröstet mich auch die Tatsache nicht hinweg, zehn Euro mehr in der Geldbörse zu wissen.

Was es sonst noch gab in Paris (Auswahl): 

gegen Mitternacht ein famoser Gitarrentsunami der legendären Shoegazerband Slowdive (Foto) im Parc de la Villette

– eine merkwürdig holprig konzipierte Van-Gogh-Ausstellung im Musée d’Orsay

– eine durch Abwesenheit glänzende Duchamp-Schau im Centre Pompidou (die nämlich – anders, als es das blöde Internet behauptet – erst ab Oktober läuft)

– herumkrakeelende Jugendliche unterm Fenster unserer Wohnung im 12. Arrondissement, die nachts um 1 von einem gottgeschickten Regenguss nach Hause gespült wurden

– den schönen Kalauernamen „L’or ange“ für einen Saft

Und ab jetzt wieder Kiez. 
Moin.


28 Mai 2014

Fundstücke (191): Lauter Killerzeilen

Sensationell, dieser Reim, mit dem die Firma Burmann in der Zeitschrift „Haus & Grund“ wirbt. Und weil der Vers eine dermaßen derbe Killerzeile ist, bleibt er schon seit Jahren unverändert. Wahrscheinlich weil sie dafür damals Sido als Auftragstexter engagiert hatten. Oder den Trigema-Schimpansen.


Wahrscheinlich ist diese Aussage Gar nicht war.
 


HSV-Fans als Kommentatoren in der Mopo: immer wieder die reinste Freude. Da wäre in der zweiten Liga bestimmt noch mehr gegangen, aber es hat nun mal nicht sollen sein.



Gemütszustände können also auch bei Elektrogeräten vorkommen. Akzeptiert. Aber was um alles in der Welt ist „rassieren“?
 
 




Zum Glück!

03 Mai 2014

Fundstücke (189): Achtung, Durch Fall Gefahr!



Dieses Motiv ist für verschiedenen Zielgruppen schwer erträglich, nicht nur für Vegetarier.

Entdeckt in Wien auf einem Markt in der Albertgasse.

06 April 2014

Die Pe’st


Wohin man auch fährt im vereinigten Europa: Der Deppenapostroph ist garantiert schon da – aber nur selten mit einer derartigen Penetranz.

Entdeckt in Nimwegen, Niederlande.


20 Januar 2014

Ein Fall für den Duden


Spontan dachte ich ja beim Anblick dieses auf dem Schlachthofflohmarkt entdeckten Schildes, bei „Polover“ handele es sich um einen mir bisher unbekannten und besonders zärtlichen Kosenamen für Schwule.

Auch wenn ich schließlich begriff, wie profan der wahre Sachverhalt war, so plädiere ich hiermit doch dafür, den „Polover“ von nun an in den Kanon der Schwulenkosenamen aufzunehmen.

Duden, übernehmen Sie!


02 November 2013

Fundstücke (183): Makaber Rhabarber

1. Ms. Columbo und ich wundern uns ja immer über Fernsehmagazine wie „Explosiv“ oder „Brisant“, die trotz ihrer vielversprechenden Titel doch nichts anderes behandeln als das Schicksal eines Soapsternchens, dessen Hamster Blähungen hat. Mit dieser Schlagzeile auf web.de verhält es sich ähnlich, wenngleich genau andersrum: Die Rubrik verheißt Leichtes, und der Hammer untendrunter macht das Ganze unfreiwillig tragikomisch. Merkbefreite gibt es halt nicht nur beim Fernsehen.


2. Immer wieder für Klopfer gut ist, wie wir alle nur zu gut wissen, auch die Hamburger Morgenpost (z. B. hier oder hier). Aber wie sie uns in dieser Schlagzeile etwas außerordentlich Begrüßenswertes (niemand stirbt mehr!) mit „Walking Dead“-artigem Raunen als Horrorszenario unterjubelt, das hat schon eine besondere Chuzpe. Respekt.


3. Wo wir schon beim Thema sind, bleiben wir doch gleich dabei. Die hier zu sehende Aufschrift entdeckte ich unlängst auf einem Transporter in Lokstedt. Dass sich ausgerechnet ein Seniorenzentrum einen Namen gibt, in dem das Wort „sterbe“ vorkommt, ist unter Marketinggesichtspunkten durchaus gewagt. Auch „erbe“ steckt (zwangsläufig) drin, was selbst durch das finale „anal“ nicht mehr richtig rausgerissen wird. Ratschlag: Die Hamburger Friedhöfe sollten dringend mit dem Seniorenzentrum Am Osterbekkanal kooperieren. Es soll ihr Schaden nicht sein.

27 August 2013

Doppelt deppert

Jeden Morgen radle ich die Seilerstraße runter gen Altona, und jeden Morgen stoße ich am Ende der Straße auf den seinem Namen keinerlei Ehre machenden Hamburger Berg. Dort bin ich leider unweigerlich dem Anblick der Außenfassade von „Rosi`s Bar“ ausgesetzt.

Nichts gegen diese Kneipe freilich; dort habe ich schon einige erbauliche Stunden verbracht. Vor allem montags, wenn niemand auf dem Kiez rumhängt, nicht mal die Pinneberger, dann sitzt es sich da sehr kommod in der ungewohnten Leere des Gastraums.

Denn wie wir längst wissen, ist die Großstadt als solche ein bestechend einleuchtendes Konzept, welches lediglich durch die Anwesenheit von Menschen beeinträchtigt wird, ganz arg sogar. Und montags gibt es außer der Bedienung so gut wie keine Menschen in „Rosi`s Bar“, das ist bestechend.

Aber auch an solchen Tagen hängt das Schild „Rosi`s Bar“ unverdrossen überm Eingang. Wenn man drin ist, sieht man’s zwar nicht, doch es ist da, es sorgt dafür, dass mir seine Präsenz stets bewusst ist. Und morgens, wenn ich mich dem Ende der Seilerstraße nähere, fahre ich sogar direkt darauf zu. Es springt mir ins Auge, es gibt kein Entrinnen. Ich schaue das Schild an, das Schild schaut mich an.

Wenn Sie jetzt glauben, es sei bloß der Deppenapostroph, der auf mein sprachästhetisches Empfinden einsticht wie Catherine Tramell mit einem Eispickel, dann liegen Sie nur halb richtig; wirklich quälend ist vor allem die Tatsache, dass der Hersteller des Schildes nicht einmal in der Lage war, einen ordentlichen Apostroph aus der Zeichensatzkiste zu ziehen.

Nein, diese volllegasthenische Trottellumme griff auch noch zu einem Accent grave! Dieser Fehlgriff macht den Deppenapostroph in „Rosi`s Bar“ gleichsam doppelt so deppert.

Wer aber jetzt denkt, diese missliche Lage an der Fassade müsste doch Rosis durchschnittlichen Astratagesumsatz erheblich mindern, der liegt womöglich falsch. Bei Rosi nämlich ist immer Remmidemmi außer montags, kaum einen Gast scheint es zu kümmern, was dort draußen an der Hauswand in entsetzlicher Permanenz Tag und Nacht vor sich geht, ja, es scheint, als würde kaum einer die Interpunktionskatastrophe überhaupt bemerken.

Manchmal denke ich inzwischen, zermürbt vom jahrelangen Daraufzufahren, ich könnte mich mit dem richtigen falschen Apostroph fast so was wie anfreunden.

„Rosi’s Bar“: Ja, das wäre ein Kompromiss.

(Nein! Niemals!)



19 August 2013

Fundstücke (180): Menschenhandel in Ottensen

Die Vielzahl der Problemzonen dieses Werbeschildes rechtfertigen auf alle Fälle einen eigenen Blogeintrag.  

Dabei möchte ich – um den Rahmen nicht zu sprengen – die sympathisch heterogen gehandhabte Groß- und Kleinschreibung von vorneherein ausklammern. Zu sehr dominiert die Strahlkraft der Deppenleerzeichen diesen Entwurf, als dass man ihre Würdigung mit anderen Aspekten kontaminieren dürfte.  

Es geht schon oben los. Der Inhaber des beworbenen und – wie wir noch sehen werden – breit aufgestellten Unternehmens, Herr Musa, beschäftigt anscheinend einen Meister, der mit Nachnamen Friseur heißt. Welch schöner Zufall, ist Musa doch vor allem im Geschäftsfeld der Haarbehandlung tätig.  

Interessanterweise aber scheint er sogar ein ganzes Team mit diesem Nachnamen in Lohn und Brot zu haben – und der Einfachheit halber unter dem Rubrum „Damen und Herren“ zusammenzufassen; wohl um nicht alle Rufnamen einzeln aufführen zu müssen. So ein Schild bietet schließlich nicht endlos Platz.

Musas Geschäftsmodell aber ist, wie bereits angedeutet, erstaunlich vielfältig. Es geht weit über das Shampoonieren und Trimmen hinaus. So hat der pfiffige Geschäftsmann – obzwar damit frohgemut gegen die Genfer Konvention verstoßend – sogar Rentner im Verkauf.  

Jetzt mal abgesehen von moralisch-ethisch-gesetzlichen Erwägungen und diesem ganzen Pipapo: Der Endpreis von 8 Euro pro Rentner scheint mir doch sehr knapp kalkuliert. Vielleicht handelt es sich sogar um ein Lockvogelangebot, und das wäre auf jeden Fall illegal.  

Denn müssten Rentner mit all ihrer in Jahrzehnten angesammelten Fachkunde und Lebenserfahrung nicht für deutlich mehr Geld in der Auslage liegen? Die Produktions- und Lagerkosten, das weiß jeder kaufmännische Berufsschüler, fließen schließlich in den Preis mit ein und sollten sich am Point of Sale entsprechend niederschlagen. Was sagen eigentlich seine Angestellten dazu, die Damen und Herren Friseur? Zumal Musas Parallelprodukt, ein simpler „Maschienenharrschnitt“, genau so wenig kostet wie ein Rentner.

Beides kann man beim kulanten Ottenser übrigens ohne jede „voranmeldung“ erwerben – und ich habe es jetzt doch nicht geschafft, die heterogen gehandhabte Groß- und Kleinschreibung dieses Großen unter den Kleinunternehmern von vorneherein auszuklammern.

Na ja, jeder macht mal Fehler. 


PS: Über den Kamm, der oben rechts wahrscheinlich wild knurrend eine unschuldige Schere totbeißt, möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Aus Gründen.

22 Juni 2013

Fundstücke (175): Gammelschreib galore

Deutscher Apostroph, schwerer Apostroph. In praktisch allen Fällen liegt man übrigens richtig, wenn man ihn einfach weglässt. 

Längst grassiert sie landesweit, die Kompositadiskriminierung. Doch sie nimmt auch immer erschreckendere Formen an. Das mittlere Beispiel „Hand naht stich“ schockiert aber selbst einen hartgesottenen Kompositadiskriminierungsanprangerer wie mich. 

Wie hier alles, was der bedauernswerte Verfasser mal in der Schule gelernt hat, von dumpf- und widersinnigst angewandter angloamerikanischer Grammatik zerbröselt wird, das ist unfassbar. The walking Blöd! Wo soll das alles nur hinführen? 

Nun, wahrscheinlich zu einer evolutionären Retardierung ins Vormenschliche. Der folgende Kandidat hat das in einem raren lichten Moment anscheinend schon erkannt, auch wenn er das Animalische in sich noch mit einem Pluralis Majestatis zu kaschieren versucht, freilich vergebens:

Pointenlos geht es jetzt in die Heia. Ich brauche meinen Schön Heiz Schlaf. Außerdem hilft er zu vergessen.


13 April 2013

Time to say goodbye (5)


So, meine sehr verehrten Damen und Herren: Unsere schon seit einer gefühlten Ewigkeit wie sauer Bier angebotenen Bücher sind jetzt wirklich weg.

Drei kräftige, teils untersetzte Männer mit wenig Haupthaar und viel Bizeps luden sie in Kisten und trugen sie fort. Am Ende hingen nur noch Streben an der Wand, worauf die leeren Massivholzbretter lagen.

„Möchten Sie vielleicht auch die Bretter mitnehmen?“, fragte ich den Chef des Trios.
„Gärrnä! Sind gute Brättär. Kann ich gebrrauchän fürr Bau von Vögelhaus.“
„Sie meinen wahrscheinlich Vogelhaus. Mit o.“
„Ja, gännau: Haus fürr Vögeln!“
„Nein, nein, Vorsicht. Der Plural ist Vögel, also ohne n. Das könnte leicht missverständlich …“
„… Wie sagän noch in Teutsch zu Vögelhaus? Issä Puff? Gännau das will ich bauän mit Brättär!“
„Oh.“

Nun, der Dialog nahm nach dem absolut authentisch geschilderten Auftakt nicht ganz diesen Verlauf, das gebe ich zu.

Doch am Ende waren auch die Bretter weg, und das ist die Hauptsache.




29 März 2013

Der Cheesecake reicht für zwei

Diese lustige Deckendeko dürfte in Rinderkreisen als nicht sonderlich amüsant empfunden werden.

Beim Humor ist das Restaurant The Bird halt generell mit einer gewissen Hemdsärmeligkeit gesegnet, wie hiesige Blogleser spätestens seit dem Eintrag vom 3. März wissen. Doch „Nashville Nutte“ hin oder her: Von einem Besuch hält uns so was ja nicht ab, im Gegenteil. Und zum Glück.

Denn mein von dezenten Röstaromen geprägtes dickes Ribeye, das sie dem Rind dort nur in mindestens 400-Gramm-Stücken aus den Rippen schneiden, war von genau jener Zart-, Rosa- und Saftdurchdrungenheit, die auch einen Preis von 34 Euro gut verschmerzbar macht.

Zum Nachtisch bestellten wir Käsekuchen, der es sich seit einiger Zeit gefallen lassen muss, zum neudeutschen „Cheesecake“ transformiert zu werden. Der tätowierte Kellner empfahl uns, am besten nur ein Stück, dafür aber zwei Gabeln zu nehmen, denn es sei doch „sehr groß und mächtig“. Und er wusste natürlich, wovon er sprach, verdammt.

Ungebetene Insidertipps wie diese finde ich persönlich ja hinreißend. Ein Restaurant, welches den Gästen solche scheinbar kontraproduktiven Empfehlungen zuflüstert, verzichtet dadurch heute Abend natürlich auf einen kleinen Zusatzgewinn, gewinnt mich aber mit hoher Wahrscheinlichkeit als Stammkunden, weil es den Eindruck erweckt, als wollte es mich auch in allen anderen Hinsichten nicht übers Ohr hauen.

Und auch in Cheesecakekreisen kommt so was wahrscheinlich super an.



03 März 2013

Sie haben das N-Wort gesagt!





In den Seitenstraßen von St. Pauli entdeckt man auch nach vielen Jahren immer wieder Neues, zum Beispiel überraschend auftauchende Essgelegenheiten.

Unlängst stolperte ich in der Trommelstraße über ein mir bis dato völlig unbekanntes Steakhaus namens The Bird. Laut Speisekarte befleißigt es sich der gehobenen US-Küche und versucht sie dem Gast mit allerhand Allegorien schmackhaft zu machen.

So bewirbt The Bird eins seiner T-Bone-Steaks mit einem Vergleich, den selbst Brüderle höchstens denken, aber niemals sagen würde: „Fleischig und saftig wie eine hochbezahlte Nashville Nutte“.

Wenn ich eins auf dem Kiez gelernt habe (danke, Miele!), dann das: Nenn eine Prostituierte meinethalben Hure, aber nie, nie, niemals Nutte. Ersteres trägt sie wie ein Ehrenabzeichen, Letzteres dir ewig nach.

Dass nun ausgerechnet ein Restaurant auf St. Pauli eine in seiner Nachbarschaft  überproportional stark vertretene Berufsgruppe pauschal schwerst beleidigt, scheint mir doch recht unklug.

Am empörendsten aber – und da sind wir uns sicher sofort einig –  ist das hirnlose Deppenleerzeichen in „Nashville Nutte“.

Spätestens dieser Klopper dürfte in orthografisch gebildeten Ludenkreisen das Fass zum Überlaufen bringen. The Bird sollte schon mal die Fenster verrammeln.

Oder schnell die Speisekarte überarbeiten. Vielleicht ist es ja noch nicht zu spät.


21 Dezember 2012

Kiezöffentlich im Klugscheißermodus

Im Herz von St. Pauli, wo ich mit  German Psycho und Twelectra den Weihnachtsurlaubsauftakt begehe, informiert mich die Bedienung über die Weißweinauswahl.

„Wir haben einen Pinot Grigio und einen Riesling“, sagt sie. „Gut“, antworte ich, „dann nehme ich den Grauburgunder.“

Klassiker! Aber noch nie selbst live erlebt. Bis jetzt. Sie runzelt die Stirn. „Aber wir haben gar keinen … Ach so, der Pinot … DU KLUGSCHEISSER!“

German Psycho, der gerade draußen ist, um eine zu rauchen, wird später anmerken, das sei keineswegs eine Beleidigung gewesen, und ich stimme ihm wohlgestimmt zu. Allerdings bemängelt er das grobe Duzen, dessen sich die Kellnerin im Überschwang der Gefühle schuldig gemacht hat, doch das wiederum sehe ich ihr gerne nach.

Später bestelle ich explizit noch einen Pinot Grigio, was sie gespielt genervt goutiert, und am Ende, als es ans Bezahlen geht und sie die Rechnung aufdröseln möchte, informiere ich sie über die Posten, für die ich zu blechen gedenke: „Einen Grauburgunder und einen Pinot Grigio.“

Beide kosten übrigens gleich viel im Herz von St. Pauli, nur so als Tipp.