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13 August 2011
Die Höllenhunde der Hipness
Der neulich in einem Laden auf der Reeperbahn spontan und unter ermutigendem Beifall von Ms. Columbo gekaufte Sweater mit Reeperbahnschriftzug macht mir nicht nur Freude.
Im Büro fielen der Franke und Kramer beim Anblick der Jacke sofort gemeinsam über mich her, und zwar mit dem Killerargument, sie sei „nicht cool“. Außerdem, führten sie weiter aus, dürften so was nur Menschen außerhalb Hamburgs und keineswegs Kiezbewohner tragen, weil solch ein Schriftzug nämlich „touristisch“ sei.
Natürlich sind der Franke und Kramer die kings of cool und ihre Stiltipps von niederschmetternder Treffsicherheit. Es gibt praktisch keine einzige Entwicklung seit Ende des 30-jährigen Krieges, welche diese beiden nicht schon im Schnitt 13 Jahre im Voraus herablassend als irgendwann todsicher anstehende Massenmode vorausgesagt hätten.
Nein, diese beiden Trüffelschweine der Trendmühle, Propheten der Fashion, Windhunde des Massenwahns, Hohepriester des heißen Scheiß – kurz: diese unerschrockenen Höllenhunde der Hipness haben unablässig ihre Nasen derart tief im Arsch alles Angesagten, dass sie … Na gut: stopp.
Ihre Anwürfe perlten eh an mir ab wie Chihuahuapipi von einer doppeltimprägnierten Sympatexhose. „Im Gegensatz zu euch, meine Herren“, beschied ich diesen Kläffern, „will ich viel, viel lieber uncool sein als cool.“
Außerdem erlaubte ich mir die abschließende Belehrung, in einer gerechten Welt dürfte eine Reeperbahnjacke ausschließlich derjenige tragen, der auch auf dem Kiez lebte. Touristen und Möchtegerne hingegen müssten sich in jener Welt mit Jacken bescheiden, die mit Schriftzügen wie „Castrop-Rauxel“, „Bietigheim-Bissingen“ oder gar „Berlin“ gnadenlos die ganze Tristesse ihrer Herkunft enttarnten.
Ganz überzeugt schienen sie mir allerdings nicht. Ich hörte sie noch eine ganze Weile lachen hinter meinem Rücken.
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ich hab mir direkt auch so ne Jacke gekauft.
AntwortenLöschenWie uncool.
AntwortenLöschenIch bin entsetzt, dass Sie nicht die Ihre T-Shirts als King of Coolness preisen. Aber nichts gegen Bietigheim-Bissingen T-Shirts... solange nicht PUR daraufsteht...
AntwortenLöschenSie denken schon daran die Jacke einer täglichen Reinigung zuzuführen? Sie müssen sie ja nicht unbedingt verbrennen, wie manch Zeitgenosse vorschlug.
AntwortenLöschenSie haben völlig Recht! Wer wenn nicht Sie, dürfte diese Jacke tragen!? Ich finde "Herkunftsjacken" nicht cool - aber bei Ihnen mache ich gerne eine Ausnahme. Bleiben Sie stark und tragen den Sweater mit Stolz!
AntwortenLöschen… und mit Trotz sowie Würde.
AntwortenLöschenIch hab eher interessierter auf das Drumherum der Jacke geguckt. Ich muß gestehen, ich hätte sie mir ganz anders vorgestellt. Auch wenn das Bild nur ein vage Idee Ihres Aussehens hergibt.
AntwortenLöschenIch finde die Jacke auch nicht uncool, aber ich bin noch nie Trendsetter gewesen. Ich trage grundsätzlich das, was MIR gefällt und nicht was andere Leute meinen, das es mir gefallen müßte, weil es gerade IN ist.
So geht es mir auch. Aber darüber schütteln die Höllenhunde der Hipness natürlich nur verständnislos den Kopf.
AntwortenLöschenJetzt müssen Sie aber auch noch herausrücken mit der Sprache, welches Bild Sie von mir hatten und warum.
wieso fotografieren sie offenbar in einen spiegel und dennoch ist das "reeperbahn" nicht spiegelverkehrt, herr matt? das ist doch alles schmu hier. gibt es eigentlich auch "pinne-berg" jacken?
AntwortenLöschenHa, endlich merkt das mal jemand! Die Funktion nennt sich übrigens „Horizontal spiegeln“.
AntwortenLöschenIhre Trendberater haben keine Ahnung...
AntwortenLöschenZum einen ist es überhaupt eine schlechte Angewohnheit, zu viel darauf zu geben, was andere meinen, was man so machen oder tragen sollte, zum anderen gibt es gute Gründe, etwas tragen zu dürfen.
Ich zum Beispiel habe genau null Skrupel mit einem Kreuzberg 36 Shirt durch Kreuzberg zu laufen (der gemeine Tourist nimmt eh lieber ein Shirt ohne Zahl, da er damit nichts anfangen kann). Kreuzberg 36 - Das beinhaltet auch eine Aussage, wie ein St.Pauli Pulli auch nicht nur aussagt "Ich bin Fan eines Fussballvereines". Mit beidem ist man in immer gut gekleidet. In ihrem Fall dürfte das mit einem Reeperbahn Shirt ähnlich sein.
Ich würde allerdings nicht mit einem Berlin Shirt durch Berlin laufen, während ich wiederum mit eine Derbe Hanburg Jacke durch Berlin laufe.. seltsam das alles.
btw. ich bemerke ein leichtes Berlin Bashing bei Ihnen... Ich glaube allerdings, Sia heben einfach nur die falschen Ecken kennengelernt.
Nein, ich mag Berlin. Und viele Hamburger auch, deshalb ziehen sie ja auch dorthin (wie Sie), und wir sind Sie los. Deshalb das (augenzwinkernde) Bashing … ;)
AntwortenLöschenGeht garnicht...
AntwortenLöschenIhre Argumentation gegenüber Ihren Kollegen war wohl aus der Situation heraus geboren und deshalb entschuldbar; ich halte sie nämlich für falsch.
AntwortenLöschenMein gesamtes Leben lang wohne ich schon in Berlin, trotzdem oder gerade deshalb würde ich niemals auf die Idee kommen, irgendwas mit der Aufschrift "Berlin" zu tragen. Das überlasse ich Leuten, die hierhergezogen sind (denn es sind ja keine echten Berliner) oder die Berlin mal besucht haben.
Aber in einem anderen Sinne haben Sie natürlich schon recht, auf der ganzen Linie: Cool zu sein, das ist nun wirklich nicht besonders wichtig. Wer so etwas anstreben muß, der zeigt ja, wie kleinkariert und abhängig vom Urteil anderer er ist. Im Grunde haben Sie hier, vielleicht ungewollt, Ihre Kollegen entlarvt.
?neßieh "nlegeips lakitreV" thcin ...
AntwortenLöschenbzw.
Nicht, dass ich hier alles auf den Kopf stellen möchten, aber: Müsste die Funktion nicht "Vertikal spiegeln" heißen?
Kuddl, Sie kennen schon den Unterschied zwischen vertikal und horizontal? Sonst schlagen Sie doch einfach mal bei Wikipedia nach …
AntwortenLöschenAnonym 16:02, ich bin ja auch hergezogen Mitte der 90er. Von daher müsste ich selbst in Ihren gestrengen Augen reeperbahnjackenfähig sein.
Ich liebe Hamburger. Mehr heute nicht.
AntwortenLöschenAuf die Gefahr hin, dass ich mich nun völlig zum Dummbatz mache: ein horizontales Spiegeln bedeutet doch das Spiegeln über die waagerechte Achse, so dass das Bild auf dem Kopf steht, während ein vertikales Spiegeln über die senkrechte Achse erfolgt und z.B. zur (Ab-)Bildung von Spiegelschrift führt... obwohl,... nee, stimmt: auch horizontales Spiegel führt natürlich zur Spiegelschrift. Dennoch: auf dem Kopf steht Ihr Bild ja nicht. Also doch vertikal gespiegelt. Oder wie, oder was?
AntwortenLöschenNein, umgekehrt: Horizontales Spiegeln dreht das Bild um die senkrechte Achse, also von links nach rechts. So zumindest die Sprachregelung in den Fotobearbeitungsprogrammen.
AntwortenLöschenDa kann man mal sehen, dass auch Fotobearbeitungsprogramme Fehler beinhalten oder zumindest ihre Sprachregelung Anlass zu Zweifel, auf jeden Fall zur Diskussion, geben :-)
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