Eine feine Sache, so ein Schleswig-Holstein-Ticket. Für 29 Euro fährst du durchs ganze Bundesland und kannst auch noch vier Leute mitnehmen.
Ms. Columbo und ich sind aber nur zwei. Deshalb stelle ich mich in Flensburg (Foto) an den Automaten, um die Nächstbesten gegen einen kleinen Obolus an unserer Fahrkarte zu beteiligen – eine Win-Win-Situation. Doch niemand kommt.
Dafür spricht mich auf dem Weg zum Bahnsteig ein stämmiger Mittdreißiger an und fragt, ob wir mit dem Schleswig-Holstein-Ticket nach Hamburg führen. Erfreut bestätige ich. „Ich muss bis Schleswig“, sagt er, „aber ich habe kein Geld.“
Na gut, wir nehmen ihn trotzdem an Bord. Schadet nichts, nützt aber auch nichts. Als der Schaffner kommt, reicht er uns einen Kugelschreiber und bittet um den Eintrag der Namen. So verstehe ich ihn jedenfalls und reiche die Karte samt Kuli zunächst unserem fremden Mitfahrer, der kurz verständnislos kuckt, doch dann klaglos JENS WINKLER hinschreibt, in Großbuchstaben.
Die Namen von Ms. Columbo und mir möchte der Bahnmann danach gar nicht mehr, einer reicht ihm. WINKLER ist damit binnen Sekunden vom Schnorrer zum Haupteigentümer der Karte aufgestiegen. Bei einer weiteren Kontrolle wäre er derjenige, an dem unser aller Reiseschicksal hinge, doch fährt er nur bis Schleswig.
Unterwegs greift er die Titelschlagzeile der Frankfurter Rundschau auf, die Ms. Columbo gerade liest, und sinniert darüber, ob man in der jetzigen Lage sein Vermögen nicht lieber in Gold statt in Aktien investieren solle. „Ich dachte, er hätte kein Geld“, muffelt Ms. Columbo später, nachdem WINKLER sich in Schleswig umstandslos verabschiedet hat.
Die restlichen anderthalb Stunden vergehen angespannt, doch ohne weitere Kontrolle, zum Glück. Kurz vorm Hauptbahnhof betritt ein junger Mann unser Abteil und fragt, ob wir ein Schleswig-Holstein-Ticket über hätten. Nein, das benötigten wir noch für die U-Bahn bis St. Pauli.
„Die Fahrten zahle ich Ihnen“, bietet er an, nachdem er sich vergewissert hat, dass mit „JENS WINKLER“ ein Männername auf der Karte steht. „Ich gebe Ihnen die dreizwanzig.“ Das entspricht exakt dem Betrag, den wir jetzt am Automaten zahlen müssen. Doch immerhin sind wir damit die Gefahr, die von JENS WINKLER ausgeht, endgültig los; jeder HVV-Kontrolleur hätte uns aus WINKLERs physischer Abwesenheit einen Strick drehen können.
„Aha, in Schleswig ist der Herr also ausgestiegen, hm? Und warum steht dann nicht IHR Name auf der Karte, Herr Wagner, wo Sie doch die längere Fahrt hatten, hm? Mitkommen. Personalausweise.“
Ja, so hätte es kommen können, doch so kann es jetzt nicht mehr kommen. Denn ein anderer besitzt das JENS-WINKLER-Schleswig-Holstein-Ticket, mit allen Risiken, die das bedeutet.
Statt froh und dankbar für den günstigen Ausgang der Geschichte zu sein, verspüren wir aber am Hauptbahnhof das kriminielle Bedürfnis, wenigstens eine winzige Amortisation der bisher unverändert 29 Euro gekosteten Länderkarte zu erzielen. Wir kaufen also zwei Kurzstreckentickets für 1,30 das Stück – im Wissen, dass ihre Gültigkeit nicht ganz bis nach St. Pauli reicht.
Ein Risiko von zweimal 40 Euro Strafe für einen maximalen Erlös von 60 Cent. Super Deal. Doch wahren Meistern geht es eben nicht um mathematisch messbare Beute, sondern um Ruhm und Ehre.
Und siehe da: Alles geht gut. Wir haben die Kosten fürs Schleswig-Holstein-Ticket damit von 29 auf 28,40 Euro gedrückt. Nach diesem Coup können wir demnächst auch größere Dinger drehen.
Zum Beispiel so etwas wie Rififi.
Herr Matt,
AntwortenLöschenSie führen ja ein richtig abenteuerliches Leben.
Das wussten Sie aber schon, nicht wahr?
AntwortenLöschenIch bin natürlich ob Ihrer neugewonnenen kriminellen Energie zwar nicht unbedingt erstaunt (geht vielen Menschen so, wenn sie sich zu lange mit mir beschäftigen), aber dennoch irgendwo berührt. Sie machen sich! Wirklich! Schon fast schwarzgefahren.
AntwortenLöschenUnd dann in drei Monaten? Der neue Dr. Moriaty?
Achtung! Der HVV liest mit!
AntwortenLöschenStellt sich noch die Frage: Wie sind Herr Matt und Frau Columbo von Flensburg in ihr Domizil in Dänemark und zurück gekommen? Das Hüttendorf am Meer hat sicherlich keinen Bahnanschluss, oder?
@markusmagic:
AntwortenLöschenDafür gibt es doch z. B. Schleusertaxis, deren Fahrer (wahrscheinlich tatsächlich oft) arglos sind und die dann gelegentlich einige Wochen in dänischer Obhut hinter schwedischen Gardinen verbringen müssen, norwegischen Lachs essen und finnischen Tango hören.
Aber bestimmt hat Herr Matt eine viel plausiblere Erklärung dafür.
Herr Matt -
AntwortenLöschendaß Sie ein abenteuerliches Leben führen, habe ich schon frühzeitig bemerkt - das führt mich ja jeden Tag auf Ihr Blog mit dem unstillbaren Verlangen nach mehr.
Auch ich bin gespannt auf die Steigerung Ihrer Aktivitäten in qualitiver Hinsicht, die Menge allein macht es ja noch nicht. Da geht noch einiges, ganz bestimmt.
Sollte ich Ihnen dabei helfen können, lassen Sie es mich wissen.
Und falls es demnächst eine HASPA-Filiale treffen soll, dann müssen Sie aber mein Konto unberührt lassen (ich bitte für einen solchen Fall freundlich um eine kurze formlose Vorabinformation und werde Ihnen dann rechtzeitig meine Kontonummer auf geeignetem Weg zukommen lassen, damit Sie keine Fehler machen und ich dann nicht auch noch überraschend [noch mehr] pleite [oder heißt das dann "pleiter" ?] bin).
Ich hoffe aber doch mal, dass der Name nur so eine Art "Mustermann" ist? Nicht, dass der nächste potentielle Arbeitgeber des Herrn auf der Google-Suche hier fündig wird und wie auch immer geartete Schlüsse aus seinem Verhalten zieht.
AntwortenLöschenOder noch besser: Seine Freundin, der er erzählt hat, am 22. 1. sei er in Mainz gewesen - und nicht bei seiner Ex in Schleswig, findet ihn per google.
Gibts schon ein Resümee für Schleswig Holstein?
AntwortenLöschenKarackter Chwein!
AntwortenLöschenTuhd Mann soh wass?
Sie schmeiszen Mehldorn Knippel swischen Beine!
Warum machen das?
Herr GP, Sie meinem wahrscheinlich Professor Moriarty, nicht wahr? Offensichtlich haben Sie auch noch gewisse Schwächen in Sachen Verbrechen …
AntwortenLöschenVon der Hütte bis zum Flensburger Bahnhof, MarkusMagic und Olaf, transportierte uns ein familieneigenes Privattaxi. Eine sehr empfehlenswerte und preisgünstige Reisemöglichkeit.
Herr Olaf, wenn Ihr Konto eh unter Ebbe heimgesucht leidet, gerät es Bonnie & Clyde auch nicht ins Blickfeld, keine Sorge. Doch vielleicht begünstigt das ja Ihre Bereitschaft zum Komplizentum. Wie wär’s?
ramses101, selbst wenn es nicht so wäre: Unter den dreieinhalbtausend Googletreffern dürfte der echte JENS WINKLER sich weiterhin recht geborgen fühlen.
Das Resümee, dein_koenig, ist simpel: wenig Stress, aber WLAN. Was will man mehr von einem Kurzurlaub?
Anonym, Sie sollten ein wenig üben, ehe Sie sich ans Kommentieren wagen. Vielleicht wird sich dann irgendwann auch mal jemand mit dem Inhalt Ihrer Aussagen beschäftigen wollen.
Herr Matt,
AntwortenLöschenlassen sie uns das gerne im Auge behalten. Ich kann ganz gut Abläufe organisieren und Auto fahren, auch sagt man mir gewisse heimwerkerische Qualitäten nach. Ich muß aber auf einer Qualitätsbatterie bestehen, damit das Fluchtauto dann auch sofort anspringt.
Alles andere wäre peinlich. Und natürlich brauchen wir den traditionellen Geigenkasten dafür. Vielleicht könnte Ms. Columbo sich erweichen und unterstützend tätig werden ?
Das ganze könnte wirklich meinem Konto gut tun. Hui - vieles wesentliche erscheint auf einmal sehr einfach. Gut, oh ja - lassen sie hören.
Und einschlägige Erfahrung haben Sie ja schon, ich erinnere (mich an [!]) z. B. ein Fahrrad nahe einem großen Betonbau...
hm. ich bin seit 18 jahren mit einem jens w. befreundet. der ist aber weder arm noch stämig. und er verabscheut öffentliche verkehrsmittel...
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