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17 März 2007
Die Totenkopfbluse
Link: sevenload.com
„Berlin Mitte“ heißt jetzt „Maybrit Illner“ – na, hoffentlich bleiben wenigstens die Postleitzahlen gleich. Mit solchen Gedanken radle ich mit A. von St. Pauli aus nach Westen Richtung Fabrik, wo der amerikanische Songwriter Bonnie Prince Billy spielt. Jeder nennt ihn einen Schrat, deshalb tue ich das nicht.
Zumal Billy, der eigentlich Will Oldham heißt, sich nicht als schrullige trübe Tasse, sondern als Witzbold entpuppt, der nach zwei Stunden seine letzte Zugabe, die wir ihm diktatorisch akklamierend abnötigen, mit dem Countryklassiker „On the Road again“ beschließt.
Dann, gegen 12, pesen wir zurück durch die Nacht im Nieselregen, preschen furios durch die Fußgängerzonen und über Bürgersteige, donnern über rote Ampeln, fahren keinen um und landen in der Domschänke, wo die (relativ neue) blonde Bedienung eine Bluse mit lauter Totenköpfen trägt.
„Hübsches Hemd“, lobe ich, während aus der Musikbox Simon & Garfunkels „Scarborough fair“ den melancholischen Glanz vergangener Jahrhunderte heraufbeschwört (und das in Mörderlautstärke). „Danke“, sagt sie und lächelt kein bisschen.
Später, als ich auf dem Weg zur Toilette versehentlich eine Tür öffne, auf der „Privat“ steht, höre ich hinter mir ein schneidendes „Halt!“. Sie ist es, die Blonde mit der Totenkopfbluse, und sie lächelt noch immer nicht. Ich glaube, für die Domschänke, wo sich nach St.Pauli-Spielen die Decke wölbt unterm Druck des hervorplatzenden Adrenalins, ist sie die Bestbesetzung.
Plötzlich ist es halb drei morgens, und meine Trinkkumpane überschütten mich lallend mit Spott, weil ich mich schon trolle – „on the road again“ für höchstens eine Minute, dann parke ich das Rad vorm Haus, und die Nacht nach dem fünften Konzert diese Woche erlischt wie eine Kerze, die man im Sturm auf den Balkon gestellt hat.
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Serviert die Blonde in der Domschänke auch lust- und freudlos kalte, graue Frikadellen, wenn man etwas zu essen will? Dann ist es eine Fernfahrer-Bar. Denn die Jungs, die normalerweise dort einkehren, wollen nicht St-Pauli-gemäß kulinarisch und körperlich verwöhnt werden, sondern haben nur eins: Heimweh!
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