Nach fünfstündiger Bahnfahrt, während der mir nahe Northeim das Himmelsbild gelang, verbringen wir ein Wochenende in meinem hessischen Heimatdorf am Fuße des Westerwaldes. So vertraut, so fremd.
Die Verwandtschaft zum Beispiel hat die Angewohnheit, so fröhlich wie lautstark durcheinanderzuplappern. Eine von A angefangene Geschichte wird von B begeistert zu Ende erzählt, was A aber nicht dazu bewegt, den Staffelstab einfach loszulassen.
Nein, munter spinnt er die Geschichte ebenfalls fort, und die so entstehende kommunikative Kakophonie ergibt erstaunlicherweise am Ende doch eine recht runde Story.
Abends Oldiedisco in der einzigen Kneipe des Dorfes. Man erkennt mich, nötigt mir Bier auf, tätschelt mir die Glatze, lobt lallend Hamburg, artikuliert gesteigerten Besuchswillen.
Oft nicke und lächle ich einfach freundlich, weil ich im brachialen Lärm der Oldiedisco eh nichts verstehe und klar ist, dass eine Nachfrage kaum mehr Klarheit ins semantische Dunkel brächte.
Heute, am Tag danach, habe ich allerdings den Verdacht, durch unbewusstes Abnicken mehreren reisefreudigen Dorfdiscobesuchern persönliche Kieztouren und weitere Betreuungsangebote in Aussicht gestellt zu haben.
Übrigens ist nicht nur eine generelle Kakophonie typisch für meine Familie, sondern auch eine beeindruckende Gestaltungshöhe im Ethisch-Moralischen. „De Marga erzeehld Geschichde“, informiert man mich mit latenter Empörung über den geistigen Dämmerzustand einer Heiminsassin, „dej sei gor ned wuhr!“
Selbst eigentlich entlastende Demenz vermag also einen gottesfürchtigen Protestanten nicht davon abzuhalten, auf die generelle Sündhaftigkeit des Lügens hinzuweisen.
Zum Ausgleich sehe ich auf der Rückfahrt am Marburger Bahnhof eine junge Frau, die ein T-Shirt mit der Aufschrift „Back from Hell“ trägt. Und direkt hinter ihr gehen zwei Nonnen.
Eine Disco?
AntwortenLöschenWo gibt es denn dort eine Dorfdisco?
Es ist wohl eine Regionale Spezialität, dass aus der Familie alle gleichzeitig an einer oder mehreren Geschichten erzählen.
Es dauert immer ein, zwei Tage, bis ich mich daran gewöhnt habe, vermisse das dann später in Hamburg.
Die junge Dame im T-Shirt war bestimmt auf dem Weg ins Kloster und die beiden Nonnen haben sie gerade aus der Hölle entführt.
AntwortenLöschenEtwas Plausibleres ist mir bisher auch noch nicht eingefallen, Opa.
AntwortenLöschenSven, als Schauplatz dient klaglos das Sportheim.
AntwortenLöschenSagen Sie mal, Matt, was hat man Ihnen den im Hesseländle an Pils aufgedrückt? Ich hoffe doch sehr, daß es sich nicht um das dort viel zu verbreitete Licher handelte?
AntwortenLöschenJedenfalls biete ich Ihnen natürlich gerne mein neues Beratungs- und Projektdurchführungskonzept „wie führe ich nervende hessische Verwandte so über den Kiez, daß sie niemals wiederkommen wollen?” an.
Ich glaube ja eher an einen Ausbruch der jungen Dame aus dem Kloster. Und als sie gerade das neue T-Shirt angezogen hatte, dass sie in einem überschwänglichen Freudenanfall über die gelungene Flucht gekauft hatte, standen plötzlich die Klostersheriffs hinter ihr.
AntwortenLöschenDeren körperinternes Navigationsgerät ist nämlich mit so Begriffen wie "Teufel, Hölle, böse, Sünde" und "Liebe, lustvoll, Lotterleben" programmiert.
Wenn davon irgendwo auf der Welt etwas aufblinkt, finden sie es.
Die junge Dame ist also von den Klosterschergen mit einer Überdosis "Klosterfrau Melissengeist" ruhig gestellt worden und wird gegen ihren Willen wieder ins Kloster zurückgebracht.
Das Foto ist ja der Hammer. Ganz groß!
AntwortenLöschenZum Thema "back from hell": Das dürfte für die Nonnen nix Besonderes gewesen sein, denn schließlich ist das Fegefeuer zur Läuterung da, nicht zur ewigen Verdammnis. Normalerweise kommt man danach zwar in den Himmel und nicht aug die Erde, aber irgendwas ist ja immer.
@ Anna:
AntwortenLöschenIhre Lagebeurteilung hat was. Hätten Sie kein Interesse daran, freiberuflich als ProfilerIn für den BaziND tätig zu sein?
(Ikognito und streng bedeckt natürlich)
@Opa:
AntwortenLöschenAber sofort. Das wäre mir eine Ehre.
In freudiger Erwartung des Einsatzbefehls als Geheimagentin für spezielle Spezialaufgaben.
Ich hoffe, es ist auch schön gefährlich.
Ich halte Frau Annas Deutung der Umstände für höchst plausibel und sehr überzeugend, profiling at it's best. Meine Verehrung.
AntwortenLöschenDas mit dem "Klosterfrau Melissengeist", diesem pharisäerhaften Bölkstoff der Pinguine, kenne ich übrigens. Die hat mir meine Oma immer auf einen Zuckerwürfel geträufelt, um mich in jungen Jahren ruhigzustellen. Ich warne vor diesem Zeug - an mir kann man ja nun erkennen, was aus einem wird, der in jungen Jahren damit in Berührung gekommen ist(wie kommen eigentlich immer diese besinnlich und mit persönlicher Tiefe gesegnet erscheinenden Leute auf solch' teuflische Substanzen wie Bier, Wein und anderes hartes ? Vor allem die Frauen mit ihrem "Melissengeist" - eine höchst gefährliche, weil so irreführend täuschende Bezeichnung. Weiß die Drogenbeauftragte des Bundes schon davon ?? Und nein, nicht schon wieder: Herr Schäuble !?)
Lassen Sie uns alle überlegen, wie der jungen Dame geholfen werden kann. Hoffentlich kommen wir nicht zu spät.
Und Frau Anna ("ich hoffe, es ist auch schön gefährlich") - doch nicht so sensibel, wie Sie zunächst erschienen angesichts sich erleichternder Herren auf offener Straße hier in Hamburg, woraufhin Sie in das bereit stehende Fluchtauto sprangen ?
Sie hätten ernstlich damit zu rechnen, daß Sie Ihre Ermittlungen bei der Heilsarmee hier in Hamburg aufnehmen müssen (wegen "highway to hell" und Harley Days und so). Und die wohnen nun einmal mittendrin im Zentrum des Lasters und aller höllischen Versuchungen.
Wenn Sie Hilfe benötigen - ich stehe gern zur Verfügung.
Natürlich nur, wenn Ihr Chief es auch gestattet.
Herr Matt - es fehlt noch die Erklärung, weshalb Sie nicht vor Ort schon zugunsten der jungen Frau interveniert haben, die es ja schon fast geschafft hatte.
Sie schrieben ein bemerkenswertes Drehbuch für einen subtilen Horrorfilm, Matt. David Lynch wäre sicher auch begeistert.
AntwortenLöschenSie beklagen sich, Herr Matt?
AntwortenLöschenWas soll ich denn sagen, wenn mein Kopfnicken in ähnlichen
Situationen mich in vergleichbare Schwierigkeiten brachte?
Hamburg HAT ein Nachtleben, Berlin sicher auch.
Aber Stuttgart?
In dessen "Nachtleben" ich beruflich "rumverhaftete"?
"Mir kommet no Schduergard, Du kennschdich doch aus,
da hau mer uff de Putz"!
Bei den Schwaben hört die Nacht mit Schließung der Kinos auf.
Wenn der Schwabe den Eingang der "Ritze" sähe, hätte er schon einen Puffbesuch gespart. "Ahhhh".
Und das Rotlichtviertel besteht aus 40 Metern Leonhardstraße mit
15 Abzockhütten.
Sie Glücklicher.
GP, in meinem Heimatdorf offeriert man traditionell das nur mäßig scheußliche Herborner Bärenbräu. Auf Ihr Angebot komme ich bei Bedarf gerne zurück. Sie können mir schon mal Ihre Tarif übermitteln.
AntwortenLöschenRamses, Ihr spitzfindiger Hinweis auf den Unterschied zwischen Fegefeuer und Hölle ist zweifellos sachdienlich – doch eine Rückkehr aus der Hölle ist nun mal nicht vorgesehen, tut mir Leid.
Was die Beschäftigung Annas als BaziND-Agentin angeht, so würde ich jederzeit eine Referenz ausstellen und frohen Herzens unterschreiben, doch das ist ja dank der Initative des Rekrutierungsoffiziers gar nicht mehr nötig.
Olaf, ein Eingreifen zugunsten der jungen Dame und zum Schaden der Nonnen war schlechterdings unmöglich, da ich im abfahrenden Zug saß und das Verfolgungsdrama sich auf dem Bahnsteig abspielte. Wie es ausging, werden wir deshalb auch niemals erfahren. Und das nervt.
Also manchmal, Oldman, würde ich mir wünschen, das Rotlichtviertel um uns herum würde auch nur aus 40 Metern Lauflänge bestehen. Aber selbst die Herbertstraße ist länger. Hoffnungslos.
Ja Herr Matt,
AntwortenLöschendarüber habe ich mir auch schon den Kopf zerbrochen. Wird sie jetzt gequält von Nonnen, die nach altem Blumenkohl und Mottenkugeln riechen ? An den Haaren gezogen, zum Schrubben auf den Knien gezwungen in kratzigem Hanfkleid ? Einsam und verlassen in einer kalten und feindlichen Welt ?
Oder singen die Nonnen ihr sanfte Lieder, baden und pflegen sie, um sie willig und gläubig zu machen ?
Wir werden das tatsächlich nie erfahren. Oder etwa doch ?
Alle Hoffnung ruht jetzt auf Frau Anna.
Was wird ihr Kontaktmann zum BaziND jetzt tun ?
Wird er ihr den Auftrag geben ?
(Klicken Sie sich wieder ein, wenn es heißt: Auf den Spuren der geheimnisvollen Frau vom Bahnhof. Wie alles begann...)
Herr Olaf,
AntwortenLöschenhaben Sie schon mal überlegt, dass diese junge Frau vielleicht nicht einfach so "mitgenommen" wurde, sondern eine Spezial-Agentin des BaziND sein könnte, die sich vorsätzlich hinter die Klostermauern eingeschleust hat, um das dortige Regime zu unterwandern?
Denken Sie mal darüber nach...
Ich kann nur so viel sagen, um den Spezialauftrag, der aus höchsten Reihen des BaziNDs kam, nicht zu gefährden: Die Agentin wurde zuvor mit Weihwasser und Melissengeist geimpft, sie ist also immun. Zudem hat sie in wochenlangem Training täglich drei mal mit Kölnisch Wasser geduscht, sich danach mit "Mit Tosca kam die Zärtlichkeit" eingerieben.
Eine wahre Tortur, wovor selbst hartgesottene CSI-Wanne-Eickel-Mitglieder (Hilfe, Bindestriche!!)zurückschrecken.
Es wird also alles ganz anders kommen, als viele hier befürchten.
BaziND ist schlauer! Immer.
Ps: und was meine scheinbare Sensibilität betrifft, die ist echt. Ich werde mir aber in einem Spezialtrainung täglich 25.000 Fotos pullernder Männer anschauen, um mich abzuhärten und dem Feind kein Schwachstelle zu bieten!
AntwortenLöschenOlaf, ich danke aber schon mal für die Bereitstellung eines Fluchwagens, den werde ich bestimmt brauchen! Vielleicht können Sie ja einen toten Briefkasten vor Ihrem Haus anlegen, einfach einen Stein hinlegen oder eine leere Konservendose. Danke!
Ob mich mein neuer Chef aber sofort mitten in den Brennpunkt des Geschehens hineinwirft, und wehrlos den Heilsarmeeleuten überlässt - ich muss mit allem rechnen. Stündlich.
Ich wüsste ja gerne mal, wie dieser Beitrag und die Kommentare bei der „Back from Hell“-Hemdträgerin ankäme, wenn sie denn darauf stieße.
AntwortenLöschenDie Wahrscheinlichkeit, dass wir alle von ihr als geistig gesund eingestuft würden, halte ich jedenfalls für vergleichsweise gering.
Sie würde uns bestimmt beneiden.. *hehe
AntwortenLöschenFrau Anna,
AntwortenLöschenwaren das etwa Sie auf dem Bahnhof und Herr Matt wurde Zeuge, wie Sie als vermeintliches Opfer Kontakt zu den beiden Ordensschwestern herstellten ? Sie waren es, die die Intiative innehatten.
Wo sind die Ordensschwestern, Frau Anna ? Was haben Sie mit ihnen gemacht ? Doch nicht etwa die Tiefkühltruhe ?
Damit wären eigentlich schon alle Fragen gelöst.
Bis auf eine - was wohl die Leute, die das hier lesen, für einen Eindruck von den Tassenbeständen in unseren Schränken erhalten.
Und was den Fluchtwagen angeht, Frau Anna: Ich habe gar kein Auto (noch einen Espresso ?).
Da ist Ihr Auftraggeber bestimmt besser ausgestattet.
Herr Olaf,
AntwortenLöschenSie werden verstehen, dass ich diese Fragen nicht beantworten kann. Sagen wir mal so: es ist nicht auszuschließen, dass... Sie verstehen.. manche Aktionen sind so geheim, dass selbst die Akteure nicht wissen, dass sie Bestandteil von ihnen sind... sehr geheim.
Und was die Nonnen anbelangt: ich sage nur "umdrehen"... Verhörtechniken, Hypnose... Der BaziND ist kein Puppenspielerverein...
Fluchtwagen: Fluchtfahrrad ist auch okay, Auto hab ich selber.
Espresso? Oha, isch 'abe gar kein Espresso.
@ annA:
AntwortenLöschenorder 007 (miljöhstudie):
http://neobazi.net/archives/7660
naeheres manana
@Oberbaziot, alles klar, Chef.
AntwortenLöschenFeind hört mit... ich verstehe...
Hasta la vista.
Manana..
Aber nicht, dass Sie hier beim mir zu Hause irgendwelchen Schweinkram verabreden, und ich krieg nix mit davon. JA?
AntwortenLöschenDas bleibt spannend...
AntwortenLöschenWerden wir auf dem Laufenden gehalten ?
Natürlich Olaf, das steht alles bei Neobazi, Abteilung Bazi ND.
AntwortenLöschenUnd Matt, über Schweinkram werden Sie natürlich als Erster informiert!
:-)