Der Standbesitzer auf dem Schlachthofflohmarkt ist voll wie der Fischmarkt bei Sturmflut. Schwankend steht er hinter seinem Tisch mit Trödel und führt mit schlingernder Hand einen Kaffeebecher an die wulstigen Lippen.
Trotz seines desolaten Zustandes wagt der Mann unbeirrt den Dialog mit der Kundschaft. „Hal’ die Ssunge!“, lallt er gerade jemand an, „du biss ja behaart!“ Umsatzfördernd ist das nicht; irritiert brummelnd zieht sich der Kunde zurück.
Auch ich bin ein potenzieller Kunde, denn auf dem Tisch des Betrunkenen liegen 1969er-Ausgaben des Tittenblattes „St. Pauli Nachrichten“, dem damals Stefan Aust, Günter Wallraff und Henryk M. Broder ein ausgesprochen abgerundetes Profil verliehen.
Die ebenso historische Ausgabe der „St. Pauli Zeitung“, dem Zentralorgan der DSP (Deutsche Sexpartei), erregt gleichfalls mein Interesse, vor allem wegen des Aufmachers: „Ausscheidungs-Gruppenspiele zur Unterleibs-Olympiade“.
Wie teuer diese im wahrsten Sinn angeschmuddelten Ausgaben denn seien, frage ich den Mann. „Ssweissehn pro Schtügg“, radebrecht er mit allergrößter Mühe. Er dürfte ein leiches Opfer meiner Verhandlungskünste sein. „Och, nein“, versuche ich das ungleiche Duell zu eröffnen. Der Mann nimmt an. „DANN EHM NICH!“, brüllt er augenblicklich unter wildem Spucken, und das wirkt auf mich einschüchternd kategorisch.
Mir wird klar: Noch bevor die Schlacht losging, habe ich sie verloren. Also ziehe ich mich irritiert brummelnd zurück.
Aber nicht mit ganz leeren Händen, wie das heutige Foto beweist.
Unverzeihlich. Für das historische Exemplar der "St. Pauli Zeitung" hätte ich jeden Preis bezahlt.
AntwortenLöschenSchon alleine wegen der gerade stattfindenden Diskussion um Charlottes neuestes Werk, das ja auch in Ihrem U_mag 02/08 vorgestellt wurde.
Ne Traube irritiert den Drang zum Foto, nen Besoffski aber nicht....
AntwortenLöschenAber trotzdem schön.
Herr Elder Blogman, der nächste Flohmarkt kommt bestimmt. Viellicht sind wir dann beide besser gerüstet, der Standbesitzer und ich.
AntwortenLöschendein_koenig, dem Besoffski war alles völlig egal, nur der Preis für die Tittenblättchen nicht.