23 November 2006

Fußball auf Fränkisch

Mit dem Franken in einer Kneipe Champions League zu gucken, ist ein schwieriges Geschäft. Wenn gerade seine Bayern nicht spielen, verfällt er nämlich in eine konsequente Muffelstarre. Vor allem dann, wenn Bremen spielt.

Halbkreisförmig und mit aufgestütztem Kopf sitzt der Franke dann trübe da. Meist schweigt er, nur manchmal purzelt ihm feindseliges Gegrummel aus dem Mund.

„Hühnerhaufen“, wirft er etwa mit müdem Triumph in die desinteressierte Runde, wenn die Bremer eine Kombination des Gegners nicht augenblicklich stoppen können. „Kein Foul“, kommt es unvermittelt aus dem fränkischen Muffelzentrum, wenn beispielsweise Frings gerade einen Ellenbogen ans Jochbein gerammt bekommt.

Und unser Jubeln und Klatschen beim Siegtor kommentiert er mit: „Die können euch nicht hören. Ihr seid albern.“ Aber glücklich!, erläutere ich dem Griesgram frohgemut. Und erinnere ihn an gemeinsame Momente im Wohnzimmer beim Konsum meist öder Bayernspiele, als sein zartfühlendes „Hau ihn um!“-Geschrei Richtung Fernseher noch lange durch die Häuserschluchten St. Paulis hallte, trotz der geschlossenen Fenster.

Auch sah ich ihn schon bei Toren auf der richtigen Seite zutiefst aufgewühlt vom Freischwinger rutschen und ein animalisches „Jaaaaaa!“ brüllen, welches von einer Provenienz war, für die er sich jedesmal hinterher entschuldigen zu müssen glaubte. Zurecht übrigens – schließlich musste ich weiter mit den Nachbarn leben, nicht er.

Werder Bremen gewann heute Abend wirklich gegen Chelsea, und im Kiez-Beach an der Reeperbahn herrschte selige Ausgelassenheit. Nur im Zentrum des Glücks hockte ein pechschwarzes Loch, und es kam aus Franken.

Ich gestehe: Dieser Anblick verdoppelte meine Freude über Bremens Coup. Aber sagt's ihm nicht, sonst kommt er nächstes Mal nicht mehr mit.

Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land


7 Kommentare:

  1. Eeendlich wieder einmal mein fränkischer Freund! Ich hatte schon regelrechte Entzugserscheinungen.

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  2. "die können euch nicht hören" hätte auch von madame selbst kommen können. die ja nun bekennender nichtfußballfan ist. aber "muffelstarre" ist ein sehr hübsches wort. das ich zu übernehmen gedenke, wenn es gestattet ist.

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  3. Wieder so schön, wenn auch nicht gelispelt - aber glücklich! A new Fan is born...
    (Deine Antwort kann ich mir denken, Sparversion: D(anke), weil in Danke ist ja schon ne Anke drin)

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  4. Madame, Sie dürfen jederzeit Worte aus dem hiesigen Steinbruch brechen. Aber bitte nicht das ™ vergessen, ja …?

    Anke, das war schon beim ersten Mal nicht sonderlich originell von mir. Ich gelobe Besserung - und freue mich über kommende Besuche.

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  5. Bin ja auch kein großer Fußballfan - außer bei WM und EM - und kann daher nur eingeschränkt die Begeisterung ob dieses Ereignisses verstehen, aber der Franke scheint mir doch ein gar lust'ger Gesell' zu sein. Wobei ich die (Fr)Essgeschichten vermisse. Oder war dazu schlichten Sinnes schon alles gesagt?

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  6. Selbstverständlich werde ich immer mal wieder auf seine erstaunlichen Methoden der Nahrungszufuhr zurückkommen. Doch schien mir das bisher gezeichnete Frankenbild etwas zu eindimensional; es wurde der schillernden Gesamtkonzeption dieses Typen einfach nicht gerecht. Deshalb auch mal Fußball.

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  7. Ausnahmsweise hab ich Werder auch mal die Daumen gedrückt (aber auch nur, weil ich mir auf meinem Rückflug aus London ein Flugzeug mit den ganzen Chelsea-Dickheads teilen musste). Und schon gewinnen die. Verrückte Welt.

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