19 Juni 2007

Einmal Hölle und zurück

Die Frau am Schalter kann englisch. „Two tickets to Hel“, sage ich und meine damit die Danzig vorgelagerte Halbinsel. Trotzdem verspüre ich aus rein phonetischen Gründen sofort das dunkle Bedürfnis, diesen Satz zu ergänzen: „And back, please!“, sage ich sicherheitshalber.

„To Hel only at weekends“, bedauert die Schalterfrau. Immerhin: Sie hätte mir ggflls. auch Rückfahrkarten verkauft. In einem erzkatholischen Land wie Polen nicht gerade selbstverständlich.

Die wahre Hölle begann übrigens in der Tat hier ganz in der Nähe, nördlich von Danzig nämlich: der Zweite Weltkrieg. Westerplatte heißt der Ort an der Weichselmündung, wo am 1. September 1939 das deutsche Schiff Schleswig-Holstein einen polnischen Militärstützpunkt anlasslos beschoss. Der Rest ist grausame Geschichte.

Wir lösten auf dem abgebildeten Dreimaster Lew zwei Karten, freilich ohne uns als Deutsche zu outen.

Am Wochenende geht es dann nach Hel, aber nur bei himmlischem Wetter.

9 Kommentare:

  1. Hallo Herr Matt,
    ich hoffe auf weitere Eindrücke Ihrer romatischen Reise.
    Frage: Gibt's in den polnischen Gewässern eigentlich Piraten ? Ich hoffe ich habe Ms. Columbo mit dieser Frage nicht aus der Fassung gebracht !

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  2. "anlasslos beschoss" ... So ganz ohne Befehl haben die das imvho nicht gemacht. Ich lerne aber auch gerne dazu. Bitte bringen Sie neue Erkenntnisse mit.

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  3. hallo matt!

    also die sache mit dem nicht als deutsche outen ist - wie soll ich sagen...?

    deutsche werden glaub ich überall als solche erkannt - ob nun der outungswille besteht oder nicht - auch wenn sie nix sagen.

    unternimm doch mal den versuch selbst deutsche im ausland zu enttarnen noch bevor sie den mund aufmachen - es ist ganz leicht. ;)

    ansonsten schönen urlaub noch!
    blondyonly

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  4. JT: Das wollte ich auch gerade schreiben.

    anonym: Sie haben auf jeden Fall recht: Der Deutsche im Ausland ist immer ganz leicht daran zu erkennen, daß er als einziger versucht, seine Nationalität zu verbergen.

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  5. Ein Befehl, meine Herren, ist kein Anlass, sondern höchstens eine Folge dessen. Und den Pseudoanlass fürs Losschlagen lasse ich hier nicht als echten Anlass durchgehen, das sehen Sie mir gewiss nach.

    Was unsere Enttarnung als Deutsche angeht: Wir wurden schon mehrfach ganz unschuldig auf polnisch angesprochen. Es geht also!

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  6. Sie beschreiben den Vorgang des Beschießens als anlaßlos - und das ist falsch, denn der Anlaß des Beschusses war nun mal der Krieg.

    Daß jener wiederum ohne Anlaß geführt wurde, ist ebenso falsch. Selbstverständlich gab es einen Anlaß. Und der Anlaß war die deutsche Großmachtsphantasie gepaart mit wirren Rassenidealen.

    Es ist keine Legitmation (im Gegenteil), aber sehr wohl ein Anlaß. Jenes Wort nämlich ist völlig wertfrei.

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  7. ;)
    jetzt will ich aber doch wissen wie du aussiehst!

    blondyonly

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  8. GP, Sie haben völlig Recht. Ich billigte dem Wort eine Qualität zu, die es nicht hat.

    Anonym: Offenbar wie ein durchschnittlicher Nordeuropäer, zu denen ja auch die Polen zählen.

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  9. Soso, eine Qualität? ;-) Evidenterweise, lieber Matt, evidenterweise.

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