1) Werden Sie einen Koalitionsvertrag akzeptieren, der die Vorratsdatenspeicherung nicht explizit abschaffen will?
2) Werden Sie einen Koalitionsvertrag unterschreiben, der sich nicht ausdrücklich gegen Netzsperren ausspricht?
3) Werden Sie einen Koalitionsvertrag akzeptieren, der die Verletzung der Privatsphäre mithilfe staatlicher Spionagesoftware nicht explizit ausschließt?
Als erster antwortete der Parteivorsitzende der Piraten, Jens Seipenbusch (Foto: Rainer Klute). Hier seine Mail:
Sehr geehrter Herr Wagner,Es war zu erwarten, dass ich bei den Piraten offene Türen einrennen würde. Trotzdem finde ich es erfreulich, wie strukturiert Seipenbusch meine drei Fragen abarbeitet. Er hat sie gelesen! Und konkret beantwortet!
vielen Dank für Ihre Fragen, Ihr Blog ist mir übrigens schon mal empfohlen worden von einem Freund aus Hamburg :-)
Hinsichtlich Ihrer Fragen kann ich klarstellen:
Wir werden unter meiner Leitung nur Koalitionsverträge akzeptieren, die auch folgende Ziele enthalten:
– Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland (also keine verdachtsunabhängige und anlasslose Aufzeichnung der Verbindungsdatenvon Telekommunikation). Die entsprechende Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht ist zurückzunehmen.
– keine Einführung von sog. Netzsperren, Rücknahme des Zensursula-Gesetzes, kein Aufbau von Zensurinfrastruktur für das Internet
– Verbot (bzw. keine Erlaubnis) des sog. Bundestrojaners (staatlich entwickelte Malware zum Zwecke des unbemerkten Eindringens in private Computer durch ihren Internetanschluss).
Zur Erklärung: Die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung ist eines der wesentlichen Kernziele der Piratenpartei. Viele PIRATEN arbeiten auch im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung mit und insofern gibt es keinen Zweifel, dass wir keine Koalition eingehen können und wollen, die nicht die Abschaffung dieser aus unserer Sicht auch verfassungswidrigen Massnahme anstrebt.
Das einer Zensur im Internet Vorschub leistende sogenannte Zugangserschwerungsgesetz kann getrost als rotes Tuch der Netzgemeinde bezeichnet werden, da es in bisher einzigartiger Weise all das in sich vereint, wogegen die PIRATEN angetreten sind zu kämpfen:
– Die Missachtung von Grundgesetz und Bürgerrechten, wenn es den Regierenden nützlich erscheint.
– Das totale Unverständnis gegenüber dem neuartigen Medium Internet und der Versuch, es durch Zensierung u. ä. solange einzuschränken, bis es sich nicht mehr von den alten (undemokratischeren und unfreieren) Medien unterscheidet.
– Der unerträgliche Populismus, der nicht nur begleitend auftritt, sondern hier sogar jegliches rationale Argument ersetzt und die zahlreichen, sachlich fundierten Gegenargumente schlicht übertünchen soll.
Der Bundestrojaner reiht sich als Massnahme in zwei äußerst bedenkliche Entwicklungen ein, zu deren Bekämpfung die PIRATEN angetreten sind:
1) 'jeder ist verdächtig' – Die Grundhaltung, man müsse alle seine Bürger nach Möglichkeit umfassend überwachen (können), ist der Keim eines Überwachungsstaates. Diese Grundhaltung gilt es zu revidieren.
2) 'der Zweck heiligt die Mittel' – Seit Einführung des großen Lauschangriffs und besonders nach den Anschlägen des 11.9.2001 hat auch der deutsche Staat immer weniger Hemmungen, Mittel einzusetzen, die nicht mit unserer Demokratie vereinbar sind. Hausdurchsuchungen im Falle von polizeilichen Ermittlungen finden ja aus gutem Grunde nicht heimlich statt – entsprechendes muss auch für Durchsuchungen von Computern u. ä. gelten, jegliche Heimlichtuerei passt nicht zur Ausübung staatlicher Gewalt. Die Vermischung von Polizei und Geheimdiensten ist unter allen Umständen zu vermeiden bzw. rückgängig zu machen.
Wir als Piratenpartei können diese Standpunkte übrigens u. a. deshalb glaubwürdig zusichern, weil wir uns ja programmatisch auf wenige Kernthemen beschränkt haben. In einer eventuellen Koalitionsvereinbarung wird es daher insbesondere bei der Verteidigung der Bürgerrechte und der Privatsphäre kein Zurückweichen geben. In diesem Punkte habe ich auch keinen Zweifel, dass ich unseren Mitgliedern aus dem Herzen spreche.
Beste Grüße,
Jens Seipenbusch
Vorsitzender Piratenpartei Deutschland
E-Mail: js/at/piratenpartei.de
Uns werden in den kommenden Tagen andere Beispiele begegnen. Morgen zum Beispiel die SPD, oh weh …
ich könnte mir sie, herr wagner, auch ganz gut als piraten kanzler vorstellen. ;-) YES!
AntwortenLöschenWenn die SPD die Fragen in etwa so beantwortet, wie sie das in Interviews tut, dann werden wir uns ja auf viel Input freuen können, allerdings wird er wenig mit den von ihnen gestellten Fragen zu tun haben. ;)
AntwortenLöschenund alle so YEAH!
AntwortenLöschenEhrlicherweise müßte Herr Seipenbusch zugeben, daß es unter seiner (oder einer anderen) Führung gar nicht zu Koalitionsverhandlungen kommen wird, da die Piraten wohl kaum die erforderlichen 5% der Stimmen erhalten werden. Daran wird auch dieses Internetz (leider) nichts ändern.
AntwortenLöschenMatt, "deep linking" sollte man generell vermeiden. Stiehlt (hier: der Wikimedia) Bandbreite und erzeugt somit Kosten.
AntwortenLöschenAnsonsten sehr schöne Antwort des Herrn Seipenbusch. Sehe die PP optimistisch bei max. 2% nächstes Wochenende.
Also da empfehle ich dir doch spontan den Tipp auf unserer Seite zu lesen! Da steht, warum man CDU/FDP verhindern sollte! Das kannst du für deine Weiterbildung auf jeden Fall nutzen! ;)
AntwortenLöschenUuuuund er kennt deinen Blog.
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