26 April 2009

Schöneberger Nächte sind lang



Ein Konzert von Antony & The Johnsons (Foto) ist ohne Zweifel das Sakralste, was man als Agnostiker erleben kann – vielleicht gerade deshalb, weil Antony alle Sünden verkörpert, welche das Christentum besonders verdammt: Promiskuität, homosexuelle Liebe, Verwischung der Geschlechter.

Dafür kann man auch schon mal extra nach Berlin fahren, in den Admiralspalast. Wir sitzen auf dem Balkon. Zwei Reihen vor uns streitet sich Herbert Grönemeyer im Stehen mit einer blonden Frau, die aussieht wie Nina Hoss und es wahrscheinlich auch ist.

Es geht hin und her, am Ende scheinen sie sich zu einigen und sitzen schließlich friedlich in einer Reihe, wenn auch nicht nebeneinander. Vielleicht ging es einfach nur darum, wer die Getränke holen sollte. Wenn ja, dann hat Hoss gewonnen.

Nach dem Konzert versacken Dr. K., Xóchil und ich in einer langen Schöneberger Nacht, und ich frage mich, ob es für eine Künstlerin wirklich eine angemessene Art ist, den Tag, an dem ihr langersehntes Debütalbum erscheint, mit zwei haarlosen bebrillten Endvierzigern zu verbringen, die ihr von gestörten Vater(bzw. Mutter-)beziehungen und der säkularen Gottesdefinition in Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum“ erzählen.

Immerhin lief sie nicht schreiend davon, und das auch erst um drei Uhr morgens.


7 Kommentare:

  1. Beraternase27.04.09, 07:58

    Woher hatten Sie die Karten für den Promibalkon?

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  2. Als Blogsuperstar rollen sie dir natürlich überall den roten Teppich aus, und manchmal hilft auch ein wenig Folter.

    (Nein, meine Zeitschrift präsentierte das Konzert.)

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  3. Das waren noch Zeiten, als Grönemeyer und Co. nur die Boulevardpresse zu fürchten hatten...
    Falls das ein Trost ist: Diskussionen über desaströse Familiengeschichten und ausgiebige 2001-Interpretationen sind m.E. nicht endvierzigerspezifisch.

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  4. Wieso ZWEI haarlose, bebrillte Endvierziger? Nils die Säge mit an Bord? :)

    By the way: SEHR schönes Foto, Matt

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  5. Nein, es handelte sich um Dr. K.
    Danke für das Fotolob.

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  6. Antony war auch in Frankfurt bewegend. Leider ohne zweite Zugabe (mit Publikumsgesang)...
    Und Klaus Walter scheint sich zwar nich an Grönemeyer, aber an anderem prominenten Publikum zu stören...;)
    http://www.taz.de/1/leben/musik/artikel/1/transgenderqueen-der-hochkultur/

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