23 Oktober 2008

Nachts in der Anatomie

So sah es heute Abend im Uebel & Gefährlich aus, als die Band Bohren & Der Club Of Gore dort spielte.

Selbst Maastrix, dessen Kamera dir normalerweise selbst die dunkle Seite des Mondes mit allen Nuancen abbildet, beschränkte sich resignierend darauf, mein Display zu fotografieren, während ich versuchte, die diffus mit dem Dunkel verschmelzenden Gestalten auf der Bühne zu fotografieren.

Zu den ultralangsamen Klängen der Mülheimer Düsterfreaks assoziierten wir Geschichten. Maastrix fühlte sich an den Geruch einer sogar namentlich benennbaren Frau erinnert, die vor acht Jahren in seinem Bett gelegen hatte; meine verkümmerte Fantasie hingegen faselte was von „postindustrieller Kohlerevierbrache“ und „Film-noir-Detektiven im Trenchcoat, die nachts durch regennasse Stadtrandviertel schlurfen“.

In Wahrheit fühlte ich mich über weite Strecken, als hätte man mich nachts in der Anatomie eingeschlossen, und plötzlich regt sich was unter den Leichentüchern.

Maastrix hingegen beömmelte sich die ganze Zeit. Für ihn war das eher Quatsch-Comedy-Club als todernster Slomojazz. Obwohl Bohren auch lustig waren, vor allem die Ansagen. „Früher hat man uns erzählt“, sprach eine Stimme ohne Gesicht von irgendwo auf der Bühne, „wenn du deinen Teller nicht leer isst, dann kriegst du Aids.“

So unterschiedlich sind die Erziehungsmethoden: Mir hat man in der gleichen Lage noch für morgen mit schlechtem Wetter gedroht. (Ohne zu ahnen, dass es auch Tage gab, an denen ich Regen ganz unterhaltsam fand.)

Vor der Zugabe lasse ich einen immer wieder haltlos glucksenden Maastrix zurück. Aus irgendeinem Grund formuliere ich innerlich auf der Heimfahrt ein hinfort gültiges ehernes Gesetz: Fernsehsendungen mit Werbeunterbrechungen niemals live gucken.

Und jetzt schlafen.



5 Kommentare:

  1. hier muss ich einmal die geschichtsschreibung korrigieren - die dame lag üblicherweise in seinem bett, nicht in meinem - und er hieß thomas, hatte sie vor acht jahren kennengelernt, mit seinem kumpel richard zu zeiten der new economy mit ihm zusammen im silicon valley ein start up auf die beine gestellt. er führte an sich ein sorgenfreies leben - bis zu diesem tag.... an dem er nämlich nicht mehr ihren geruch in den bettlaken wahrgenommen hat, sondern den des aftershaves seines besten freundes.

    den namen der dame hatte ich mir noch gar nicht überlegt, aber auch bei der geschichte war es eine assoziationskette ;-)


    rückwirkend - herrlich.

    AntwortenLöschen
  2. moin,
    ich war mal so dreist und frech das, was deine kamera aufgefangen hat, auch auf meinem blog zu verwenden. wenn das nicht in ordnung ist: bitte schreien. danke!
    (und ja, sie waren großartig!)
    http://bunkerb.blogspot.com/2008/10/ein-aufruf-einfach-mal-den-mund-zu.html

    AntwortenLöschen
  3. ach ne, vergiß es: due von maastrix sind echt besser (darf man so ehrlich sagen, oder?)

    AntwortenLöschen
  4. ich wollt gerade sagen... wenn das verpixelte saxophon hier eher nen abnehmer findet als mein premium-content, bin ich ernsthaft beleidigt ;-)

    AntwortenLöschen
  5. Hey, ich bewundere Marcos Bilder (und Kamera) – und würde vehement, zur Not sogar juristisch gegen jeden Vergleich vorgehen, der zu meinen Gunsten ausfiele.

    AntwortenLöschen