Recyclinghof, heute nachmittag. „WAS haben Sie da gerade reingeworfen?“, schnappt es hinter mir, nachdem ich gerade eine Druckerpatrone in die Tonne mit der Aufschrift „Toner“ geworfen habe.
Der etwa 60-jährige und erregte Mann sieht aus wie ein pensionierter Westernheld. Hamburgwettergegerbtes Gesicht, weißer Schnauzer. Nur der leuchtend orange Overall und die unkleidsame Mütze verhindern eine Verwechslung mit Jesse James.
Erregungsniveau und Aggressionsbereitschaft des Mannes passten hingegen problemlos zu „High Noon“ oder „Zwölf Fäuste für eine Halleluja“. Öffentlicher Dienst halt. Verantwortungsvolle Tätigkeit. Verhindern, dass der Plebs Plastik zu Metall schmeißt und Stinkbomben in den Korkensammelsack.
Ich drehe mich um. Drohend steht er vor mir, seine weißen Schnauzbartenden zittern angriffslustig im Frühlingswind. „Eine Druckerpatrone““, beantworte ich seine Frage mit einer Ruhe, die mir in solchen Situationen viel zu selten eigen ist.
„Das war richtig“, sagt er kleinlaut und mit jener Art Enttäuschung, die nur ein vermiedener Konflikt herbeizuführen vermag. Ich übergehe die Phase, die eigentlich der Auskostung eines Sieges vorbehalten ist, und frage, obwohl ich die Antwort schon kenne: „Wo erhalte ich denn gelbe Säcke?“
Er stapft augenblicklich voran, froh, seine Niederlage in körperliche Aktivität ummünzen zu können. Jetzt betritt er den kleinen Bürocontainer. In einem Regal liegen gelbe Säcke. Er holt drei Rollen heraus und gibt sie mir.
„Bekomme ich noch zwei mehr?“, frage ich. Und das war ein Fehler. Ein schlimmer Fehler. Der verhinderte Westernheld erstrahlt geradezu. „Nein“, sagt er. Eigentlich müsste noch etwas kommen nach dem „Nein“. Es kommt aber nichts.
„Warum denn nicht?“, frage ich. „Schauen Sie mal hier“, sagt er in einem ähnlichen Tonfall, mit dem er mich vorhin fragte, was ich da soeben in die Tonertonne geworfen hätte. Er zeigt auf einen Zettel am Regal und zitiert mit schulmeisterlicher Genugtuung: „Nur eine Rolle pro Haushalt. Und ich habe Ihnen schon drei gegeben.“
Nun erwartet er Dank, doch er stößt lediglich auf jene Gelassenheit, die nur ein Freitagnachmittag hervorzurufen vermag, wenn das Wochenende vor dir liegt und du genau weißt, dass du auch mit nur drei Rollen gelber Säcke mindestens bis zum Spätherbst durchhältst.
„Na gut“, empfehle ich mich milde. Das Tonerduell hat er verloren, das Sackduell gewonnen. Auch er darf also zufrieden ins Wochenende. Als ich gehe, sehe ich, wie seine Schnauzbartenden immer noch leicht zittern im Frühlingswind.
Herzlichen Glückwunsch aus dem Allgäu
AntwortenLöschenOpa
Please disregard above.
AntwortenLöschenOpa war noch nicht ganz wach.
CU next Sabado.
Hellwach in 13 Minuten?
AntwortenLöschenElder Blogman, das lässt sich steigern.
@Matt,
Die bemützten Oranjes müssen irgendwo eine
zentrale Müllmannakademie haben. Bei uns
reagieren die ganz genau so.
Trickreich bitte ich noch vor Beginn einer
Diskussion darum, mir für 5 Euro doch bitte zwei
Schrauben aus der Waschmaschine da hinten
(Waschmaschinen gibt es dort immer) zu überlassen.
Während ER mit verklärtem Blick die Anzahl möglicher
Hofbräu durchrechnet, entsorge ich was kritisch ist.
Fummel,fummel, schraubvortäusch.
Mit einem freundlichen:
" Die Schrauben sind leider zu klein"
verabschiede ich mich.
Das Kronkorkenglitzern in seinen Augen schwindet und
ein trauriger Blick folgt meinem Auto bis zum Tor.
keine lust auf gutes foto? ;-)
AntwortenLöschenSo kenne und liebe ich Opa: Immer seiner Zeit voraus – und das morgens gegen 6, Respekt … ;-)
AntwortenLöschenDer traurige Blick, oldman, rührt mich nun doch. Dann ist meine Geschichte besser ausgegangen.
Noch lustiger ist es mit Opa, wenn er den zu entsorgenden privaten Müll als Gewerbemüll identifiziert hat und Papiere für den zu entsorgenden Schrott erstellt. Die Papiere enthalten natürlich auch eine Rechnung. Im Fall der Nichtzahlung droht Opa sogar mit einer Anzeige wegen illegaler Müllentsorgung. Besuche auf Reyclinghöfen können wirklich ab und an lustig sein!
AntwortenLöschenWas den Elder Blogman angeht - früher Vogel fängt den Wurm.
AntwortenLöschenBreit grins.
Und diese Müllheinis von den Recyclinghöfen sind wirklich eine eigene Gattung besonderer Art.
Der Typ "Peter Lustig in Orange, vergrätzt, BAT V b" ist nicht immer leicht zu ertragen.
@ Olaf:
AntwortenLöschen1:0 für Sie, Agent. :-)
Der wahre Schuldige ist jedoch ein ebenfalls befreundeter Dienst namens Stayfriends, dessen konspirative E-Mails man sich allerdings besser erst bis zum Ende durchlesen sollt, bevor man das Maul aufreisst ;-)
Als ob es überraschend wäre, daß diese Art von Angestellten übellaunig und hasserfüllt sind. Ich meine, laufen SIE mal jeden Sonnabendmorgen in orangefarbenen Sachen umher und schleppen Staubsauger von A nach B. Also ich meine, ohne auf der Loveparade zu sein.
AntwortenLöschenIm hiesigen "Recyclinghof" werde ich stets freundlich und mit Rat und Tat empfangen und dankend verabschiedet.
AntwortenLöschenIch zeigte mich ja auch stets in bester Tradition von Adam Smith auch persönlich erkenntlich.