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25 Dezember 2024
19 Dezember 2023
Auf den Straßen von St. Pauli
Manches, was hier in der Seilerstraße so herumliegt, wirkt kieztypisch, etwa der damenlose Büstenhalter. Er wirkt ein wenig wie wütend entsorgt. Die Geschichte dazu würde mich interessieren, und ich ersuche Sie dringend, diese in erforderlicher Ausführlichkeit in den Kommentaren zu schildern.
Anderes mutet eher überraschend an – wie etwa die handliche Bibelausgabe im Fahrradkorb. Fahrradkörbe werden hier auf dem Kiez übrigens recht oft für Mülleimer gehalten. Ich weiß nicht, wie man diesem Irrtum aufsitzen kann; normalerweise lernt man die Unterschiede schon recht früh im Leben.
Die Stolpersteine in unserer Straße wurden nach dem bestialischen Massaker der Hamas in Israel von einem kleinen Schutzwall aus Grablichten umgeben. Inzwischen trotzen sie wieder unumsäumt Wind, Wetter und Antisemitismus.
Die tote Kieztaube hat ihr Dahinscheiden wohl der einen Zigarette zu viel zu verdanken. Alle Indizien sprechen dafür.
Es ist gewiss nur Zufall, dass das „Zu verschenken“-Schild neben einem völlig intakten und scheckheftgepflegten Mittelklassewagen herumliegt. Sonst wären seine Türen doch bestimmt – ähem – nicht verschlossen gewesen.
05 Oktober 2023
Teilen wir das Preisgeld?
Das linke Foto von Jaroslaw Kolacz hat soeben einen Preis beim Comedy Wildlife Award gewonnen. Dabei ist es eindeutig ein Plagiat meines Fotos eines bettelnden Alsterschwans von – festhalten – 2019!
Ich hoffe, Jaroslaw teilt das Preisgeld mit mir.
25 August 2023
Sommer in Niendorf, mit Hund
Wahrscheinlich bin ich weltweit der Erste, der jemals mitten in der Ostsee von einem Dackel attackiert wurde. Allerdings muss ich zugeben, dass der Dackel das umgekehrt ebenfalls behaupten könnte.
Jedenfalls schwamm ich heute vor Niendorf bei null Wellengang gemütlich auf dem Rücken durch die Ostsee. Weit und breit war niemand sonst zu sehen, ich wähnte mich ganz allein im weiten Meer; deshalb auch mein arg- und sorgloses Rückwärtsschwimmen. Doch plötzlich kollidierte ich mit irgendwem oder irgendwas und spürte, wie mir etwas hektisch den Rücken zerkratzte.
Ich dachte im ersten Moment nicht einmal an einen Weißen Hai, wie es irrationalerweise vollkommen logisch gewesen wäre, sondern an einen Homo sapiens, vielleicht im mittleren Kindesalter. Doch als ich in milder Panik herumwirbelte, sah ich einen verängstigten Dackel, der mit schreckgeweiteten Augen eilends weiterpaddelte. Drei Meter weg sein Herrchen, das mir mit schmerzvollem Lächeln stumm Vorwürfe machte. Sogar meine hervorgestammelten lobenden Worte über seinen süßen Hund – eine Übersprungshandlung, ich weiß – ließ der Mann unkommentiert. Ich fühlte mich schlecht.
Später konstatierte Ms. Columbo rote Striemen auf meinem Rücken, die ein geübter Forensiker sofort als die typischen Folgen von Dackelpfotenkrallen identifiziert hätte. Freilich waren sie, die Striemen, nicht tief genug, als dass hätte Blut fließen können. Eigentlich schade, denn so wäre mir meine kürzlich erfolgte Tetanusimpfung noch nützlicher erschienen, als das eh schon der Fall ist.
Später sah ich Hund und Herrchen zwischen den Felsen am Ufer. Der Dackel guckte ängstlich. Er schien mich nicht zu mögen. Sein Herrchen ignorierte mich.
Fazit: niemals rückwärts schwimmen. Auch wenn du denkst, du seist ganz allein im weiten Meer.
Abends verunglückte Old Zitterhand dann auch noch ein Foto von der Küstenlinie in Travemünde (Foto).
21 Juli 2023
Einmal Nordsee und zurück (Teil 1)
Eine just zu Ende gegangene Schiffsreise von 3917 Kilometern Länge nach England, Schottland und Norwegen brachte uns einige Orte und Städte näher, die hier in Kurzrezensionen gewürdigt werden sollen. Ultrakurz, um genau zu sein, und bestürzend lückenhaft. Aber damit müssen Sie leben. Den zweiten Teil gibt es hier.
1. Newcastle upon Tyne, England
2. Inverness, Schottland
Als ich Ms. Columbo vor einem schönen lila Portal fotografierte und unversehens drei Damen ins Motiv liefen, fühlte ich mich erstaunlicherweise noch nicht an ein berühmtes Beatles-Bild erinnert, beim Betrachten am Rechner indes schon. Sonst blieb von Inverness nicht allzu viel hängen.
3. Aberdeen, Schottland
Die Stadt besteht aus Granit. Heißt: Sie ist grauer als grau. Der Himmel darüber will dem nicht nachstehen, woraufhin das Meer sagt: Das kann ich auch. Die Delfine, die in der Bucht herumtollen, sind ebenfalls nicht rosa. Allerdings betätigen sich die Aberdeener als weltweit größte Beschöniger von ganz Schottland und euphemisieren ihr tristes Häuserkonglomerat nonchalant zur „Silver City“. Angeblich soll im Sonnenschein beim richtigen Strahleneinfallswinkel und wenn man ausreichend Single Malt Scotch getankt hat, Aberdeen silbrig schimmern. Nun: Das können wir nicht bestätigen; ich erspare Ihnen den Fotobeweis. Die grauen Delfine in der Bucht haben uns dennoch verzaubert.
4. Shetlandinseln, Schottland
Vor der Küste der Shetlands soll es Orcas geben. Das ist Hörensagen; für den phasenweise von mäandernden Steinmauern gesäumten und von majestätischer Stille überwölbten Rundweg um das Städtchen Lerwick herum können wir uns allerdings herzlichst verbürgen. Dass die Wohnlage mit der besten Aussicht überhaupt der Friedhof ist, zeugt möglicherweise vom gesunden Antikapitalismus der hiesigen Insulaner; anderswo stünden hier längst lukrative Bettenburgen. Die berühmten Shetlandponys (Foto) hatten wir uns übrigens größer vorgestellt.
5. Balmoral, Schottland

27 Juni 2023
Wir haben aufgerüstet
Seit anderthalb Jahrzehnten währt er nun schon, unser epischer Kampf gegen die Kieztauben. Seit heute hat dieser Konflikt seine nächste Evolutions- beziehungsweise Eskalationsstufe erreicht.
Denn ich habe eine Wasserspritzpistole angeschafft, und, verdammt, ich werde sie benutzen!
Mit seinem Achthundert-Milliliter-Magazin und einem Pumpstrahl von zehn Metern Reichweite vermag das Modell der Marke Paochocky, wie ich hoffe, eine ausreichend verheerende Wirkung auf die Taubenpsyche zu erzielen. Aber auch nur auf die, denn körperliche Schäden haben die Gluckscheißer nicht zu befürchten.
Ich bin ja kein Unmensch. Nur dauersauer und deshalb willens, die Vögel möglichst nachhaltig zu vergrämen – zumal sie auf empörte Zischlaute, explosives Klatschen und andere sonische Kampfmittel schon lange nur noch so reagieren wie Friedrich Merz auf die inständige Bitte, sich vom Acker zu machen: gelangweilt.
In der Tat orientierte sich die ekle Taubenschar, was mich angeht, zuletzt immer deutlicher an Karl Valentin und seinem zeitlosem Rat: „Des ignoriern ma net amoi!“ Parallel dazu arbeitete sie zudem erfolgreich am Abbau ihres Gespürs für soziale Distanz, was sich erst kürzlich in einem paarweise vorgenommenen Besuch unseres Wohnzimmers niederschlug.
Schreiend und mit dreschflegelartigen Armbewegungen bat ich die beiden zu gehen, was auch gelang. Leider nur recht geringe Befriedigung vermochte ich dabei aus der Tatsache zu ziehen, dass eine der beiden Vertreterinnen der Art Columba livia forma domestica bei ihrer widerwilligen Flucht erst einmal Kopf voran gegens Balkonfenster krachte.
Statt aus diesem Vorfall nun – wie es jeder mittelclevere Vogel getan hätte – den Schluss zu ziehen, unser Territorium künftig zu meiden, hockten die Terrorgurrer bereits kurze Zeit später wieder balzend auf unserem Geländer und schissen wohlig auf Sonnenschirm und Balkonmöbel.
All das dürfte Ihnen verdeutlichen, warum ich nach siebzehn zehrenden Jahren endlich entscheidend aufrüsten musste. Seit gestern liegt also eine Paochocky-Wasserspritzpistole im Hängegitter für Pflanzentöpfe, welches am Balkongeländer angebracht ist, parat und fiebert dort dem ersten Kampfeinsatz entgegen. Und ich noch mehr.
Allerdings gibt es ein Problem. Seitdem nämlich lässt sich – Stand heute – keine Taube mehr blicken. Wirkt meine Paochocky etwa ähnlich wie Atombomben in der Geopolitik: Es reicht, sie zu zeigen, um sicherzustellen, dass niemand sie einsetzt? Klar, das wäre die beste Lösung für uns alle, vor allem für sie. Aber wahrscheinlich beratschlagen sie einfach nur, was nun zu tun ist.
„Morgen Mittag“, prophezeiht Ms. Columbo, „ist die Pistole bestimmt vollgekackt.“
25 Dezember 2022
16 Januar 2022
Der reihernde Hund im Bus 112
Ein früherer Freund von mir war ein ausgewiesener Feind des öffentlichen Nahverkehrs. Aufgrund rarer, aber nachdrücklicher Erfahrungen beklagte er in Bussen und Bahnen olfaktorische Belästigungen, zu wenig körperliche Distanz zum Pöbel und eine generell unzulängliche Bekleidungsästhetik. Immer wenn ich ihn überreden konnte, einmal mit mir ein ÖPNV-Fahrzeug zu betreten, geschah prompt irgendetwas, was ihn in seinem Vorurteil bestätigte, und ich stand belämmert da.
22 Juni 2021
Die Tauben eskalieren wieder
Heute auf dem Balkon wurde ich, obzwar von guten Mächten – nämlich unserem Sonnenschirm (Foto) – wunderbar geborgen, Opfer eines im Flug in Einzelteile zerfallenen Guanogeschosses. Dessen Farbe (grünweiß) und Konsistenz (schleimig) lenkten meinen Verdacht schnell auf eine Vertreterin der Taubenvögel. Obwohl ich nicht genau weiß, warum, wäre mir eine Möwe lieber gewesen.
23 März 2021
Aus die Maus!
Es gibt Neuigkeiten zu unserem vielfach geschilderten Mäuseproblem, und zwar erfreuliche bzw. betrübliche; das hängt ganz von der Perspektive ab. Der letzte Stand war der, dass wir Lebendfallen aufgestellt hatten, welche unsere Nager interessiert beschnupperten, aber mehr auch nicht. Schon mehrfach habe ich an dieser Stelle widerwillig bewundernd die Intelligenz unserer fallenvermeidenden Mitbewohner gelobt. Im Lichte der jüngsten Ereignisse möchte ich zwar nicht gänzlich davon abrücken und stufe sie – die Mäuseintelligenz – noch immer höher ein als jene der Ministerpräsidentenkonferenz, doch es ist etwas geschehen, was ins Gesamturteil einfließen muss.
Zunächst ging allerdings unsere Wildkamera kaputt, sodass visuelle Nachweise der fortdauernden Anwesenheit unserer Mäuse nicht mehr möglich waren. Auch Spuren wie köttelgestützte Reviermarkierungen tauchten nicht auf. Das Problem war wahrscheinlich noch da, doch die alte Strategie „Aus den Augen, aus dem Sinn“ bewährte sich auch in diesem Fall: Wir begannen die Mäuse zu vergessen. Das Schlagfallenarsenal hatte ich längst abgebaut, nur hier und da stand noch ein verschmähtes Köderdöschen herum, und irgendwann sammelte ich auch die meisten Lebendfallen wieder ein.
Doch gestern stieß ich unter der Küchenanrichte auf eine gut versteckte und deshalb vergessene Doppelfalle. Diese Konstruktion zeichnet sich durch zwei gegenüberliegende Schlagfallen aus, die von einem halbrunden Plastikdach überwölbt und so in einen für Mäuse gewöhnlich reizvollen Tunnel verwandelt werden. Solche Dinger standen monatelang an allen Ecken und Enden unserer Wohnung herum, mit lecker Erdnussflips beködert und dennoch von allen anwesenden Nagern nur beäugt, doch nie betreten.
Als ich also gestern die vergessene Tunnelfalle hervorzog, um auch sie wie alle anderen in der Abstellkammer einzulagern, fiel mein Blick auf etwas Längliches, das aus einem Ende hervorragte: ein Mäuseschwanz! Da war doch wahrhaftig etwas geschehen, mit dem ich nach all unseren frustrierenden Erfahrungen nie mehr gerechnet hätte: Eine Maus war in die Falle gegangen! Doch unglaublicherweise bot sich gegenüber, am anderen Ende der Tunnelfalle, das gleiche Bild: ein herausschauender Mäuseschwanz und auch dort das dranhängende Tier, erschlagen vom Fallenbügel.
Jetzt verstehen Sie, warum ich das Ergebnis des Mäuse-IQ-Tests relativieren muss. Ich meine: Wenn es an einem Ende der Falle bereits eine erwischt hat, sollte ihre Kollegin, die irgendwann danach am anderen Ende auftaucht – sofern sie wirklich intelligenter ist als die Ministerpräsidentenkonferenz, wovon ich weiterhin unter keinen Umständen abrücken möchte –, wenigstens so clever sein und sich trollen, anstatt den gleichen Fehler zu begehen.
Warum das dennoch geschah und wann genau, das werden wir nie erfahren. Jedenfalls endete somit doch noch alles erfreulich bzw. betrüblich. Das hängt ganz von der Perspektive ab.