20 Juni 2007

Ziemlich Grass

Wir unternahmen einen Ausflug in jenen Stadtteil Danzigs, wo Günter Grass geboren wurde: nach Langfuhr. Die Danziger nennen dieses Viertel allerdings nicht Langfuhr, sondern Wrzeszcz.

Das macht einen einsamen Vokal auf acht Buchstaben – und klingt, als versuchte man das Wort „Wirsingschaschlik“ auszusprechen, während man ein klitschnasses Leinenbeutelchen im Mund hat, das mit Günter Grass’ und Lech Walesas Schnurrbarthaaren gefüllt ist.

„Walesa“ ist übrigens eine lachhaft unzureichende deutsche Schreibweise für den Namen des polnischen Expräsidenten. Das hiesige durchgestrichene l ist in Wahrheit nämlich ein W-Laut, so ähnlich wie im englischen „water“. Und das e in Walesa hat ein Häkchen untendran, was es als Nasallaut kennzeichnet.

Man sagt also so etwas Ähnliches wie „Wawengsa“, wenn man von Lech spricht, was in Polen aber nicht mehr allzuviele Leute tun. Von Grass indes hört und sieht man hier auch wenig, und so richtig weiß man auch in Wrzeszcz nicht Bescheid über den Nobelpreisträger.

Wir waren frohgemut ohne Stadtplan hingefahren und wollten uns durchfragen. War schwierig. Von der Straße, in der sein Geburtshaus steht, der Ulica Lelewela, hatten zwar einige Wrzeszczer und Wrzeszczerinnen schon mal gehört, doch wo genau die liegt: großes Fragezeichen.

Schließlich standen wir doch vor einem grauen Reihenhaus mit tiefhängenden Fenstern, an dessen Fassade eine kleine weiße Gedenktafel an den berühmtesten Danziger erinnert. Dann verließen wir Wrzeszcz wieder, um uns an den Strand zu legen.

Abends aßen wir dann kein Wirsingschaschlik, sondern das polnische Nationalgericht Bigos, was aber wenigstens so ähnlich aussieht.

10 Kommentare:

  1. Strč prst skrz krk. Slawische Sprachen bieten für den gemeinen Germanen immer wieder interessante Lautkombinationen. Grüße aus Prag vom Ex-Hamburger.

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  2. Grass zu suchen hieße, unter die Röcke der
    Spargelstecherinnen zu schauen. Trommlerei
    in eigener Sache wird ihn verraten.
    Oder er liest gerade seherisch in den Eingeweiden
    eines Butt. (Asterix-Der Seher)

    Wrgschniggese

    jo

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  3. Was dem polnischen fehlt könnten man ja bei den Finnen ausborgen ...

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  4. Knnn S ml bschrbn, w ds plnsch Ntnlgrcht ssieht? ch knn ds nmlch nch ncht. Hb ch nch n dvn ghrt.

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  5. wh, die Polen scheinen das alles keineswegs als Mangel zu empfinden, im Gegenteil.

    oldman, Ihre kryptischen Ausführungen zeugen immerhin von literarischer Sachkenntnis. Weitergeholfen hätte die gestern allerdings nicht.

    Dirk, Sie wollen doch nicht ernsthaft behaupten, dieses aus dem Tscheschischen oder wo auch immer zusammengeklaubte krude Buchstabeneinerlei ergäbe irgendeinen Sinn? Und wenn doch: welchen denn? Immerhin erkenne ich den Namen einer Insel.

    GP, es handelt sich um stundenlang geköcheltes Sauerkraut mit diversen fleischlichen Ingredienzen. Am Ende ergibt das etwas herrlich schmeckendes Eintopfverwandtes ohne genau definierbare Konturen.

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  6. Ich will das jetzt sofort essen. Wo bekomm ich das in HH nur her?

    Wobei „divers” natürlich noch näher zu spezifizieren ist.

    Wie kann man um halb elf schon wieder ans Mittagessen denken? Hmmmpf.

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  7. http://de.wikipedia.org/wiki/Strc_prst_skrz_krk

    Beliebter Gag aus dem Tschechisch-Kurs an der Hamburger VHS.

    vdahio -> Das Captcha koennte auch fast von hier kommen.

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  8. GP, demnaechst in HH bei uns: Wir haben das Rezept!

    Dirk, vielen Dank. Jetzt fehlt nur noch eine kleine MP3-Datei mit dem gesprochenen Satz ... ;-)

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  9. Nun, Matt, dann folgen Sie doch einfach dem Link, den der Herr in seinem Kommentar bereitgestellt hat...

    Und auf das polnische Nationalgericht freue ich mich jetzt schon wie ein Pferd. Wobei ich nicht genau weiß, wie sich ein Pferd freut, aber vermutlich so wie ich.

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  10. Klar, dass ich dass uebersehen musste. Ich schiebe es auf eine urlaubsbedingte Oberflaechlichkeit, auf die ich allerdings auch stolz bin.

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