Auf einer Betriebsfeier testete unlängst eine bekannte Sommelière unseren Geschmackssinn. Wir mussten an zehn schwarzen Bechern schnuppern, die jeweils andere Duftnoten enthielten.
War ich während des Tests noch selbstbewusst und gegenüber dem Franken sogar arrogant („Das riechst du nicht??? Das ist Rosmarin, Franke! Rosmarin!“), so lag ich nach der Aufklärung völlig zerschmettert darnieder.
Denn was ich für Zitronengras gehalten hatte, entpuppte sich als Ingwer. Das zweifelsfrei identifizierte Lakritz verlachte mich als Soja, die Seife als Rosenwasser. Dafür kam der sofort und selbstbewusst öffentlich benannte Odeur des Marzipans (eins meiner Leibgerichte!) zu meiner totalen Verblüffung von der Haselnuss.
Der Duft, bei dem ich die Verdächtigen umstandslos auf Kirsche oder Schwarze Johannisbeere eingrenzen konnte, erwies sich als olfaktorische Folge einer Maracuja, während sich die echte Johannisbeere meiner Nase als Minze vorgestellt hatte.
Die von Wunderschnüffler Matt ohne jeden Anflug von Unsicherheit enttarnte Rote Grütze hingegen hob hämisch das Röckchen und rief: „Vanille!“
Richtig lag ich lediglich bei Kaffee und Paprika, und das war ungefähr so, als hätte ich beim Fußball kurz vor Schluss noch den Ehrentreffer erzielt – zum 1:8-Endstand.
Die bekannte Sommelière versuchte mir das Desaster mit unverbundenen Hirnregionen zu erklären, doch sie erreichte mich längst nicht mehr.
Übrigens war mein Rosmarin Pfeffer. Beim Franken habe ich danach das Thema einfach nicht mehr angesprochen.
Jetzt wundert mich eigentlich gar nichts mehr. Haben Sie im März noch einen Termin frei?
AntwortenLöschenZur brachialen Nasenschulung ins Allgäu – warum eigentlich nicht?
AntwortenLöschenDas war weniger meine Absicht. Mich hätte aber interessiert, WAS Sie dann röchen.
AntwortenLöschenWahrscheinlich Erdbeeren oder so ;-)
AntwortenLöschenZum Test: Ich wäre nicht ganz so streng mit ihnen gewesen. Rosenwasser und Seife kann man durchaus als ähnlich erachten und wenn die Vanille nach Roter Grütze riecht, dann ja wohl, weil auf Rote Grütze nun mal Vanillesauce gehört.
Aus der Pfeffer/Rosmarin-Nummer kommen Sie hingegen nicht mehr raus.
Vielleicht ist Ihre Nase mehr so auf komplexe Zusammenhänge geschult und nicht auf die Einzelzutaten.
AntwortenLöschenRosmarin, Pfeffer und Knoblauch ergeben zB. eine hübsche Lammkeule. Fehlt nur noch die Lammkeule, aber Ihre Nase ist den anderen halt um die berühmte Nasenlänge voraus..
Pinocchio war auch ein verkanntes Genie! Aber zum Schluss hat er es allen gezeigt.
Marzipan. Als M-Kartoffeln oder mit Schoki oder in jeden Form?
AntwortenLöschenOpfer sind Sie geworden verehrter Herr Watt.
AntwortenLöschenOpfer der Passivraucherei.
Weiss doch jeder Koch, daß Rauchen die
Papillen schwächt oder zerstört.
Weshalb Köche nicht rauchen, oder so wie
ich als gekörter Kochlehrling, den Rauch nur
zu besonderen Gelegenheiten akzeptieren.
(Aal, Forelle, Schinken u.a.)
/oldman
Vielleicht doch mal zum Neurologen gehen? Die meisten Duftproben sollten doch sitzen.
AntwortenLöschenDann hätte das komplette Kollegium zum Neurologen gemusst, Thilo; mehr als vier Richtige hatte nämlich niemand.
AntwortenLöschenMarzipan am liebsten mit dunkler Schokolade drumherum, so ab 60 Prozent Kakaoanteil. Damit dürfen Sie mich gern auf einer einsamen Insel absetzen (aber bitte den Single Malt Scotch nicht vergessen!).
Anna, ich weiß nicht so recht, was ich von Ihrem Pinocchio-Vergleich halten soll. War der Typ nicht auch ein Lügner, bei dem sich die Balken bogen? Ist es das, was Sie hier nahelegen wollen? Also wirklich! Und das nach allem, was ich für Sie getan habe …
ramses, danke für Ihre tröstenden Worte. Die Rosmaninnummer ist allerdings umso düpierender, weil ich ein großer Anhänger dieses Krautes bin und seit Jahren keine Woche vergeht, ohne dass ich es in irgendeiner Form zu mir nähme. Unerklärlich.
Opa, was auch immer ich röche (danke übrigens für diesen schönen, seltenen Konjunktiv!): Es wiche hoffentlich ab von dem, was ich sähe.
Als ich "Pinocchio" schrieb, dachte ich ganz allein an seine Nase als etwas dominantes Körpermerkmal. Dann an sein Dasein als hölzernes Bengele, einst verlacht, endend mit einem komentenhaften Aufstieg und Sieg über alle Spötter.
AntwortenLöschenWenn Sie diesen großartigen Menschen (?) auf einen bloßen Lügner reduzieren wollen, hat Sie Ihre Nase auf die falsche Fährte geführt..
Tsts..
Normalerweise haben Nichtraucher einen weit höher ausgeprägten olfaktorischen Wahrnehmungsinn ;-)
AntwortenLöschenMacht ja nix. Hauptsache, Sie können Persipan von echtem Marzipan unterscheiden.
Kennen Sie eigentlich den schönen Text von Kurt Tucholsky "In der Hotelhalle" ? Falls nicht: http://www.textlog.de/tucholsky-hotelhalle.html
AntwortenLöschenIch weiß auch nicht, warum mir der jetzt einfällt ... Wahrscheinlich wegen des Auftrumpfens gegenüber dem Franken.
Matthias ("Anonym", weil zu faul zum Anmelden ... ;-) )