In der Talstraße wohnen keine Pfeffersäcke. Hier sehen die Fassaden und Klingelschilder manchmal so aus wie auf diesem Bild.
Im Kioskcafé, wo sich manchmal missmutige Transen die Nachtschicht mit Koffein aus den Knochen spülen, residiert ein Chef, der nicht nur einen kapitalen anatolischen Schnauzer, sondern auch seine Laune stets offen zur Schau trägt. Wie auch immer sie gerade beschaffen ist.
Manchmal schaut er dich nicht mal mit der Kniekehle an, erwidert keinen Eintrittsgruß, grabscht mürrisch nach deinem Geld und fetzt dir die Hermes-Quittung hin, als wärst du Luft – und zwar sehr, sehr lästige Luft.
Und ein andermal, man weiß nie warum, grinst der Mann derart selig, dass sein Schnauzer so breit wird wie Jerry Garcia einst die ganze Zeit war. „Wie geht’s dir, mein Freund?“, strahlt der Chef dann mit seinem nonchalant entblößten Goldzahn um die Wette.
Heute war so ein „Wie geht’s dir, mein Freund?“-Tag. Als ich die Quittung einsteckte, fragte er sogar: „Willst du Kaffee?“ „Danke, sehr nett“, antwortete ich fast gerührt, „aber ich muss leider ins Büro.“ Er schaute mich beinah zärtlich an, als sei ich wirklich sein Freund und nicht nur irgendein Typ, der ab und zu mal vorbeikommt, um ein Hermes-Paket abzugeben.
„Becher mitnehmen?“, flötete er unter Aufbietung aller ihm möglichen Eloquenz, und außer Gold blickte mir dabei auch noch die ein oder andere Zahnlücke entgegen. „Nein“, hörte ich mich antworten, „ich bin mit dem Fahrrad.“
Ich bin mit dem Fahrrad???
Dieser verkrüppelte Satz aus meinem eigenen Mund hallte mir noch nach im Hirn, als ich schon längst wieder aufgesattelt hatte. Und auch jetzt noch ein bisschen, ehrlich gesagt.
Wo war denn da bloß das finale „da“ gewesen? Oder wenigstens ein etwas eleganteres „unterwegs“ – das Adverb halt? Dieses akute Summen und Surren à la „Ich bin Arbeit“, „Gehst du Disco?“ oder „Hab noch Vertrag“ macht mich anscheinend immer wuschiger.
Vielleicht bin ich auch einfach zu oft Blog von Fräulein Krise, vallah.
Noch ein paar Monate Frl.Krise und sie können das sogar perfekt: Ich bin Fahrrad.
AntwortenLöschenEr hätte Sie bestimmt auch dann verstanden.
jaja, die verbale Verrohung in diesem Stadtteil... Ich bin ja sehr erleichtert dass es nicht nur mir so geht. Als ich vor zwei Wochen nach einer Besprechung völlig gedankenverloren unsere Vorstandsvorsitzende mit "Hau rein, Digge!" verabschiedet habe, kam ich mir schon sehr alleine vor, auf dieser Welt.
AntwortenLöschenZaphod, geben Sie mir noch etwas Zeit mit der Entwicklung. Ich bin jedenfalls auf einem guten Weg.
AntwortenLöschenSofa_Inferno, probieren Sie es mit dieser herzlichen Aufmunterung einfach in einem Jahr noch mal. Dann werden Sie wahrscheinlich statt Irritation ein glockenhelles Lachen der Dankbarkeit von Ihrer Vorstandsvorsitzenden ernten. (Versuchen Sie aber, bis dahin Ihren Job zu behalten.)
Sofa Inferno, eine Frau "Digge" zu nennen, geht in Richtung Russisches Roulette mit sechs Kugeln!
AntwortenLöschenSie hätten unbedingt "Digger" sagen müssen, damit auf keinen Fall der Verdacht der Anspielung auf etwaiges Übergewicht entsteht. Dies gilt auch, wenn die Frau deutlich sichtbares Untergewicht hat. Dies gilt immer und überall auf der Welt, egal in welchem Kulturkreis Sie sich mit egal welcher Frau befinden. Das ist ein Universalgesetz!
Sagen Sie NIE NIE NIEMALS "Digge" zu einer Frau!
Ach, zu spät...
Herr Matt, ich kann Sie beruhigen. Es gibt sehr wohl noch bedeutende Unterschiede zwischen dem Satz, den Sie sagten und jenen, mit denen Sie ihn verglichen.
AntwortenLöschen"Ich bin mit dem Fahrrad" ist jedenfalls in der Heimatstadt ihres bevorzugten Fußballvereines ein völlig unauffälliger umgangssprachlicher Satz. Zugegeben, wir reden von einer Stadt, in der auch "Ich bin am arbeiten" ein unauffälliger Satz ist, das aber immerhin durch alle Kulturen und sozialen Schichten.
Und genau das unterscheidet ihn von ihrer Vergleichsgruppe. Die sind schlicht auf Dumm- oder Sprachfaulheit sozialer Gruppen zurückzuführen, zu denen man eher nicht gezählt werden möchte. Das passende Gegenstück zum Thema "Auswahl des Verkehrsmittels" wäre hier: "Ich bin mit Fahrrad" oder "Ich bin Fahrrad".
Danny Wilde, so lange die auflagenstärkste Boulevardzeitung hierzulande Schlagzeilen wie "Wir sind Pabst!" drucken darf, ohne dass ein wütender Mob mit brennenden Heugabeln das Verlagsgebäude stürmt, kann man diesen "Gruppen" nicht mal einen Vorwurf machen... Dass sie "soziale Gruppen" schreiben macht mich im Übrigen ein wenig unruhig...
AntwortenLöschenSofa_Inferno, an die Schlagzeile erinnere ich mich, aber hatten die das wirklich auch noch mit "b" geschrieben?
AntwortenLöschenDafür, dass ein wütender Mob mit flackernden Forken den Sitz dieser "Zeitung" stürmt, liefert sie eigentlich täglich viel bessere Gründe als die Misshandlung der Sprache. Zum Beispiel die Tatsache, dass sie selbst es ist, die wiederkehrend wütende Mobs gegen Menschen aufhetzt.
Und selbstverständlich kann man jedem einen Vorwurf machen, der sich sprachlich oder sonst irgendwie an diesem Angsthasstittenwetterschmierblatt orientiert.
Wenn Sie mir näher erläuterten, was Sie an dem Begriff "soziale Gruppen" unruhig macht, dann könnte ich dem vielleicht abhelfen.
Die Zeit ist so schnelllebig, warum sollen Sie sich da mit unnützen Worten aufhalten. Stellen Sie sich einmal vor, die Blogbeiträge werden künftig nur noch in SMS Deutsch geschrieben. Da ist doch Ihr "Ich bin mit dem Fahrrad" geradezu eine Wohltat.
AntwortenLöschenAnna, vielen Dank für diesen lehrreichen Exkurs in die weibliche Psyche. Davon können wir alle hier profiitieren.
AntwortenLöschenaquiigoespott, Sie werden lachen, aber meine Twitterbeiträge schreibe ich bereits in SMS-Deutsch! Der Weg ist also nicht mehr weit.
"Ich bin mit dem Fahrad" Vallah, was soll das denn heißen?
AntwortenLöschenEs heißt: "Ich bin Fahrad" und fertig.
Zaphod hast du voll recht! Lan!
Treffer versenkt! Es hieß natürlich "Papst", lieber Danny Wilde, peinlich, peinlich. Und auch mein Unbehagen bei Erwähnung der sozialen Gruppe resultierte aus einem reinen, soziologischen Wissensdefizit meinerseits heraus. Ich hatte da an etwas gänzlich Anderes gedacht, nochmal: peinlich, peinlich. Und auch Ihrem dritten Einspruch muss ich vorbehaltslos stattgeben, natürlich kann/sollte man Lesern dieses o.g. Schunds einen Vorwurf machen, und zwar nicht nur wenn sie sich sprachlich daran orientieren.
AntwortenLöschenHerrjeh, sowas kommt dabei raus, wenn ich schon um zwölf Uhr aufstehen muss und dann auch noch meinen Senf verteile...
@Anna, Ich musste leider die Erfahrung machen dass selbst die als Kompliment gemeinte Frage, ob jemand abgenommen hat, meist verheerende Folgen hat. Wie man(n) es auch macht - beim Thema Figur kann man(n) nur verlieren.
Frl. Krise, was ist denn nun „Lan“ plötzlich wieder – vielleicht Internetzugang MIT Kabel …?
AntwortenLöschenSofa_Inferno, Ihr Mea Culpa hat Größe. Sie dürfen wiederkommen.
Ich danke Ihnen, Matt. Ich verspreche mich auch zukünftig zurückzuhalten. Die Koffer lasse ich wohl sicherheitshalber trotzdem erst mal gepackt.
AntwortenLöschenGrundgütiger, auch Matt? Vallah....ich krieg das auch nicht mehr aus dem Kopf. Dabei sind SIE schuld dass ich ständig bei Frl. Krise herumlese *g*
AntwortenLöschenSofa_Inferno, peinlich wäre "Pabst" auf der Titelseite, hier läuft es für mich unter "kann mal passieren".
AntwortenLöschenUnd der Rest hat sich doch in Wohlgefallen und Einigkeit aufgelöst. Also kein Grund, sich zurückzuhalten.