03 November 2010

Angriff der Lobhudelhuren



Heute wurden ich und vier andere Blogger, darunter Spreeblick, Ziel des angeblich ersten digitalen Flashmobs im Internet.


Eine spanische Modefirma, die auf dem deutschen Markt Fuß fassen möchte, hat sich diese wirre Aktion ausgedacht, die in großem Maße Lebenszeit und Bandbreite verschwendete.

„Ist es möglich“, textete der Modehöker auf seiner deutschsprachigen Webseite, „das Internet mit Tausenden von positiven Kommentaren zu überschwemmen? Wir hinterlassen positive Kommentare in unseren Lieblings-Blogs.“

Ziel dieser organisierten Claquerei war es, die fünf ausgewählten Blogger mit Pseudoschmeicheleien zu umgarnen und so zum Beantworten der Kommentare zu bewegen; die ersten 100 gehorsamen Schäfchen, die sich der Armseligkeit dieser Aktion unterwarfen und mit der unverdienten Ehre einer Bloggerantwort bedacht worden wären, sollten von der Modefirma ein Kleidungsstück erhalten, das sie sich vorher auf der Homepage der Firma ausgesucht hatten.

Uff. Sich für ein T-Shirt zur Lobhudelhure zu machen: Das sollte doch eigentlich nicht verfangen bei der gewitzten Webjugend von heute. Hätte man meinen können. War aber nicht so. In Massen strömten sie herbei, als würden sie am Nasenring in die Arena geführt, und simulierten auf mehr oder weniger dilettantische Weise Begeisterung.

„hahaha…dein blog ist super lustig! Der Eintrag mit dem Hundeschild vor dem Hotel ist zum Wegschmeißen. Aber auch deine scharfe Beobachtung im Mediamarkt bringt mir Tränen in die Augen. Übertrieben lustig!“, schrieb einer. Andere versuchten plumpdirekt, eine Antwort herauszukitzeln („Darf man fragen wie alt du bist?“ „Wohnst du inem schönen Stadtteil?“), andere probierten es mit – wie sie hofften – entwaffnender Ehrlichkeit („Wäre super, wenn einer von Euch auf mein Posting antworten würde. Dann könnte ich etwas von XXXXXXX gewinnen und ich wäre HAPPY :-)))))))))) DANKE“).

Einige hatten ihre sprachlichen Mittel nicht richtig im Griff und bogen die positive Grundtendenz versehentlich in Richtung Beleidigung („Es macht wirklich Spaß zu lesen, was du schreibst, da ist der Inhalt schon fast wieder egal.“).

Allen gemeinsam aber war, dass sie selbstverständlich keine Antwort von mir erhielten.

Hätte freilich irgendeiner aus dieser treudoofen, willig gleichgeschalteten Horde die cojones gehabt, hier entgegen der Anweisung der spanischen Modefirma kräftig abzuledern, mir ans Bein zu pinkeln, wild rumzupöbeln, Schimpfkanonaden abzufeuern – ja, dann hätte ich mich wahrscheinlich sogar erweichen lassen, ihm ein kostenloses Mäntelchen zu ermöglichen.

So aber lief der angeblich erste digitale Flashmob hier ins Leere. Ob die anderen vier betroffenen Blogger sich vor den holpernden Karren dieses Viralmarketings haben spannen lassen? Selber nachgucken tu ich jedenfalls nicht.

Einen der Pseudokommentare mag ich übrigens doch: „Die rückseite der repperbahn ist wie die rückseite meines rückens. hautfarben glatt aber trotzdem schön anzusehen.“

Nur dieser Kommafehler im zweiten Satz: widerwärtig.

25 Kommentare:

  1. Haha! LOL! Das Blog ist sooo lustig! Darf man fragen, wo Sie wohnen? Wie alt Sie sind? Ich schmeiß mich weg. Der Inhalt! Die Sprache! Außerdem will ich ein Kleidungsstück... moment mal – eine SPANISCHE Modefirma? Nee, vergessen Sie's. Ihr Blog ist scheiße.

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  2. Ich finde Ihr Blog ja soooooo furchtbar! Wenn ich nicht dazu gezwungen würde, würde ich es nicht einmal...
    Ach nein, ich kann das einfach nicht! Ich kann einfach nicht lügen, auch nicht für ein neues Mäntelchen!

    Bekomme ich jetzt trotzdem vielleicht ein neues Mäntelchen? Weil ich so ehrlich war?
    Und vielleicht könnte GP es aussuchen, er hat so einen großartigen Geschmack. Also nicht, dass ich jetzt sagen würde, dass Sie.. äh.. also... nicht.. äh... ja...

    Mäntelchen?

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  3. Anna, da habe ich Ihre Schlafkuhle im Bloggarten extra mit besonders buntem Laub ausgelegt, und jetzt wollen Sie auch noch ein MÄNTELCHEN! Kein Wunder, dass bei diesem Anspruchsdenken unsere Gesellschaft vor die Hunde geht. Und Amerika auch. Und Sie sind schuld, Sie mit Ihrem MÄNTELCHEN!

    GP, Sie mich auch, Sie Schabrackentapir!

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  4. Jetzt sagen Sie doch auch mal etwas, GP! Sie können doch nicht tatenlos zusehen, wie ich ohne ein Kaschmirmäntelchen durch den unbarmherzigen Hamburger Winter schlendere!

    Matt, ich teile mir meine Schlafkuhle mit sieben Igeln, einem Marder und zwei heimatlosen Frettchen! Da ist Ihr "besonders buntes Laub" wahrlich kein Luxus..
    Außerdem kann ich das nicht sehen, denn nachts ist es dunkel! Im Gegensatz zu Ihnen habe ICH keinen Strom im Bloggarten! (Und kein Mäntelchen!)

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  5. Die von Ihnen erwähnten sympathischen Vertreter der hiesigen Fauna wurden natürlich zu Ihrer Erbauung einbestellt. Wenn das nun auch wieder nicht recht ist, dann weiß ich allmählich nicht mehr weiter. Was wollen Sie denn noch – eine HEIZUNG?!

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  6. Tja, da stecke ich in einem Dilemma, denn den Mantel wollte ich auch gerne haben. Und es klingt ja auch erst mal nicht schlimm. Fröhliche Kommentare. Ja warum denn nicht? Aber dann habe ich erst mal gelesen, was hier so hinterlassen wurde, und das fand ich unmöglich. Nirgendwo stand zum Beispiel, dass man die Modefirma erwähnen muss, aber vorsichtshalber ein paar mal den Namen mit einbauen, dann gewinnt man vielleicht eher. Und irgendeinen Bezug zu dem Blog aufbauen? Wozu das denn? Nee, da mache ich nicht mit.
    Ach und der Kommentar mit der Rückseite des Rückens könnte übrigens ein echter und eben kein Pseudokommentar sein. Warum? Weil man die (wie ich finde wirklich hübschen) Kleidungsstücke nur gewinnen kann, wenn man auch seinen bei der besagten Firma hinterlegten Nicknamen erwähnt. Das hat dieser Anonymus aber nicht getan. Also will er nichts gewinnen oder er hat nicht so genau gelesen.
    Ich will wie erwähnt auf diese Weise auch nichts gewinnen, ich finde die Aktion total dämlich, deshalb schreibe ich auch meinen Nick nicht hin. Sie brauchen trotzdem nicht zu antworten. Nur so zur Sicherheit.
    Immerhin, und das ist nun wirklich positiv zu bewerten, bin ich auf diesen Blog aufmerksam geworden und werde vielleicht gelegentlich mal reinschauen, wenn der Ansturm vorbei ist. Vielleicht auch mal kommentieren, mit Namen. So ganz ohne Mäntelchen.

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  7. In diesem Blogbeitrag ist das Antworten ja auch wieder erlaubt … ;-)

    Wahrscheinlich haben Sie Recht mit dem erwähnten Kommentar. Leider hat sich die Masse der Auftragskommentare jedoch die echten derart einverleibt, dass man schon mal durcheinander kommen kann als ungeübtes Flashmobopfer, das müssen Sie mir nachsehen.

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  8. Ich werde doch nicht eines feingeistigen Mantels wegen in ausgerechnet Ihrem schäbigen Web-Tagebuch antichambrieren, Herr Matt!

    Schließlich sind Sie stets Herr meiner Sinne, nicht war?

    Andererseits kann ich ja nicht ahnen was ich denke, ehe ich lese, was ich schreibe, geschweige denn verstehen, warum Sie mir derart an den Pinkel manteln.

    Geben Sie doch einfach zu, daß ich das mit diesen neuen, äh, Dings, also diese Blöcke von denen immer alle reden nicht verstanden habe. Man muß ja auch mal sehen, daß es die erst seit 10 Minuten gibt, wie Herr Stoiber schon vorhergesagt hat. Vor Jahrzehnten!

    Fellownio Passenjero Perro Caliente
    Head of viral Marketing for sleazy coats Hispania

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  9. Nihilistin04.11.10, 08:01

    Na, dann kann ich ja wieder auftauchen und muss mir keine Verstrahlungen am Reaktor des russischen U-Bootes zuziehen.

    Wattn Scheiß (tschuldigung) es so gibt. Aber ich erinnere mich dunkel, dass es das auch in den Nicht-Internetzeiten schon gab....Erinnert sich einer der Anwesenden >40 Lebensjahre noch an die schwachsinnigen Kettenbriefe ("versende diese Botschaft an 10 Freunde, dann ist Dir das Glück hold. Tust Du das nicht, wird Dir Unglück geschehen"), die noch so richtig mit Durchschlagpapier auf der Schreibmaschine getippt wurden?

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  10. Herr Fellow Passenger, ich komme ja aus Internetzeiten, das können Sie sich gar nicht vorstellen, damals haben wir noch Steintafeln durch die Leitungen gequetscht, mit acht Mann gemeinsam! So viel zu Ihrem Stoibär, oder wie der heißt.

    Frau Nihilistin, ich erinnere mich noch gut an die Ära, als wir Kettenbriefe offline auf CC setzen sollten. Hat ebenfalls nie funktioniert.

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  11. Außerdem find ichs mal total scheiße, daß ich (wieder mal) nichts mitbekommen habe. Ich bin ja ein großer Freund des Flashmobs (vor allem, wenn ich meine Axt und eine Ersatzaxt dabeihabe).

    Und es hätte mir sicherlich einen großen Spaß bereitet, zum Gegensturm auf das Blog des Initiators zu, äh, blasen.

    Ach! seufzte er, wer zu spät kommt, den bestraft das Internetz.

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  12. Kann man anstelle des Mäntelchens auch eine Heizdecke bekommen?
    Vielleicht ist dies, das Geschäft der Zukunft: virale Kaffeefahrten...

    Mhm. Ich schweife ab.
    My

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  13. Hallo? Das kann ja wohl nicht wahr sein!
    Es handelt sich immer noch um MEIN Mäntelchen, nach dem hier alle gierig ihre Finger ausstrecken!

    @Fellow Passenger, Ihr spanischer Akzent ist ja soooo durchschaubar! Damit werden Sie Matt bestimmt nicht reinlegen..

    Nicht wahr, Matt, mi patron, el companero. Hasta luego, companero!
    Felicidad! Felice navidad! Buen natal! Hasta la vista!

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  14. Anna, Sie wollen so einen Mantel nicht haben. Ganz sicher. Ich meine: Haben Sie sich mal die Bilder angesehen?

    „Bei uns Nerds trägt man Nerz” wie Sie wissen.

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  15. Nerz, woraus besteht der?
    Haha, Scherzchen..

    Nein, GP, ich hatte ja gehofft, Sie würden für mich ein Armani oder La Martina Mäntelchen aussuchen. So nen komisches Dislagual-Disfynktional-Teil will ich ganz bestimmt nicht.
    Dann nehm ich lieber noch ne Tüte besonders buntes Laub von Matt..

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  16. Anna, für Sie habe ich eher an Ventcouvert gedacht. Nicht so'n Mainstream-Zeuchs.

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  17. Wow, ich bin begeistert, GP. Ich nehme dann einen Lammfellmantel in schwarz, Größe L. Die 1800 Euro dafür nimmt Matt doch mal eben aus der Portokasse. Und dazu noch die Fußbodenheizung für den Bloggarten, die er mir versprochen hat - hach, heut muss mein Glückstag sein!
    :-)))

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  18. Anna, ich habe Ihre Fußbodenheizung bereits in Auftrag gegeben: Quasimodo wird 1-a-Reisig zusammensammeln, extra für Sie. Den Ventcouvert bekomme ich von GP übrigens für lau, so lange ich ihm weiter virale Kommentatoren-IP-Adressen in ausreichender Anzahl zuführe, damit er … na, Sie wissen schon.

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  19. Darf ich das, meine liebe Frau Anna, dann so verstehen, daß Sie sich nicht geneigt fühlen, mir einen meiner hervorragenden mit echtem Nylon gefütterten Polyestermantel abzukaufen, obwohl die Knöpfe aus hochwertigem Perlmuttimitat bestehen und maschinell angenäht sind und sich deswegen mit einem leichten Zug am Faden ohne Werkzeug entfernen lassen?

    Dabei gibt es sie in den angesagtesten Saisonfarben Hornhautumbra, Leberwurstgrau und Popelgrün schon für nur 1985,99 Euro! (Wenn Sie ein sich automatisch verlängernde Jahresabonnement wählen, bei dem Sie ganz bequem zu jedem Quartalswechsel ein neues Exemplar zugestellt bekommen.)

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  20. @Fellow Passenger, das Leberwurstgrau würde mich schon sehr reizen, besonders in Kombination mit einem Schal in einem knackigen Essiggurkengrün. Huch, jetzt hab ich aus Versehen auf den Bestellknopf gedrückt für ein Zehnjahresabonnement...
    Na, die Rechung geht wie immer an "Matt, Reeperbahn".

    @Matt, Sie haben einen weiteren Praktikanten eingestellt? Ist das dann mein Unterpraktikant?
    Ha, endlich mal jemand, den ich auch schikanieren kann..

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  21. Wo denken Sie hin? Der wackere Herr Passenger ist selbst Herr über einen formidabel gedeihenden Bloggarten, die ganze Praktikantenszene Europas reißt sich um einen Platz in einer seiner komfortabel ausgefegten Erdkuhlen!

    (Das hätte ich vielleicht nicht sagen sollen, sonst laufen Sie mir noch davon, haha!)

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  22. Nein, nein. Mit "Unterpraktikant" meinte ich den von Ihnen genannten Herren "Quasimodo". Ich würde niemals den Fellow Passenger als Praktikanten bezeichnen!

    Sie belieben zu scherzen. Als würde ich Ihnen jemals davonlaufen. Das geht ja gar nicht.
    Also nicht, dass ich es probiert hätte...

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  23. Ach so, Quasimodo! Der ist schon lange in meinen Diensten, aber festangestellt. Also keine Sorge. Mache ich mir jetzt auch nicht (mehr). Denn was wäre ich ohne Sie? Mir bliebe nur noch buntes Laub, das fahl im Herbstlicht glänzt.

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  24. Und ich wäre ohne Sie nur ein kleiner Regenwurm, dessen Lied keiner hören will. Nicht einmal die Nachtigall!

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