Der Franke will zu Kieser. Ich bin entsetzt.
Immerhin: Dass Mr. Wachsende Wampe überhaupt anfängt, körperliche Ertüchtigung als Option zu erwägen, gehört zu den größten Sensationen seit Entdeckung des Turiner Grabtuchs.
Gleichwohl liebäugelt er mit dem falschen Anbieter – und das auch nur aus Bequemlichkeit, weil nämlich eins dieser monothematischen (Rücken!) Quälstudios bei ihm in Eimsbüttel um die Ecke liegt.
„Geh da nicht hin!“, beschwöre ich ihn. „Qual, Askese und Selbstkasteiung erwarten dich dort!“ Stichhaltige Argumente, die selbst ein Franke kognitiv verarbeiten können müsste, doch er bleibt seltsam still.
Plötzlich fällt mir ein, dass er ja als Katholik sozialisiert wurde, also gewissermaßen zu den Miterfindern der Selbstgeißelung gehört. Vielleicht erweckt Kieser einfach bittersüße Kindheitserinnerungen in ihm.
„In meinem Fitnessclub“, locke ich ihn gleichwohl, „kannst du schönen Frauen auf den Hintern starren und danach gepflegt saunieren, und zwar gemischt! Na?“ Außerdem sehen die Flaschenregale dort schön aus (Foto).
Richtig überzeugt ihn das alles aber noch immer nicht. Er stopft sich weiter wortlos löffelweise lavaheiße Lasagne in den Schlund, während die Option Kieser über ihm schwebt wie ein Damoklesschwert, das er für ein Origamiflorett hält.
„Da kann man dreimal kostenlos trainieren“, nuschelt er zwischen Blattnudeln und Hackfleischbrocken. „Mensch, Franke, Probetraining besorge ich dir auch!“, weise ich ihn erbarmungslos zurecht.
Doch alles vergeblich: Der Standortvorteil ist für ihn ein Killerargument. Läge die Hölle in Eimsbüttel und böte Hanteltraining mit gleichzeitigem Gegrilltwerden: Er unterschriebe sofort den Vertrag, Hauptsache, er hätte es von dort nur zwei Minuten nach Hause.
Vielleicht sollte ich ihm also die Sache mit der körperlichen Ertüchtigung einfach komplett ausreden. Denn so wie er isst, verbraucht er schon genug Kalorien. Und Muskelaufbau ist bei seiner spezifischen Art der Messer- und Gabelhandhabung ebenfalls eine gleichsam beiläufige Nebenwirkung.
Nur an den Hintern schöner Frauen mangelt es in seiner Welt. Vielleicht ein Ansatzpunkt, den ich noch mal vertiefen sollte, als letzte Rettung vor Kieser.
„3000 Plattenkritiken“ | „Die Frankensaga – Vollfettstufe“ | RSS-Feed | In memoriam | mattwagner {at} web.de |
23 April 2009
21 April 2009
Neulich im Zug von Berlin nach Hamburg
Ein schönes Beispiel für präventives Angepisstsein, das mir dennoch etwas überempfindlich vorkam. Beispielsweise wäre auch eine deutlich deeskalierendere Gesprächsfortführung wie diese denkbar gewesen: „Widdenberche? E scheenes Gaff. Gänsefleisch drozzdem de Fohrgorrde zeiche?“Kontrolleur: „Noch jemand zugestiechen?“
Mein Nachbar, ein fülliger Mann, der bereits an der vorletzten Station zugestiegen war, nämlich in Wittenberge: „Ich bin schon in Wittenberge zugestiegen.“
Kontrolleur (patzig): „Schullijung, dass ich nich gleich doa woahr. Mir höm nämlich möhrere Woachen.“
Doch so kam es nicht, sondern anders. Gleichwohl gibt es entlastende Fakten, die man zugunsten des Kontrolleurs anführen muss.
So war der Arme zum Zeitpunkt seiner nur scheinbar grundlos schroff geführten Kommunikation noch Gefangener im fremden und seltsamen Mehdornland. Und dieser Zustand muss zuletzt auf Bahnangestellte gewirkt haben wie Leipzig 1988.
Der füllige Wittenberger jedenfalls sank nach diesem Anpfiff muffelnd in sich zusammen wie ein beleidigter Mollusk und sagte gar nichts mehr.
Am Freitag fahren wir übrigens wieder nach Berlin. Wir freuen uns schon.
Foto: Hauptbahnhof Hamburg, U-Bahnstation
20 April 2009
Fundstücke (47)
Die Stille vor dem Sturm
Es duftet noch nicht nach gerösteten Mandeln. Keine Schreie lustvoller Todesangst wehen herüber von der Achterbahn. Das Riesenrad steht still und starr, und die Autoscooter träumen von elektrischen Schafen.
High Noon auf dem Dom. Drei Stunden vor Eröffnung herrscht hier eine Atmosphäre wie im Overlook Hotel im Winter. Na gut, nicht ganz; immerhin ist es warm. Warm und still.
Wir laufen zwischen den schlafenden Fahrgeschäften und Verkaufswagen hindurch, alle Jalousien sind geschlossen. Und ohne Menschen drinnen, drauf und davor, ohne das ganze Tohuwabohu des Doms, das um 15 Uhr losbrechen wird, hat selbst ein Zuckerwarencaravan eine gewisse Würde.
Selbst wenn er rosa ist.
19 April 2009
17 April 2009
Wie ich mal einen Verkäufer glücklich machte
Als mir damals der Hi-Fi-Händler nach dem Kauf des DVD-Recorders freudestrahlend eröffnete, er habe niemals damit gerechnet, das Gerät „noch mal zu diesem Preis loszuwerden“, da verloren die ganzen guten Testergebnisse mit einem Schlag jeden Glamour.
Mein höfliches, von leichter Verkrampfung im Nacken geprägtes Nicken garnierte ich damals mit einem Lächeln, das unwillkürlich ins Säuerliche abglitt, während der Verkäufer beim Zurückgeben meiner EC-Karte kopfschüttelnd vor sich hin gluckste.
Und jetzt, wo der Recorder, dessen Garantie bereits vor einiger Zeit ablief, gerade dabei ist kaputtzugehen, fällt mir das alles wieder ein, als wäre es gestern gewesen.
Ich glaub, ich geh jetzt schlafen.
PS: Das Bild? Na ja, hat halt auch was mit Filmen zu tun. Es zeigt den Teppichboden des Abatonkinos im Univiertel.
Mein höfliches, von leichter Verkrampfung im Nacken geprägtes Nicken garnierte ich damals mit einem Lächeln, das unwillkürlich ins Säuerliche abglitt, während der Verkäufer beim Zurückgeben meiner EC-Karte kopfschüttelnd vor sich hin gluckste.
Und jetzt, wo der Recorder, dessen Garantie bereits vor einiger Zeit ablief, gerade dabei ist kaputtzugehen, fällt mir das alles wieder ein, als wäre es gestern gewesen.
Ich glaub, ich geh jetzt schlafen.
PS: Das Bild? Na ja, hat halt auch was mit Filmen zu tun. Es zeigt den Teppichboden des Abatonkinos im Univiertel.
Fundstücke (46)
Die Features dieses Handys (s. Hervorhebung) sind nur auf den ersten Blick fantastisch.
Beim näheren Hinsehen nämlich stellt sich heraus, dass man im Grunde ständig telefonieren muss, damit der Akku sich nicht rasend schnell entleert. Und ohne Flatrate geht so was immens in die Kosten.
Doch für Vieltelefonierer und Fans magischer Technik ist das Teil ein Muss, ganz klar.
(Entdeckt bei Penny in Ottensen.)
15 April 2009
Ein Beitrag, für den es eine gute Entschuldigung gibt
So eine grippale Matschbirne macht einen völlig kirre. Ich wollte heute entkräftet früher nach Hause gehen – und verpasste stattdessen den regulären Beginn des Feierabends.
Irgendwann wunderte ich mich über die leeren Büros um mich herum, und erst in diesem Moment diffundierte Erkenntnis durch die innere Wattewand bis an die Ränder meines Bewusstseins:
Ein verdammter Virus hatte mich dazu gebracht, Überstunden zu machen!
Wahrscheinlich handelt es sich dabei um einen genetisch veränderten Vertreter, dessen Entwicklung von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände finanziert wurde.
Gegen diese romanfähige Theorie (schade, dass Michael Crichton nicht mehr lebt!) spricht eigentlich nur die Symptomatik meiner grippalen Matschbirne, die nicht im Interesse des Verbandes sein kann.
Na ja, wahrscheinlich sind sie mit dem Virus erst im Betastadium, und die Version 2.0 sorgt dann sogar für nebenwirkungsfreie Wochenendarbeit unter fröhlichem Pfeifen ohne Lohnausgleich.
Dieser Beitrag ist übrigens nur mit besagter Matschbirne zu entschuldigen, zumal das Foto kein Virus, sondern eine Stechmücke zeigt, deren Überreste ich an der Wand einer Kieztoilette entdeckt habe.
Irgendwann wunderte ich mich über die leeren Büros um mich herum, und erst in diesem Moment diffundierte Erkenntnis durch die innere Wattewand bis an die Ränder meines Bewusstseins:
Ein verdammter Virus hatte mich dazu gebracht, Überstunden zu machen!
Wahrscheinlich handelt es sich dabei um einen genetisch veränderten Vertreter, dessen Entwicklung von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände finanziert wurde.
Gegen diese romanfähige Theorie (schade, dass Michael Crichton nicht mehr lebt!) spricht eigentlich nur die Symptomatik meiner grippalen Matschbirne, die nicht im Interesse des Verbandes sein kann.
Na ja, wahrscheinlich sind sie mit dem Virus erst im Betastadium, und die Version 2.0 sorgt dann sogar für nebenwirkungsfreie Wochenendarbeit unter fröhlichem Pfeifen ohne Lohnausgleich.
Dieser Beitrag ist übrigens nur mit besagter Matschbirne zu entschuldigen, zumal das Foto kein Virus, sondern eine Stechmücke zeigt, deren Überreste ich an der Wand einer Kieztoilette entdeckt habe.
14 April 2009
Noch so'n Spruch, Penisbruch!
An der Reeperbahn ballt sich eine feuchfröhliche Gruppe aus gewiss 20 Briten, alle uniform in kanariengelbe T-Shirts gekleidet.
Die Hemdchen sind beflockt mit dem Spruch „Grim Reeperbahn“, und darin stecken kompakte, pralle Gestalten, mit denen man auch ohne die Trikotwarnung eher keine Händel begänne.
Zurzeit sind sie zwar laut, aber friedlich. Wir stehen alle gemeinsam brav bei Rot an der Fußgängerampel, als vom kupfernen Empire Riverside Hotel (Foto) her ein Notarztwagen mit aufgeregtem Tatütata die Davidstraße heruntergeprescht kommt.
Die Briten finden das sofort interessant und bebrabbeln den unerhörten Zwischenfall lautstark. Einer hat sogar eine Ferndiagnose parat.
„Attention!“, ruft er, „Cock injury!“
Ob er mit dieser große Erheiterung hervorrufenden Vermutung nur seine Vorurteile reproduziert oder sich wirklich schon leidvoll auskennt mit ortspezifischen Missgeschicken: Wir werden es nie erfahren.
PS: „Missgeschick“ liefert übrigens einen meiner herzallerliebsten Wortdreher – nämlich „Schissgemick“.
Die Hemdchen sind beflockt mit dem Spruch „Grim Reeperbahn“, und darin stecken kompakte, pralle Gestalten, mit denen man auch ohne die Trikotwarnung eher keine Händel begänne.
Zurzeit sind sie zwar laut, aber friedlich. Wir stehen alle gemeinsam brav bei Rot an der Fußgängerampel, als vom kupfernen Empire Riverside Hotel (Foto) her ein Notarztwagen mit aufgeregtem Tatütata die Davidstraße heruntergeprescht kommt.
Die Briten finden das sofort interessant und bebrabbeln den unerhörten Zwischenfall lautstark. Einer hat sogar eine Ferndiagnose parat.
„Attention!“, ruft er, „Cock injury!“
Ob er mit dieser große Erheiterung hervorrufenden Vermutung nur seine Vorurteile reproduziert oder sich wirklich schon leidvoll auskennt mit ortspezifischen Missgeschicken: Wir werden es nie erfahren.
PS: „Missgeschick“ liefert übrigens einen meiner herzallerliebsten Wortdreher – nämlich „Schissgemick“.
13 April 2009
Die übliche Mützenamnesie
Fern vom Kiez, in Barmbek auf dem Flohmarkt, stelle ich fest, dass ich Hirni wieder mal meine Mütze zu Hause vergessen habe.
Wenn man sich gerade frisch die Platte geschoren hat und draußen die Sonne alles gibt, was Mitte April in Nordeuropa möglich ist, bedeutet das Fehlen einer Mütze Alarmstufe Rot. Ich könnte die Glatze auch gleich in den Strahl eines Flammenwerfers halten.
Lege mir also eine Hand auf den Kopf, was mit Sicherheit bescheuert aussieht, während ich die Flohmarktstände systematisch nach Mützen abscanne. Stoße auf alles Mögliche, aber nicht auf Kopfbedeckungen – Ausnahme: ein immens pinkes Teil, mit dem ich aussähe wie die Karikatur eines Mannes, der in der Zeitschrift hinnerk Kontaktanzeigen studiert.
Nein, weitersuchen, immer weitersuchen. Erspähe einen exorbitanten Büstenhalter in Pastellblau, dessen irgendwie dehnbar wirkende Einzelkörbchen ich mir sicherlich überzwängen könnte. Doch Ms. Columbo rät ab. Auch der nur wenige Meter weiter entdeckte Wehrmachtshelm löst bei ihr kaum Begeisterung aus.
Die Sonne lacht und brennt. Eine Lampenschirmlösung rückt immer näher, zumal inzwischen auch meine abwechselnd auf dem Kopf liegenden Hände sonnenbrandgefährdet sind. Allmählich verliert sogar die Vorstellung vom Erwerb der pinken Mütze immer mehr an Schrecken. Aber wo war noch mal der Stand?
Entdecke plötzlich eine dummerweise nur halbgeschlossene türkise Kappe mit rosa Palmen und aufgedruckten Verhöhnungen wie „Tropical life“ und „Heavenly Beach“. Schlage verzweifelt und wider besseres Wissen zu, nachdem ich die Händlerin flackernden Blicks von 4 auf 2,50 Euro runtergehandelt habe.
Im Weggehen – und natürlich nicht die eine entscheidende Minute früher – sehe ich direkt am Nachbarstand dann das Basecap meiner Träume: ein schwarzes blick- und strahlendichtes Modell mit nur einem vernachlässigbaren Manko: der Aufschrift „Der Schuh des Manitu“. Kaufe sie fahrig ebenfalls (1,50 Euro).
Der Tag ist gerettet – und der Gesamtbestand meiner Mützen jetzt auf rund 20 angewachsen. Sie stapeln sich alle hier zu Hause. Also da, wo ich sie garantiert nie brauche.
Wenn man sich gerade frisch die Platte geschoren hat und draußen die Sonne alles gibt, was Mitte April in Nordeuropa möglich ist, bedeutet das Fehlen einer Mütze Alarmstufe Rot. Ich könnte die Glatze auch gleich in den Strahl eines Flammenwerfers halten.
Lege mir also eine Hand auf den Kopf, was mit Sicherheit bescheuert aussieht, während ich die Flohmarktstände systematisch nach Mützen abscanne. Stoße auf alles Mögliche, aber nicht auf Kopfbedeckungen – Ausnahme: ein immens pinkes Teil, mit dem ich aussähe wie die Karikatur eines Mannes, der in der Zeitschrift hinnerk Kontaktanzeigen studiert.
Nein, weitersuchen, immer weitersuchen. Erspähe einen exorbitanten Büstenhalter in Pastellblau, dessen irgendwie dehnbar wirkende Einzelkörbchen ich mir sicherlich überzwängen könnte. Doch Ms. Columbo rät ab. Auch der nur wenige Meter weiter entdeckte Wehrmachtshelm löst bei ihr kaum Begeisterung aus.
Die Sonne lacht und brennt. Eine Lampenschirmlösung rückt immer näher, zumal inzwischen auch meine abwechselnd auf dem Kopf liegenden Hände sonnenbrandgefährdet sind. Allmählich verliert sogar die Vorstellung vom Erwerb der pinken Mütze immer mehr an Schrecken. Aber wo war noch mal der Stand?
Entdecke plötzlich eine dummerweise nur halbgeschlossene türkise Kappe mit rosa Palmen und aufgedruckten Verhöhnungen wie „Tropical life“ und „Heavenly Beach“. Schlage verzweifelt und wider besseres Wissen zu, nachdem ich die Händlerin flackernden Blicks von 4 auf 2,50 Euro runtergehandelt habe.
Im Weggehen – und natürlich nicht die eine entscheidende Minute früher – sehe ich direkt am Nachbarstand dann das Basecap meiner Träume: ein schwarzes blick- und strahlendichtes Modell mit nur einem vernachlässigbaren Manko: der Aufschrift „Der Schuh des Manitu“. Kaufe sie fahrig ebenfalls (1,50 Euro).
Der Tag ist gerettet – und der Gesamtbestand meiner Mützen jetzt auf rund 20 angewachsen. Sie stapeln sich alle hier zu Hause. Also da, wo ich sie garantiert nie brauche.
11 April 2009
Pädophilie am Bau
Im selben Gebäudekomplex in der Simon-von-Utrecht-Straße, in dem das Hospiz untergebracht ist, residiert auch ein Verlag, der eine Sadomasozeitschrift mit dem kongenialen Namen „Schlagzeilen“ herausbringt. Und an der Fassade rechts davon ist das abgebildete Relief zu sehen.
Jeden Freitag kommen wir auf dem Weg zum Einkauf daran vorbei, und schon hundertmal stolperte ich mental darüber, ohne mir je über den Grund bewusst zu werden. Heute aber plötzlich doch.
Fazit: Die Szenerie irritiert deshalb so sehr, weil sie offensichtlich pädophil ist. Und an der Außenfassade selbst eines Kiezgebäudes darf man so etwas – bei aller schulterzuckenden Toleranz, die unser Viertel prägt – nicht unbedingt vermuten.
Nehmen wir den kahlen Mann. Er trägt eine Art Soutane und ist somit wohl ein Geistlicher, wahrscheinlich katholisch. Er schaut uns ertappt an. Und womit? Mit Recht.
Denn gerade greift er mit rechts einem nackten (!) kleinen (!!) Jungen (!!!) an die Brust, während seine Linke den armen Tropf brutal fixiert. Der Junge reißt ob des sich vollziehenden Missbrauchs panisch die Augen auf, während er die rechte Hand auf des Unholds Knie stützt – oder den Kerl wegzustoßen versucht, das bleibt im Dunkeln.
Jedenfalls lässt die Szene bei näherem Betrachten wenig Interpretationsspielraum: Hier schreitet ein pädophiler Pfarrer entschlossen zur Tat. Doch warum prangt dieses schändliche Tun weithin sichtbar auf einer St. Paulianer Klinkerfassade, neben Hospiz und Sadomasopostille?
Bescheidwisser werden in den Kommentaren um Aufklärung ersucht. Sonst wird auch unser nächster Weg zum Einkauf wieder getrübt sein von erfolglosem Gegrübel. Und das kann keiner wollen.
Jeden Freitag kommen wir auf dem Weg zum Einkauf daran vorbei, und schon hundertmal stolperte ich mental darüber, ohne mir je über den Grund bewusst zu werden. Heute aber plötzlich doch.
Fazit: Die Szenerie irritiert deshalb so sehr, weil sie offensichtlich pädophil ist. Und an der Außenfassade selbst eines Kiezgebäudes darf man so etwas – bei aller schulterzuckenden Toleranz, die unser Viertel prägt – nicht unbedingt vermuten.
Nehmen wir den kahlen Mann. Er trägt eine Art Soutane und ist somit wohl ein Geistlicher, wahrscheinlich katholisch. Er schaut uns ertappt an. Und womit? Mit Recht.
Denn gerade greift er mit rechts einem nackten (!) kleinen (!!) Jungen (!!!) an die Brust, während seine Linke den armen Tropf brutal fixiert. Der Junge reißt ob des sich vollziehenden Missbrauchs panisch die Augen auf, während er die rechte Hand auf des Unholds Knie stützt – oder den Kerl wegzustoßen versucht, das bleibt im Dunkeln.
Jedenfalls lässt die Szene bei näherem Betrachten wenig Interpretationsspielraum: Hier schreitet ein pädophiler Pfarrer entschlossen zur Tat. Doch warum prangt dieses schändliche Tun weithin sichtbar auf einer St. Paulianer Klinkerfassade, neben Hospiz und Sadomasopostille?
Bescheidwisser werden in den Kommentaren um Aufklärung ersucht. Sonst wird auch unser nächster Weg zum Einkauf wieder getrübt sein von erfolglosem Gegrübel. Und das kann keiner wollen.
10 April 2009
Das Wort zu Ostern
Ein Ausflug führt uns nach Wandsbek, weil dort das einzige Kino Hamburgs steht, in dem Larry Charles’ agnostisches Dokupamphlet „Religulous“ läuft. Doch was tut man nicht alles, um dem Karfreitag die Würde zu nehmen.
Unterwegs stießen wir auf das abgebildete Grafitto, dessen Botschaft eine unbedingt unterstützenswerte ist. Gleichwohl bleiben Restzweifel, ob die empfohlene Methode zum natürlichen Aussterben der Nazis führen wird.
Doch wenn sich alle dran hielten, führte das zumindest zu einer ernsten Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität. Endlich mal ein Zölibat, das auch wir vorbehaltlos unterstützen können.
Nach „Religulous“ fiel mir ausgerechnet auf dem Kinoklo ein kleiner Aphorismus ein, der auch nicht paradoxer ist als das meiste, was Bibel und Koran so verzapfen. Er lautet:
Gäbe es Gott wirklich, hätte er uns nicht den Verstand gegeben, uns seiner Nichtexistenz bewusst zu werden.
Jetzt kann Ostern kommen.
Unterwegs stießen wir auf das abgebildete Grafitto, dessen Botschaft eine unbedingt unterstützenswerte ist. Gleichwohl bleiben Restzweifel, ob die empfohlene Methode zum natürlichen Aussterben der Nazis führen wird.
Doch wenn sich alle dran hielten, führte das zumindest zu einer ernsten Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität. Endlich mal ein Zölibat, das auch wir vorbehaltlos unterstützen können.
Nach „Religulous“ fiel mir ausgerechnet auf dem Kinoklo ein kleiner Aphorismus ein, der auch nicht paradoxer ist als das meiste, was Bibel und Koran so verzapfen. Er lautet:
Gäbe es Gott wirklich, hätte er uns nicht den Verstand gegeben, uns seiner Nichtexistenz bewusst zu werden.
Jetzt kann Ostern kommen.
09 April 2009
Sag mir, wo die Dealer sind
Früher standen hier manchmal Männer herum, die den Tag zu vertrödeln schienen, aber jenen wachen, leicht unsteten Blick hatten, den nur Dealer haben.
Sie schauten dich kurz an, und dann wussten sie, ob sie mit dir ins Geschäft kommen konnten oder nicht.
Dealer sind gute Psychologen; ihre Fähigkeiten könnten bei Polizeiverhören von Nutzen sein. Doch damit überdehnte man sicherlich den Resozialisierungsgedanken.
In letzter Zeit sieht man hier, am Westende der S-Bahnstation Reeperbahn und nur wenige hundert Meter entfernt von der Davidwache, keine Dealer mehr.
Vielleicht verschwinden sie auch einfach, wenn sie mich sehen. Schlechtes Karma.
08 April 2009
Beschwörung
Die neue Praktikantin sitzt am ältesten iMac des Büros und starrt mit der gleichen Sehnsucht auf den Bildschirm wie einst die Menschen im blockierten Berlin gen Himmel, wo die Rosinenbomber im Anflug waren.
Auf ihrem prähistorischen iMac-Monitor ist allerdings kein Rosinenbomber zu sehen, sondern bloß das Bild eines MacBook Pro. Aber was heißt schon „bloß“.
„Meinst du“, fragt sie träumerisch und ohne den Blick abzuwenden, „es materialisiert sich, wenn ich es nur lange genug anstarre?“
Ich erzähle ihr vom Syrer, der unterm Einfluss fernöstlicher Irrlehren fest daran glaubt, irgendwann fliegen zu können, wenn er nur noch ein paar Dekaden meditiert, und als ich nach Hause komme, gerieren sich Himmel, Luft und Mond überm Kiez schon ausgesprochen frühlingshaft.
Auf ihrem prähistorischen iMac-Monitor ist allerdings kein Rosinenbomber zu sehen, sondern bloß das Bild eines MacBook Pro. Aber was heißt schon „bloß“.
„Meinst du“, fragt sie träumerisch und ohne den Blick abzuwenden, „es materialisiert sich, wenn ich es nur lange genug anstarre?“
Ich erzähle ihr vom Syrer, der unterm Einfluss fernöstlicher Irrlehren fest daran glaubt, irgendwann fliegen zu können, wenn er nur noch ein paar Dekaden meditiert, und als ich nach Hause komme, gerieren sich Himmel, Luft und Mond überm Kiez schon ausgesprochen frühlingshaft.
07 April 2009
Tannenzapfenzupfen (11)
(Foto via FHS Holztechnik)
So, heute gibt es eine neue Ausgabe peinlicher bis grauenhafter Sprachunfälle, deren Konsum schlimmere Folgen hat als acht Wochen „Counter Strike“ am Stück. Diese Serie trägt den Namen ihres ersten Eintrags (nämlich „Tannenzapfenzupfen“). Wie immer gilt dabei das bewährte Motto: Ohren zu und durch.
1. Was gibt es Altehrwürdigeres als Neckermann? Höchstens Klosterfrau Melissengeist. Doch sogar Neckermann hat sich jetzt mit einem mutigen Ruck ins 21. Jahrhundert vorgekämpft. In seinem heutigen Schreiben an mich lobt sich der Traditionsversand selbst, und zwar mit der unwiderstehlichen Argumentationstrias: „Mehr Fashion! - Mehr Living! - Mehr Technik!“ Eine erstaunliche Hipnessexplosion – und drei gute Gründe, um doch wieder zu Amazon zu wechseln.
Vielleicht hatte sich Neckermann vom „Zukunftstrainer“ Sven Gábor Jánszky beraten lassen. Der Mann nämlich weiß, wie man uns Nerds & Geeks zeitgeistkompatibel ansprechen muss:
2. „Ich habe diese Methode ,Leadership-Trend-Cycle' genannt. Ihre Besonderheiten: Statt auf unkonkreten Mega-Trends basiert sie auf einer intensiven Analyse der realen Trend-Cycle von Unternehmen, nutzt structural holes zur kreativen Ideengenerierung und setzt final auf die Ausbildung von Intrapreneuren zur Umsetzung der gefundenen Ideen.“
Diesem Mann zahlte ich am liebsten eine Abwrackprämie fürs Sprachzentrum oder wenigstens für seine strukturellen Löcher, doch das Problem wird sein: Er denkt, das sei alles noch gar nicht schrottreif. Wie twittert der weise St. Burnster so schön: „die größte innovation im deutschen mediengeschäft wäre eine firma, die nicht mit anglizismen um sich wirft.“
3. Die beliebte Rubrik „Eklige Bandnamen“ erhält allmonatlich Zuwachs. Diesmal verdient es auch der Promotext der vorgestellten Muckertruppe, ausführlich zitiert zu werden:
„Fickscheisse entstand aus den Elementen Celine Dion und Shania Twain und wurde perfektioniert aus hemmungslosen Lagerfeuersessions von Tom Jones und Gott Hasselhoff. Ein lautes Gebrüll von Goleo dem Bären vollendet das Konstrukt Fickscheisse." Wer steckt ihnen eigentlich, dass man Scheiße mit ß schreibt? Ich stelle mir übrigens gerade vor, der Bassist von Fickscheisse bewürbe sich in einigen Jahren auf eine Festanstellung, sagen wir bei der Volksbank Querblöken. Und dann fragt ihn der Abteilungsleiter, wo er denn eigentlich seine im Bewerbungsbrief betonte musische Ader ausgelebt habe. Hach, schön.
4. Zum Abschluss eine paar gewohnt schiefe Bilder, und schon ist „Tannenzapfenzupfen (11)“ wieder Geschichte: „Bass und Gitarre stehen Spalier, doch da sich das Tanzbein nicht von allein in die Disko trägt, schiebt sich immer wieder ein knackiger Beat aufs Parkett.“ Aber wer trägt denn jetzt das Tanzbein in die Disko? Fortsetzung folgt, das ist so sicher wie das Kramen in der Küche.
Was bisher geschah: 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1
So, heute gibt es eine neue Ausgabe peinlicher bis grauenhafter Sprachunfälle, deren Konsum schlimmere Folgen hat als acht Wochen „Counter Strike“ am Stück. Diese Serie trägt den Namen ihres ersten Eintrags (nämlich „Tannenzapfenzupfen“). Wie immer gilt dabei das bewährte Motto: Ohren zu und durch.
1. Was gibt es Altehrwürdigeres als Neckermann? Höchstens Klosterfrau Melissengeist. Doch sogar Neckermann hat sich jetzt mit einem mutigen Ruck ins 21. Jahrhundert vorgekämpft. In seinem heutigen Schreiben an mich lobt sich der Traditionsversand selbst, und zwar mit der unwiderstehlichen Argumentationstrias: „Mehr Fashion! - Mehr Living! - Mehr Technik!“ Eine erstaunliche Hipnessexplosion – und drei gute Gründe, um doch wieder zu Amazon zu wechseln.
Vielleicht hatte sich Neckermann vom „Zukunftstrainer“ Sven Gábor Jánszky beraten lassen. Der Mann nämlich weiß, wie man uns Nerds & Geeks zeitgeistkompatibel ansprechen muss:
2. „Ich habe diese Methode ,Leadership-Trend-Cycle' genannt. Ihre Besonderheiten: Statt auf unkonkreten Mega-Trends basiert sie auf einer intensiven Analyse der realen Trend-Cycle von Unternehmen, nutzt structural holes zur kreativen Ideengenerierung und setzt final auf die Ausbildung von Intrapreneuren zur Umsetzung der gefundenen Ideen.“
Diesem Mann zahlte ich am liebsten eine Abwrackprämie fürs Sprachzentrum oder wenigstens für seine strukturellen Löcher, doch das Problem wird sein: Er denkt, das sei alles noch gar nicht schrottreif. Wie twittert der weise St. Burnster so schön: „die größte innovation im deutschen mediengeschäft wäre eine firma, die nicht mit anglizismen um sich wirft.“
3. Die beliebte Rubrik „Eklige Bandnamen“ erhält allmonatlich Zuwachs. Diesmal verdient es auch der Promotext der vorgestellten Muckertruppe, ausführlich zitiert zu werden:
„Fickscheisse entstand aus den Elementen Celine Dion und Shania Twain und wurde perfektioniert aus hemmungslosen Lagerfeuersessions von Tom Jones und Gott Hasselhoff. Ein lautes Gebrüll von Goleo dem Bären vollendet das Konstrukt Fickscheisse." Wer steckt ihnen eigentlich, dass man Scheiße mit ß schreibt? Ich stelle mir übrigens gerade vor, der Bassist von Fickscheisse bewürbe sich in einigen Jahren auf eine Festanstellung, sagen wir bei der Volksbank Querblöken. Und dann fragt ihn der Abteilungsleiter, wo er denn eigentlich seine im Bewerbungsbrief betonte musische Ader ausgelebt habe. Hach, schön.
4. Zum Abschluss eine paar gewohnt schiefe Bilder, und schon ist „Tannenzapfenzupfen (11)“ wieder Geschichte: „Bass und Gitarre stehen Spalier, doch da sich das Tanzbein nicht von allein in die Disko trägt, schiebt sich immer wieder ein knackiger Beat aufs Parkett.“ Aber wer trägt denn jetzt das Tanzbein in die Disko? Fortsetzung folgt, das ist so sicher wie das Kramen in der Küche.
Was bisher geschah: 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1
06 April 2009
Höflichkeit auf Hessisch
Beim Besuch im Ex-Heimatdorf stieß ich an einer Haustür auf den abgebildeten Beweis hessischer Gastfreundschaft.
Wie ich eingestehen muss, bin ich mit diesen Leuten sogar verwandt. Aber dafür können wir ja beide nichts.
Wie ich eingestehen muss, bin ich mit diesen Leuten sogar verwandt. Aber dafür können wir ja beide nichts.
04 April 2009
Macken über Macken
Die Zugleiterin im ICE hat eine ganz besondere Art zu sprechen. Sie kittet den Schlussbuchstaben des einen Worts unerwartet an den Anfang des nächsten.
Weil sie merkt, dass daran irgendetwas nicht ganz richtig ist, schickt sie die kleine Sprechpause, die eigentlich zwischen die Wörter gehört, einfach vorweg.
Sie sagt also so was wie: „Berli Nostbahnhof“.
So hat eben jeder seine Macken, sogar der neue UMTS-Stick. Dieses kleine Wunderding zum Unterwegs-am-Laptop-Surfen besitzt keinen Auswurfknopf für die SIM-Karte, und da sie nur eine Winzigkeit übersteht, wenn man sie ordnungsgemäß eingeschoben hat, braucht man eine Pinzette, um sie wieder rauszuholen.
Die Pinzette war natürlich nicht Bestandteil des Lieferumfangs; ja, über ihre Notwendigkeit informiert mich die Bedienungsanleitung mit keinem Wort. „Kann ich bitte noch mal deine Pinzette haben?“ ist während unserer Reise zum Dorf eine Frage, an die sich Ms. Columbo allmählich gewöhnt hat, wenn auch eher widerwillig.
Manche Menschen schneiden sich übrigens erst dann die Nasenhaare, wenn sie ihnen beim Essen in der Nudelsoße hängen. Auch das finde ich eine durchaus beachtenswerte Macke; allerdings ist mir die einer „Berli Nostbahnhof“ sagenden Zugbegleiterin entschieden lieber, so lange sie eine Pinzette dabei hat, die sie mir im Bedarfsfall leihen kann.
Wie auch immer: Ich glaube, ich brauche doch bald ein iPhone.
PS: Wer errät, wo das heutige Schienenfoto aufgenommen wurde, bekommt eine Pinzette mit rosa Schleifchen drumherum als Ostergeschenk.
Weil sie merkt, dass daran irgendetwas nicht ganz richtig ist, schickt sie die kleine Sprechpause, die eigentlich zwischen die Wörter gehört, einfach vorweg.
Sie sagt also so was wie: „Berli Nostbahnhof“.
So hat eben jeder seine Macken, sogar der neue UMTS-Stick. Dieses kleine Wunderding zum Unterwegs-am-Laptop-Surfen besitzt keinen Auswurfknopf für die SIM-Karte, und da sie nur eine Winzigkeit übersteht, wenn man sie ordnungsgemäß eingeschoben hat, braucht man eine Pinzette, um sie wieder rauszuholen.
Die Pinzette war natürlich nicht Bestandteil des Lieferumfangs; ja, über ihre Notwendigkeit informiert mich die Bedienungsanleitung mit keinem Wort. „Kann ich bitte noch mal deine Pinzette haben?“ ist während unserer Reise zum Dorf eine Frage, an die sich Ms. Columbo allmählich gewöhnt hat, wenn auch eher widerwillig.
Manche Menschen schneiden sich übrigens erst dann die Nasenhaare, wenn sie ihnen beim Essen in der Nudelsoße hängen. Auch das finde ich eine durchaus beachtenswerte Macke; allerdings ist mir die einer „Berli Nostbahnhof“ sagenden Zugbegleiterin entschieden lieber, so lange sie eine Pinzette dabei hat, die sie mir im Bedarfsfall leihen kann.
Wie auch immer: Ich glaube, ich brauche doch bald ein iPhone.
PS: Wer errät, wo das heutige Schienenfoto aufgenommen wurde, bekommt eine Pinzette mit rosa Schleifchen drumherum als Ostergeschenk.
03 April 2009
Auch noch feige
Keine Ahnung, warum immer mir so was passiert. Aber gestern ächzte neben mir auf der Matte im Fitnessstudio einer, der original nach Hühnermist roch.
Am autoolfaktorischen Design müssen manche Menschen echt noch schrauben. Das Problem aber ist: Sie wissen nichts davon, weil sich keiner traut, es ihnen zu sagen.
Und wenn’s ihnen keiner sagt, dann riechen sie zeitlebens nach Hühnermist, finden deshalb keine Freundin, weshalb ihnen erst recht niemand sagen kann, dass sie nach Hühnermist riechen und deshalb keine Freundin finden.
Es ist eine Krux.
Im Grunde sind Männer wie der Ächzer neben mir auf halbseidene Angebote aus dem Internet angewiesen. Solche wie das folgende, das mir gerade als Beziehungsbewerbungsspam ins Postfach flatterte.
Eine gewisse „Sonja“ schreibt: „Ich lebe das einzigartige Mädchen aus Russland, jetzt ich in der Regelung - Sowjetisch. Mein Alter 27. Ich war ein erregter August, 1982.“
Lauter Killerargumente.
Übrigens habe auch ich mich nicht getraut, dem Menschen neben mir von seinen Duftdefiziten zu erzählen. Ich habe nur meine Matte ein wenig weiter weggerückt.
Die Welt ist schlecht – und das Foto von heute völlig unpassend: Der Fernsehturm ist nicht mal in der Nähe des Fitnessclubs.
Am autoolfaktorischen Design müssen manche Menschen echt noch schrauben. Das Problem aber ist: Sie wissen nichts davon, weil sich keiner traut, es ihnen zu sagen.
Und wenn’s ihnen keiner sagt, dann riechen sie zeitlebens nach Hühnermist, finden deshalb keine Freundin, weshalb ihnen erst recht niemand sagen kann, dass sie nach Hühnermist riechen und deshalb keine Freundin finden.
Es ist eine Krux.
Im Grunde sind Männer wie der Ächzer neben mir auf halbseidene Angebote aus dem Internet angewiesen. Solche wie das folgende, das mir gerade als Beziehungsbewerbungsspam ins Postfach flatterte.
Eine gewisse „Sonja“ schreibt: „Ich lebe das einzigartige Mädchen aus Russland, jetzt ich in der Regelung - Sowjetisch. Mein Alter 27. Ich war ein erregter August, 1982.“
Lauter Killerargumente.
Übrigens habe auch ich mich nicht getraut, dem Menschen neben mir von seinen Duftdefiziten zu erzählen. Ich habe nur meine Matte ein wenig weiter weggerückt.
Die Welt ist schlecht – und das Foto von heute völlig unpassend: Der Fernsehturm ist nicht mal in der Nähe des Fitnessclubs.
02 April 2009
01 April 2009
Der direkte Weg
Jährlich sterben 2,7 Millionen Bäume nur für den Werbemüll, der uns unverlangt in die Briefkästen gestopft wird. Das musste ich heute der Zeitschrift „Natur + Kosmos“ entnehmen.
Darob ausgesprochen nachdenklich ging ich zu den Containern an der Budapester Straße, wo ich leere Flaschen abgeben wollte. Zu meinem Entsetzen waren allerdings die Altglasbehälter verschwunden. Nur die für Papier standen noch da.
Zwei Männer holten gerade verschnürte Papierstapel aus einem Transporter und quetschten sie unter roher Gewalt in die bereits überquellenden Container. Ich schaute mir verstohlen die Stapel im Transporter näher an. Es waren Abertausende originalverpackter Werbeprospekte.
Die des umständlichen peu-à-peu-Ausfahrens wohl müden Männer waren allem Anschein nach auf den pfiffigen Gedanken gekommen, den Plunder der Einfachheit halber direkt ab Druckerei dem Recycling zuzuführen.
Eine rundum nachvollziehbare Verhaltensweise: Zwar sterben die 2,7 Millionen Bäume trotzdem, doch sowohl die mit dem Verteilen vergeblich betrauten Fahrer als auch wir, die täglich still fluchenden Briefkastenentmüller, sparen so in beträchtlichem Maße Arbeits- und Lebenszeit.
Am Ende dieses beifälligen Gedankens kehrte allerdings meine Verzweiflung über die fehlenden Glascontainer zurück. Es standen schon Hunderte von Flaschen herum, die ratlose Menschen mit ähnlicher Gemütsverfassung dort zurückgelassen hatten.
Was tun? Nach kurzem Überlegen stellte ich mit ordnungsgemäß roten Ohren meine Tasche dazu. Einer der Prospektentsorger schaute mich an. Ich wich seinem Blick aus und fuhr mittelschnell davon.
Dabei hätte ich allen Grund gehabt, vorwurfsvoll zurückzuschauen. Doch so etwas gelingt mir nur schwer. Ich fühle mich sogar automatisch schuldig, wenn mich ein Polizist ansieht. Vor allem, wenn ich weiß, dass er auf der Davidwache stationiert ist.
(Symbolfoto)
31 März 2009
Krisengewinnler
Für all jene, die ihren Job noch haben, ist die Krise bisher ein Segen. Ihr Gehalt blieb in der Regel gleich oder stieg sogar (sofern tarifabgesichert), doch ihre Lebenshaltungskosten sanken dramatisch.
Für Energie müssen sie zurzeit über 30 Prozent weniger bezahlen als vor einem Jahr. Autofahrer mit Job schwimmen also quasi in Geld.
Viele weitere wichtige Preise – ob für Lebensmittel oder Unterhaltungselektronik – sind ebenfalls seither verfallen, und das nicht nur, weil die Inflationsrate abstürzte, sondern auch weil sich der Handel einen munteren Preiskampf liefert.
Die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge fällt bei so viel warmem Regen kaum ins Gewicht; sie werden zudem im Sommer wieder gesenkt – wegen der schwierigen Lage, haha.
Wer seinen ganz persönlichen Boom mitten in der Krise angemessen feiern möchte, kann auch noch erheblich billiger auf Kreuzfahrt (Foto) gehen als 2008.
Gloriose Zeiten also. Für Leute mit Job ist die Krise ein einziger Glücksfall.
Richtig ernst wird es erst danach: Wahrscheinlich streckt uns der Aufschwung derart nieder, dass uns Hören und Sehen vergeht.
Für Energie müssen sie zurzeit über 30 Prozent weniger bezahlen als vor einem Jahr. Autofahrer mit Job schwimmen also quasi in Geld.
Viele weitere wichtige Preise – ob für Lebensmittel oder Unterhaltungselektronik – sind ebenfalls seither verfallen, und das nicht nur, weil die Inflationsrate abstürzte, sondern auch weil sich der Handel einen munteren Preiskampf liefert.
Die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge fällt bei so viel warmem Regen kaum ins Gewicht; sie werden zudem im Sommer wieder gesenkt – wegen der schwierigen Lage, haha.
Wer seinen ganz persönlichen Boom mitten in der Krise angemessen feiern möchte, kann auch noch erheblich billiger auf Kreuzfahrt (Foto) gehen als 2008.
Gloriose Zeiten also. Für Leute mit Job ist die Krise ein einziger Glücksfall.
Richtig ernst wird es erst danach: Wahrscheinlich streckt uns der Aufschwung derart nieder, dass uns Hören und Sehen vergeht.
30 März 2009
Eingeknickt
Heute, als wir in Planten & Blomen (Foto) am Untersuchungsgefängnis vorbeikamen, rief ich aus einer Laune heraus hinüber: „Osman, dein Bruder hat gesungen!“
Natürlich hätte ich auch Ede, Tobi, Pjotr oder Ahmed mit dem feigen Einknicken ihrer Brüder konfrontieren können, was ich hiermit virtuell nachhole.
Doch wie auch immer: Es kam keine Antwort.
Und dann waren wir auch schon am Kino angekommen und schauten „Slumdog Millionaire“, worum Osman, Ede, Tobi, Pjotr und Ahmed uns mit Sicherheit glühend beneidet haben.
28 März 2009
Gesichtszwillinge (21)
Wäre Elvs Presley (l.) Afroamerikaner gewesen, hätte er ausgesehen wie
Aretha Franklin (r.).
Und umgekehrt.
Aretha Franklin (r.).
Und umgekehrt.
27 März 2009
Scharfe Offerte, aber nicht scharf genug
Von: s.meyer@m********.de
Betreff: Anfrage bezüglich Werbe oder Sponsormöglichkeit
Datum: 26. März 2009 07:43:33 MEZ
Sehr geehrter Herr Wagner,
gerne würden wir uns als möglicher Sponsor Ihrer Webseite http://www.mattwagner.de vorstellen. Wir betreiben einen Werkzeug- und Maschinenhandel mit Ausrichtung auf gewerbliche und private Kunden und suchen nach weiteren Möglichkeiten unseren Betrieb einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen, gerade auch weil in letzter Zeit Preisportale und Shoppingplattformen sehr aggressiv expandieren und somit auch versuchen die kleineren Anbieter bewusst aus dem Markt zu drängen.
Gerne bieten wir an, uns an den laufenden Kosten Ihrer Seite zu beteiligen und als Gegenleistung 1-2 follow Links mit Hinweistext auf unser Angebot zu erhalten.
Vielleicht finden Sie auch ein Produkt in unserem Sortiment, welches Ihnen zusagt und über das Sie berichten würden. Natürlich dürfen Sie dann, als Aufwandsentschädigung, diesen Artikel auch behalten.
Zum Beispiel einige Artikel über die Sie verfügen dürften:
Kleine Kreissäge
Einstiegskompressor
Kleines Kettenschärfgerät
Über eine Rückantwort per Mail oder Telefon würde ich mich freuen, auch wenn es lediglich eine Absage sein sollte.
mit freundlichen Grüßen
Sven Meyer
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Werkzeughandel und Maschinenhandel Meyer
Von: mattwagner@***.de
Betreff: Re: Anfrage bezüglich Werbe oder Sponsormöglichkeit
Datum: 27. März 2009 00:48:54 MEZ
An: s.meyer@m********.de
Sehr geehrter Herr Meyer,
Ihr Angebot, mein Blog gegen den ein oder anderen Eintrag über Kreissägen, Einstiegskompressoren oder ein kleines Kettenschärfgerät (warum eigentlich kein großes?) zu sponsern, schmeichelt mir sehr.
Auch die Offerte, die verbloggten Maschinen als „Aufwandsentschädigung“ (sehr schönes Wort!) behalten zu dürfen, erscheint auf den ersten Blick verlockend. Allerdings habe ich zwei linke Hände; eine Kreissäge im Haushalt könnte fatale Folgen für unser Interieur haben. Ms. Columbo würde mir was husten.
Schlösse Ihr Anliegen hingegen kiezspezifische Vergünstigungen ein, würde ich es sicherlich sehr viel genauer prüfen. Eine Runde Schampus in der 20-up-Bar, ein geiler Abend im Laufhaus, zwei Freischüsse in der Herbertstraße (Foto): Ja, darüber könnten wir reden.
Aber ein Einstiegskompressor und nicht mal ein Fortgeschrittenenkompressor? Ah, geh.
Mit freundlichen Grüßen
Matt
PS: Jetzt, wo ich über das Ganze gebloggt habe, könnten Sie mir eigentlich die Kehrmaschine Twin 650 rüberschieben. Funktioniert die auch auf Teppichboden?
25 März 2009
Unter bösen Buben
Weil an dieser Stelle die ruch- und gedankenlosen Hersteller von Deppenleerzeichen so regelmäßig ausgeschimpft werden, mag der heutige Fall etwas skurril anmuten.
Denn diesmal muss ich entschieden die Abwesenheit eines Leerzeichens monieren.
Wer jetzt meint, mir sei es auch nie recht zu machen – der hat vollkommen Recht.
Heute in Berlin nämlich wurde ich in ein Etablissement verschleppt, das ich aus orthografischen Gründen gar nicht erst hätte betreten dürfen. Doch zum (Un)Glück verfüge ich über eine grundsympathische Gutmütigkeit, die mir im entscheidenden Moment jede Prinzipienreiterei vermeiden hilft.
Der Laden in Berlin-Mitte hieß nämlich „Böse Buben Bar“. Brrrrr.
Denn diesmal muss ich entschieden die Abwesenheit eines Leerzeichens monieren.
Wer jetzt meint, mir sei es auch nie recht zu machen – der hat vollkommen Recht.
Heute in Berlin nämlich wurde ich in ein Etablissement verschleppt, das ich aus orthografischen Gründen gar nicht erst hätte betreten dürfen. Doch zum (Un)Glück verfüge ich über eine grundsympathische Gutmütigkeit, die mir im entscheidenden Moment jede Prinzipienreiterei vermeiden hilft.
Der Laden in Berlin-Mitte hieß nämlich „Böse Buben Bar“. Brrrrr.
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