22 Juni 2006

Droste gegen Zaimoglu und umgekehrt

(Foto: hr)

Am 16. Juni erschien in der taz ein Artikel („Ohne Fahne niemals nicht”) des Satirikers Wiglaf Droste, in dem er gegen „den deutschen Türken“ wettert, der zur WM „schwarzrotsenfige“ Fahnen schwenke.

Ich entdeckte den Text online und las ihn mit der üblichen Mischung aus Fassungslosigkeit und Genuss. Mit Droste muss man beileibe nicht immer konform gehen, aber eine gallige Schreibe hat der Mann – meine Herrn! Sein Geätze gegen den kulturellen, sozialen und politischen Mainstream gönne ich mir seit Jahren, und eins ist mir inzwischen klar geworden: Wir müssen uns Wiglaf Droste als unglücklichen Menschen vorstellen.

Aber darum geht es hier ja nicht. Sondern darum: Der erwähnte taz-Artikel über „den deutschen Türken“ verschwand plötzlich am Nachmittag des 16. Juni auf Nimmerwiedersehen aus der Online-Ausgabe. Da ich nur den Link gesichert hatte, nicht aber den Text, mailte ich die taz an und bat um Aufklärung. Dort gab man sich sehr, sehr schmallippig. Zum Glück fand ich den Artikel in einem Forum wieder, wo er seither heiß diskutiert wird.

Heute nun, sechs Tage später, druckte die taz eine Gegendarstellung des Schriftstellers Feridun Zaimoglu, und die Sache wird plötzlich glasklar: Droste nämlich hatte Zaimoglu in einem hingerotzten Nebensatz des besagten Artikels als „blasierten Buchabschreiber“ niedergemacht (-> Hintergrund); und offenbar erwirkte der daraufhin die Entfernung des Textes aus dem Web.


Interessanterweise veröffentlichte Droste in seinem Blog am Nachmittag des 16. Juni – wahrscheinlich sofort nach Entfernung des Artikels auf der taz-Seite – eine veränderte Fassung des Textes. Darin verschärft er noch den Ton (oder die taz hatte ihn zuvor entschärft) und bezeichnet Zaimoglu nun als „schmierigen Buchabschreiber“.

Dadurch erhält der Text nun sogar einen latent rassistischen Unterton, was Droste sich unbedingt verkneifen sollte. Sein Blog-Eintrag jedenfalls ist noch immer online. Mal schauen, wann Zaimoglu es schafft, auch den aus dem Netz zu kicken. Die Uhr läuft.

10 Kommentare:

  1. wo fängt Satire an und wo Rassismus?

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  2. Besser: Wo hört Satire auf, und wo fängt Rassismus an?

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  3. Umso besser … Vielleicht interpretiere ich ja da was über.

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  4. Kein schlechter Droste. Sogar mit einem barkblatzsuchenden Franken.

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  5. Ja, der Frang-ge persönlich wies mich auf diesen Text hin, unter besonderer Hervorhebung des „Barkblatzes“. Freut mich sehr, dass auch Ihnen dieses Detail aufgefallen ist.

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  6. "Schmierig" ist nicht rassistisch. Nunja - vielleicht, wenn es um Schnecken geht.

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  7. „Schmierig“ bezieht sich im allgemeinen Sprachgebrauch oft auf körperliche Merkmale. Das schien mir auch in Drostes Satz mitzuschwingen – und keine Charakterisierung des Schreibstils von Zaimoglu. Und wenn es dann plötzlich in Richtung „schmieriger Türke“ geht – nun ja …

    Es ist eh unfair von Droste, weiterhin eine Anschuldigung aufrechtzuerhalten, die nicht mal die „Geschädigte“ je erhoben hat. Zumal er selbst keine Beweise beibringt.

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  8. Eingeölt und angeschmiert
    26.06.2006

    Der italienische Mann, nennen wir in Luigi Forello, ist eine parasitäre Lebensform. Er ist nicht in der Lage, ohne fremde Hilfe zu überleben. Irgendwo saugt er sich immer fest. Und dann lässt er sich fallen. Gern auch auf dem Fußballplatz. Luigi Forello ist fortgesetzt damit beschäftigt, seine Hilflosigkeit zu zeigen. Das fängt schon beim Namen an. Wer nicht Luigi heißt, hört auf "Andrea" oder "Luca".

    Luigis vorrangiges Lebensziel ist das Vermeiden von Anstrengung. Liebstes Wirtstier ist "La Mama", seine großbrüstige Erzeugerin, die ihm seine halbseidenen Socken wäscht und jeden Tag Nudeln kocht, mit dick Soße drauf. Wenn er ungefähr 30 Jahre alt ist, wechselt der italienische Mann die Köchin. Er heiratet, um sich fortzupflanzen. Die Folgen sind grausam. Eine ehemals strahlend schöne Italienerin verwandelt sich binnen weniger Monate in eine breithüftige Küchenmaschine - eine neue Mama. Das ist ihm aber egal, denn Luigi ist mit der Teilnahme an einem Autokorso beschäftigt, sofern sein klappriger Fiat es bis dahin schafft. Zum Essen ist er aber wieder da.

    Beim Sport ist unser Luigi besonders tückisch, wie man jedes Jahr millionenfach an den Stränden der Adria beobachten kann. Er braucht Stunden, um seinen schmächtigen Körper und das Haupthaar einzuölen, seinen Rücken von Fellresten zu befreien und sein wenig spektakuläres Gemächt in eine viel zu enge Badehose zu stopfen. Dann stolziert er stundenlang umher, um schließlich maximal fünf Minuten beim Strandfußball mitzumachen. Er springt wie ein Wahnsinniger umher, imitiert brüllend Gesten, die er im Fernsehen gesehen hat, trifft den Ball höchst selten, die Knochen der anderen dafür umso härter.

    Weil er schnell erschöpft ist, genügt ihm die leiseste Berührung eines Gegners, um melodramatisch zu Boden zu gehen. Noch im Stürzen wirft er einen Blick ringsum, ob im Publikum genügend Menschen sind, insbesondere Frauen, die ihn bemitleiden und wieder aufpäppeln. Schmachtende Blicke deutscher Urlauberinnen sind die Lebensgrundlage des italienischen Mannes.

    Insofern geschah gestern nicht Ungewöhnliches. Fabio Grosso fiel im Strafraum und grinste noch im Fallen. Der nicht minder ölige Francesco Totti verwandelte dann den Elfmeter gegen Australien. Danach lutschte er am Daumen. Das ist normal bei italienischen Männern. Es war wie immer.


    Am Freitag werden die kickenden Holzfäller aus der Ukraine eingeölt und angeschmiert. So schlawinern sich die Italiener mal wieder bis ins Halbfinale. Dann, liebe Luigis, ist allerdings Feierabend. Wir haben da noch ein paar Rechnungen vom letzten Italien-Urlaub offen.

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  9. Hier noch der fehlende Link zum geloeschten Text: http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,423809,00.html

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  10. Passt gut!

    Spiegel online hat diesen Text übrigens inzwischen entfernt und sich dafür entschuldigt.

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