22 November 2010

15 und blind



Vor unserer Haustür umbrandet mich unversehens eine Gruppe wohlgemuter Schüler. Ein etwa 15-jähriger Pickelbube mit Mod-Gedächtnisfrisur löst sich und spricht mich an.

„Entschuldigung“, sagt er mit einem Grinsen, das ebenso nassforsch ist wie verlegen, „wissen Sie, wo hier das Sexkino ist?“

Das Sexkino? Es ist verdammt schwer, Bursche, es im Verlauf der Seilerstraße bis hierher geschafft zu haben, ohne über diverse Etablissementes dieser Provenienz zu stolpern, aber nun gut. Von 15-Jährigen darf man wohl vieles verlangen, aber nicht, dass sie nicht blind sind.

„Davon gibt es hier viele“, erläutere ich daher nachsichtig, „sucht euch eins aus.“ Was ich in diesem Moment nicht bedacht habe: dass die Jungs – sofern die Türsteher ihren Job richtig verstehen (wollen) – gar nicht reingelassen werden.

Aber das müssen die doppeldeutig grinsenden Pickelbuben schon selber lernen. Bin ja schließlich nicht das Frl. Krise.

6 Kommentare:

  1. Wahrscheinlich eine Klassenfahrt aus einem kleinen Dorf knapp bei jwd (janz weit draussen) - die Jungs waren, wegen des Überangebotes, schlicht überfordert.
    Ist doch nett das ein Einheimischer da gerne weiterhilft ;-)
    Es grüßt Frau-Irgendwas-ist-immer

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  2. Die Überschrift dieses Artikels in Kombination mit den darin geschilderten Vorgängen lässt mich als westfälisch-katholisch sozialisierten Menschen nur zu einem Schluss kommen: die Sünde der Selbstbefleckung, der diese jungen Menschen angesichts ihres hormonellen Überschusses zweifelsohne frönen, scheint tatsächlich, wie von der Amtskirche jahrhundertelang gemahnt, zu allmählicher Erblindung zu führen.
    Wobei das daraus resultierende nicht-mehr-Auffinden einschlägiger Lokalitäten bestimmt ganz im Sinne der Geistlichekeit wäre. Fragt sich nur, ob der Sünde dadurch Einahlt geboten wird.
    Ein Teufelskreis...

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  3. Frau Irgendwas, meine diesbezügliche Hilfsbereitschaft ist sprichwörtlich, auch dank solcher Aktionen wie dieser.

    Herr Smithee, solange die Prostata funktioniert, scheint es wirklich keinen Ausweg zu geben, das haben Sie ganz richtig erkannt.

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  4. Ach, nee, der war nicht blind...der wollte sich bloß als potentes männliches Wesen outen...!

    "Bin ich schon richtiger Mann,gehe ich Sexkino!"

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  5. Solche juvenilen Blockaden sind doch nachvollziehbar...

    Beim Lesen des Beitrags entsteht aus der Erinnerung spontan das schemenhafte Bild eines Quartaners oder Tertianers, der sich in der spätherbstlichen Nachmittagsdämmerung so lange um einen Kleinstadt-Kiosk herumdrückt, bis kein Kunde zu sehen ist, dann heranspurtet, einen Geldschein auf den Verkaufstresen legt und ... quälend lange Sekunden kein Wort herausbringt, bis sich seiner wie zugeschnürten Kehle dann endlich die Worte "Sex" und "Illustrierte" entringen. Worauf die ebenso verständnisvolle wie geschäftstüchtige Kioskbesitzerin irgendein Schmierblatt und natürlich nicht das Hochglanzmagazin herausrückt. Ist nun wohl schon mehr als drei Jahrzehnte her (die Zeitschrift mit den ausklappbaren Interviews kostete damals fünf oder sechs Emmchen) - Bekennermut für Name oder URL mag sich trotzdem nicht einstellen...

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  6. Also, Herr Anonym, dass Sie so bescheiden sind und sich nicht zu Ihren Taten bekennen, spricht eigentlich für Sie, nach dem Motto "Tue gutes und sprich nicht darüber". Denn eigentlich ist es ein gutes Werk, sich diese Frauen anzusehen. Das sind ja alles arme Menschen, die gar nichts anzuziehen haben ...

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