Endlich habe ich mir Rollenapier für die Kleingeldhaufen besorgt. Das Reaktivieren alter Fertigkeiten (ich war mal Bankkaufmann …!) klappte gut, und mit flinken Fingern habe ich Münzen gestapelt, gekippt und eingewickelt. Dann setzte ich alle Rollen – Gesamtwert: 8,50 Euro – dem Postmann vor und erbat einen Umtausch in größere Einheiten.
„Das geht nur aufs Konto“, sagt er. Ich habe kein Konto bei der Postbank. „Dann geht es nicht“, ergänzt er, „nicht ohne Konto.“
Wohin jetzt mit den Rollen? Es ist Samstag, meine Hausbank pausiert. Doch wozu gibt es den Einzelhandel? Allerdings soll der gemeinhin nicht gerade in Jubel und Lobpreis ausbrechen, wenn man mit Popelmünzen in Kilomengen antanzt. Einen Versuch aber ist es wert.
Beim Bäcker Kamps in der Paul-Roosen-Straße habe ich in der Schlange Zeit für strategische Überlegungen. Die Rechnung wird sich auf rund zwei Euro belaufen. In meiner Tasche befinden sich u. a. vier Rollen mit je 50 Eincentmünzen, macht exaktement zwei Euro. Und Geld ist Geld, nicht wahr?
Ich beschließe, diese lapidare Erkenntnis in selbstbewusstes Vorgehen umzuformen. „Macht 2 Euro 18“, sagt die noch arglose Verkäuferin. Mit einer eleganten und kraftvollen Bewegung, die Ruhe genauso verkörpern soll wie eine generelle Üblichkeit meines Handelns, packe ich ihr mit dumpfem Klackern vier Rollen auf den Tresen und sage: „Das sind schon mal zwei Euro.“ Sodann suche ich mit furios gespielter Gelassenheit nach einem weiteren 20-Cent-Stück in der Jackentasche.
Sie schaut baff. „Hehe, hehe“, keckert mein bislang muffeliger Schlangennachbar und grinst breit. „Hehe, hehe, da hat aber einer sein Sparschwein geknackt, hehe.“
Ich lächle schmal und mustere dann wieder ernst die Verkäuferin, und zwar mit dem hoffentlich gut simulierten „Aufmachen!"-Blick eines altgedienten Gerichtsvollziehers.
Und ich habe sie. Das sehe ich an ihrem unsicher zuckenden Lächeln. Dann nimmt sie die Rollen und die 20 Cent, und ich ziehe wohlgemut mit vier Brötchen davon.
Im „Zafer Call Shop“ (der inzwischen den Namen gewechselt hat, aber nicht das Personal) lege ich mit neugewonnener Routine und geräuschvoll eine Rolle Zweicentstücke für die Samstagszeitung vor. Erneut stoße ich auf Erstaunen, aber nicht auf Widerstand.
Es geht also! Man kann dem Einzelhandel massig Münzgeld unterjubeln, zumindest gerolltes. Dabei kann ja niemand wissen, ob ich ich nicht vielleicht doch die ein oder andere Münze „vergaß“; nachgewogen hat jedenfalls keiner.
Und so kam es, dass ich weiterhin über kein Postbankkonto verfüge. Ein Vorzug, den manche Menschen besonders zu schätzen wissen.
Dass mit dem Konto habe ich inzwischen "gefressen". Ich löse die Rollen immer bei meiner Haussparkasse (die, die an jeder Ecke Hamburgs ist) ein. Mich wundert allerdings auch, wie arglos die die Rollen nehmen und auf meinem Konto gutschreiben. Ich habe zwar noch nie absichtlich eine Münze vergessen, aber jedesmal überlege ich, ob ich es mal riskieren sollte. Kontonummer und Name stehen ja drauf. Aber selbst da könnte ich ja schummeln.
AntwortenLöschenAllerdings bin ich auch ein großer Fan des Münzsammelns. Es gibt einem immer das Gefühl, plötzlich zu Geld gekommen zu sein. Genau wie bei Pfandflaschen. Da ich Haushaltsbuch führe, ist dieses Gefühl besonders intensiv. ;-)
Mir gehen die Dinger gewaltig auf den Zeiger, weil sie das Futter und die Taschen der Jacken und Pakkas zerstören.
AntwortenLöschenIch bezahle davon im Bischofsdom St. Georg wöchentlich meine Kirchensteuer beim Heiligen Antonius am Opferstock.
xmuhu
Stefan, genau das ist der Grund, weshalb du nur aufs Konto einzahlen kannst: Die Bank wiegt jede Rolle nach ...
AntwortenLöschenOpa, dann hoffe ich mal, dass auch der Herr Antonius ein entsprechendes Konto führt - und Ihnen das Guthaben irgendwann mal in größere Einheiten umtauscht.
4 Brötchen = € 2,18? Waren die mit Blattgold überbacken?
AntwortenLöschenWie - bei dir sind die Brötchen billiger als 50 Cent?
AntwortenLöschenEin wohlgemeinter Tipp; da sich meine Hausbankt weit entfernt von Hamburg befindet, stand ich desöfteren vor einem ähnlichen Problem; bei Freunden aufs Konto zahlen? Wohin mit dem Klimpergeld? Doch des Rätsels Lösung ist ganz einfach; man kann mit einem ganzen Sack Geld(sofern man den denn hat) zur Landeszentralbank (ehem. Ost-West Strasse) und das dort in die Geldzählmaschine werfen und bekommt frische Scheine wieder. In der Schlange vor mir standen tatsächlich Leute mit Hackenporsche...
AntwortenLöschen(wird natürlich trotzdem nix auf nem Samstag, ich weiss)
Nach der EG-Verordnung Nr. 974 / 98 des Rates vom 3. Mai 1998 ist im Euroraum niemand außer der ausgebenden Behörde und in nationalen Rechtsvorschriften zu nennende Personen dazu verpflichtet, mehr als fünfzig Münzen in einer Zahlung anzunehmen. Mit dieser Regelung ist keine Wertangabe verbunden.
AntwortenLöschenDas Münzgesetz vom 21. Dezember 1999 (MünzG 2002), welches das MünzG 1950 zum 1. Januar 2002 ersetzt hat, ergänzt diese Vorschrift in Bezug auf deutsche Euro-Gedenkmünzen und definiert auch die zu nennenden Personen (§ 3 Abs. 1 und 2 MünzG 2002). Die Annahmepflicht von deutschen, auf Euro lautende Gedenkmünzen ist auf Euro 100,-- je Zahlung beschränkt. Ergänzend gilt die Beschränkung auf 50 Münzen auch für aus Umlauf- und Gedenkmünzen zusammengesetzten Zahlungen (Abs. 1). In Absatz zwei werden Bundeskassen und die Deutsche Bundesbank verpflichtet, Euro-Münzen und deutsche Euro-Gedenkmünzen in unbegrenzter Zahl und unbegrenzter Höhe als Zahlungsmittel anzunehmen oder die in andere Nominale umzutauschen.
(Quelle: Deutsche Bundesbank)
Glück gehabt mit Deinen 200 Eincentmünzen!
Noch'n Banker ;-)
Und überhaupt: Ich vermeide es, generell Münzen; insbesondere rote, anzusammeln. Aus Gründen wie bei Opa und weil meine Brieftasche sehr klein ist.
AntwortenLöschenDas sollte ich auch tun. Doch es läuft immer wieder darauf hinaus, dass ich mir rausgeben lasse. Muss genetisch sein.
AntwortenLöschenDanke für die ausführliche Darstellung der Rechtslage!
Yeah mal zum Postautomaten: Neulich hat Freund dort Geld abgeholt und hat jetzt mehrere Buchungen aus Maastricht über horrende Geldbeträge auf dem Konto. In der Mopo stand gestern, sie hätten die Diebe gefasst. Ich hol da kein Geld mehr. Nie wieder.
AntwortenLöschenDie Verkäuferin in meiner Bäckerei (weiches, frisches Laugenbrötchen: 48 Cent) ist stets froh, wenn ich ihr meinen Rotkram übergebe. "Heute hat es doch keiner passend", erwähnte sie kürzlich, "die sind alle zu faul nach Kleingeld zu suchen."
AntwortenLöschenMaunamea, dann hat Opa die richtige Ahnung gehabt, als er diese Filiale gedisst hat. Hoffentlich kriegt ihr alles zurückerstattet.
AntwortenLöschenJoshua, deine Bäckereiverkäuferin lieferte eine exakte Charakterbeschreibung von mir. Woher kennt die mich …?
ich mag ja sonst keine Brötchen vom Discounter, aber die Pane Rustico Brötchen von Penny (25 oder 29ct?) sind wirklich sehr lecker!
AntwortenLöschenmein Kleingeld werde ich notfalls morgens bei le crobag am Hauptbahnhof los, da die dort völlig krumme Preise haben oder am Briefmarkenautomaten, da ich noch so einige 1,44 Marken habe und der Versand nun 1,45 kostet.
Ich weiss warum ich beim Geldabheben am Automaten IMMER die Hand darüber halte und ab und an mal so tue als würde ich was tippen. Abgesehen davon ... wenn ich am Automaten war ist da nichts mehr drauf :-) Pech gehabt ihr pösen Puben.