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16 April 2012

Auf den Spuren eines Serienmörders

Geschrei unten an der Postfiliale. Sehe mehrere Männer mit etwa einem halben Dutzend Polizisten rangeln und schubsen. Wie die Händel ausgehen werden, ist zunächst schwer vorherzusagen, doch dann rücken aus allen Richtungen erregte Tatütatas an. Die Sirenenwagen stoppen, wo es gerade passt, also auch seilerstraßenmittig oder gar auf den Bürgersteigen. Sie spucken noch im Ausrollen ein Dutzend weiterer Ordnungskräfte aus, es wird fleißig verhaftet, erkennungsdienstlich behandelt und abtransportiert. 

 Das übliche Wochenendszenario also – was ich leider am Folgemorgen auch in der Kiezbäckerei konstatieren muss, wo dieselbe Verkäuferin wie neulich erneut meine Brötchen antatscht und so mit ihren von Papier- und Münzgeld aufgenommenen Keimhorden kontaminiert. Doch heute fehlt mir nicht die Kraft wie beim letzten Mal, heute sage ich: „Bitte benutzen Sie die Zange. Das ist mir lieber.“ Sofort holt sie die Brötchen (händisch) wieder aus der Tüte, sagt „Natürlich, selbstverständlich“ und tut mit der Zange zwei neue rein. Damit dürfte dies ein für alle mal geklärt sein. 

Nachmittags beim Spaziergang durch Ottensen stehen wir plötzlich zufällig in der Zeißstraße, wo in den 70ern der Serienmörder Fritz Honka wohnte. Das weiß ich aus einem just an diesem Morgen gelesenen Artikel aus der Sonntagszeitung. Die Front des Hauses Nr. 74, wo Honka im Dachgeschoss Arme, Beine und andere Teile seiner Opfer in Plastiksäcken lagerte, erinnert dank eines offenstehenden Fensters an ein Gemälde von Edvard Munch, aber wahrscheinlich liegt diese Deutung nur an meiner noch immer nicht überwundenen Schwäche für Pareidolien

 Auf dem Weg nach Hause kommen wir am Goldenen Handschuh vorbei, und Ms. Columbo erinnert sich der Tatsache, dass Honka hier immer abhing, soff, Frauen ansprach und mehrere davon bewegen konnte, ihn nächtens in die Zeißstraße zu begleiten, mit bekannten Folgen. Was mir am Goldenen Handschuh allerdings erst heute auffiel, ist der Untertitel: „Honka-Stube“. Auch ein Serienmörder kann also zur Kiezfolklore werden. Wie ich das finde, ist mir selbst noch nicht ganz klar. Ich halte Sie aber gerne auf dem Laufenden.

22 Oktober 2010

Gepriesen sei Grube!



Taxifahren ist für mich die reinste Folter.

Wie großartig die Landschaft auch sein mag, an der wir vorüberfahren (und sei es – wie heute – der Greifswalder Bodden), ich muss die ganze Zeit wie paralysiert aufs Taxameter starren und dabei ununterbrochen denken: ogottogottogott …

Und womit? Mit Recht, denn die Fahrt vom Bahnhof zum 16 Kilometer entfernten Hotel auf der pittoresk abgelegenen Halbinsel kostete 29 Euro – drei mehr als die gesamte viereinhalbstündige Tour von Hamburg durch Mecklenburg-Vorpommern bis nach Rügen.

Ja, ich mag Grubes Bahn. Und ich würde mich auf den Südflügel des Stuttgarter Bahnhofs stellen und das wiederholen.


Sogar mit MEGAFON!

11 Februar 2010

Die Lachse des Guten



Seit unzähligen Jahren essen wir jeden Samstagabend mit Estragon und Zitronengras verfeinertes Lachsfilet an mit Safran aromatisiertem Basmatireis plus Brokkoli. Dazu gibt es stets eine trockene Rieslingspätlese von der Mosel, manchmal auch vom Mittelrhein.


Wenn wir Dinnerdebütanten zu Gast haben, servieren wir dieses Gericht ebenfalls, weil es niemanden auf der ganzen weiten Welt gibt, der es besser hinkriegt als wir, auch Mälzer oder Rach nicht.


Und warum erzähle ich das alles so sinn- und pointenlos? Aus einem einzigen Grund: Weil mir sonst nichts Besseres einfiel, um den spontan kreierten Kalauer in der Überschrift zu rechtfertigen.


23 November 2009

Saugen für die Wissenschaft

Wie langjährige Besucher der Rückseite der Reeperbahn wissen, wirke ich als Lenker meines Staubsaugers nicht immer segensreich und oftmals nur vage handbuchkompatibel.

Zum Beispiel gelang es mir beim Reinigen des Multifunktionsgerätes im Büro schon einmal versehentlich, ein bis heute unbekannt gebliebenes Schreiben an eine bis heute unbekannt gebliebene Frankfurter Nummer zu faxen.

Heute hingegen saugte ich turnusmäßig die Tastatur meines MacBook Pro und generierte nebenbei unverhofft ein munter aufploppendes Dialogfensterchen, das mich fragte, ob ich das sogenannte „Caret Browsing“ einschalten wolle.

Caret Browsing? Nie gehört. Wie jeder getriebene Forscher seit Galilei entschloss ich mich gleichwohl zum Einschalten, und siehe da: Caret Browsing entpuppte sich als recht nützliches Feature, das ich hinfort nicht mehr missen möchte – und alles nur, weil ich es unerschrocken wage, mit der brachialen mechanischen Urgewalt eines Staubsaugers besinnungslos und blind in die Welt des Digitalen vorzustoßen.

Auf ähnliche Weise sind wahrscheinlich auch das Penicillin, die Spaltbarkeit des Atoms und Amerika entdeckt worden. Um mir die okkulten Tiefen aller Programme des MacBook Pro erschließen zu können, müsste ich allerdings noch einige Äonen lang weitersaugen.

Aber soooo dreckig ist es auf der Rückseite der Reeperbahn nun auch wieder nicht.

P.S.: Eigentlich hätte ich im obigen Text die Tätigkeit des Staubsaugens gern als Blowjob minus Sex bezeichnet, doch das wäre mir im Kontext dieses Blogs doch etwas zu gewollt vorgekommen. Also habe ich es gelassen, und zwar komplett.

03 Juni 2009

Doctor, my eyes!

Willigte nur deshalb in eine Netzhautfrüherkennungsuntersuchung ein, weil mein Augenarzt das Wort auf seinem Infoblatt korrekterweise ohne Deppenbindestrich geschrieben hatte.

30 Euro später dämmerte mir, dass mir manche meiner Macken im Grunde selber seltsam vorkommen sollten.

Zumal ich nach der deppenbindestrichlosen Netzhautfrüherkennungsuntersuchung drei Stunden lang mit klodeckelgroßen Pupillen und entsprechenden Schlitzaugen durch eine psychedelisch leuchtende verschwommene Welt stolperte.

Sogar zu Hause auf der Toilette musste ich eine Sonnenbrille tragen, um nicht durchzudrehen. Zum Trost hörte ich mir später Jackson Brownes „Doctor, my eyes“ an – aber erst, als ich das iPod-Display wieder entziffern konnte.

Mein Arzt sitzt übrigens in Ottensen und heißt Dr. Hasenbein, genau wie in dem Helge-Schneider-Film.

Kein Scherz.



29 Mai 2009

Haa hi ho

Ms. Columbo glaubt manchmal, ich käme aus China.

Das liegt weniger an physiognomischen Auffälligkeiten als an jenem speziellen hessischen Dialekt, der mich noch immer befällt, sobald ich mit meiner Familie telefoniere.

Die wichtigsten Indizien für Ms. Columbos Vermutung eines asiatischen statt Westerwälder Genpools möge folgendes Satzbeispiel illustrieren. Es ist zwar konstruiert, doch oftmals scheint ja im Verdichteten das Allgemeine auf.

Nehmen wir also zur Veranschaulichung den folgenden Fragesatz, zunächst auf Hochdeutsch: „Sag, wo möchtest du denn dein Heu hin haben – auf dieses dickgeschnittene Stück Brot dort?“

Das klingt surreal, zugegeben, und das ist es auch, doch dieses kleine feine Konstrukt wird gleich verdeutlichen, warum Ms. Columbo die Ursachen für meine Liebe zur Pekingente nicht in kulinarischer Weltoffenheit vermutet.

Die soeben formulierte Frage lautet in meinem Dorfdialekt nämlich folgendermaßen – festhalten:

„Ai, wu wolld dau da dai Haa hi ho – off dey digg Dong do?“

Achtmal laut gelesen, und du kriegst Mandelaugen, versprochen. Der Satz klingt nicht nur dank seiner Lust an Einsilbenwörtern mit Auslautvokalen ausgesprochen unhessisch, sondern enthält auch noch phonetische Spezifika, welche die deutsche Sprache eigentlich gar nicht vorsieht.

Normalerweise wird nämlich ein geschlossenes o (wie in „so“ oder „doof“) im Gegensatz zum offenen (wie in „oft“) immer lang ausgesprochen. So ist es auch im letzten Wort unseres Fallbeispiels, „do“: langes o.

Das Wort „Dong“ hingegen besteht eisern darauf, das o geschlossen auszusprechen – und es dennoch derart kurz und schnell wegzupusten, als sei der Teufel hinter ihm her.

In Wahrheit mag ich übrigens Sushi noch lieber als Pekingente.


(Foto: ’n digg Dong.)

24 Mai 2009

Watermarked



Viele Rezensions-CDs gehen mir mit Wasserzeichen zu. Falls diese Musik also im Internet landen sollte, wäre sie bis zu mir zurückzuverfolgen. Meine „Karriere“ wäre zu Ende.

Solche CDs sind daher eine echte Belastung für meine Gemütslage. Verschenken kann ich sie nicht; man darf schließlich niemandem trauen. Und sie im Archiv zu haben, ist ebenfalls beunruhigend. Es könnten schließlich Einbrecher kommen, sie klauen und ins Netz stellen.
Und wer landete dann im Knast – die Einbrecher? Nein, ich.

Deshalb zerstöre ich solche CDs rituell: zuerst optisch, dann physisch. Und danach genieße ich die Freuden der Katharsis.

Paranoia macht manchmal richtig gute Laune.

09 März 2009

Lost in desorientation 2?

Wollte auf dem Flohmarkt im Real-Parkhaus (Foto) eine Festplatte mit einem Terabyte Speicher für sagenhaft günstige 50 Euro kaufen, doch ich hatte zu wenig Geld dabei.

Nachdem ich durchs ganze Schanzenviertel geirrt war, ehe ich endlich am Schulterblatt einen Bankautomaten entdeckte, musste ich nach meiner Rückkehr zu Real feststellen, dass der Verkäufer längst seinen Tisch abgebaut und sich ins Wochenende empfohlen hatte.

Eine andere mögliche Erklärung lautet: Ich habe schlicht seinen Stand nicht mehr gefunden.

Die ist aber extrem unplausibel.



10 Juli 2007

Puler unter sich

Auf Kiezkneipentour mit A. Als Startpunkt designiert war die Hasenschaukel, doch die hat überraschend erst ab mittwochs auf.

Also rein in den benachbarten Silbersack, eine legendäre Kneipe mitten im Rotlichtviertel, die aber auch nicht mehr das ist, was sie mal war. Ihren Ruhm in den Reiseführern verdankt sie vor allem ihrer Vinylmusikbox mit Schlagern, doch die ist: weg, nicht mehr da, Geschichte.

Schlimmer noch: Sie wurde schnöde ersetzt durch eine CD-Box. So geht’s natürlich nicht, Silbersack, und vielleicht ist deswegen auch niemand da, als wir gegen 21.30 Uhr eintreffen.

Nach zwei Astra ziehen wir weiter in die Kogge, ein uriger Schummerladen mit kostenlosem Kicker, einem DJ, der den ganzen Abend famosen 50er-Jahre-Countryswing spielt, und einem kerzensatten Tresen, der zugleich eine Rezeption ist, denn die Kogge fungiert in einem halbgeheimen Zweitleben auch als Hotel, allerdings mit Dusche auf dem Flur und Klo im Keller. Aber das Flair!

Wir hocken am Tresen resp. der Rezeption und widmen uns zufrieden der fortgesetzten Astrabekämpfung. Dabei stellen A. und ich eine gemeinsame Macke fest: Wir pulen beide an Flaschenetiketten.

A. gesteht mir seine geheime Obsession fürs Silberpapier an den Hälsen von Jeverbuddeln. Ich hingegen preise die versteiften Aluminiumummantelungen von Sektflaschenkorken, die sich wunderbar knüllen, zwirbeln und zerkrumpeln lassen.

Momentan aber habe ich – wie gesagt – nur eine Astrapulle zur Hand, was nicht gut ist. Zum einen hat sie keine befingerbare Halskrause, sondern nur ein Bauchetikett. Und sobald du davon den ersten Zipfel vom Glas gelöst hast, kannst du mit der nötigen Feinfühligkeit, die freilich jeder passionierte Friemler wie nebenbei erwirbt, das ganze Etikett auf einmal von der Flasche ziehen, und zwar mit einem sanften Ritsch, das fast untergeht im Countryswing.

Doch das macht keinen Spaß, das geht zu leicht, zu schnell, das ist, als käme man zu früh. Man muss also immer neue Flaschen Astra ordern, und vielleicht will die sardonische Brauerei genau das und schlingt den Flaschen deswegen keine Krausen um den Hals.

Mit Erörterungen wie diesen geht der Abend dahin, und plötzlich ist es 2 Uhr morgens und Zeit zu gehen. Eine Hure spricht uns an in der Friedrichstraße, sie sagt den üblichen Spruch: „Ihr zwei, kommt ihr mal mit?“ Und zum wiederholten Male verpasse ich es, „Klar, wann hast du Feierabend?“ zurückzufragen. Ich wüsste zu gern, was sie antworten würde.

Na, beim nächsten Mal.

07 Juli 2007

Lauter Banalitäten, aber wenigstens musikalische

Bereits gestern hatte mich Heißhunger auf bretonische Harfenmusik gepackt.

Wahrscheinlich lag es an etwas Kreuzbanalem, vielleicht war beim Skippen durchs „Fernseh” (Poodle) irgendwo im Off ein Harfenpartikel aufgeblitzt und hatte mir à la Proust eine verschollene Erinnerung aus dem Gedächtnis gefischt.

Heute jedenfalls gestand ich Ms. Columbo diesen Heißhunger – und gleich darauf auch das Bedürfnis, ihn endlich zu stillen, hier und jetzt.

Gottergeben sah sie mir zu, wie ich zur LP-Sammlung schritt und drei 70er-Jahre-Alben der bretonischen Harfencombo An Triskell hervorzog, um eine nach der anderen umstandslos aufzulegen – nicht ohne in erklärendes Salbadern zu verfallen übers Weshalb und Warum dieses von ihr richtigerweise als „schräg“ rubrizierten Tuns.

Aus welchen Gründen ich Ms. Columbo dann aber mit Zeltingers Kölschpunk „Müngersdorfer Stadion“ malträtierte, bleibt unklar. Und warum bloß stellte ich uns danach unter die prasselndste Fremdschämvolldusche seit „Borat“, nämlich mit Udo Lindenbergs „Wozu sind Kriege da?“? Der Abend endete dennoch versöhnlich, dank eines Dylan-Bootlegs („The Genuine Basement Tapes“, Teil 3).

Wen das alles interessieren soll, liegt übrigens genauso im Dunkeln wie die Ursache meines Heißhungers auf bretonische Harfenmusik.

Hat eigentlich jemand die Vinylsingle „Blanc bleu rouge“ von An Triskell? Das Ding muss ich haben. Wirklich.

23 Juni 2007

Lost in desorientation

Ich hätte gern einen perfekten Code, eine mathematische Methode, die ein für alle Mal meine erschreckende Desorientiertheit abschaffte.

Könnte ich zum Beispiel sicher sein, unser Hotel (Foto: eine Innenansicht) läge wirklich immer genau in der entgegengesetzten Richtung von der, die ich vermute, dann wäre alles gut. Ich stapfte einfach los in die „falsche“ Richtung und stünde alsbald vor der Unterkunft.

Manchmal ist es auch wirklich so – tätä! –, meistens aber ganz und gar nicht. Das Problem: Es gibt so viele Richtungen.

Vor allem die schrägen, diagonalen, abknickenden, ums Eck laufenden, auch die kurvigen, mäandernden, unmerklich gebogenen, Parallelität vortäuschenden machen mir zu schaffen. Sie verwirren mich. Und schon ist das Hotel ganz woanders.

Ich hätte gern deine Orientierungsgabe, seufze ich zu Ms. Columbo, und würde gern eine meiner Spezialfähigkeiten dagegen eintauschen. Welche denn, fragt Ms. Columbo. Zum Beispiel die, sage ich, noch in 100 Jahren sicher zu wissen, wer „Griechischer Wein“ geschrieben hat.

Reicht mir nicht, sagt Ms. Columbo. Na gut, rufe ich, dann dass Bernd Clüver einst im 20. Jahrhundert „Der Junge mit der Mundharmonika“ gesungen hat: Das würde ich hergeben für Orientierung!

Ms. Columbo aber will noch immer nicht tauschen. „Lady Bump“ von Penny McLean!, spiele ich meinen letzten von weiteren unübersehbar vielen Trümpfen aus. Doch sie will nur tauschen gegen eine echte Gabe und nicht, wie sie schonungslos offen darlegt, gegen Trashwissen.

Also werde ich weiterhin vermuten, das Hotel läge im Norden, werde daraus seine strikt südliche Lage ableiten und es am Ende im halblinken Mittelwesten wiederfinden.

Allerdings nur mit Ms. Columbos Hilfe.


05 Juni 2007

Typischer Dialog im Frühsommer (und dann wieder im Frühherbst)

Ms. Columbo: (im Büro am Rechner) „Warum ist es hier so kalt? Ist irgendwo eine Balkontür auf?“
Matt: „Mooooment mal: Schon die Prämisse dieser Frage ist falsch. Hier ist es überhaupt nicht kalt. Deshalb ist es auch irrelevant, ob irgendwo eine Balkontür auf ist.“
Ms. Columbo: „Und warum habe ich dann so kalte Hände und Füße? Willst du mal fühlen?“
Matt: „Klar …“ (fühlt) „Ouwha … Aber warum habe ich dann so warme Hände und Füße?“
Ms. Columbo: „Weiß nicht.“ (Wärmetransfer läuft.)
Matt: „Was ist denn mit der beheizbaren Maus, die ich dir geschenkt habe?“
Ms. Columbo: „Die ist doch nur für die rechte Hand. Und was ist mit der linken und den Füßen?“
Matt: „Ähm, sag mal … Die Maus ist ja überhaupt nicht warm! Hast du denn die Mausheizung gar nicht eingeschaltet?“
Ms. Columbo: „Nein. Dann ist nämlich die Lüftung des Rechners noch lauter.“
Matt: „Ich schließe jetzt mal die Balkontür.“
Ms. Columbo: „Sehr gut.“

23 April 2007

Macken (1): Worte entbeinen

Die charmanteste von Ms. Columbos Macken ist die: Zu glauben, sie hätte keine. Aber sooo viel sind es ja auch wirklich nicht. Zumindest im Vergleich zu mir.

Wenn in diesem Blog erst jetzt, nach mehr als anderthalb Jahren, eine Rubrik namens „Macken“ startet, so liegt es nämlich keineswegs an der völligen Abwesenheit derselben – im Gegenteil: Es versteckten sich derart zahlreiche in den bisherigen Blogeinträgen, dass ich zu dem Schluss kam, sie verdienten eine eigene Rubrik.

Beginnen wir also diesen hoffentlich langen und fruchtbaren Strang, und zwar mit einer relativ harmlosen: Wenn ich S- oder U-Bahn fahre und nichts zu lesen dabei habe, beginne ich mich nach einer gefühlten Nanosekunde entsetzlich zu langweilen – was ich sofort gierig damit überbrücke, Wörter von den Werbeschildern im Wagon in alle nur denkbaren deutschen Teilwörter zu zerlegen. Innerlich natürlich, nicht öffentlich.

Nehmen wir als Beispiel das nur scheinbar spröde, unergiebige Wort „Postbank“. Zurzeit deliriert es noch unschuldig auf einem dieser Schilder vor sich hin, doch schon in wenigen Sekunden wird es sachgerecht entbeint. Postbank, da stecken drin: natürlich „Post“ und „Bank“ (letztere gleich zweimal, einmal zum Sitzen, einmal zum Überfallen), „an“, „ost“, „Po“ und „post!“ (als – ähem – Befehlsform an Poser); auch die „Ostbank“ lässt sich bilden, und zusammen mit dem Ausgangswort, was natürlich mitgezählt wird (ich spiele nach meinen Regeln!), kommen wir auf recht formidable neun Wörter.

Nicht schlecht für einen Begriff, der aus lediglich acht Buchstaben besteht, wovon nur zwei sich des Vorzugs erfreuen dürfen, ein klangvolles Leben als Vokale führen zu dürfen.

Ja, und schon fahre ich in St. Pauli ein und habe mich nur mäßig gelangweilt. Dafür nehme ich es auch gern in Kauf, als Beherberger von Macken zu gelten. Im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten, deren charmanteste es ist zu glauben, sie hätten keine. Pah.

11 Juni 2006

Der Fluch der Informationsgesellschaft

Unser Bauch-/Rückenkurs am Sonntag ist sakrosankt, ob nun ein WM-Spiel läuft oder nicht, selbst wenn daran die potenziell famosen Holländer beteiligt sind. Die erste Halbzeit verbringe ich noch auf dem Crosstrainer vorm Bildschirm, es steht 1-0, doch während der zweiten Hälfte muss ich Crunches machen, Liegestützen und Schlimmeres.

Zu Hause habe ich daher vorsorglich den DVD-Rekorder programmiert, ich werde also nichts verpassen. Jetzt, nach dem Kurs, gilt es nur noch den Fitnessclub zu verlassen, ohne das Endergebnis mitzukriegen. Spannung ist schließlich alles. Doch auf dem Weg vom Rödingsmarkt zum Kiez steht mir ein Parcours bevor, der mir alles abverlangen wird.

Zunächst muss ich durchs Clubfoyer, wo ein riesiger Flachbildfernseher die WM überträgt. Ein ernstes Hindernis, zumal man den Ton zur Erbauung auch der hintersten Ecke durchaus übers Anstandmaß hinaus aufgedreht hat. Mit tief ins Gesicht gezogener Baseballmütze, den Zeigefingern in den Ohren und innerlich „Na-na-na-ne-na-nä!“ rufend, haste ich durch die audiovisuelle Todeszone und schaffe es wirklich hinaus auf die Straße, ohne das kleinste Infofitzelchen aufzuschnappen.

Keine Ahnung, was die Leute dabei über mich denken. Oder was Ms. Columbo denkt, die ich im Gefolge habe. Na gut, eigentlich weiß ich, was sie denkt, aber ich frage lieber nicht. Die U-Bahn ist safe, wie Agenten oder Irak-Marines wohl sagen würden. An der Reeperbahn aber droht Ungemach. Fast jedes Bistro im Millerntorhochhaus überträgt nämlich live und versucht mit Außenlautsprechern auf diesen Umstand aufmerksam zu machen. Wir müssen daran vorbei, und es besteht das hohe Risiko, durch einen herüberwehenden Sprachfetzen der Nachberichterstattung das Spielergebnis zu erfahren. Das verdürbe mir gründlich den Spätnachmittag.

Auf dem Platz vorm Hochhaus sehe ich schon von weitem eine Gruppe orangeleuchtender Holländer, wende aber sofort den Blick ab, um meine innerlich ratternde Interpretationsmaschine mit keinerlei Hinweisen auf ihre Stimmungslage und somit auf den möglichen Spielausgang zu füttern. Außerdem rufe ich unablässig lautlos „Na-na-na-ne-na-nä!“ in mich hinein. Es wirkt. Aber wie jetzt den Bistrospießrutenlauf unbeschadet überstehen?

Ms. Columbo, selbst im Kopfschütteln noch konstruktiv, schlägt den Weg hintenrum vor. Sofort stimme ich zu. Nur von einer Touristenfresshalle namens Die Scheune droht geringe Gefahr, doch wir kommen ungeschoren dran vorbei, hasten durch die Seilerstraße. Fahrig schließe ich die Haustür auf und rette mich in den Flur.

Ein feiner Schweißfilm bedeckt meine Stirn. Tief in meiner Brust aber glost neben dem Stolz auf die bestandene Bewährungsprobe auch die Vorfreude auf die zweite Halbzeit. Das Interessante am Fußball ist ja, dass man nicht weiß, wie’s ausgeht, und diesen Zustand der Unschuld habe ich mir mit einer logistischen Meisterleistung und einem eiskalten Profi an meiner Seite erhalten.

Erleichtert falle ich in den Sessel und starte die Aufnahme. Doch es passiert nichts mehr, kein Tor, kein Elfer, kein Platzverweis. Die erste Halbzeit, sie hätte vollkommen gereicht.

Aber das konnte ich ja schließlich nicht wissen, verdammt noch mal.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Nichtwissenwollen
1. „Please don't tell me how the story ends“ von Kris Kristofferson
2. „I don't want to talk about it“ von Crazy Horse
3. „Don't tell and we won't ask“ von Thrice


(Das Foto hat nur einen indirekten Bezug: Es zeigt eine Tribüne auf dem WM-Fanfest von hinten. Die über den Rand ragenden Wikingerhelme fand ich lustig.)

08 Juni 2006

Die Flucht vom Fitnessklo

Zwischen Training und Dusche suche ich die Toilette auf, und zwar so, wie die Evolution mich schuf, aber plus Handtuch. Es gibt zwei Kabinen, eine ist besetzt. Als ich meiner dort üblichen Beschäftigung nachgehe, erhalte ich unfreiwillig akustisch Kunde von den erstaunlichen Vorgängen in der Nachbarkabine.

Ohne ins Detail gehen zu wollen – die Geräuschkulisse erinnert an Bombenangriffe. Könnte man Schall riechen, müsste ich sofort in Ohnmacht fallen, niedergestreckt von einem olfaktorischen Overkill. Auch Dauer und Dynamik der Attacken sprengen jede Vorstellung, zumindest meine.

Ich drücke kräftig aufs Tempo und verlasse diesen ungastlichen Ort, so schnell es geht. Im Vorraum leert gerade eine nette Reinigungskraft mit Migrationshintergrund den Mülleimer. Mir wird plötzlich klar, wie wenig schallisoliert die Kabinen sind und wie wenig gedämpft man gewisse Geschehnisse auch hier, an den Waschbecken, vernehmen kann. Und mir wird zugleich bewusst, was die nette Reinigungskraft mit Migrationshintergrund jetzt denken muss. Schließlich weiß sie nichts von einem weiteren in Frage kommenden Kandidaten.

Ein sehr, sehr unangenehmer Gedanke. Ich darf mir das, was eben in der Nachbarkabine geschah, keinesfalls anhängen lassen, soviel ist sicher. Aber soll ich sie wirklich ansprechen und die Sachlage wahrheitsgemäß aufschlüsseln? Soll ich, ein nackter Mann mit Handtuch, mich wirklich vor diese Frau hinstellen und beschwörend murmeln: „Hören Sie, ich weiß, was Sie jetzt denken, aber ich war das nicht, ehrlich!“? Hmm.

Sie ist weiter mit dem Leeren des Behälters beschäftigt und hat bisher höflicherweise nicht hochgeschaut; immerhin bewegt sie sich tagtäglich im Reich nackter Männer und weiß, was sich gehört. Und darin liegt meine Chance, doch noch ohne Plädoyer und Stigma aus der Sache rauszukommen. Also stehle ich mich rasch hinaus. Sie hat mich gewiss nicht gesehen, geschweige denn erkannt; erleichtert fliehe ich unter die Dusche.

Und dort, unter der schütztenden Kaskade, fällt mir nicht nur ein ähnliches Erlebnis vom Januar ein, sondern auch eine Geschichte von David Sedaris. Er erzählt davon, wie er auf einer Gartenparty das Klo aufsucht und dort etwas Unbeschreibliches im Becken vorfindet, was sich partout nicht wegspülen lassen will; also beginnt er fiebrig zu rätseln, wie er die dort dümpelnde Elefantenwurst los wird, um nicht mit ihr in Verbindung gebracht zu werden.

Eine Geschichte, die mir bislang extrem witzig vorkam, aber im Licht der heutigen Ereignisse deutlich an Komik eingebüßt hat.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Toilettenbezug
1. „Waterloo“ von Abba (haha …)
2. „Pissing in a river“ von Patti Smith
3. „Aliens broke my toilet seat“ von Sir Oliver Mally's Blues Distillery

05 Februar 2006

Die meisten Unfälle passieren zu Hause

Manchmal agiere ich im Haushalt recht tölpelhaft, vor allem beim Staubsaugen. Es gelingt mir zum Beispiel regelmäßig, Ms. Columbos Radiowecker (Foto) derart zu touchieren, dass er losplärrt und von mir nicht mehr zum Schweigen zu bringen ist. Ihre Stirnfalte bei Behebung des Problems würde ich gerne fotografisch dokumentieren und hier abbilden, aber ich darf nicht.

Heute passierte mir etwas ganz Originelles. Beim Saugen des neuen Multifunktionsdruckers schaffte ich es, irgendwie die Faxfunktion zu aktivieren. Aber nicht nur das: Das Gerät wählte eine mir bis dato völlig unbekannte Nummer in Frankfurt. Während ich verzweifelt auf den Kasten einschlug, um den ganzen Vorgang zu stoppen, hörte ich auch schon die typischen Fiepgeräusche eines freudig auf die Avance aus Hamburg reagierenden hessischen Faxapparates, welcher dann auch eifrig die Nachricht entgegennahm, während ich bis zuletzt wie wahnsinnig alle möglichen Tasten drückte, vergebens.

Was ich gefaxt habe: keine Ahnung. Ein Blatt jedenfalls lag nicht drin, aber vielleicht war noch etwas im Speicher. Bin jedenfalls gespannt auf die Antwort. Und auf Ms. Columbos Reaktion, wenn sie diesen Blog-Eintrag liest.

Eine andere Topaktion gelang mir damals beim Aufhängen einer hölzernen thailändischen Glücksgöttin, die wir auf dem Flohmarkt erstanden hatten. In Ermangelung einer ausreichend großen Leiter – wir haben sehr hohe Decken – stellte ich unser zweibeiniges Alumodell auf den Wohnzimmerflachtisch. Zwar konstatierte ich eine nur unwesentlich unter der Tischlänge angesiedelte Spreizbreite der Leiter, doch mir war unklar, welche Folge das Hochsteigen haben würde: Sie spreizte nämlich die Beine noch etwas weiter, und das reichte aus, um mit Karacho über die Tischkante zu rutschen.

Alles brach zusammen, Matt plus thailändischer Glücksgöttin krachten auf den Tisch, ich mit dem Steiß voran. Es war kein schönes Gefühl. Allerdings tat die früh geforderte Göttin ihre Pflicht – ich brach mir nicht das Rückgrat.

Ich finde übrigens Handwerker total unterbewertet.


Ex cathedra: Die Top 3 der epischsten Balladen
1. „The ballad of Emma Deloner“ von Midnight Choir
2. „Comfortably numb“ von Pink Floyd
3. „Carnival“ von Dead Can Dance


22 Januar 2006

Der gefühlte Diebstahl

Wenn ich Schallplatten nicht mehr mag, aber genau weiß, dass mir der Second-Hand-Autist für die Scheiben ein Angebot machen würde, für das er sich – wäre er zu Gefühlen fähig – in Grund und Boden schämen müsste, dann packe ich sie in eine Tasche und gehe zum Flohmarkt. Ich baldowere die Lage aus, checke die Händler, scanne die Stände. Bei manchen stehen die LPs unterm Verkaufstisch. Diese Händler sind ideale Opfer.

Ich hocke mich harmlos hin und sehe ihre Platten durch. Mit der linken Hand fixiere ich den schon durchgesehenen Stapel, die rechte flappt die nächste Platte nach vorn. Das ist meine Technik; sie lässt ein durchaus ansehnliches Tempo zu. Ich brauche nur eine halbe Sekunde, um eine Platte als interessant oder beleidigend einzustufen.

Tausende Fotos, Schriftzüge und Farben sind irgendwo in meinem Gehirn gespeichert, kein je gesehenes Cover entgeht der neuronalen Archivierung. Ich wünschte, ich könnte diese Fähigkeit auf wichtigere Gebiete übertragen. Zum Beispiel auf das Erinnern von Namen. Doch von den Leuten, mit denen ich Abitur gemacht habe, könnte ich heute keine fünf mehr korrekt ansprechen. Das Schlimme: Mit den Kommilitonen von der Uni geht es mir nicht anders. Dieses Handicap verhindert zuverlässig meine Teilnahme an Jahrgangstreffen.

Einmal schlendere ich über den Flohmarkt auf dem Wal-Mart-Gelände an der Feldstraße, und plötzlich spricht mich ein Händler an: „Mensch, Matthias, wie geht's denn so?“ Ich schaue ihn an, erkenne ihn sofort. Aber sein Name – nicht das Fitzelchen einer Spur einer Ahnung. „Ja, Mensch, gut, und dir?“, spiele ich äußerlich ruhig auf Zeit, während mir beim fiebrigen Grübeln Adrenalinlava durch die Adern schießt. Ich erreiche schließlich das rettende Ufer der Allgemeinplätze und Höflichkeitsroutinen. Das Signalisieren wichtiger Termine hilft mir endgültig aus der Klemme.

Schön ist das nicht. Aber Covers – zeig mir irgendeins, und ich weiß nicht nur, ob ich es kenne, sondern kann dir auch innerhalb einer halben Sekunde sagen, ob die Musik interessant ist oder nicht. Das gilt sogar für Platten, die ich nie gehört habe. Eine beinah magische Fähigkeit, deren Nutzen im Alltag aber begrenzt ist.

Beim Durchflappen der Platten gibt es übrigens konkurrierende Techniken. Ich kenne Einhandvirtuosen, die klappen sie nicht einfach von hinten nach vorne wie ich, sondern ziehen jede einzelne fünf Zentimeter hoch und lassen sie dann wieder geräuschvoll fallen, nicht ohne ihr einen winzigen horizontalen Impuls mitzugeben, der das Album auf den bereits gecheckten Stapel kippen lässt. Mir scheint diese Methode immens aufwendig. Doch ich kenne Männer (immer und ausschließlich Männer!), die es darin zu olympischer Meisterschaft gebracht haben. Das Hochziehen, Scannen und Fallenlassen dauert bei weitem nicht die halbe Sekunde, zu der ich Trantüte mich im Lauf meiner Flappkarriere vorkämpfen konnte.

Aber all das spielt jetzt keine Rolle. Ich tue also, als wühlte ich mich durchs Vinyl, in Wahrheit aber beobachte ich den Händler. Ich warte auf meine Chance. Und wenn er in der Börse wühlt oder mit einem Kunden feilscht, schlägt Fantomas zu. Mit katzenhaft fließenden Bewegungen fingere ich die mitgebrachten Alben aus der Tasche und lasse sie blitzartig in seinem Stapel verschwinden. Ordnungsgemäß klappe ich ihn danach wieder nach hinten, gucke angesichts der ganzen Yazoo- und Kajagoogoo-Platten vorwurfsvoll, grinse schief und entschwinde in der ahnungslosen Menge.


Ehrlich: Ich habe noch nie eine Platte geklaut. Aber eine heimlich dazuzustellen und dann zu türmen, fühlt sich offenbar ganz genauso an. Kann mir das bitte mal jemand erklären?


Ex cathedra: Die Top 3 der größten HipHop-Songs aller Zeiten
1. „The city sleeps“ von MC 900 Ft Jesus
2. „Pink cookies in a plastic bag“ von LL Cool J
3. „My brain“ von Young MC