18 April 2007

Der Himmel über St. Pauli

Manchmal laufe ich durch die Stadt wie ein Aborigine, dann ist alles voller kartierter Erinnerungen.

Das Bankhochhaus am Bahnhof Altona mit dem einst zerbrochenen Fenster unterm Dach, durch das der Einbrecher in den Tod sprang. Das Zeisekino, auf ewig verbunden mit dem ersten Sehen von „Fargo" (mit Frances McDormand, die den North-Dakota-Ausruf „Jesus!“ immer verkürzt herauszischt, als spräche sie von Käse: „Cheese!“).

Die Sonne, die sich im Winter durch die schwarzen Wolken wühlt, um einen Blick auf die Hafenkräne zu werfen. Oder jener nicht fixierbare, doch ideale Ort mitten auf der Elbe, wo unser Ausflugsschiff lag, als das Feuerwerk überm Hafen losging.

Ja, wie ein Aborigine, der uralten Songlines folgt, laufe ich manchmal durch die Stadt, und sie erzählt mir hundert Geschichten im konspirativen Timbre persönlicher Erinnerungen. Und wenn ich Glück habe, kommt jede Woche eine neue Geschichte, ein neues Bild hinzu.

Eins davon sehen wir fast jeden Abend: wie die Illumination St. Paulis die über uns hinwegziehenden Abendwolken einfärbt. Das Rotlichtviertel, das sich im Himmel spiegelt: ein schönes, melancholisches Bild für den Trost, den auch eine entmystifizierte Welt zu spenden vermag.

Islamisten werden das nie verstehen.

4 Kommentare:

  1. Was für Bilder.
    Einen guten Morgen zu wünschen - tut leid, was Gehaltvolleres fällt mir um diese Uhrzeit noch nicht ein ... vielleicht bloggt ja Matt mal, wie's ihm so geht in der Früh, oder Mrs. Columbo
    Cheers,
    Jürgen

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  2. Schön geschrieben, geht mir ähnlich (ein Hoch auf die Digitalkamera). Allerdings würde ich Islamisten durch Fundamentalisten ersetzen. Die Kollegen aus dem Bible-Belt kommen mir da nämlich auch schnell in den Sinn.

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  3. Ich freue mich auch auf Hamburg. Irgendwie zieht es die meisten meiner ehemaligen Studienkollegen dorthin. Also mal wieder in die Stadt meiner Väter :-)

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