07 April 2009

Tannenzapfenzupfen (11)

(Foto via FHS Holztechnik)

So, heute gibt es eine neue Ausgabe peinlicher bis grauenhafter Sprachunfälle, deren Konsum schlimmere Folgen hat als acht Wochen „Counter Strike“ am Stück. Diese Serie trägt den Namen ihres ersten Eintrags (nämlich „Tannenzapfenzupfen“). Wie immer gilt dabei das bewährte Motto: Ohren zu und durch.

1. Was gibt es Altehrwürdigeres als Neckermann? Höchstens Klosterfrau Melissengeist. Doch sogar Neckermann hat sich jetzt mit einem mutigen Ruck ins 21. Jahrhundert vorgekämpft. In seinem heutigen Schreiben an mich lobt sich der Traditionsversand selbst, und zwar mit der unwiderstehlichen Argumentationstrias: „Mehr Fashion! - Mehr Living! - Mehr Technik!“ Eine erstaunliche Hipnessexplosion – und drei gute Gründe, um doch wieder zu Amazon zu wechseln.

Vielleicht hatte sich Neckermann vom „Zukunftstrainer“ Sven Gábor Jánszky beraten lassen. Der Mann nämlich weiß, wie man uns Nerds & Geeks zeitgeistkompatibel ansprechen muss:


2. „Ich habe diese Methode ,Leadership-Trend-Cycle' genannt. Ihre Besonderheiten: Statt auf unkonkreten Mega-Trends basiert sie auf einer intensiven Analyse der realen Trend-Cycle von Unternehmen, nutzt structural holes zur kreativen Ideengenerierung und setzt final auf die Ausbildung von Intrapreneuren zur Umsetzung der gefundenen Ideen.“
Diesem Mann zahlte ich am liebsten eine Abwrackprämie fürs Sprachzentrum oder wenigstens für seine strukturellen Löcher, doch das Problem wird sein: Er denkt, das sei alles noch gar nicht schrottreif. Wie twittert der weise St. Burnster so schön: „die größte innovation im deutschen mediengeschäft wäre eine firma, die nicht mit anglizismen um sich wirft.“


3. Die beliebte Rubrik „Eklige Bandnamen“ erhält allmonatlich Zuwachs. Diesmal verdient es auch der Promotext der vorgestellten Muckertruppe, ausführlich zitiert zu werden:
Fickscheisse entstand aus den Elementen Celine Dion und Shania Twain und wurde perfektioniert aus hemmungslosen Lagerfeuersessions von Tom Jones und Gott Hasselhoff. Ein lautes Gebrüll von Goleo dem Bären vollendet das Konstrukt Fickscheisse."
Wer steckt ihnen eigentlich, dass man Scheiße mit ß schreibt? Ich stelle mir übrigens gerade vor, der Bassist von Fickscheisse bewürbe sich in einigen Jahren auf eine Festanstellung, sagen wir bei der Volksbank Querblöken. Und dann fragt ihn der Abteilungsleiter, wo er denn eigentlich seine im Bewerbungsbrief betonte musische Ader ausgelebt habe. Hach, schön.

4. Zum Abschluss eine paar gewohnt schiefe Bilder, und schon ist „Tannenzapfenzupfen (11)“ wieder Geschichte: „Bass und Gitarre stehen Spalier, doch da sich das Tanzbein nicht von allein in die Disko trägt, schiebt sich immer wieder ein knackiger Beat aufs Parkett.“ Aber wer trägt denn jetzt das Tanzbein in die Disko? Fortsetzung folgt, das ist so sicher wie das Kramen in der Küche.

Was bisher geschah: 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1





11 Kommentare:

  1. das sind ja dicke hunde, mein lieber herr wagner. aber in ihrer branche sitzen sie ja sozusagen an der quelle übler marketing-idiome. je nachdem, was ich grade für einen job mache, werd ich ja hin&wieder noch "bemustert" und ich stelle fest, dass die waschzettelautoren jetzt voll auf progressive pr-texte in jugendsprache und metaphern, die sich die spex vor zehn jahren nicht getraut hätte, setzen.

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  2. die wunderbare welt der musikpromotion hat auch folgenden wortmüll im kleingedruckten auf dem plakat zum devilside-festival (www.devilside.de) in duisburg abgesondert: "Eine der headlinenden Bands wird früh da sein, für einen großen und wilden Anstoß!"

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  3. Meine Güte,

    mit solch einer Sprachmurksakrobatik kann ich nicht aufwarten, obwohl ich nun täglich etliche Schriftstücke und -produkte anderer - amtlicher oder amtartiger - Leute lese.
    Wow. Ich achte ja auch auf Sprachgurk, aber es ist eher wenig Interessantes dabei.
    Darum mag ich ja das Tannenzapfenzupfen.

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  4. Herr Burnster, Sie haben so was von Recht.

    Tommy, danke für das herrlich verbogene Denglisch von „headlinend“. Fehlte mir noch im Repertoire.

    Olaf, das wird schon noch, keine Sorge. Kommt Zeit, kommt (Sprachun)Rat.

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  5. Joshuatree07.04.09, 22:24

    Heute, in Teil 11 des ewig währenden Tannenzapfenzupfenkalenders, nehme ich die Sprachgurk von Olaf und stecke sie in die "structural holes zur kreativen Ideengenerierung".

    Ich hätte beinahe geschrieben: "´Für heute` nehme ich die Sprachgurk ..."

    Fallen - allüberall. Tse.

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  6. Herr Joshuatree,
    dann treibt es wahrscheinlich hunderte von kleinen hellgrünen Sprachgurken aus den holes heraus in die Welt und alles wird noch viel schlimmer.
    Aber vielleicht kann man ja die structural holes benutzen, um ein(en) MacBook Pro materialisieren zu lassen...

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  7. Joshuatree10.04.09, 00:25

    Werter Olaf,

    was ist ein (en) MacBook Pro? Was ein Mac ist, hat sich mittlerweile bis nach Nordbaden herumgesprochen. Als Nordbadener nutze ich nur PCs und löffle Wurstsuppe zum Schlachtfest - aber immer offen für neue Erkenntnisse! ;-)

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  8. Herr Joshuatree,
    unter "Beschwörung" (08. April 2009) gucken... Da gibt es eine schwärmerische Praktikantin.

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  9. Joshuatree10.04.09, 23:01

    Olaf, so wird das nix - da bekomme ich keine Antwort. Was ist ein "(en) MacBook Pro"? Ein Mac mit Obama-Tastatur in dessen Heimatsprache? Das würde "Sinn machen". Vielleicht walken wir auch beide east at easter und die Praktikantin war das eigentliche Opfer? Das Osterlamm - geopfert und geschändet im Namen der persönlich favorisierten Arbeitsgeräte? ;-)

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  10. Versuchen wir es so:

    http://store.apple.com/de/browse/home/shop_mac/family/macbook_pro?cid=OAS-EMEA-KWG-DE_Laptop-DE

    Oder haben wir uns jetzt richtig mißverstanden ?

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  11. Joshuatree11.04.09, 22:42

    Das müssen Sie Matt fragen, ich mache hier keine Werbung für nirgendwas :-)

    Danke Olaf für Ihre und meine Geduld. Meine Frage galt dem "(en)" vor dem genannten Produkt. Wahrscheinlich ist sie längst beantwortet, wenn ich die beiden letzten Buchstaben Ihres Links lese...

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