Im Gemüseladen. Meine strategische Position ist heute – im Gegensatz zu vielen anderen Freitagen – sehr günstig: Nur zwei Leute sind vor mir dran, und die gehören auch noch zusammen.
Allerdings hat das Paar einen recht langen Einkaufszettel dabei, und der wird Frucht für Frucht, Staude für Staude, Pilz für Pilz abgearbeitet. Stand ich zunächst als einziger hinter den beiden in der Schlange, so ist sie inzwischen zu beträchtlicher Länge angewachsen.
Wie immer hier im Gemüseladen nimmt die Kundschaft das Warten mit kieztypischer Stoik hin; die Qualität der Ware und der Charme des Chefs dämpfen jeden Gedanken an Rebellion.
Das Paar vor mir will jetzt auch noch Champignons. Und Schalotten. Aber bitte nur mittelgroße.
„So, das war’s“, sagt die Frau dann und kramt nach ihrer Börse. „Ach, eine Birne – zwei!“, fällt ihr noch ein, und Thorsten, der Gemüsemann, kramt erfreut nach den Birnen. Die Schlange schweigt ergeben. Erneut startet das Paar den Bezahlvorgang.
„Avocado“, sagt der Mann unversehens. Ach ja, die Avocado. Natürlich. Thorsten holt eine, die Rechnung wird ergänzt, endlich kommt die Börse zum entscheidenden Einsatz. Ich traue dem Frieden noch immer nicht, doch das Paar ist schon beim Einpacken, jetzt verabschiedet es sich sogar wortreich, quetscht sich an der Schlange vorbei, öffnet die Tür, und ich sage zu Thorsten: „Zwei Bund Rauke, bitte.“
Thorsten lächelt wissend, es ist die übliche Order. Danach, das wissen wir beide, kommt es unerbittlich zum Feldsalat. Er greift nach der Rauke.
„FENCHEL!“, kreischt es plötzlich panisch vom Ausgang her, „wir haben den Fenchel vergessen!“
Alle schauen sich um. Das Paar müht sich aufgeregt an der Schlange vorbei. Sie kommen zurück, etwas hat überlebt, es ist noch nicht vorbei.
Thorsten wendet sich an mich und fragt: „Ist das okay? Oder sollen sie sich wieder hinten anstellen?“ Ich knirsche vernehmlich mit den Stirnfalten – und beschließe dann, meinen sardonischen Tag ein andermal zu nehmen.
Fenchel ist es einfach nicht wert.
PS: Das heutige Raukenfoto darf übrigens gerne unter Quellenangabe und Verlinkung für nichtkommerzielle Zwecke verwendet werden, und zwar weltallweit. Schließlich ist heute Feiertag – und für mich gar ein inneres Missionsfest.
"So, das war’s“, sagt die Frau dann und kramt nach ihrer Börse...
AntwortenLöschenAb hier dachte ich, ich wüßte, wie es jetzt weiter gehen wird. Es mangelt überraschend am Geld und das Ritual
was-lassen-wir-jetzt-hier-und-was-muß-mit-? geht los.
Sie haben wohl noch einigermaßen Glück gehabt.
Du bist doch ein Gutmensch.
AntwortenLöschenGlückwunsch zum Feiertag.
Nicht von schlechten Eltern, sondern besonders fürsorglich gestaltete sich letztlich der Käseeinkauf eines Ehepaares in einem Fachgeschäft in Gräfelfing: "...zwei Scheibchen vom Bergkäse oder drei, Ernst?, "...vom Rokfort, Gisela etwas mehr oder weniger oder ist grad recht?"..., "Ernst, noch eine kleine Ecke Brie?"..., worauf zwei Bedienkräfte in der Kühlkammer verschwanden und für einige Minuten nicht wieder auftauchten, zwischenzeitlich ein Teil der Kundschaft wieder von dannen war, während das Ladentelefon klingelte, und die Einigung ob "110 oder 120 gr. Ziegenkäse" sich verzögerte, "...aber nicht so streng im Geschmack, oder, Gisela"..., die zurückgekehrte Bedienkraft ein längeres Gespräch mit der Käsezentrale führte, während dann Giselas Handy melodiös einen Anruf meldet "...Rudi, ein Stück Gouda...ja, bringen wir mit".
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