Manchmal glaube ich, der hanseatische Humor stünde dem bayerischen in punkto Derbheit kaum nach …
Der Arschhocker steht im wirklich gemütlichen Café Miller in der Detlev-Bremer-Straße – und selbst am Wochenende mitternachts, wenn der Kiez in Flammen steht: Dort findet man fast immer ein ruhiges Plätzchen zum Klönen.
Wahrscheinlich zum Leidwesen der Betreiber.
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19 Dezember 2008
17 Dezember 2008
Im Folterkeller
„So“, sagt mein Fitnesstrainer, „jetzt setzen wir uns alle mal hin. Auf den Po.“ Na, wohin denn sonst, du Pleonast, du Tautologe, du Doppelmoppler!?
Das denke ich zumindest murrend und setze mich hin, auf den Po – um mich Sekunden später in einer Übungstortur wiederzufinden, die im Mittelalter nur von der Inquisition unter Einsatz von Brustreißer, Daumenschraube, Mundsperre, Streckbank oder Spreizbirne (Foto: Wiki) hätte erzwungen werden können.
Und wir im 21. Jahrhundert machen das alles freiwillig. Wüsste gern, ob wir damit vor der Geschichte bestehen können.
Nach dem Kurs gehe ich hoch in den Cardiobereich, denn GP hat mir versprochen, dort eine schwitzende Asiatin vorzufinden. Und genauso ist es auch.
Im Kampf mit Gluckscheißern
Angesichts der Tauben auf unserem Innenhofbalkon läuft mein im Prinzip gandhieskes Wesen Gefahr, sein düsterstes Pendant hochsympathisch zu finden.
Tagsüber bereits bevölkern die Tauben sonder Zahl unseren Balkon, als gäbe es dort etwas umsonst. Dem ist aber nicht so. Was es dort kiloweise gibt, ist lediglich Taubenmist. Das kann ja wohl nicht derart attraktiv sein, gerade für die Verursacher nicht.
Dennoch wirkt unser Balkon magisch auf Tauben. Er ist ihr Elysium, das Paradies auf Erden, der Platz, wo man als Taube sein möchte, ein Refugium zum Spaßhaben und Altwerden. Aber warum? Keinen Schimmer.
Das ist, wie gesagt, die Situation am Tag, wenn es hell ist. Und nachts bleiben sie der Einfachheit halber gleich da. Der Balkon über uns hat so hübsche kleine Boxen im Boden (Foto), deren Länge, Tiefe und Zuschnitt der Balkonbauer zweifellos dem Taubenwunschkatalog entnommen hat. Für jedes Täubchen ein Kabäuzchen.
Sobald es dunkelt, kuschelt sich die Vogelschar dort hinein, gurrt selig, schlummert alsbald einem weiteren wunderbaren Tag auf unserem Balkon entgegen und lässt von Zeit zu Zeit glücklich und traumverloren Taubenkacke leis herniederklatschen. Diese Gluckscheißer!
Die bereits mehrfach alarmierte Hausverwaltung signalisiert zwar stets abwiegelndes Mitgefühl, doch was ihren Problemlösungseifer angeht, ist sie so aktiv wie ein Eifelvulkan. Nein, der Balkon ist verloren, keine Frage. Dennoch habe ich vor einiger Zeit beschlossen, den nachtflugscheuen Tauben wenigstens das Leben zur Hölle zu machen.
Also öffne ich seit Wochen stets gegen Mitternacht die Balkontür, greife den bereitstehenden Schrubber und fuchtele damit vor den Täubchenkabäuzchen herum wie ein Jedi mit dem Lichtschwert.
Allerdings reagieren die Vögel zunehmend unwilliger auf meine Attacken.
Anfangs reichte es noch, nach dem Schrubber zu greifen, um die Federpest zur Flucht zu zwingen. Nach einigen Tagen aber musste ich bereits eine falkenähnliche Zustoßbewegung vollführen, um überhaupt noch eine Reaktion zu erzielen. Neuerdings nehmen die Luftratten sogar diese Maßnahme mit provokantem Gleichmut hin; sie zwingen mich dadurch, einen Schritt hinaus auf den taubenkackverdreckten Balkon zu tun (in Hausschuhen!), um meine Reichweite zu erhöhen.
Gestern erwischte ich erstmals eine hart mit der Schrubberbürste, was sie schließlich einen Rückzug in Erwägung ziehen ließ; die taumelnd herabsinkende Feder war das Unterpfand meines allerdings schnell wieder verlodernden Triumphes.
Denn alles bleibt vergebens. Mein Terror wirkt nicht. Auch heute Abend saßen sie wieder da, als wäre nie etwas gewesen oder – schlimmer – als nähmen sie mich nicht richtig ernst. Gelassen erwarteten sie mein Hinaustreten in den Dreck, meine Schrubberattacke, die ganze wütend entfesselte physische Gewalt, bevor sie schnippisch hinausflatterten in die Nacht.
Wie hat Gandhi das eigentlich hingekriegt? Er hatte doch nicht mal einen Schrubber.
16 Dezember 2008
Survival of the fittest
Versaut Twittern das Bloggen? Denke nämlich plötzlich nur noch im Telegrammstil.
Heute Abend mit Ms. Columbo beim Italiener um die Ecke. „Scampi satt“ bestellt. Tierchen leider ungeschält; finde Scampipuhlen so reizvoll wie Eigelb im Haar.
Doch wat mutt, dat mutt. Vorteil: Pulen verbrennt wahrscheinlich mehr Kalorien, als Scampi liefern. Will Weinglas nicht mit scampifeuchten Fingern anfassen; verbrauche klopapierrollenweise Servietten.
Entwickle trotz der schwierigen Rahmenbedingungen eine Ms. Columbo bald leicht überlegene Pultechnik. Verbuche das als weiterhin intakte Adaptionsfähigkeit im evolutionsbiologischen Sinn. Sehr befriedigendes Fazit.
Daheim fünfmal Finger waschen. Scampigeruch geht nicht mehr runter.
Bald übrigens 200. Geburtstag von Charles Darwin.
Heute Abend mit Ms. Columbo beim Italiener um die Ecke. „Scampi satt“ bestellt. Tierchen leider ungeschält; finde Scampipuhlen so reizvoll wie Eigelb im Haar.
Doch wat mutt, dat mutt. Vorteil: Pulen verbrennt wahrscheinlich mehr Kalorien, als Scampi liefern. Will Weinglas nicht mit scampifeuchten Fingern anfassen; verbrauche klopapierrollenweise Servietten.
Entwickle trotz der schwierigen Rahmenbedingungen eine Ms. Columbo bald leicht überlegene Pultechnik. Verbuche das als weiterhin intakte Adaptionsfähigkeit im evolutionsbiologischen Sinn. Sehr befriedigendes Fazit.
Daheim fünfmal Finger waschen. Scampigeruch geht nicht mehr runter.
Bald übrigens 200. Geburtstag von Charles Darwin.
15 Dezember 2008
14 Dezember 2008
Lebenslang Freibier
Während des Konzerts von Ben Kweller und seinem adipösen Slidegitarristen (Foto) im Knust diskutiere ich mit GP lautstark darüber, ob Hitlers Kriegsvorbereitungspolitik damals die deutsche Wirtschaft befeuert hat oder nicht. Plötzlich tritt eine erheblich aufgebrachte Frau forschen Schritts an uns heran.
Ihre Frisur erinnert an die von Rita Süssmuth, ihre Brille an ein Kassengestell aus den mittleren 80ern. „Wenn euch das Konzert nicht gefällt“, schnappt sie und zeigt erregt auf den Ausgang, „dann könnt ihr gerne gehen!“
In spontan aufkeimender Schnappatmung kramt GP nach der faltbaren Chromaxt in der Innentasche seines futschneuen Bossjacketts. Ich muss etwas tun.
„Alles klar“, sage ich beschwichtigend zu der Frau, wende mich dann rasch GP zu und rufe: „Sie hat Recht, sie hat Recht!“ – und das hat sie auch, denn habe ich nicht selbst schon Plappertaschen streng ermahnt, gefälligst zu gehen, wenn ihnen das Konzert nicht behagt, selbst wenn sie weniger gewichtige Dinge zu diskutieren hatten als Hitlers Kriegsvorbereitungspolitik?
Ja, das habe ich, und das zeigt die Lernfähigkeit der menschlichen Spezies: Wir sind intellektuell in der Lage, Transferleistungen zu erbringen, uns also an vergangene Verfehlungen unserer Mitmenschen zu erinnern, um sie hinfort selber zu vermeiden.
„Sie hat Recht!“, beschwöre ich erneut den zu allem bereiten GP, wende mich dann erneut Frau Süssmuth zu und sage: „Sie haben Recht!“ Mehr kann ich nicht tun.
Sie gibt sich damit zufrieden und kehrt – obzwar noch immer wutzitternd – zu ihrem Platz am Geländer zurück. Um GP endgültig zu befrieden, sage ich: „Ich hätte auch zu ihr sagen können: Wir stehen auf der Gästeliste, wir können das Konzert wohlgemut kaputtdiskutieren.“
„Dafür“, antwortet GP grimmig, „hättest du zeitlebens von mir Freibier bekommen.“
Eingedenk dieser Möglichkeit finde ich mein Krisenmanagement inzwischen nur noch suboptimal.
Ihre Frisur erinnert an die von Rita Süssmuth, ihre Brille an ein Kassengestell aus den mittleren 80ern. „Wenn euch das Konzert nicht gefällt“, schnappt sie und zeigt erregt auf den Ausgang, „dann könnt ihr gerne gehen!“
In spontan aufkeimender Schnappatmung kramt GP nach der faltbaren Chromaxt in der Innentasche seines futschneuen Bossjacketts. Ich muss etwas tun.
„Alles klar“, sage ich beschwichtigend zu der Frau, wende mich dann rasch GP zu und rufe: „Sie hat Recht, sie hat Recht!“ – und das hat sie auch, denn habe ich nicht selbst schon Plappertaschen streng ermahnt, gefälligst zu gehen, wenn ihnen das Konzert nicht behagt, selbst wenn sie weniger gewichtige Dinge zu diskutieren hatten als Hitlers Kriegsvorbereitungspolitik?
Ja, das habe ich, und das zeigt die Lernfähigkeit der menschlichen Spezies: Wir sind intellektuell in der Lage, Transferleistungen zu erbringen, uns also an vergangene Verfehlungen unserer Mitmenschen zu erinnern, um sie hinfort selber zu vermeiden.
„Sie hat Recht!“, beschwöre ich erneut den zu allem bereiten GP, wende mich dann erneut Frau Süssmuth zu und sage: „Sie haben Recht!“ Mehr kann ich nicht tun.
Sie gibt sich damit zufrieden und kehrt – obzwar noch immer wutzitternd – zu ihrem Platz am Geländer zurück. Um GP endgültig zu befrieden, sage ich: „Ich hätte auch zu ihr sagen können: Wir stehen auf der Gästeliste, wir können das Konzert wohlgemut kaputtdiskutieren.“
„Dafür“, antwortet GP grimmig, „hättest du zeitlebens von mir Freibier bekommen.“
Eingedenk dieser Möglichkeit finde ich mein Krisenmanagement inzwischen nur noch suboptimal.
11 Dezember 2008
Ich nenne ihn nur noch „Adi“
Frisur und Schnauzer sind Miroslaw Klose schon hervorragend gelungen.
Nur bei der Ausführung des entsprechenden Grußes zeigen sich noch leichte Trainingsdefizite.
Quelle: Spiegel online
Nur bei der Ausführung des entsprechenden Grußes zeigen sich noch leichte Trainingsdefizite.
Quelle: Spiegel online
Germany’s next Toptrottel?
Der fünftmeistgesuchte Suchbegriff des Jahres bei Google lautet kurioserweise „google“. Das kam heute heraus und ist mir ordnungsgemäß unverständlich: Die Leute waren doch schon dort, warum suchten sie noch danach?
Der Vorfall erinnert mich an jenes Touristenpärchen am Rande der Reeperbahn, das mich einst fragte, wo es denn die Reeperbahn fände und wie weit es noch sei bis dorthin. Für ein Orientierungsdesaster auf zwei Beinen wie mich ist ein solches Erlebnis sehr kostbar, denn selbst ich vermag in diesem Moment fast mühelos Triumphe zu feiern.
Der meistgesuchte Suchbegriff des Jahres bei Google ist übrigens „ebay“, bei der Bildersuche liegt hingegen „Gina Lisa“ vorne – ein Nachwuchsmodel, das mit Nachnamen „Lohfink“ heißt.
Gina-Lisa Lohfink. Wer denkt sich so was aus? Dass ich diese Frau bis heute nicht kannte, macht mich jedenfalls noch nicht zu Germany’s next Toptrottel.
Rede ich mir zumindest ein.
09 Dezember 2008
Höhere Münzologie
Früher, zu D-Mark-Zeiten, sagten die Bettler „Hassemannemakk?“. Seit der Währungsumstellung sagen sie „Hassema’neuro?“
Sofern sich die Spendierfreude der Angebettelten nicht halbiert hat, müsste sich das Einkommen von Bettlern also verdoppelt haben.
Bis auf Bankmanager (vor der Finanzkrise) kann das wohl keine andere Berufsgruppe von sich behaupten.
Sofern sich die Spendierfreude der Angebettelten nicht halbiert hat, müsste sich das Einkommen von Bettlern also verdoppelt haben.
Bis auf Bankmanager (vor der Finanzkrise) kann das wohl keine andere Berufsgruppe von sich behaupten.
Wie wir Mutzke mal den Sitzplatz stahlen
An der Abendkasse im Tivoli, wo schöne Kronleuchter die Wände beschummern, stehen wir zwar auf der Gästeliste, doch entscheidend ist etwas anderes: dass nämlich auch noch ein Umschlag mit unseren Karten parat liegt. Und das scheint nicht so.
Die Tivolidamen blättern das offenbar liederlich sortierte Konvolut der Briefe durch, doch keiner mit der magischen Aufschrift „Wagner“ lässt sich dergestalt zutage fördern.
„Es sind viel zu viele gekommen“, murmelt die bebrillte Ältere missmutig und nur scheinbar zu sich selbst. Doch ich verweigere die Annahme des mir so mit sanfter Gewalt zugeschobenen Schuldgefühls, denn schließlich sind wir eingeladen.
Wir hatten uns nämlich keineswegs gerissen um diese Veranstaltung, nein, sie wurde uns eindringlich nahegelegt. Und jetzt, wo wir schon mal da sind, möchten wir auch gern rein ins Tivoli, so sind wir nun mal.
Die Jüngere der beiden blättert noch einmal sämtliche Umschläge durch, während die Tivoliglocke schon das zweite Mal läutet. In der Schlange hinter uns keimt Unruhe.
„Hier!“, ruft sie plötzlich und wedelt mit einem Umschlag, „das sind die von Max Mutzke!“
Was dieser Umstand mit der Lösung der momentanen Konfliktlage zu tun haben soll, vermögen Ms. Columbo und ich auch mit vereinten Kräften nicht einzusehen, doch dank dieser neuen Entwicklung hellt sich auch die Miene der Älteren spontan auf.
Ihre Kollegin trennt mit freudigem Elan Max Mutzkes Umschlag auf. Sie entnimmt ihm vier Karten; zwei davon reißt sie ab und gibt sie uns.
So kommmt es, dass wir heute Abend auf Max Mutzkes Plätzen sitzen – und er, weil wir seine Karten haben, den Großteil des Abends auf der Bühne verbringen muss, wo ihn alle sehen können.
Umgekehrt wäre schlimmer gewesen. Für alle Beteiligten.
Die Tivolidamen blättern das offenbar liederlich sortierte Konvolut der Briefe durch, doch keiner mit der magischen Aufschrift „Wagner“ lässt sich dergestalt zutage fördern.
„Es sind viel zu viele gekommen“, murmelt die bebrillte Ältere missmutig und nur scheinbar zu sich selbst. Doch ich verweigere die Annahme des mir so mit sanfter Gewalt zugeschobenen Schuldgefühls, denn schließlich sind wir eingeladen.
Wir hatten uns nämlich keineswegs gerissen um diese Veranstaltung, nein, sie wurde uns eindringlich nahegelegt. Und jetzt, wo wir schon mal da sind, möchten wir auch gern rein ins Tivoli, so sind wir nun mal.
Die Jüngere der beiden blättert noch einmal sämtliche Umschläge durch, während die Tivoliglocke schon das zweite Mal läutet. In der Schlange hinter uns keimt Unruhe.
„Hier!“, ruft sie plötzlich und wedelt mit einem Umschlag, „das sind die von Max Mutzke!“
Was dieser Umstand mit der Lösung der momentanen Konfliktlage zu tun haben soll, vermögen Ms. Columbo und ich auch mit vereinten Kräften nicht einzusehen, doch dank dieser neuen Entwicklung hellt sich auch die Miene der Älteren spontan auf.
Ihre Kollegin trennt mit freudigem Elan Max Mutzkes Umschlag auf. Sie entnimmt ihm vier Karten; zwei davon reißt sie ab und gibt sie uns.
So kommmt es, dass wir heute Abend auf Max Mutzkes Plätzen sitzen – und er, weil wir seine Karten haben, den Großteil des Abends auf der Bühne verbringen muss, wo ihn alle sehen können.
Umgekehrt wäre schlimmer gewesen. Für alle Beteiligten.
07 Dezember 2008
Weil ich es kann
Ein Goldene-Hochzeits-Wochenende in Bispingen-Behringen am Rand der Lüneburger Heide.
Das Hotel entpuppt sich als effizient durchorganisiertes Hauptquartier einer touristisch-gastronomischen Terrororganisation und heißt Grüne Eiche. Es ist ein Rentnerparadies ohne Beispiel diesseits von Sun City.
Grobbehauene Balken an der Decke, Weihnachtsbäume und feierlich angestrahlte Benjaminusgiganten (Foto) im Gastraum, brutal dralle Bedienungen in trachtenähnlichen Kleidern – und Essen in Vielfalt und Menge, dass man denkt, gleich springt das Monty-Python-Team aus der Kulisse und eröffnet uns, wir seien Statisten einer Fortsetzung der Restaurantszene aus „Der Sinn des Lebens“, die bekanntlich mit der Explosion eines sehr breiten Mannes endet, der danach nicht mehr so breit ist, sondern eher breitverteilt über Tische, Tafler und Tapeten.
Der Höhepunkt des Abends ist erreicht, als der Chef der Grünen Eiche sich persönlich an die Elektroorgel stellt und Volkslieder nuschelt. Seit Freitagabend versuche ich das „Kufstein-Lied“ wieder aus dem Kopf zu kriegen. Vergeblich. Das innerlich fahrig hervorgekramte Gegenmittel („Carmelita“ von Warren Zevon) hat bereits versagt. Vielleicht brauche ich eine stärkere Droge. Bin für jeden Tipp dankbar.
Übrigens habe ich noch niemals zuvor in meinem Leben im Verlauf einer einzigen Mahlzeit Spanferkel, Gänsekeule, Lachsbraten, Spiegeleier, Muscheln, Brötchen, Brie, Bratkartoffeln, Schoko- und Wackelpudding sowie Heidschnuckenleber verzehrt und das alles mit Kaffee, Sekt und Multivitaminsaft hinuntergespült.
Aber: Es geht. Und es ist großartig.
Das Hotel entpuppt sich als effizient durchorganisiertes Hauptquartier einer touristisch-gastronomischen Terrororganisation und heißt Grüne Eiche. Es ist ein Rentnerparadies ohne Beispiel diesseits von Sun City.
Grobbehauene Balken an der Decke, Weihnachtsbäume und feierlich angestrahlte Benjaminusgiganten (Foto) im Gastraum, brutal dralle Bedienungen in trachtenähnlichen Kleidern – und Essen in Vielfalt und Menge, dass man denkt, gleich springt das Monty-Python-Team aus der Kulisse und eröffnet uns, wir seien Statisten einer Fortsetzung der Restaurantszene aus „Der Sinn des Lebens“, die bekanntlich mit der Explosion eines sehr breiten Mannes endet, der danach nicht mehr so breit ist, sondern eher breitverteilt über Tische, Tafler und Tapeten.
Der Höhepunkt des Abends ist erreicht, als der Chef der Grünen Eiche sich persönlich an die Elektroorgel stellt und Volkslieder nuschelt. Seit Freitagabend versuche ich das „Kufstein-Lied“ wieder aus dem Kopf zu kriegen. Vergeblich. Das innerlich fahrig hervorgekramte Gegenmittel („Carmelita“ von Warren Zevon) hat bereits versagt. Vielleicht brauche ich eine stärkere Droge. Bin für jeden Tipp dankbar.
Übrigens habe ich noch niemals zuvor in meinem Leben im Verlauf einer einzigen Mahlzeit Spanferkel, Gänsekeule, Lachsbraten, Spiegeleier, Muscheln, Brötchen, Brie, Bratkartoffeln, Schoko- und Wackelpudding sowie Heidschnuckenleber verzehrt und das alles mit Kaffee, Sekt und Multivitaminsaft hinuntergespült.
Aber: Es geht. Und es ist großartig.
05 Dezember 2008
04 Dezember 2008
Nur konsequent
03 Dezember 2008
Rocker in Marokko
Abends klingelte das Handy, Jan war dran. Die eigentlich längst seligen Selig haben sich wiedervereinigt, übermorgen, erzählte er, flöge die Truppe geschlossen nach Marokko für eine Fotosession, und ich solle doch mitkommen, um Material für die große Selig-Wiedervereinigungsstory zu sammeln.
Ich musste absagen. Nicht nur wegen der Feier zur goldenen Hochzeit meiner Eltern, wo selbst entschuldigtes Fehlen als unentschuldbar gewertet würde, sondern auch, weil der internationale Luftverkehr eine komplette Schimäre ist, wie wir seit wenigen Tagen wissen.
Das gilt übrigens auch für die Behauptung, in Hamburg regne es überdurchschnittlich oft. Doch siehe da: In den Top Ten der nassesten deutschen Städte kommen wir gar nicht vor.
Der peinlichste Punkt in dieser erhellenden Statistik: Regensburg. Die Stadt hat ja eh nichts zu lachen, doch sich als Regensburg nur gerade so auf Rang 10 hochhangeln zu können: Das ist echt blamabel.
In Marokko regnet es übrigens noch seltener als in Hamburg.
Ich musste absagen. Nicht nur wegen der Feier zur goldenen Hochzeit meiner Eltern, wo selbst entschuldigtes Fehlen als unentschuldbar gewertet würde, sondern auch, weil der internationale Luftverkehr eine komplette Schimäre ist, wie wir seit wenigen Tagen wissen.
Das gilt übrigens auch für die Behauptung, in Hamburg regne es überdurchschnittlich oft. Doch siehe da: In den Top Ten der nassesten deutschen Städte kommen wir gar nicht vor.
Der peinlichste Punkt in dieser erhellenden Statistik: Regensburg. Die Stadt hat ja eh nichts zu lachen, doch sich als Regensburg nur gerade so auf Rang 10 hochhangeln zu können: Das ist echt blamabel.
In Marokko regnet es übrigens noch seltener als in Hamburg.
02 Dezember 2008
Renate im Fernsehen
TV-Tipp für heute Abend um 21 Uhr auf N3: die dritte Folge der Dokusoap „Echt Reeperbahn“ mit einer Erinnerung an Käse-Renate.
Mein Nachruf auf dieses Kiezoriginal steht dauerhaft oben links unter „in memoriam“.
Mein Nachruf auf dieses Kiezoriginal steht dauerhaft oben links unter „in memoriam“.
Beinah Ölcatchen
Freitagabend war ich zu einem Konzert eingeladen, stand aber dann doch nicht auf der Gästeliste. Mit buddhaeskem Gleichmut – ja, geradezu verzeihend lächelnd, statt brüllend den Laden in Schutt zu legen – nahm ich diesen Umstand hin. Denn ich wusste: Zu Hause läuft die Liveübertragung eines Spiels meines 1. FC Köln.
Heute im Molotow der nächste Flop. Statt des erwarteten Konzerts nur eine verschlossene Tür; die Veranstaltung war wohl kurzfristig verschoben worden. Zum Glück findet das alles – Tops und Flops – in unmittelbarem Umkreis unserer Wohnung statt; der Verlust an Lebenszeit ist also klein und gut verschmerzbar.
Ich nutzte die Gelegenheit und schlenderte über den Kiezweihnachtsmarkt Santa Pauli. Über die riesige LED-Bühne flimmert ein verheißungsvolles „Geil“, und neben Buden mit Glühwein, Dildos, Wurst, alten „Hustler“-Nummern und Süßigkeiten gibt es ein ortsspezifisches Erotikzelt, in das man nur hineingelangt, wenn man mindestens 18 ist.
„Bier 3,50 Euro“ lockt draußen ein Schild. Ein weiteres informiert über anstehende Ausziehnummern, darunter auch „Menstrip“. Und Ölcatchen.
Ölcatchen?
Es ist kurz vor halb 10 an einem Montagabend, allmählich dürften dort drin die Säfte steigen und nackte Leiber sich winden in Ekstase oder zumindest in Öl, und ich luge zaghaft durch die Zeltplanenschlitze ins Innere.
Es stehen Tische und Bänke herum, ein paar traurige und – tut mir Leid – ausschließlich fette Männer sitzen da, ihre fleischigen Fäuste umkrampfen Bierflaschen (0,33 l).
Sonst tut sich überhaupt nichts. Das Räkelpodest langweilt sich ungenutzt in der Raummitte. Kein Sex, kein Menstrip, nicht mal ein Ölfass. Nur fünf dicke Männer, die stumm auf etwas warten, was in ihrer Fantasie übrigbleibt, wenn man von 3,50 Euro das Bier abzieht.
Leise ziehe ich mich zurück. Vielleicht komme ich am Wochenende noch mal wieder. Immerhin gibt es Ölcatchen.
Heute im Molotow der nächste Flop. Statt des erwarteten Konzerts nur eine verschlossene Tür; die Veranstaltung war wohl kurzfristig verschoben worden. Zum Glück findet das alles – Tops und Flops – in unmittelbarem Umkreis unserer Wohnung statt; der Verlust an Lebenszeit ist also klein und gut verschmerzbar.
Ich nutzte die Gelegenheit und schlenderte über den Kiezweihnachtsmarkt Santa Pauli. Über die riesige LED-Bühne flimmert ein verheißungsvolles „Geil“, und neben Buden mit Glühwein, Dildos, Wurst, alten „Hustler“-Nummern und Süßigkeiten gibt es ein ortsspezifisches Erotikzelt, in das man nur hineingelangt, wenn man mindestens 18 ist.
„Bier 3,50 Euro“ lockt draußen ein Schild. Ein weiteres informiert über anstehende Ausziehnummern, darunter auch „Menstrip“. Und Ölcatchen.
Ölcatchen?
Es ist kurz vor halb 10 an einem Montagabend, allmählich dürften dort drin die Säfte steigen und nackte Leiber sich winden in Ekstase oder zumindest in Öl, und ich luge zaghaft durch die Zeltplanenschlitze ins Innere.
Es stehen Tische und Bänke herum, ein paar traurige und – tut mir Leid – ausschließlich fette Männer sitzen da, ihre fleischigen Fäuste umkrampfen Bierflaschen (0,33 l).
Sonst tut sich überhaupt nichts. Das Räkelpodest langweilt sich ungenutzt in der Raummitte. Kein Sex, kein Menstrip, nicht mal ein Ölfass. Nur fünf dicke Männer, die stumm auf etwas warten, was in ihrer Fantasie übrigbleibt, wenn man von 3,50 Euro das Bier abzieht.
Leise ziehe ich mich zurück. Vielleicht komme ich am Wochenende noch mal wieder. Immerhin gibt es Ölcatchen.
01 Dezember 2008
30 November 2008
Auf den Straßen von St. Pauli
Wahrscheinlich ist das woanders ganz ähnlich geregelt; jedenfalls fällt hier auf St. Pauli alles immer von oben nach unten.
Wer allerdings das Arrangement aus gelbroten Blütenblättern und blauem Konfetti am Rand der Paul-Roosen-Straße abwärts befördert hat und um was es sich dabei überhaupt handelt, wenn nicht um Voodoo, das kann ich auch nicht sagen.
Wenige Meter weiter wurde das generell schwer gebeutelte Pflaster von goldgelbem Apfelmus veredelt, und das muss man als großen Vorzug werten, denn gemeinhin handelt es sich bei gelblichem Brei, der auf den Kiezstraßen und -gehwegen gerne mal herumliegt, nie um Apfelmus, sondern um … etwas ganz anderes.
Übrigens fallen hier im Stadtteil öfters auch die Kurven persönlicher Biografien von oben nach unten. Doch das nur nebenbei.
27 November 2008
Action, aber ohne mich
Vergangene Nacht sollen holländische Hooligans die Reeperbahn zerlegt haben. Doch es war wie immer: Was auch auf dem Kiez ab- und schiefgeht, wer hier ein Messer zückt und wie viel Blut auch fließt, wir lesen immer nur davon.
Vielleicht findet das alles ja in Wirklichkeit gar nicht statt, vielleicht wird es nur inszeniert für uns – wie die Existenz Bielefelds oder der interkontinentale Luftverkehr, der natürlich nichts als ein riesiger Fake ist, mit vor den Fenstern vorbeiziehenden Wolkenanimationen und Horden von fremdsprachigen Schauspielern nach der „Landung“.
Dieses Szenario jedenfalls entwickelte ich heute aus der Lameng im Aurel, ich glaube, nach dem dritten Bier. Wichtigstes Indiz für diese für viele Urlauber unerhörte Theorie: Wäre der interkontinentale Flugverkehr kein Fake, hörte man viel öfter von Abstürzen.
„Klar“, pflichtete GP mir sofort bei, „weil nämlich nichts fliegen kann, das schwerer ist als Luft.“
Wie gesagt: Das alles geschah nach dem dritten (oder vierten) Bier, und als ich nach Hause kam, las ich im Web vom holländischen Mob auf der Reeperbahn und hatte wieder mal die komplette Action verpasst.
Andererseits: Es gibt schlimmere Schicksale.
PS: Das Foto von der Folge eines Scheibenattentats auf der Reeperbahn stammt nicht von heute, steuert aber eine sachverwandte und somit adäquate Illustrationsleistung bei.
26 November 2008
Aug’ in Aug’ mit Muskeltürken
Auf der Balustrade der Zeisehallen (Foto) krame ich den iPod hervor. Er soll mir den Weg zum Fitnessclub mit Lieblingsmusik versüßen.
Noch während ich an den Ohrhörerkabeln nestele, sehe ich am Ende der Balustrade, wo ich vorbeimuss, eine Gruppe stiernackiger Jugendlicher herumsitzen und -stehen.
Es handelt sich um jene Art Heranwachsender um die 18, die Kramer gewöhnlich respektvoll als „Muskeltürken“ einzustufen pflegt. Sofort habe ich das Gefühl, das schneeweiße Leuchten meines iPods sei kontraproduktiv für ein schadloses Passieren des Trios, was ich natürlich innerlich sofort als paranoid missbillige.
Die Muskeltürken wiegen durchweg rund 90 Kilo bei jeweils gedrungener Statur, und ihre Gespräche ersterben, als ich mich nähere. Sie schauen mich stumm an. Einer sitzt rundrückig auf dem Boden wie eine missgelaunte Kröte und stiert zu mir hoch.
Mit einem forsch-jovialen „Hi“ versuche ich die Situation zu entkrampfen. Seine Reaktion ist vergleichbar mit der einer Wanderdüne im Winter: Er stiert mir weiter regungslos mitten ins Gesicht.
Nicht das kleinste Zucken umspielt seine Lippen. Und mein iPod liegt mir bleischwer in der Hand. Er leuchtet wie ein Halogenstrahler.
Das anhaltend stumme Stieren des Krötenähnlichen beschließe ich als Zusage für freies Geleit zu interpretieren. Betont gelassen und in mittlerem Tempo gehe ich vorbei, ohne aufgehalten zu werden. Auf der Treppe beschleunige ich den Schritt.
Gedeckte Farben würden einem iPod bestimmt auch sehr gut stehen. Ich bin mir sogar sehr sicher.
25 November 2008
Fundstücke (42): Von BILD, Fischgeruch und Vollbeschäftigung
1. Im Innenfutter einer Jacke bei C&A glotzt mir plötzlich das BILD-Logo entgegen. Ist man denn nirgends mehr sicher? Ich gehe nicht mehr zu C&A. Gewisse Leute werden jetzt sagen: Da darf man eh nicht hingehen, selbst wenn einen dort kein BILD-Logo anglotzte. Und wahrscheinlich stimmt das sogar.
2. „Es gibt keinen einzigen Grund, auf einen Schuhputzautomaten zu verzichten!“, behauptete heute eine Spammail. Dabei fällt mir mindestens einer ein, ohne dass ich lange nachdenken muss. Spammer lügen also – und sollten öfter mit 675 Millionen Euro Strafe in die Schranken gewiesen werden.
3. Warum riecht eigentlich ein Nachtspeicherofen, der seit zehn Monaten im Tiefschlaf lag, nach der Reanimation erst einmal nach Fisch?
4. Im Grunde kostet jede Lohnzahlung Arbeitsplätze. Wir hätten Vollbeschäftigung, wenn sich jeder Nichtselbstständige als Sklave verdingen müsste. Darüber sollten die Politiker mal nachdenken!
5. „Ich bin schwül“ ist ein Satz, den man nur im Hochsommer sagen darf. Und selbst dann nicht.
6. Mindestens die letzten beiden Punkte waren twitterreif. Vielleicht fange ich doch damit an. Verdammt.
PS: Das Wort des Tages lautet „Meisenknödelwurfverletzungstitanplatte“ und findet sich bei der verehrten Frau Wildgans.
2. „Es gibt keinen einzigen Grund, auf einen Schuhputzautomaten zu verzichten!“, behauptete heute eine Spammail. Dabei fällt mir mindestens einer ein, ohne dass ich lange nachdenken muss. Spammer lügen also – und sollten öfter mit 675 Millionen Euro Strafe in die Schranken gewiesen werden.
3. Warum riecht eigentlich ein Nachtspeicherofen, der seit zehn Monaten im Tiefschlaf lag, nach der Reanimation erst einmal nach Fisch?
4. Im Grunde kostet jede Lohnzahlung Arbeitsplätze. Wir hätten Vollbeschäftigung, wenn sich jeder Nichtselbstständige als Sklave verdingen müsste. Darüber sollten die Politiker mal nachdenken!
5. „Ich bin schwül“ ist ein Satz, den man nur im Hochsommer sagen darf. Und selbst dann nicht.
6. Mindestens die letzten beiden Punkte waren twitterreif. Vielleicht fange ich doch damit an. Verdammt.
PS: Das Wort des Tages lautet „Meisenknödelwurfverletzungstitanplatte“ und findet sich bei der verehrten Frau Wildgans.
24 November 2008
Die gemütlichsten Ecken von St. Pauli (7)
Die Hauswand an der glamourösen Großen Freiheit war mal in einem erbärmlichen Zustand. Der Grund: Legionen von Männern hatten sich dort stillschweigend auf ein gemeinsames Motto geeinigt: Don’t worry, pee happy.
Irgendwann, als der Sockel von Urinsäure zerfressen war und das Gebäude sich aufzulösen drohte, entschloss sich der Eigentümer widerwillig zur Sanierung – oder wenigstens zu ihrer winzigkleinen Schwester, nämlich einer Vertuschungsaktion mit Deckfarbe.
Die Fassade wurde weiß getüncht, was sofort Grafittisprayer anlockte. Und natürlich wurde auch das oben erwähnte Motto wiederbelebt. Eigentlich war es sogar nie außer Kraft gesetzt.
Der ewige fünfstufige Kiezzyklus – Saufen, Pieseln, Erodieren, Tünchen, Sprayen – hat seither von vorn begonnen, stumm bezeugt von einem stoischen Mülleimer.
Jetzt fehlt hier nur noch ein pointierter Schlusssatz, der auf sarkastische Weise das Glamouröse an St. Pauli (über)betont. Aber mir fällt gerade keiner ein.
PS: Um 17 Uhr gibt es die nächste von mir konzipierte Sendung auf www.byte.fm. Thema: Amerika.
22 November 2008
Höflichkeit hält hungrig
Nach dem Hauskonzert in der Othmarschener Prachtvilla gab es ein adäquates Buffet – und dazu kostenlos die Erkenntnis, wie man einen höflichen Mann komplett lahmlegen kann.
Der Kontrabassist kam mit einem souverän befüllten Teller in der linken und einem Glas Wein in der rechten Hand vom Buffet. Was ihm nur noch fehlte zu seinem Glück, war eine geeignete Abstellfläche.
Die war sowieso schwer zu finden in dieser mit Steinwayflügeln, Celli und Geigen edel drapierten Wohnung, doch sein Schicksal sollten zwei Grazien besiegeln, die unverhofft mit ihm das Gespräch suchten.
Da stand er nun in the middle of nowhere, der arme hungrige Mann, aus Etikettegründen unfähig, die Damen zu fliehen und dank der fehlenden dritten Hand ebenso unfähig, sich wenigstens parallel an den kulinarischen Köstlichkeiten zu delektieren, die ihm unerreichbar nah vorm Munde schwebten wie einem Esel der Heueimer.
Ms. Columbo und ich saßen neben dem Steinway, verzehrten behaglich Linsensalat und Pflaumen im Speckmantel, nippten am rheinhessischen Kabinettriesling und amüsierten uns still über die Szenerie.
Sie war unterhaltsamer als das Hauskonzert zuvor. Und ja, ich weiß: Wir sind fies.
Aber auch satt.
Der Kontrabassist kam mit einem souverän befüllten Teller in der linken und einem Glas Wein in der rechten Hand vom Buffet. Was ihm nur noch fehlte zu seinem Glück, war eine geeignete Abstellfläche.
Die war sowieso schwer zu finden in dieser mit Steinwayflügeln, Celli und Geigen edel drapierten Wohnung, doch sein Schicksal sollten zwei Grazien besiegeln, die unverhofft mit ihm das Gespräch suchten.
Da stand er nun in the middle of nowhere, der arme hungrige Mann, aus Etikettegründen unfähig, die Damen zu fliehen und dank der fehlenden dritten Hand ebenso unfähig, sich wenigstens parallel an den kulinarischen Köstlichkeiten zu delektieren, die ihm unerreichbar nah vorm Munde schwebten wie einem Esel der Heueimer.
Ms. Columbo und ich saßen neben dem Steinway, verzehrten behaglich Linsensalat und Pflaumen im Speckmantel, nippten am rheinhessischen Kabinettriesling und amüsierten uns still über die Szenerie.
Sie war unterhaltsamer als das Hauskonzert zuvor. Und ja, ich weiß: Wir sind fies.
Aber auch satt.
20 November 2008
Fundstücke (41): Mit Flick zum Glück
1. Tipp24 gelingt mit der abgebildeten Werbemail sowohl eine verblüffende Ein- wie genialische Überleitung. Allerdings: Geld macht nur satt und glücklich, doch ich will mehr vom Leben.
2. „We are in charge of making him large.“ (Killerslogan einer Spammail, die mich dieser Tage erreichte. Ich mag Binnenreime.)
3. „Die Nacht der leitenden Reichen“ (Hübscher Versprecher meines Freundes A., der eigentlich über einen Filmklassiker reden wollte. Sein Fauxpas passt jedenfalls perfekt zur Finanzkrise.)
4. She played the harmonica/and her moniker was Monika. (Wie gesagt: Ich mag Binnenreime. Vor allem selbstkreierte.)
19 November 2008
Henrys halbe Erdnussschale
Seinen Kampfnamen erhielt Inkasso-Henry nicht während seiner Zeit als Lude auf dem Kiez. Nein, das geschah erst später, nachdem er umgesattelt hatte und nun für andere Luden Schulden eintrieb.
Seit 40 Jahren jobbt Henry hier. Inzwischen steht er als Koberer entschieden monumental vor einem Table-Dance-Schuppen auf der Reeperbahn. Fast jeden Abend komme ich an ihm vorbei, doch meist spricht er mich nicht an – ich wirke wohl gut versorgt.
Gestern Abend war Inkasso-Henry im Fernsehen. Die neue fünfteilige Dokusoap „Echt Reeperbahn“ (dienstags um 21 Uhr) schildert unter anderem seinen schillernden Alltag, und es ist schon merkwürdig, ihm am Tag danach im Fitnessstudio zu begegnen, wo er ächzend die Brustpresse beackert wie sonst nur säumige Ludenschuldner.
Der Mann ist eine Art bebrillter Grizzlybär mit Glatze, der jedoch nach meiner bescheidenen Meinung eher etwas gegen seine Wampe als für seine Brust tun sollte. Doch ich werde den Teufel tun und ihm diesen Ratschlag flüstern.
Ich fand es eh interessanter herauszufinden, wie viele Kilo einer wie Inkasso-Henry eigentlich auflegt an der Brustpresse. Also schlich ich unauffällig durch den Zirkeltrainingtrakt und versuchte einen Blick aufs Gerät zu erhaschen, wo er derweil weiter unverdrossen pumpte.
Bei jedem Zug beschallte der Mann den kompletten Bereich mit einem gewaltigen Gurgeln und Grunzen, das noch am Tresen zu hören gewesen sein muss. Ich nippte gleichwohl ungerührt und wie zufällig an meinem Aroniatrunk und linste verstohlen hinüber zur Brustpresse.
Aha: 37,5 Kilo. Mäßig. Weniger – hüstel – als ich. Immerhin riss er ersatzweise diverse Brustpressensätze runter, so dass er insgesamt auf eine passable Tonne Gesamtgewicht gekommen sein dürfte.
Eine halbe Stunde später schloss ich im Umkleideraum meinen Spind auf und schlüpfte in den rechten Schuh. Doch etwas lag darin und störte. Ich zog ihn wieder aus und fand etwas sehr Merkwüdiges: eine halbe Erdnussschale. Im Schuh, der die ganze Zeit im Spind eingeschlossen war, und vorhin, beim Ausziehen, noch keinerlei Fremdinhalte aufwies, erst recht keine halbe Erdnussschale.
Wahrscheinlich lag es an der Begegnung mit Inkasso-Henry von vorhin; jedenfalls interpretierte ich diese Erdnussschale augenblicklich als Pferdekopfmetapher. Und beschloss, Henrys Auflage an der Brustpresse beim Bloggen lieber etwas nach oben zu korrigieren.
Sonst spricht er mich auf der Reeperbahn vielleicht doch noch an, mit ungewissen Folgen.
Foto: YouTube
Seit 40 Jahren jobbt Henry hier. Inzwischen steht er als Koberer entschieden monumental vor einem Table-Dance-Schuppen auf der Reeperbahn. Fast jeden Abend komme ich an ihm vorbei, doch meist spricht er mich nicht an – ich wirke wohl gut versorgt.
Gestern Abend war Inkasso-Henry im Fernsehen. Die neue fünfteilige Dokusoap „Echt Reeperbahn“ (dienstags um 21 Uhr) schildert unter anderem seinen schillernden Alltag, und es ist schon merkwürdig, ihm am Tag danach im Fitnessstudio zu begegnen, wo er ächzend die Brustpresse beackert wie sonst nur säumige Ludenschuldner.
Der Mann ist eine Art bebrillter Grizzlybär mit Glatze, der jedoch nach meiner bescheidenen Meinung eher etwas gegen seine Wampe als für seine Brust tun sollte. Doch ich werde den Teufel tun und ihm diesen Ratschlag flüstern.
Ich fand es eh interessanter herauszufinden, wie viele Kilo einer wie Inkasso-Henry eigentlich auflegt an der Brustpresse. Also schlich ich unauffällig durch den Zirkeltrainingtrakt und versuchte einen Blick aufs Gerät zu erhaschen, wo er derweil weiter unverdrossen pumpte.
Bei jedem Zug beschallte der Mann den kompletten Bereich mit einem gewaltigen Gurgeln und Grunzen, das noch am Tresen zu hören gewesen sein muss. Ich nippte gleichwohl ungerührt und wie zufällig an meinem Aroniatrunk und linste verstohlen hinüber zur Brustpresse.
Aha: 37,5 Kilo. Mäßig. Weniger – hüstel – als ich. Immerhin riss er ersatzweise diverse Brustpressensätze runter, so dass er insgesamt auf eine passable Tonne Gesamtgewicht gekommen sein dürfte.
Eine halbe Stunde später schloss ich im Umkleideraum meinen Spind auf und schlüpfte in den rechten Schuh. Doch etwas lag darin und störte. Ich zog ihn wieder aus und fand etwas sehr Merkwüdiges: eine halbe Erdnussschale. Im Schuh, der die ganze Zeit im Spind eingeschlossen war, und vorhin, beim Ausziehen, noch keinerlei Fremdinhalte aufwies, erst recht keine halbe Erdnussschale.
Wahrscheinlich lag es an der Begegnung mit Inkasso-Henry von vorhin; jedenfalls interpretierte ich diese Erdnussschale augenblicklich als Pferdekopfmetapher. Und beschloss, Henrys Auflage an der Brustpresse beim Bloggen lieber etwas nach oben zu korrigieren.
Sonst spricht er mich auf der Reeperbahn vielleicht doch noch an, mit ungewissen Folgen.
Foto: YouTube
18 November 2008
Sedo sagt, ich läge falsch
Von: kontaktz@sedo.de
Betreff: Ihre E-Mail bezüglich 88.com
Datum: 18. November 2008 17:51:46 MEZ
An: Matt
Betreff: Ihre E-Mail bezüglich 88.com
Datum: 18. November 2008 17:51:46 MEZ
An: Matt
Hallo Herr Wagner,Es gibt übrigens noch viele andere Bedeutungen von 88, die wir ebenfalls nicht verschweigen wollen.
vielen Dank für Ihre E-Mail und Ihr Feedback zur Ziffern-Auktion.
Dass die Ziffernfolge „88“ unter anderem für Nationalsozialisten eine Bedeutung hat, ist uns bekannt.
Allerdings steht diese Symbolik für uns absolut nicht im Vordergrund. Die Ziffernfolge 88 steht zum Beispiel auch als Abkürzung für Hansestadt Hamburg.
Abgesehen davon ist es tatsächlich so, dass Zahlen überall ihre Bedeutung finden. Wir sind ein internationales Unternehmen, das heißt wir wissen, dass andere Nationen der Zahlenfolge eine völlig andere Bedeutung beimessen. Wussten Sie, dass die Zahl 88 in Asien als Glückszahl gilt? Das ist eine fest verankerte, Jahrtausend Jahre alte Tradition. Je häufiger die Ziffer 8 in Geburtstagen, Kontodaten oder Internetadressen auftaucht, desto besser für den „Besitzer“.
Mehr über die unterschiedliche Bedeutung von 88 erfahren Sie auch hier.
Wenn man die Domain 88.com unter diesen Aspekten betrachtet, rückt die 88 mit ihrer nationalsozialistischen Bedeutung deutlich in den Hintergrund.
Schauen Sie sich einmal Seiteninhalte von 88-Domains in den unterschiedlichen Endungen an: Keine davon hat nationalsozialistischen Inhalt.
Dass wir zu diesem Thema (und auch zu weiteren Themen) klare Stellung beziehen, erfahren Sie auch aus unserer Policy.
Die Meinung unserer Kunden ist uns wichtig und ich hoffe, Sie können unsere Sichtweise nachvollziehen.
Beste Grüße,
S. V., Sedo
An Sedo, Domainhändler
Von: Matt
Betreff: Re: Ziffern-Auktion - Einzigartige Domains sichern!
Datum: 17. November 2008 21:52:48 MEZ
An: kontakt@sedo.de
Hallo Sedo,
als strahlendes und erstes Beispiel für die Nützlichkeit Ihrer Versteigerung von Zifferndomains führen Sie ausgerechnet die „88.com“ an. Das finde ich sehr anrüchig. „Überall finden Zahlen ihre Bedeutung“, schreiben Sie im Begleittext ganz richtig. Und wer, wenn nicht Sie, weiß daher sehr gut, dass die Zahl 88 unter Neonazis die begehrteste ist?
Möglicherweise – sagen Sie mir bitte, wenn ich völlig falsch liege – setzen Sie mit dieser Werbung sogar ganz bewusst darauf, möglichst viele dieser Menschen zur Mitwirkung an der Versteigerung von 88.com bewegen zu können.
Aber das, Sedo, wäre nicht nur anrüchig, sondern stänke geradezu – wie etwas anderes Braunes, was bestimmt auch regelmäßig aus Ihrem Hintern kommt.
Wie erwähnt: Sagen Sie mir bitte, wenn ich völlig falsch liege.
Mit Nasenklammerngrüßen
Matt
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