1) Werden Sie einen Koalitionsvertrag akzeptieren, der die Vorratsdatenspeicherung nicht explizit abschaffen will?Meine Mail an die SPD ging an Franz Müntefering, doch geantwortet hat Steffen Buchholz (Foto), Mitglied des SPD-Parteivorstandes und zuständig für den Bürgerservice. Seine Mail ist von Anfang an bemerkenswert, denn er verwechselt mich mit seinem eigenen Parteivorsitzenden, wie man bereits der Anrede entnehmen kann …:
2) Werden Sie einen Koalitionsvertrag unterschreiben, der sich nicht ausdrücklich gegen Netzsperren ausspricht?
3) Werden Sie einen Koalitionsvertrag akzeptieren, der die Verletzung der Privatsphäre mithilfe staatlicher Spionagesoftware nicht explizit ausschließt?
Sehr geehrter Herr Müntefering,Ganz offensichtlich handelt es sich bei Buchholz’ Mail um einen üppigen Textbaustein, eine Sprachregelung, die allgemein verbreitet wird, ohne auf konkrete Anliegen einzugehen.
vielen Dank für Ihre E-Mail, die uns am 25.08.2009 erreicht hat.
Gerne nehmen wir zum Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen, das am 18. Juni 2009 vom Bundestag beschlossen wurde (Drucksache 16/12850) Stellung.
Wir müssen ein wenig ausholen, um die doch recht komplexen Zusammenhänge zu diesem sensiblen Thema deutlich machen zu können. Wir sind überzeugt, dass alle einen effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung wollen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat dazu mit einem Anfang Mai beschlossenen 10-Punkte-Plan ein umfassendes Konzept mit konkreten zusätzlichen Maßnahmen vorgelegt. Eine der Kernforderungen lautete, dass die Strafverfolgungsbehörden dauerhaft personell und technisch gut ausgestattet sind und die internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden weiter gestärkt wird.
In den vergangenen Jahren haben wir zudem bereits das Herstellen, die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornografie lückenlos unter Strafe gestellt.
Der Kampf gegen Kinderpornografie hat viele Facetten, die sich ergänzen und nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten. Unabhängig von der Frage, ob der Missbrauch von Kindern selbst zugenommen hat, stellt sich zunehmend das Problem der Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten im Internet. Dies liegt an den Besonderheiten des Internets, in dem auch rechtswidrige Inhalte schnell verbreitet und anonym sowie ohne soziale Kontrolle konsumiert werden können.
Die Bekämpfung der Verbreitung von Kinderpornografie im Internet ist deshalb ein wichtiges Thema. Das dürfte weitgehend unbestritten sein. Auch ist das Internet kein rechtsfreier Raum. Ein rechtswidriges Verhalten dort kann selbstverständlich strafbar sein oder zivilrechtlich verfolgt werden.
Fraglich ist letztlich, mit welchen Maßnahmen die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet angemessen, rechtsstaatlich sauber und möglichst effektiv verhindert oder zumindest erschwert werden kann.
Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornografie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internetprovidern heruntergenommen. Ein solcher direkter Zugriff ist im Ausland nicht möglich. Nur deshalb stellt sich die Frage nach Zugangssperren. Es geht hierbei aber nicht um eine Internetzensur,– es geht um die Bekämpfung krimineller Handlungen in einem ganz besonders gelagerten Fall.
Mit dem Gesetz wird das Ziel verfolgt, den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten zu erschweren. Uns ist bekannt, dass versierte Nutzer diese Sperrung technisch umgehen können. Es kommt aber auch darauf an, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen. Dem dient neben der Sperrung einzelner Seiten die Umleitung auf eine Stoppseite mit entsprechenden Informationen.
Mit dem nun beschlossenen Gesetz wurde der ursprüngliche Gesetzentwurf ganz wesentlich überarbeitet und verbessert, wobei die SPD-Bundestagsfraktion ihre wichtigsten Änderungsvorschläge in den Verhandlungen mit der Unionsfraktion durchsetzen konnte. Wir haben damit auch die wesentlichen Kritikpunkte, die sich aus der Bundestagsanhörung und der Stellungnahme des Bundesrates ergeben haben, positiv aufgegriffen.
Der endgültige Beschluss hat insbesondere folgende Änderungen gebracht.
1. „Löschen vor Sperren“: Die Regelung kodifiziert den Grundsatz „Löschen vor Sperren“. Danach kommt eine Sperrung durch die nicht verantwortlichen Internet-Zugangsvermittler nur dann in Betracht, wenn eine Verhinderung der Verbreitung der kinderpornografischen Inhalte durch Maßnahmen gegenüber dem Verantwortlichen nicht möglich oder nicht in angemessener Zeit Erfolg versprechend ist.
2. Kontrolle der BKA-Liste: Die Neuregelung nimmt den Wunsch nach mehr Transparenz auf und etabliert ein unabhängiges Expertengremium beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Mit Blick auf die vornehmlich juristischen Aufgaben, nämlich zu bewerten, ob Inhalte die Voraussetzungen des § 184 b StGB erfüllen, muss die Mehrheit der Mitglieder des fünfköpfigen Gremiums die Befähigung zum Richteramt haben. Die Mitglieder sind berechtigt, die Sperrliste jederzeit einzusehen und zu überprüfen. Mindestens einmal im Quartal erfolgt zudem zusätzlich auf der Basis einer relevanten Anzahl von Stichproben eine Prüfung, ob die Einträge auf der Sperrliste den Voraussetzungen des Paragraphen 1 Satz 1 erfüllen. Sollte die Mehrheit des Gremiums zu der Auffassung kommen, dies sei nicht der Fall, hat das Bundeskriminalamt den Eintrag bei der nächsten Aktualisierung von der Liste zu streichen. Das Expertengremium wird vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit für die Dauer der Geltung des Gesetzes (31. Dezember 2012) bestellt.
3. Datenschutz: Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.
4. Spezialgesetzliche Regelung: Die im Gesetzentwurf bisher für das Telemediengesetz vorgeschlagenen Regelungen zur Zugangserschwerung werden in eine spezialgesetzliche Regelung überführt. Ausschließliches Ziel des Gesetzes ist die Erschwerung des Internetzugangs zu kinderpornografischen Inhalten. Mit dem neuen Regelungsstandort in einem besonderen Gesetz soll noch deutlicher werden, dass eine Zugangserschwerung auf weitere Inhalte ausgeschlossen bleiben soll. Der Änderungsantrag geht damit auf die vielfach geäußerten Befürchtungen ein, die Zugangserschwerung könnte mittelfristig weiter ausgedehnt werden.
5. Befristung: Die Geltungsdauer des Gesetzes ist bis zum 31.12.2012 befristet. Auf der Grundlage der nach zwei Jahren vorzunehmenden Evaluierung wird der Gesetzgeber in die Lage versetzt, zu prüfen und zu bewerten, ob die Maßnahme erfolgreich war, um endgültig zu entscheiden.
Mit der neuen gesetzlichen Regelung bekämpfen wir nicht nur die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet, sondern schützen zugleich Internetnutzer, sichern rechtsstaatliche Grundsätze und ermöglichen ein transparentes Verfahren.
Freundliche Grüße
Steffen Buchholz
SPD Parteivorstand
Partei- und Bürgerservice
mailto: parteivorstand@spd.de
Meine drei Fragen spielen im Einzelnen keine Rolle; alles dreht sich um Kinderpornografie, hängt also irgendwie mit Frage 2 zusammen. Die erbetenen „unmissverständlichen Antworten ohne offenstehende Hintertür“ sind dem Text nicht zu entnehmen. Wichtigste Erkenntnis: Die Handschrift der Sozialdemokraten beim Zensursula-Gesetz ist nach eigenem Eingeständnis klar zu erkennen, denn „die SPD-Bundestagsfraktion (konnte) ihre wichtigsten Änderungsvorschläge in den Verhandlungen mit der Unionsfraktion durchsetzen“.
Wie tückisch es sein kann, Bürgeranfragen Textbausteine entgegenzuhalten, zeigt der Fauxpas mit der falschen Anrede. Ich bin nicht Müntefering – und nicht nur deswegen unzufrieden mit Herrn Buchholz’ kümmerlichem Kommunikationsversuch.
Morgen folgt zum Abschluss FDP-Chef Westerwelle, der zweite Bundesvorsitzende, der persönlich geantwortet hat – und mir gleich doppelt für die Mail dankt …
gott, ist das erbärmlich..
AntwortenLöschenund bestärkt mich in meiner wahlentscheidung.
bekämpft die ursachen, ihr scheinheiligen schwachmaten!
das internet säubern und damit so tun, als gäbe es "soetwas" nicht, hilft niemandem.
kinder werden nicht im internet missbraucht.
Peinlich! Ob Steffen jemals bemerkt was er da anrichtet? Sein 'SPD-Blog' kennt auch nur einen Eintrag und der ist ein Jahr alt.
AntwortenLöschenHerr Wagner, was isn mit Ihrem Blog los? Safari und Opera hängen beim Laden (ich glaube das Twitter-Plug-in ist es); auf meinem Windowsrechner geht auch der IE nicht. Nur der doofe Ff kann das anzeigen, und den will ich nun wirklich nicht benutzen müssen.
AntwortenLöschen"Sehr geehrter Herr Müntefering"
AntwortenLöschenrofl
Ja gut, man kann halt auch auf ganzer Linie versagen.
Sehr sehr schön das ganze.
falls der spd=vorstand, der mir laut anrufbeantworter eine nachricht hinterlassen hat, hier mitliest - bin in bratislava und kann nicht ordnungsgemaess kommunizieren, tut mir leid.
AntwortenLöschenJepp. Die 5 Punkte sind die Standardantwort, die anscheinend jeder Fragende von jedem Abgeordneten, Funktionär, Sekretär, o.ä. erhält. Habe ich selbst ungefähr 10 - 15 mal von verschiedenen MdB erhalten.
AntwortenLöschenHerr Matt,
AntwortenLöschenHerr gp hat recht - ich hatte Ihnen eben auch eine Blog-/ PC-Problemkommentar geschrieben, der beim Abschicken mit einer Fehlermeldung ("Widersprüchliche irgendwas") im Orkus verschwunden ist.
Ihr Blog funktioniert zur Zeit/ seit einigen Tagen nicht richtig.
Das war zwar nichts zur SPD, aber was soll man da noch sagen ?
Mal sehen, was mit diesem Kommentar jetzt passiert...
Tut mir Leid, aber ich finde, Sie begehen den gleichen Fehler wie die Piratenpartei, indem Sie das Internet und seine Rolle gesamtgesellschaftlich überbewerten. Sicherlich ist ein freies Internet wichtig und ich kann Ihre Fragen nur unterstützen. Aber die rührenden bis peinlichen Antwortbausteine haben für mich nichts mit der Programmatik und Glaubwürdigkeit einer Partei und damit mit deren Wählbarkeit zu tun. Wenn Herr Buchholz oder seine Sekretärin Sie mit Münte verwechselt, ist das persönlich ziemlich arm, aber die Partei als Ganzes ist doch noch etwas anderes. Ich könnte auch behaupten, die CDU hätte keine klaren Ziele, weil Frau Merkel sich nicht gerne auf klaren Positionen festnageln lässt. Die Partei CDU besteht aber doch noch aus etwas mehr Substanz, auch wenn der Wahlkampf so erschien als gäbe es nur ein einziges Parteimitglied. (Muss es hier eigentlich korrekt "Ohneglied" heißen? ;-))
AntwortenLöschenFehler können passieren! Der Bürgerservice wird pro Tag Tausende Mails beantworten müssen. Von dem her, geht nicht so hart ins Gericht mit Herrn Buchholz!
AntwortenLöschenvierundachtzig, die Internetpolitik der Parteien – das wurde bereits hinlänglich diskutiert in den vergangenen Monaten – ist der Lackmustest für ihre Haltung zu den individuellen Freiheitsrechten. Herrn Schäubles Geheimpapier, das Polizei- und BND-Aufgaben vermischen will, zeigt doch, wohin die Richtung geht. Das Internet ist gleichsam der Truppenübungsplatz für Schäuble & Co. Von daher ist das Thema immens wichtig. Und wir können nur hoffen, dass die FDP in der neuen Regierung ein Korrektiv darstellt. Das wäre wenigstens ein Vorteil dieser Koalition …
AntwortenLöschen@ Matt:
AntwortenLöschenJa, das ist wohl der einzige Vorteil, den die FDP meiner Ansicht nach zu bieten hat. Hurra, wir sind verloren! ;-)