14 Dezember 2005

Das Bürschchen

„Ich habe das Buch nicht gelesen, aber ich habe den Film gesehen.“ Dieser Satz ist geradezu Folklore: unter Kinokritikern. Erst heute habe ich ihn wieder gehört, am Rande der Pressevorstellung des Biopics „Capote". Reingehen bitte, ab 16. Februar.

Auf dem Weg ins Fitnessstudio passiere ich die abgebildeten Arkaden an der Ludwig-Erhard-Straße. Beim Bauchtraining liegt neben mir auf der Matte ein Bursche, der schwer von seiner Coolness überzeugt ist.

Alles an ihm ist geschniegelt und neu. Gel im frischfrisierten, von einem Band zurückgehaltenen Blondhaar, ein Bartstrich, der über Kiefernknochen und Kinn von einer Kotelette zur anderen huscht, als wollte er sich bei Bro'Sis bewerben. Futschneue Fila-Sneakers, blitzsaubere Adidas-Shorts, ein farblich darauf abgestimmter Knieschoner, den er wahrscheinlich bei einem Background-Tänzer in einem Madonna-Video entdeckt hat.

Alles perfekt also, wahrscheinlich war er vorm Training anderthalb Stunden bei Sport-Scheck. Aber beim Bauchtraining macht das Bürschchen nach zweieinhalb Minuten schlapp. Uff.

Es müsste ein Gesetz geben, das Anfänger darauf verpflichtete, in den ersten Trainingsstunden schäbige Lappen zu tragen. Im Lauf der Monate könnten sie sich dann hochcrunchen zu Markenklamotten. Eine große Koalition müsste das doch hinkriegen.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Shadow blues“, „A shining lamp“ und „Snow camping“, alle von der unvergleichlichen
Laura Veirs. Wie sagt der Amerikaner? Dig it!

4 Kommentare:

  1. Diese Jungs trauen sich nicht in den Saunabereich, weil sie Angst haben, sich nackt ohne Marke zu zeigen :-)

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  2. Die Marke(n) haben sie wahrscheinlich an einschlägigen Stellen tätowiert. Also doch Sauna.

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  3. Wahrscheinlich?

    Nein. Nackt sind sie arm.

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  4. Typischer Alt-68er Körperkultwahn, Herr Joshuatree. Als wäre ein Mensch nur nach seinem Körper zu beurteilen... ;-)

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