30 Mai 2006

Aufruf

Lieber Unbekannter (falls du eine Frau bist, korrigiere mich bitte),

du hast am Wochenende in der Seilerstraße einen Fahrradsattel samt Stange „gefunden“. Gut, du hast den Drehhebel umlegen müssen, um die Stange aus dem Rohr zu ziehen. Doch das war völlig in Ordnung so; schließlich hätte dies auch ein Dieb tun können. Ich war ja leider zu faul gutgläubig und hatte es versäumt, den Sattel plus Stange abends mit in die Wohnung zu nehmen; nun hast du das vorsorglich für mich übernommen, und das ist fantastisch.

Allerdings irritiert mich die Dauer der Sicherungsverwahrung. Und auch der Ort ist mir bis jetzt noch nicht ganz klar geworden. Wenn ich wüsste, wer du bist und wo du wohnst, wäre mir auch wohler. Deshalb bleibt mir nur dieser Weg, dir meinen Dank auszudrücken, verbunden mit der Zusicherung: Ja, ich habe gelernt aus dieser Sache. Ich werde künftig immer selber den Drehhebel umlegen, den Sattel samt Stange aus dem Rohr ziehen und des nachts an einem sicheren Ort deponieren.

Du kannst mir das Teil also zurückgeben. Du weißt ja, wo das Fahrrad angeschlossen ist. Heute habe ich mal probiert, damit herumzufahren. Es ist doch recht unbequem.

Noch einmal ganz herzlichen Dank für deine fürsorgliche Zivilcourage. Sie hat möglicherweise ein Verbrechen verhindert. Über einen angemessenen Finderlohn lasse ich natürlich mit mir reden, keine Frage.

Dein Matt

19 Kommentare:

  1. Shit. Das ist irgendwie das einzigste was mich ein wenig stört an St Pauli.Die vom Alkohol geschwängerte Zerstörungswut etc. Ich schlepp mein Fahrrad jedesmal ganz in die Wohnung hoch und das mit gutem Grund, das Fahrrad meiner Mitbewohnerin ist nicht mehr zu gebrauchen und es war nur 3 Monate draussen statt in der Wohnung.

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  2. Mich graust jetzt schon von der Vorstellung meinen geliebten Drahtesel so zu sehen. Aber ich möchte nächstes Jahr auch in die entmilitarisierte Zone Winterhude ziehen - dort wo die Neureichen wohnen. ;)

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  3. mir wurde auch schon in lurup mein fahrrad aus dem garten geklaut - das wird in winterhude genauso passieren :/

    war's wenigstens ein kackenteurer gel sattel?

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  4. Hallo lieber Matt,

    Keine Sorge, mir geht es gut.
    Mir war schon seit langem sehr Langweilig auf deinem Fahrrad und dann, als eines Morgens ein betrunkener Matrose mir die Aufwartung machte, mir die Welt zu zeigen, da konnte ich einfach nicht mehr nein sagen.
    Zur Zeit arbeite ich als Bumerang in Australien. Ich bin noch nicht wirklich gut aber es macht verdammt viel Spaß. Ich kann leider nicht versprechen, dass ich irgendwann zurückkomme. Aber ich denke viel an dich und St. Pauli.

    Lebe wohl und schöne Grüße,
    dein Sattel.

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  5. Passiert auch in Eimsbüttel. Ich frag mich nur immer: Warum? Gibt es eine Sattelmafia, die den Opfern von Satteldieben geklaute Sättel verkauft? Auf Flohmärkten seh ich jedenfalls nienienie Sättel. Allerdings war ich auch schon ewig nicht mehr auf dem Markt an der Hellbrookstraße in Barmbek. Wahrscheinlich, weil man da statt Platten nur Sättel kaufen kann. Hab ich wohl verdrängt.

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  6. @Ramses: Don't go dissin' Barmbek! Barmbek rocks.

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  7. @Alexander: Me knows - no offense intended. Aber der Flohmarkt Hellbrookstraße geht nunmal gar nicht. Es sei denn, man braucht 85.534 gebrauchte Radios.

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  8. @Daiko, ich bewundere dich, denn das konsequente Hochtragen halte ich immer nur ein paar Wochen durch, dann habe ich die Nase voll und beginne wieder an das Gute im Menschen zu glauben. Mit den üblichen Folgen.

    @stard: Nein, der Sattel war genauso billig wie das Fahrrad. Wenigstens das habe ich hier gelernt: Kaufe nur Räder vom Flohmarkt.

    @sattel: Ich habe den Verdacht, auch als Bumerang kehrst du nicht wieder, bei der Bauweise ...

    @ramses: Gleich an diesem Wochenende wollte ich sattelsuchend über die Flohmärkte streifen. Aber das kann ich mir ja dann wohl sparen. Danke für den Tipp.

    @Boogie, deine Argumentation stützt meine Vermutung. Ganz klar: Der Sattelverwahrer ist männlich. Jetzt hat er eben - hüstel - zwei Stangen.

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  9. Da empfehle ich Ihnen Pit-Lock. Dann bleiben sowohl die Räder als auch der Sattel dran. Man muß für Reifenpannen allerdings die spezielle Schlüssel-Nuß immer mit sich führen.

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  10. Ich finde ja, das geht noch. In Stuttgart werden komplette Fahrräder von Vermietern geklaut, die Hilfskräfte anweisen, mit einem Bolzenschneider die Sicherungsmechanismen zu überwinden. Im Vorteil ist, wem einfällt, dass es der Vermieter gewesen sein könnte, dann bekommt man zumindest eine derangierte Version des Fahrrads zurück. Wem das nicht in den Sinn kommt, der hat eben Pech gehabt.

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  11. Warum habe ich bloß das Gefühl, Sie berichten von einer persönlichen Erfahrung ...?

    Aber glauben Sie bloß nicht, Stuttgart sei Hamburg in der Beziehung des Kompletträderklaus über. Ich habe schon zwei eingebüßt.

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  12. Beides ist richtig, wobei man dem besagten Vermieter seinerzeit bereits fortgeschrittene Senilität bescheinigen durfte. Und was den Kompletträderklau anbelangt, können wir angesichts unserer erschreckend niedrigen Gesamtkrimininalitätsrate natürlich auch nirgends mithalten. Es ist und bleibt halt ein allenfalls lauwarmes Pflaster.

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  13. Also, wenn das so ist: Wir können Ihnen gerne ein paar Messerstechereien nach Schwaben schicken. Auch an Zwangsprostitution und Drogendelikten herrscht hier ein Überfluss, der durch einen gezielten Export in unterversorgte Regionen zu einer allgemein ausgeglicheneren Lage führen sollte. An wen soll ich die Lieferungen adressieren? Aber es muss auch jemand zu Hause sein, okay?

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  14. Matt, ich hab ja nicht gesagt, WAS für ein Drahtesel ich besitze. Da ich meistens eh nur kurze Touren fahre (Altona, Schanze) hab ich mir genau aus dem Grund des Fahrradschleppens einfach ein kleines BMX gekauft. Sieht vielleicht ein wenig befremdent aus, wenn ich mit meinen 1,92 auf dem kleinen Vieh unterwegs bin, aber man sollte auch die Wendigkeit des Gefährts beachte. Denn mit kleinem Rad lässt sich besser um die Touris auf der Reeperbahn kurven.

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  15. daiko, ich glaube, auch ein kleines BMX stünde bei mir nach kurzer Zeit wieder angebunden draußen. Es ist keine Frage der Größe, sondern der Bequemlichkeit. In der Beziehung bin ich auch völlig merkbefreit.

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  16. Tja, was soll man sagen, 5 Jahre St. Pauli, 4 Fahrräder (ganz). Dazu div. Sattel (angeschraubt!), oder gleich das ganze Vorderrad, das noch nicht mit diesen famosen Klemmen-Ersatz-Spezial-Schrauben gesichert war. Das ist eigentlich ganz normal. Befindet man sich am frühen Morgen einer lauen Sommernacht gegen 5 auf dem Nachhauseweg, kommt es auch vor, dass einem ein etwas heruntergekommen wirkender junger Mann mit einem sehr teueren Fahrrad entgegenkommt, und dieses für 30 Euro feilbietet. Der kluge Mann lehnt in diesem Fall aber höflich ab und trottet besonnen nach Hause, nicht nur, weil einem der rechtmäßige Eigentümer 5 min später erbost entgegenkommen könnte, sondern auch wegen dem eingangs beschriebenen.

    Was anderes: Hat die neue fantastische fahrbare Spielbudenplatz-Bühne heute schon was von sich hören lassen?

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  17. Beschämt muss ich gestehen, während des Spielbudenplatzeröffnungswochenendes nicht in Hamburg geweilt zu haben, sondern auf Rügen (der Schlager-Move war ein sehr starkes Fluchtargument). Aber ich werde mir diese Teile bald mal anschauen.

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  18. War ich doch letztens beim türkischen Fahrrad-Reparatur-Service in der Paul-Roosen-Str.. Da gab es übrigens prima gebrauchte Sättel. Du könntest deinen Sattel dort schon für 20 Euro zurück kaufen.

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  19. Gute Idee. Fast so gut wie die: In der Talstraße, nahe der Kreuzung Paul-Roosen/Clemens-Schultz, habe ich am Freitag einen neuen erstanden, für 14,90 Euro. Aber bestimmt hat der auch „gebrauchte“ im Angebot …

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