Auf dem Fischmarkt morgens um zehn. Das ist die Zeit, um tabula rasa zu machen.
Alles muss raus, definitiv, und wer jetzt noch hier herumläuft, weil er auf Ausverkaufspreise spekuliert, der ist garantiert Kiezianer.
Die Busladungen Touristen, die um fünf Uhr im Halbschlaf hierhergekarrt wurden, sind dagegen längst wieder zurück im Hotel. Sie haben den überteuerten Nippes und den Aal für 30 Euro das Kilo in ihren Zimmern abgeladen und sitzen jetzt zerschlagen im Frühstückssaal, mit den Augen auf Halbmast.
Hier auf dem Fischmarkt aber hat die Marktleitung inzwischen schon dreimal die Beschicker per Lautsprecherdurchsage zum sofortigen Schließen ihrer Stände aufgefordert. Allmählich wird es also ernst. Und das ist eine Situation wie gemalt für Schnäppchenjäger, die sich mit Wochenrationen an Obst und Gemüse eindecken wollen. Für Leute wie mich.
Händler (brüllt heiser): „KISTE SECHS MANGO NUR DREI E-URO! SECHS MANGO NUR DREI E-URO!“Die Diskussion erscheint mir irgendwie festgefahren. Deshalb verstaue ich verschreckt meine sechs Mangos und trolle mich Richtung Seilerstraße.
Matt: „In dieser Kiste liegen sieben, können wir …“
Händler (sofort aufgebracht): „DENKST DU, ICH BIN SOZIALAMT? DENKST DU?“
Matt: „Na ja, ich dachte, ich frage …“
Händler: „Du denkst, ich BIN Sozialamt!“
Matt: „Na gut, also … ich nehme die sechs für drei.“ (reicht 10-Euro-Schein rüber)
Händler (nimmt den Schein und pfeffert ihn zu Boden): „WAS REDEST DU FÜR SCHEISSE! WIR MÜSSE AUCH LEBE!“
Matt: „Das bezweifle ich keineswegs. Aber sieben statt sechs, jetzt kurz vor Ende …“
Händler (gibt mir mit verächtlicher Geste sieben Euro zurück): „So ein Scheiße redest du! Du denkst, ich bin SOZIALAMT!“
Falls du das hier also liest, lieber Fischmarkthändler: Nein, ich glaube nicht, dass du Sozialamt bist, echt nicht.
Nur für den Fall, dass es mir heute Morgen nicht gelungen ist, dies hinreichend zu verdeutlichen.