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02 Juli 2011
Justitia statt Titten
Das Nightlife in der Großen Freiheit scheint im Lauf der Jahre überaus betrübliche Erfahrungen mit seinen Gästen gemacht zu haben. Anders ist die Vielzahl an Verhaltensvorschriften, mit denen wir bereits vorm Betreten der Erotikbar konfrontiert werden, kaum zu erklären. Das klingt eher nach engem Korsett als nach großer Freiheit.
„Wir bitten Sie, bei einer Bestellung vorher unsere Getränke-Karte genau einzusehen!“, mahnt uns das Nightlife links vom Hintern der Pferdeschwanz- und Schlaghosenblondine, und es ist überdeutlich zu spüren, wie mühsam sich der Texter das Wörtchen „bitte“ abgerungen haben muss (der Deppenbindestrich fiel ihm mit Sicherheit erheblich leichter).
Darunter aber wird’s noch mal eine Runde schärfer. „Ihre Bestellung ist im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches ein Auftrag, der Sie zur Zahlung verpflichtet“, droht man bereits vor der Aufnahme jeglicher Geschäftsbeziehung mit Justitia, diesmal immerhin ohne Ausrufezeichen. Aber zur Sicherheit unten drunter auch noch mal auf Englisch.
Auf der Karte links daneben geht es ähnlich weiter. Bestellungen dürfen wir „nur persönlich beim Kellner aufgeben“, und das „Personal ist berechtigt sofort zu kassieren“. (Ein Komma hätte ich bei Bedarf übrigens noch in der Schublade.)
Mensch, da will man einfach nur mal ordentlich Titten gucken gehen, und was tut das Nightlife? Empfängt uns in einem Tonfall, der ans Grundsatzprogramm der chinesischen KP erinnert.
Derart liebreizend umworben erfreut sich wohl mancher potenzielle Gast einfach nur kurz am Wagemut der angedeuteten Doppelpenetration des Graffitos und zieht dann eingeschüchtert weiter. Zu groß das Risiko, das Bürgerliche Gesetzbuch über den Schädel gezogen zu bekommen, nur weil der Kellner bei der Bestellung statt „Red Bull“ (8 Euro) „Roederer“ (630 Euro) verstanden hat.
Und es ist ja nicht so, dass es hier keine Alternativen gäbe.
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Das mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist übrigens so eine Sache: Sie beauftragen definitiv niemanden mit irgendetwas, wenn Sie eine Bestellung aufgeben. Sie geben allenfalls ein Angebot ab. (Erstes Semester Jura).
AntwortenLöschenUnd ja, endlich kann ich hier auch mal klugscheißen, und das sogar fundiert!
Bei Ihrem nächsten Kiezbesuch sollten Sie diese Rechtsauffassung dringend vor Ort erläutern – und alle denkbaren Handlungsoptionen durchdeklinieren. Am besten mit Schutzhelm.
AntwortenLöschenEs wird noch kurioser: Ein Auftrag (§662 BGB, http://dejure.org/gesetze/BGB/662.html) ist im Sinne des BGB immer unentgeltlich, das unterscheidet ihn gerade vom Dienstvertrag bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag.
AntwortenLöschenTatsächlich wird übrigens ein typengemischter Vertrag mit kaufvertraglichem Schwerpunkt geschlossen, der selbstverständlich zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet.
AntwortenLöschenNicht, dass noch ein jemand auf die Idee kommt, die Jungs und Mädels auf ihrem Rechtsirrtum festzunageln.
Nageln ... hihihi
AntwortenLöschenscnr und Gruß
Paddy
"festnageln" klingt gut....
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