05 November 2009

Wie ich mich mal gegen Schweinegrippe habe impfen lassen

Wenn wirklich die Pandemie kommen sollte, dann gnade uns Rösler. Denn schon jetzt ist das Gesundheitsamt heillos überfordert, dabei verlieren sich gerade mal sechs Leutchen in der Empfangshalle.

Darunter der Franke und ich: Wir wollen uns impfen lassen. Zwei wuselköpfige Damen händigen uns Formulare aus, die wir ausfüllen sollen. Kugelschreiber haben sie aber leider keine. Schade. Eine impfwillige Kundin, die ihr Ausfüllpensum schon erledigt hat, bietet mir ihren an – unter der Maßgabe, ihn nachher wieder zurückzugeben. Ich werde sie nie mehr wiedersehen.

Wir füllen unsere Formulare aus. Der Franke braucht allein drei Minuten und zwei Extrazeilen, um seine ganzen Allergien niederzuschreiben. Bin ehrlich verwundert, dass „Atemluft“ auf seiner Liste fehlt.

Danach erhalten wir Wartemarken. Allerdings behalten die wuselköpfigen Damen kein Pendant mit der gleichen Nummer, um den Wartemarkenstapel später abarbeiten zu können, was mich erstaunt; außerdem schicken sie die Leute in verschiedene Gebäudetrakte, was mich noch mehr erstaunt. Ich bin sehr neugierig, welchen genialen neuen Kniff das Gesundheitsamt bezüglich der Wartemarken ausgetüftelt hat.

Der Franke erhält eine Impfersatzbescheinigung. „Warum haben Sie ihm jetzt so eine Impfersatzbescheinigung ausgehändigt und mir nicht?“, frage ich beleidigt. „Weil ich so tüddelig bin?“, fragt die Gesundheitsamtsdame rhetorisch zurück. Gute Theorie.

Oben, vor Raum 3, sitzen vier schweigende Männer und warten. Erneut huschen wuselköpfige Damen hin und her, aber andere. Dialogfetzen:
„Dr. XY schläft noch. Meinst du, ich soll ihn anrufen?“
„Hm, ich weiß nicht. Vielleicht ja.“

Man schließt eine Tür auf und wieder zu, man läuft ziellos über die Gänge, man gibt sich ostentativ überfordert. Dabei ist doch noch gar nichts passiert, keine Pandemie weit und breit, nur sechs Impfwillige in Wartestellung. Und nicht 6000.

Irgendwann tritt ein Weißkittel aus einem der Räume und fragt: „Wer ist der Nächste?“ Tja, wenn wir sechs das wüssten. Alle schauen ratlos auf ihre Wartemarken. Spätestens jetzt müsste das geballte behördliche Organisationsgenie sich Bahn brechen.

„Also, ich hab 163“, murmelt der tatterige Rentner neben mir und schaut sich unsicher um. Meine 171 kann gegen diese Superzahl nicht anstinken. „Irgendjemand niedriger als 163?“, ruft der Weißkittel in die Runde und stützt dabei die Arme herausfordernd in die Seiten. Schweigen im Gang, der Rentner wackelt in den Impfraum.

Das Wartemarkensystem scheint noch nicht ganz ausgereift. Vielleicht aber bis zur Pandemie.

Endlich bin ich dran. Zwischen dem Rentner und mir hatte noch einer die 167, die restlichen Zahlen fehlten, doch das verwundert nicht, schließlich wurde wir von der tüddeligen Dame in der Halle in verschiedene Gebäudetrakte geschickt.

Der Arzt fragt, ob ich gegen Hühnereiweiß allergisch sei. Mein schnippischer Gedanke, „Das geht doch aus dem Formular hervor, das ich mit einem geliehenen Kuli ausgefüllt habe, den ich nicht mehr zurückgeben kann, weil ich seine Besitzerin nie mehr wiedersehen werde, ehe mir eine Wartemarke ausgehändigt wurde, die praktisch keine Funktion hat“, bleibt fest verschlossen in meinem Kopf, und ich verneine.

Er desinfiziert meinen Oberarm und haut mir eine volle Kanüle Pandemrix rein. Das kleine sterile Stoffquadrat, das er beim Herausziehen der Spritze auf die Wunde drücken will, fällt ihm leider runter.

„Nein, nein“, deutet er mein kurzes Zucken falsch, „das hebe ich auf.“ Allerdings kommt er nicht ran, weil er immer noch die Spritze festhalten muss, die tief in meinem Oberarm steckt. Ratlos wandert sein Blick über den Tisch, an dem wir sitzen. Nirgends ein weiteres Stoffquadrat.

Schweigend sitzen wir da, die Spritze ragt aus meinem Arm, der Arzt schaut unstet umher. Irgendwann reicht ihm eine der wuselköpfigen Damen ein Ersatztüchlein, jetzt kann er die Spritze rausziehen.

Auf dem Gang treffe ich den Franken wieder. Auch ihn haben sie nach der Hühnereiweißallergie gefragt, aber wohl aus anderen Gründen: Sie hatten bestimmt keine Lust, seine enzyklopädische Tier-, Pollen- und Gräserliste Posten für Posten durchzugehen.

Heute war ein Arbeitskollege ebenfalls dort zum Impfen. Während der Behandlung kam eine der wuselköpfigen Damen herein und fragte: „Sag mal, was ist denn das für eine Charge hier? Die sieht doch ganz anders aus als die von heute morgen!“

Die Pandemie kann kommen.


27 Kommentare:

  1. Das ist alles sehr beruhigend. Ich glaube, ich lasse mich auch impfen.

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  2. Nils die Maus05.11.09, 06:05

    Hmm ... auf mich wirkt das alles sehr beunruhigend. Ich frage mich, wo die ganzen Pessimisten und Paranoiker stecken, die von den Zeitungen alle wild gemacht wurden.
    Und ich dachte bis gerade eben, dass ostentantiv ein Synonym für bösartig sei ... Man lernt nie aus!

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  3. Möglicherweise ist es noch unwahrscheinlicher durch Squalen und
    Thiomersal das Golfkriegsyndrom oder ein Karzinom zu entwickeln, als an
    der amerikanischen Schweinevogelgrippe zu sterben.

    Ihre Erlebnisse im achten Kreis der Hölle, wo sich Pharmavertreter und
    Beamte die Hand reichen und verkaterte Barfußärzte Tupfer vertüddeln,
    schrecken mich aber wirklich ab.

    Da setze ich dann doch lieber auf Nachbarschaftshilfe.

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  4. Made my day! Ich werde mich übrigens nicht impfen lassen. Vergleicht man Schweden mit Deutschland, ist die Wahrscheinlichkeit, an der Impfung zu sterben bedeutend höher als an der Grippe selbst zu verenden...

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  5. Sehr lustig das alles. Ich geh auch zum Gesundheitsamt Altona, wenn ich mich impfen lasse. Hoffentlich sind die wuselköpfigen Damen dann auch da.

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  6. ihr heutiger blogbeitrag bestärkt mich eher in meinem vorsatz, mich nicht impfen zu lassen. würde man mir den gleichen impfstoff anbieten, den auch die politiker und bonzen in diesem unseren lande bekommen, würde ich nochmal drüber nachdenken. unter den jetzigen umständen: no way - sorry, liebe pharmaindustrie!

    Was bringt den Doktor um sein Brot?
    a) die Gesundheit, b) der Tod.
    Drum hält der Arzt, auf dass er lebe,
    uns zwischen beiden in der Schwebe.

    Eugen Roth (1895-1976, Dichter)

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  7. was für ein Zufall, Eugen Roth habe ich auch gelesen, gerade gestern, und zwar von ihm eigenhändig geschrieben: »Auch Medizin kann uns nicht frommen | Voreingenommen eingenommen«.

    In diesem Sinne, ich lass mir den Spaß nicht entgehen. Völlig unvoreingenommen. Vielen Dank für Ihren Beitrag Herr Wagner.

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  8. Ich werde mich auch nicht impfen lassen. Verlasse mich da nicht drauf.
    Betrachtet man dieses Plakat dann sieht das nämlich schon ganz anders aus.

    http://screenshotblog.com/images/300daysosd.jpg

    Die Pharmaindustrie brauch nur unsere Kohle. Ich beteilige mich da nicht dran.

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  9. Erstaunlich, daß sich die ständig wiederholende Propaganda der Medien von einer anstehenden Pandemie bei manchen doch bezahlt gemacht hat :-)

    Da reibt sich so mancher Pharmariese doch bestimmt die "sauberen Händchen"

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  10. Ich sehe das weit differenzierter. Natürlich hat die Pharmaindustrie ein Interesse an steigenden Absätzen. Trotzdem kann es stimmen, dass eine Pandemie droht (wie auch unabhängige und industrieferne Virologen zu bedenken geben), und trotzdem kann demzufolge die Impfung nützlich sein.

    Wäre nicht auch denkbar, dass beide davon profitieren: die Pharmaindustrie UND die Bevölkerung? Betoniertes Schwarz-Weiß-Denken ist jedenfalls wenig hilfreich.

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  11. herr wagner... mal so nebenbei. wie ergeht es ihnen denn? fieber, ausschlag, drittes auge?

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  12. Ich fühle mich wie eine Mischung aus Spiderman und Stephen Hawking. Zum Leidwesen meiner Umgebung benehme ich mich auch so.

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  13. herrje. diese zusammensetzung lässt nicht unbedingt auf einen blühenden donnerstag schliessen?! aber das nimmt man wohl in kauf, wenn man danach schweinegrippen, vogelseuchen und bse-frei bleiben wird. halten sie heute mal die füsschen still und lassen sie sich tee ans sofa bringen.

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  14. Danke für die Bestätigung meiner festgefahrenen Absicht, mich NICHT impfen zu lassen :-)

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  15. Mediziner bin ich nicht, aber erinnere die Information, daß jedes Jahr eine Grippewelle durch Länder und Städte rauscht und es jedes Jahr eher unspektakulär Tausende von Menschen dahinrafft. Ich verstehe nicnt (ist das h kaputt ? Nein, es war ein n...) - also ich verstehe nicht so recht, weshalb jetzt eine derartige Hektik um diese Grippe veranstaltet wird.
    Wahrscheinlich bin ich leicht phlegmatisch, aber statistisch und lebensrisikoadäquat gesehen ändert sich nicht viel im Vergleich zu vorherigen Zeiten.
    Wenn es knallen soll, dann knallt der Sensenmann eben - das Leben endet stets tödlich.

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  16. Der Hauptzweck des Impfens ist doch, den Erreger möglichst am (unabsehbar riskanten) Mutieren zu hindern und nicht selbst zum Verteiler zu werden, der immunschwache Bevölkerungsgruppen gefährdet. Kurz: Es geht nicht um dich selber, sondern um die Sozialgemeinschaft.

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  17. Ich war in einer kleinen Hausarztpraxis beim Impfen (nicht beim Gesundheitsamt) und alles lief schnell und gut ab, habe da deutlich bessere Erfahrungen gemacht ;-)

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  18. Das macht alles einen sehr professionellen Eindruck, was das Gesundheitsamt da so abliefert. *hatschi*

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  19. Impfen bedeutet ja, dass man mit einem abgeschwächten Erreger in Kontakt kommt. Man macht also eine schwache Grippe durch. Man fühlt sich einen Tag schlecht, und das war's dann.
    Diese Grippe ist neu, wie der Name schon sagt. Die Viren haben die Artgrenze Schwein-Mensch übersprungen, was sie ansich schon gefährlich macht. Und sie verändern sich, mutieren, je mehr Menschen sie befallen.Das ist bei Viren so.
    Und es wird sein wie bei den Winterreifen. Viele glauben, der Winter fällt aus. Und traditionell beim ersten Schnee ist das Erstaunen groß und die Schlange bei den Autohäusern lang.
    Dann ist es pötzlich egal, ob der Mechaniker zittert.
    Was nur blöd ist, dass die Geimpfeten dann die Arbeit der Nichtgeimpften übernehmen müssen, wenn die auf der Nase liegen. Aber lieber arbeiten als fiebern.

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  20. Sie bringen es auf den Punkt.

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  21. Wenn man sich die Entstehungsgeschichte dieses H1N1 Virus genauer anschaut, wird man viele seltsame Zufälle finden, nur keine Schweine ;-). Auch im Zusammenhang mit den sehr schnell verfügbar gewordenen, aber unausgereiften Impfstoffen.

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  22. Nachtrag: wer es noch ein wenig chaotischer mag, gehe in die Praxis Neue Große Bergstraße No. 7, Altona.

    Dort gibt es weder Nummernziehen noch mündliche Nachfragen. Nein, Drängeln im muffigen Warteraum mit Ausuferungen Richtung Flur. Das Impfen nehmen hinter einer spanischen Wand Gehilfinnen des Arztes vor. Sie erschienen mir wie 15jährige Praktikantinnen, haben aber ihre Arbeit gut erledigt.

    Die Schicksalsgemeinschaft davor war Ohrenzeuge der kurzen Piekse und zuckte jedes mal ein kleines bisschen mit. So war man schon mal gut vorbereitet.

    Heute morgen fühlte ich mich leicht seditiert, so psychedelisch angehaucht. Das kann aber auch am gestrigen Whiskey (!) Genuss gelegen haben.

    Jetzt geht's schon wieder und nun ab zum Millerntor: "Aux armes...!"

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  23. Ich habe in letzter Zeit auf der folgenden Website diverse Artikel zum Thema Impfen gelesen: http://www.gesundheitlicheaufklaerung.de

    Das kann ich nur jedem empfehlen!
    Danach fällt die Entscheidung sicherlich leichter...

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  24. Die Seite ist einseitige Propaganda. Vom Abwägen des Für und Wider ist sie so weit entfernt wie eine Amöbe vom Abitur.

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  25. Dafür hat die Dame interssante und wüste Verschwörungstheorien auf Lager... aber so was wuchtert in solchen Zeiten ja immer gerne.
    "bestätigt die Journalistin Jane Bürgermeister den geplanten Genozid (Völkermord) durch das Schweingrippe-Virus.
    Vor allem weist alles daraug hin, dass mit der Spritze ein Nanochip injiziert wird. Der Chip, der bei 12facher Vergrößerung zu erkennen ist, soll auf diese Weise in den Körper transportiert werden, womit jeder Geimpfte dann automatisch geschippt ist ohne es zu wissen. Somit wird er rund um die Uhr bewach- und kontrollierbar sein. Diese Information wurde von einer Bekannten einer Pharma-Mitarbeiterin der Firma "Baxter", die den Impfstoff herstellt, bestätigt.
    Nun gibt es drei Impfstoff-Varianten:
    Harmlose Spritzen ohne Chip für Politiker und "Auserwählte",
    Spritzen ohne Tamiflu und mit Chip für die Bundeswehr und
    Spritzen für das Volk, in denen alles enthalten ist...
    Für alle Staaten ist eine Zwangsimpfung geplant, so Jane Bürgermeister, die erst dann vollzogen werden soll, wenn sich die Bevölkerung weigert.
    Bisher hat Jane Bürgermeister vergeblich etwas dagegen zu Unternehmen versucht. Sie empfiehlt Massendemonstrationen.
    http://antikorruption ch/sammelstrafanzeige
    Hier erhält man Vordrucke und Anleitungen, um eine Anzeige bei der Polizei einzureichen...
    Wir müssen uns immer wieder vor Augen halten, dass es sowas wie Viren nicht gibt. Alle gefährlichen Erreger wie Aids, SARS und die Vogelgrippe wurden in Laboratorien künstlich erzeugt."
    Klasse, oder?

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  26. Ich habe mich heute auch getraut. Es war nicht ganz so schlimm:

    http://www.boschblog.de/2009/11/06/warteschlangengeschichten-teil-12-impfung-gegen-schweinegrippe/

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  27. Über die Theorien von Bürgermeister, Jane wird man wohl nicht ernstlich diskutieren müssen. Es geschehen böse Dinge in der Welt, aber das was sie da beschwört, wohl noch nicht.
    Ich bin beruflich vor Jahren einmal einer Frau begegnet, die mir auch solch eine Chipverschwörungstheorie präsentiert hatte.
    Sie war bis hin zum Bundesverfassungsgericht aktiv.
    Vielleicht hat sie nun einen PC und blog(g ?)t in die Welt hinein...

    @croco, Herr Matt -
    die Feststellung, daß "die Viren (...) die Artgrenze Schwein-Mensch übersprungen (haben), was sie an sich schon gefährlich macht" ist meines Erachtens nicht ergiebig. Dadurch wird das Virus "an sich" nicht letal oder sonstwie speziell. Jeder Virus kommt irgendwo her und mag gefährlich sein, aber nicht wegen der Herkunft, sondern wegen seiner Wirkung. Variabel/ flexibel und anpassungsfähig sind sie alle. Die Wirkungs- und Anpassungsgenetik ist mit jeder Jahresgrippewelle neu.
    "Und sie verändern sich, mutieren, je mehr Menschen sie befallen. Das ist bei Viren so" - wohl nicht so ganz. Viren mutieren vorrangig dann, wenn sie "müssen", d. h. wenn sich die Umgebung nachteilig verändert und sie auf entsprechende Impulse reagieren (von Zufallsmutationen abgesehen, die allen Viren und Zellen immanent sind).
    Ganz böse gedacht: Kann es sein, daß Viren mutieren, weil Impfungen ihnen das "Leben" schwer machen und sie dazu zwingen ?
    Grippeopfer wird es immer geben, ob Impfung oder nicht.
    Grippe - immer wieder neu.
    Und Sie sitzen mit der Marke im Gesundheitsamt Altona und warten auf diesen Heini in weiß, der Sie nach Heimwerkermanier impft...
    Hoffentlich war es nicht der Pförtner mit einer Zusatzausbildung - guckst Du hier:

    http://www.youtube.com/watch?v=iR7oVDQF_BI&feature=related

    Slow down.
    Allen ein schönes Wochenende. Freitag 06.11.2009 um

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