01 März 2007

Fundamental verwirrt

Im Juni letzten Jahren beteiligte ich mich an einer Protestaktion gegen das neue Urheberrecht, das zum einen die Kreativen schlechter stellte, zum andern tiefe Eingriffe in den privaten Gebrauch erworbener Kulturprodukte vorsah.

Damals versandte ich parteiübergreifend Mails an Hamburger Abgeordnete im Bundestag. Heute nun, nach ziemlich exakt acht Monaten, erhielt ich eine Antwort des SPD-Mannes Niels Annen.

Doch ehrlich gesagt: Sie befriedigt mich nicht. Deshalb habe ich noch einige Nachfragen. Hier sind sie:

Sehr geehrter Herr Annen,

vielen Dank für Ihre ausführlichen Erläuterungen zum Urheberrecht. Allerdings habe ich zwei Passagen entdeckt, die Sie mir bitte noch einmal näher erklären müssen.

Einerseits schreiben Sie:


„Außerdem ist die Herstellung einer Privatkopie dann nicht erlaubt, wenn hierfür ein wirksamer technischer Kopierschutz umgangen werden muss.“

So weit, so schlecht. Plötzlich aber heißt es nur wenige Absätze später:

„Im Übrigen ist auch die Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen, wenn dies ausschließlich zum eigenen Gebrauch oder für persönlich verbundene Personen (Freunde, Verwandte) erfolgt, nicht strafbar.“

Ja, was denn nun? Stehe ich nun mit einem Bein im Gefängnis, wenn ich meiner Schwester eine kopiergeschützte CD mithilfe geeigneter Software kopiere oder nicht? Ihre beiden Aussagen widersprechen sich diametral, und das bestätigt meine Auffassung: Das neue Urheberrecht trägt mehr zur Verunsicherung der Bürger bei als zur Klärung der Rechtslage.

Es war ja schon widersprüchlich genug, einerseits die Privatkopie weiterhin zu gestatten, zugleich aber Schutzmaßnahmen zu erlauben, deren Umgehung zum Zweck einer Privatkopie strafbar ist. Und jetzt erklären Sie mir auch noch innerhalb weniger Absätze, dass die Umgehung des Kopierschutzes zwar illegal sei, aber schließlich doch nicht strafbar?!

Sie verstehen sicherlich meine fundamentale Verwirrung. Daher bin ich sehr gespannt auf Ihre klärenden Worte.

Vielen Dank für die Mühe.

Mit besten Grüßen

Matthias Wagner


Fortsetzung folgt. Hoffentlich. Denn ich will nicht ins Gefängnis.

10 Kommentare:

  1. tachchen
    ach matt, erwartest du da nicht etwas viel?! immerhin fragst du da einen politiker nach etwas praxisbezogenem.

    gute nacht! (in jeder hinsicht ;))
    blondyonly

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  2. Hm. Es gibt auf jeden Fall einen juristischen Unterschied zwischen strafbar und illegal. Strafbar ist alles was im STGB steht und sozusagen zur Strafanzeige führen kann: Das Volk gegen Dich sozusagen. Mit Staatsanwalt und allem. Außerdem kannst du dann eventuell als Vorbestraft gelten.

    Nicht erlaubt, also illegal, heißt, dass ein "Geschädigter" berechtigte Schadensersatzforderungen zivilrechtlich gegen Dich geltend machen kann.

    Ist beides nicht schön. Vor allem bei unserer klagefreudigen Musikindustrie.

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  3. Die Unterscheidung zwischen „strafbar“ und „illegal“ ist auf meinem Laienmist gewachsen. Das soll mir Herr Annen bitte mal auseinanderklambüsern, damit es auch ein Mensch mit meinem IQ kapiert. Schließlich will ich ja alles richtig machen als guter Staatsbürger, der seiner Schwester eine Freude bereiten möchte.

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  4. In der C'T haben sie mal einen Bericht gebracht, in dem ein Anwender versucht hat, sich von der Musikbranche erklären zu lassen, wie er legal eine CD für einen Freund zusammenstellen kann. Es gab für einen solchen Vorgang innerhalb der Unternehmen anscheinend keine Prozesse. Daher erhielt er auch keine Antwort. Außer, von den wenigen ehrlichen Firmen: "Mensch, fragen Sie doch nicht, tun Sie's einfach!"

    Da wird auch (äääh, ich meinte wohl eher: gerade) Niels nichts daran ändern. Berufspolitiker. Kann man nichts machen.

    Übrigens ist es in der Tat ja so, daß sich momentan die Gesetze und Verordnungen (welch herrliches Wort, so nebenbei bemerkt) widersprechen. Denn Sie haben ein Recht auf Privatkopie. Und es ist auch illegal, Kopierschutzmaßnahmen zu umgehen. Welche der beiden Normen nun wichtiger ist, wird meines Wissens noch diskutiert.

    Vermutlich noch bis in alle Ewigkeit.

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  5. Ich sehe schon. Ich bin nicht der Einzige, der Verbänden und Politikern mit seinen E-Mails auf den Senkel geht. Meist kriege ich auch keine Antwort. Aber vom VDA (Verband der Deutschen Automobilindustrie) habe ich Antwort bekommen. Und die haben sich mit ihrer 2. Antwort sowat von disqualifiziert, dass ich nicht übel Lust hätte, deren Mail zu veröffentlichen.

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  6. Nur zu. Sie ist sicherlich von öffentlichem Interesse.

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  7. Nun, dazu muss man sagen, dass auf der www.vda.de Seite ein Button ist, wo Dialog steht. Dialog heißt für mich, man dann sich mit denen austauschen. Ich habe Ihnen also meine Meinung über ihr Verhalten, bzw. das ihrer vertretenen Firmen, im Zusammenhang mit dem Klimaschutz kund getan. Anlass war die Drohung der Automobilindustrie, dass die Reduzierung des CO2 Austoßes Arbeitsplätze kosten würde. Was folgte, war ein aufwendiges Schreiben, wo die Leistungen der Automobilindustrie in Sachen Umweltschutz beschrieben wurden (abgeschrieben von ihren sog. Studien). Die Zahlen ließen sich natürlich selbst von einem Laien wie mir leicht uminterpretieren, was ich dann auch tat. Es folgte ein etwas pampigeres Schreiben, wo Sie noch einmal darauf hinwiesen, welch bahnbrechende Leistungen sie in Sachen Umweltschutz in all den Jahren zu verzeichnen hatten.

    2 Wochen später verkündete VW, dass der Arbeitsplatzabbau bei VW gestoppt wird, weil man die vorhandenen Arbeitnehmer für notwendige Investitionen benötige und man einen umweltfreundlichen Nachfolger für das 3L Auto plane sowie Hybridmotoren in der Kompaktklasse. Das veranlasste mich natürlich noch einmal Bezug auf das Gedröhne der Autobosse zu nehmen, dass Umweltschutz Arbeitsplätze kosten würde, was dann vom VDA mit dem Hinweis beantwortet wurde: "Herr Dr. Schlick und ich hatten Ihnen bereits ausführlich auf Ihre Anmerkungen
    geantwortet. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns nicht auf einen Dialog mit Ihnen
    fokussieren können."

    Natürlich musste ich daraufhin antworten, wozu dann der Dialog-Button auf Ihrer Homepage sei und ich es für ein zweifelhaftes Dialogverständnis halte, bei der kleinsten Meinungsverschiedenheit den Dialog abzubrechen. Eine Antwort auf diese Frage steht noch aus. Ich rechne allerdings mit keiner.

    Ach ja, ich habe natürlich auch noch darauf hingewiesen, dass ich mir weiterhin das Recht vorbehalte, Ihnen meine Sicht der Dinge mitzuteilen, solange der Dialog-Button auf ihrer Seite ist, wenn ich es für notwendig erachte.

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  8. Dennoch sollten Sie verstehen, daß auch der gutmütigste Verband nicht auf jede Diskussion zu stark einsteigen kann. Irgendwann sind auch mal die Ressourcen erschöpft, vor allem, wenn man das Gefühl hat, das Gegenüber hat an einem echten Dialog gar kein Interesse. Vor allem, wenn das Gegenüber grundsätzlich nicht an neuen Informationen interessiert ist, sondern nur daran, Informationen umzudeuten.

    Da habe ich für den Verband absolut viel Verständnis. Ich finde sogar, daß sie sehr viel versucht haben, bevor sie Sie aufgegeben haben.

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  9. @German Psycho,

    klar. Als Verband bin ich lediglich daran interessiert, den vom Wähler gewählten Volksvertretern permanent auf dem Schoß zu sitzen, um ihn davon abzuhalten, für die Menschheit notwendige Dinge umzusetzen, die Interessensgruppen wie dem VDA wehtun könnten. Diese Möglichkeit bleibt mir als Wähler leider verwehrt (ich kann mir kein Büro neben Glos, Tiefensee und Co. leisten) und insofern nutze ich die Möglichkeit, die mir bleibt, den Lobbyisten ein wenig Weitsicht nahezubringen. Ist mir schon klar, dass ich denen wurscht bin. Ich soll nur kaufen und das Maul halten.

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  10. Sie sind denen dann wurscht, wenn Sie an einem konstruktiven Dialog nicht interessiert zu sein scheinen. Ihre Wortwahl legt diesen Schluß nahe.

    Was soll denn der Verband auch tun? Sich auflösen? Natürlich muß er die Interessen der Automobilbranche wahren.

    Wenn der Herr also mit Ihnen diskutiert, kann er nur versuchen, seine Position darzulegen. Wenn Ihrerseits aber dann kein Diskurs stattfindet, sondern Sie darauf bestehen, daß Ihre Sichtweise absolut richtig ist und auch nicht geändert werden kann, dann bringt es dem Verbandsmitarbeiter nichts, weiter mit Ihnen zu reden.

    Und das völlig unabhängig davon, ob Sie Recht haben oder nicht.

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